#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Montag, den 17.11.2025 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 17.11.2025 um 10.30 UTC
Nasskalt, im Bergland frühwinterlich. Kommende Woche Milderung.
Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 24.11.2025
Lange war er angekündigt, nun ist er selbst in der Kurzfrist da: Der nasskalte,
im Bergland frühwinterliche Witterungsabschnitt. Wenn es um eine erste
Einordnung dessen Nachhaltigkeit geht, kommt man am Blick auf die Stratosphäre
und großräumigen Zirkulationsmuster nicht vorbei.
Dabei fällt ein erstes Fazit für die aus den vergangenen Jahren leidgeplagten
Winterfans eher ernüchternd aus. So findet zwar eine leichte Verschiebung des
Aleutenhochs in der Stratosphäre Richtung Kanada und eines zweiten Astes auch
Richtung Ostsibirien statt, was effektiv ein Displacement des Polarwirbels in
den Nordostatlantik, der Barentssee und Skandinavien zur Folge hat. Viel mehr
als ein minor warming, geschweige denn ein Split mitsamt Umkehr des zonalen
Windes zeichnet sich aber nicht ab. „Nasskalt“ bleibt damit für tiefe Lagen wohl
zunächst „das höchste der Gefühle“, was angesichts der Dynamik des
fortschreitenden Klimawandels für eine Prognose Ende November 2025 auch nicht
überraschen sollte. Dennoch kann schon an dieser Stelle versprochen werden,
spannend wird es trotzdem!
So umspannt am kommenden Donnerstag in einer stark meridional geprägten
Zirkulation noch immer ein breiter und leicht positiv geneigter Trog weite Teile
des Vorhersagegebietes. Er reicht von Spitzbergen und der Barentssee bis in den
Norden Spaniens und ist hochreichend mit Kaltluft aufgefüllt (T500 verbreitet <
-35°C, Teile Skandinaviens < -40°C). Bodennah ist rückseitig eines frisch
abgezogenen Tiefs über Norddeutschland Richtung Ostsee ein neuer Schwall
maritimer Polarluft arktischen Ursprungs eingeflossen, die mit -4 bis -7°C in
850 hPa einen weiten Weg über Nordmeer und Nordsee hinter sich hat und daher im
Flachland ohne Alterung kaum mehr als nasskaltes Feeling zulässt bei
Temperaturen zwischen +2 und +6°C. Oberhalb 400 m, erst Recht oberhalb von 600 m
ist der Eindruck jedoch frühwinterlich und die schauerartigen Niederschläge
fallen meist als Schnee. Viel mehr als wenige Zentimeter sind aber nicht zu
erwarten. In stärkeren Schauern, kann sich auch in tiefen Lagen mal die ein oder
andere nasse Flocke, Graupel oder ein kurzes Gewitter verirren. An einzelnen
Küstenabschnitten kann der Gradient an der Südwestflanke des Tiefs durchaus für
einzelne stürmische Böen (Bft 8) aus nördlichen Richtungen ausreichen.
Am Freitag und Samstag nimmt bedingt durch die recht hohe nordhemisphärische
Wellenzahl von 7 das Geschehen über dem Nordatlantik an Fahrt auf. Zwischen den
sich regenerierenden Protagonisten Islandtief und Azorenhoch baut sich eine
stramme westliche Strömung auf. Infolge einsetzender WLA über den Britischen
Inseln wird ein Rücken kurzer Wellenlänge Richtung Mitteleuropa geschoben, der
den Trog in arge Bedrängnis bringt, wodurch ein allmähliches Abschnüren
wahrscheinlich wird. Wann, wo und wie genau ist im Detail aber noch unsicher.
Als derzeit wahrscheinlichstes Szenario läuft es wohl auf den zentralen
Mittelmeerraum hinaus mit entsprechend heftigen Begleiterscheinungen in Form
heftiger Regenfälle und Sturmböen. Bei uns führt die Vorderseite des Rückens zu
Absinken und einer allmählichen Wetterberuhigung. Schauer werden seltener und
die Luftmasse kommt zur Ruhe. Durch vermehrte Auflockerungen herrscht nun in den
Nächten eine erhöhte Frostgefahr. In einigen Mittelgebirgstälern sind mäßige
Fröste unter -5°C möglich.
Sonntag und Montag wird die Vorhersage sehr unsicher und ein Blick in die
Details lohnt sich derzeit noch nicht. Nur soviel: Sowohl ein Übergreifen
atlantischer Frontensysteme von Westen als auch Aufgleitniederschläge aus Süden
sind ein realistisches Szenario. Sehr viel hängt dabei vom genauen
Abtropfprozess ab und inwieweit ein südlicher Ausbruch der atlantischen
Frontalzone hinein in den bereits vorgefertigten Mittelmeertrog stattfindet.
Festzuhalten bleibt, dass die Niederschlagsneigung zunimmt und dabei durch die
vorherige Alterung der Luftmasse durchaus bei geeigneter Tageszeit und/oder
Niederschlagsintensität realistische Chancen für weiße Überraschungen auch in
tiefen Lagen bestehen, die aber voraussichtlich nur von kurzer Dauer sind. Die
Zeichen auf Milderung und Westdurchbruch im Laufe der kommenden Woche scheinen
unausweichlich – allenfalls mit neuerlichen „Berglandwinter“-Optionen im
Trogbereich.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Das Abtropfen über den Balearen und Sardinien wird konsequent verfolgt, ebenso
wie eine Einbindung des Höhentiefs in die Strömung im Laufe des Wochenendes.
Dabei besteht weniger die Neigung hin zu einem Westdurchbruch als viel mehr zu
nordwärts ausgreifenden Aufgleitniederschlägen von Bayern Richtung Ostsee. Weite
Landesteile wären dabei auf der kalten Seite, wobei die Auskühlung/Alterung der
Luftmasse in den letzten Läufen an Schärfe gewonnen hat. Damit sind die Chancen
für Schneefälle am Samstag und vor allem Sonntag bis in tiefe Lagen effektiv
gestiegen seit gestern.
Trotz leicht divergierenden Lösungen in der Folge sind sich die Läufe
untereinander dahingehend einig, dass die Zufuhr feucht-milder Atlantikluft im
Laufe der nächsten Woche nicht zu stoppen sein dürfte.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Abtropfprozess, Durchschwenken des Residuums im Norden, Aufbau des Rückens,
Einbindung der auflebenden Frontalzone kommende Woche – all das bereits in der
Mittelfrist massive Probleme, bei denen selbst kleinere Modifikationen große
Auswirkungen haben.
Dabei wird von der Mehrheit der Modelle eher das Übergreifen einer stark
okkludierten Front aus Westen der Vorrang gegenüber Aufgleitniederschlägen aus
Süden gegeben. Aber auch in diesem Fall wären vorübergehend Schneefälle bis in
tiefen Lagen denkbar – ein Szenario, wie es beispielsweise auch das AIFS
ausgerechnet für den Berufsverkehr am Montagmorgen für weite Teile Süd- und
Westdeutschlands favorisiert (ebenfalls gänzlich ohne Aufgleiten aus Süden).
Bewertung der Ensemblevorhersagen
RAUCHFAHNEN:
Bezüglich der Qualität der arktischen Kaltluft wird das Minimum am Freitag
erreicht mit deutlich unter -5°C, lokal eventuell bis nahe -10°C in 850 hPa. Vor
allem im Laufe der kommenden Woche deutet sich eine allmähliche Milderung an,
wobei der Hauptlauf etwas zu offensiv aufgestellt scheint. Er schießt mit teils
+5°C deutlich über das Gros der Member (knapp unter 0°C) hinaus. Selbst mit der
kühleren Variante kann angesichts der Luftmassenherkunft und guten Durchmischung
von frühwinterlichen Optionen (Gipfellagen ausgeklammert) keine Rede mehr sein.
Am Rhein wären rasch wieder zweistellige Höchstwerte ein Thema, was auch nicht
unrealistisch ist.
Die Niederschlagssignale nehmen nach kurzem Minimum am Freitag und Samstag
ebenfalls rasch wieder zu.
CLUSTER:
Cluster und EPS zeigen das Aufgleiten in der Mehrheit weiter östlich, womit der
operationelle Lauf endgültig angezweifelt werden muss. Am Westdurchbruch gibt es
keinen Zweifel, wobei das Sturmpotential nicht zu unterschätzen ist und wir in
der erweiterten Mittelfrist Mitte nächster Woche in die nächste Troglage
rutschen könnten (also wieder Abfall der Schneefallgrenze von über 1000 auf etwa
400 bis 600 m). Bis zum Monatsende wird in der Folge NAO+ und damit ein aktiver
Atlantik bei den Regimen favorisiert – also die feucht-milde Variante.
FAZIT:
Zunächst nasskaltes Schauerwetter, im Bergland frühwinterlich. Nach
vorübergehender Wetterberuhigung und vielfach frostigen Nächten im Laufe des
Wochenendes und zu Beginn der neuen Woche einsetzende Niederschläge. Dabei
kurzzeitig auch für tiefe Lagen realistische Chancen auf eine „weiße
Überraschung“ – Schwerpunkte aber noch unsicher. Im Laufe der neuen Woche
Westdurchbruch mit einsetzender Milderung wohl unausweichlich – allenfalls mit
neuerlichen „Berglandwinter“-Optionen im weiteren Verlauf.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Auch wenn die frühwinterliche Witterung zahlreiche gelbe Warnungen nach sich
ziehen dürfte bis in den Mittelfristzeitraum hinein (Frost, Glätte, Schnee), so
gibt es derzeit kaum nennenswerte Signale für markante Wettererscheinungen mit
größeren Auswirkungen.
Das gilt auch für einzelne Sturmböen (Bft 8-9), die vereinzelt an der See oder
auf exponierten Bergen auftreten können.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen