#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Sonntag, den 09.11.2025 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 09.11.2025 um 10.30 UTC
Anfangs Südwestlage mit sehr mildem Wetter unter Hochdruckeinfluss. Am
Wochenende unklarer Einfluss einer Luftmassengrenze, darüber hinaus Zeichen für
Umstellung auf deutlich kühlere und eher nasse Witterung.
Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 16.11.2025
Vom aktuell vorherrschenden Grau in Grau in weiten Teilen des Landes dürfte der
ein oder andere wohl mittlerweile die Nase recht voll haben. Diesbezüglich
gibt’s gute Nachrichten aus der Vorhersage für die Mittelfrist. Mit dem Grau
dürfte es nämlich alsbald erst einmal vorbei sein.
Dafür sorgt eine Umstellung der Wetterlage auf Südwest mit überwiegend
antizyklonalem Einfluss. Ein umfangreiches Atlantiktief sorgt dabei am Mittwoch
für den Zufluss sehr milder und feuchter subtropischer Luftmassen nach
Westeuropa. Dabei wölbt sich über Zentraleuropa ein durch die WLA gestützter
Höhenrücken auf. Dessen Divergenzachse befindet sich dabei östlich von
Deutschland, während sich bodennah ein Druckgradient zwischen dem Atlantiktief
und einer sehr umfangreichen Hochdruckzone von Nordafrika bis nach Russland
aufbaut. Ein Ableger des Atlantiktiefs hat sich dabei bereits abgelöst und
befindet sich als eigenständiges Tiefdruckgebiet vor der südnorwegischen Küste
und sorgt im östlichen Nordseeraum für stürmische Verhältnisse. Deutschland ist
davon aber kaum betroffen. Stattdessen steigen bei uns die Temperaturen mit dem
Südwestwind deutlich an im Vergleich zu den aktuellen Werten und erreichen in
der Westhälfte teils 15 bis 17°C. Sonnig dürfte es dabei am ehesten unter
Mithilfe einer seichten föhnigen Komponente im Süden werden. Nachts kühlt es bei
klarem Himmel dagegen mitunter empfindlich ab. Insbesondere in Südostbayern
herrscht dementsprechend ein erhöhtes Risiko für Luftfrost. In entsprechend
anfälligen Lagen bildet sich zudem wieder Nebel.
Am Donnerstag ändert sich an diesem Bild grundsätzlich nur wenig. Erwähnenswert
ist aber eine Zyklogenese über Skandinavien, die zu diesem Zeitpunkt bereits zu
einem voll entwickelten Tief mit Zentrum über Lappland geführt haben wird.
Erwähnenswert deshalb, weil dieses Tief den Frontalzonenbereich über der Nordsee
mittels kräftiger KLA weiter verschärft und dort die Baroklinität erhöht. Dies
führt bereits zu einem Abflachen des bei uns weiterhin wetterbestimmenden
Höhenrückens und Drehung der Höhenströmung in zonale Richtung bereits leichte
Abkühlung im Nordwesten Deutschlands. Auf den Inseln und an der Küste sind dabei
erste Regentropfen nicht auszuschließen. Sonst bleibt es beim heiteren bis
sonnigen – durch die kräftige WLA aus Südwest ist gebietsweise noch eine ganze
Menge hoher und mittlerer Bewölkung mit im Spiel – Wettergeschehen. An den Alpen
sind dabei dank des weiterhin leichten Föhns bis 19°C möglich. Nachts herrscht
mit Aufklaren vor allem in den höheren Lagen des Südens wieder leicht erhöhte
Frostgefahr.
Ab Freitag nimmt anschließend die Spannung nunmehr deutlich zu. Es bildet sich
zunehmend ein Viererdruckfeld aus, wobei Deutschland in dessen südöstlichem
Quadranten liegt. Hohem Druck über Südeuropa steht ein weiteres Hochdruckgebiet
über der Grönlandsee gegenüber. Entgegengesetzt dazu wirken weiterhin das
gealterte Atlantik-Tief sowie das noch recht junge, kräftige Tief über
Nordskandinavien. Bezüglich dessen weiterer Entwicklung gehen die Modelle hier
bereits deutlich auseinander. Aber es deutet sich an, dass dieses Tief bzw. der
zugehörige Höhentrog mit reichlich Polarluft gefüllt sind – T500 um -40°C und
T850 um -10°C sprechen hier eine deutliche Sprache. Mit blockierendem Hoch bei
Grönland und Tief Skandinavien wird deutlich, dass dieser Polarluft in
meridionaler Strömungskonfiguration nur der Weg nach Süden bleibt und dort
zunehmend gegen die Südwestströmung mit Mildluftzufuhr in Südwest- und
Mitteleuropa zu arbeiten beginnt.
An dieser Stelle beginnt nun das große Dilemma dieser Mittelfrostprognose.
Früher oder später etabliert sich eine recht ausgeprägte Luftmassengrenze. Dabei
liegen große Teile Deutschland zunächst noch im Warmluftbereich, während sich
die LMG wohl nahe des nördlichen Grenzbereiches zu Dänemark sowie den
angrenzenden Seegebieten erstrecken wird. Mit anderen Worten: Der äußerste
Norden wird die Auswirkungen dieser LMG zuerst zu spüren bekommen. Dies geht mit
dichter Bewölkung, Regen und sinkenden Temperaturen einher. Wie es dann am
kommenden Wochenende weitergeht, ist vollständig vom jeweiligen Verhalten aller
vier Druckgebiete abhängig und führt quasi zur Unvorhersagbarkeit für unser
Wetter in Deutschland ab dem kommenden Wochenende. Während die Mehrheit der
Globalmodelle zunächst ein Verharren der LMG nördlich von uns andeutet, lässt
der aktuelle Hauptlauf des ECMWF-IFS bereits am Samstag einen Kaltluftvorstoß
bis in die Mitte und zum Sonntag bis in den Alpenraum zu. Dies hätte zeitweise
Regenfälle und Schneefälle im Mittelgebirgsraum zur Folge. T850 sinkt hierbei
bis auf -5°C ab, sodass sogar eine Schneefallgrenze von 400 m oder sogar noch
tiefer vorstellbar wäre. Die anderen Modelle aber lassen zunächst noch der
milden Seite unter antizyklonalem Einfluss die Oberhand. Allerdings wird auch
hier mit allmählicher Annäherung des Atlantik-Tiefs die mildeste Luftmasse
ausgeräumt, sodass trotzdem ein Temperaturrückgang auf tagsüber meist
einstellige Werte zu verzeichnen ist. Zudem würde auch bodennah wieder feuchtere
Luft eingesteuert, die wiederum zur Dauernebel- oder Hochnebelbildung neigt.
Auch das ist den Tagestemperaturen nicht zuträglich.
In der erweiterten Mittelfrist deutet sich anschließend auch in den
verbleibenden Modellen ein finales Durchsetzen der polaren Kaltluft aus Norden
an. Wie sicher das ganze letzten Endes wirklich ist, wird sich zeigen müssen.
Aber sowohl deterministische Läufe als auch zugehörige ENS liefern aktuell recht
signifikante Hinweise auf deutlich kühlere Luftmassen, die wetterwirksam werden.
Summa summarum eine Umstellung auf nass-kalte Witterung mit etwas Schnee in den
Mittelgebirgen und erhöhter Frostneigung.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die letzten zwei IFS-Läufe zeigten sich konsistent bezüglich des Vorankommens
kalter Polarluft nach Süden bereits am kommenden Wochenende. Frühere Läufe
stehen dem entgegen. Gut möglich, dass das in den nächsten Läufen auch wieder
umschlägt und eher milde Luftmassen noch länger dominieren. Die Modellkonsistenz
ist insgesamt eher schwach ausgeprägt.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Die Unsicherheiten wurden zum Teil schon in den vorlaufenden Textabschnitten
beschrieben. Die Vorhersage gleicht ab Ende der kommenden Woche mehr einem
Lottospiel. Sicher ist zumindest, dass wir ab zu Beginn ab Wochenmitte zunächst
noch einmal in den Genuss milden Wetters kommen. Ob es in der erweiterten
Mittelfrist wirklich zu einer Umstellung auf nasskalt kommt, muss dahingestellt
bleiben.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Selbes Spiel bei den Rauchfahnen. Anfangs hohe Konfidenz, anschließend Übergang
zum Rätselraten. Erwähnenswert dabei, dass der Hauptlauf des IFS teilweise das
kälteste ENS-Member bildet. Insbesondere für das kommende Wochenende bilden auch
hier mildere Varianten die Mehrheit.
Bei den GFS ENS zeigen sich ebenfalls teils enorme Unsicherheiten ab dem
Wochenende. Haupt- und Kontrolllauf liegen für T850 teilweise 15 K
auseinander… Der Trend für die erweiterte Mittelfrist wird zwar bestätigt,
aber das Signal ist dabei kräftig verrauscht.
Auch die Clusteranalyse des IFS gibt entsprechend wenig her. Sage und schreibe
sechs(!) verschiedene Szenarien werden bis +192 h aktuell präsentiert. Diese im
Detail zu beschreiben würde den Rahmen sprengen. Mehrheitlich deuten diese aber
am Ende des Mittelfristzeitraums auf eine blockierte Zirkulation mit
atlantischem Höhenrücken hin. Aber auch diese Lösung erscheint nicht wirklich
sicher.
Fazit:
Bis kommenden Freitag ist mehr oder weniger alles sicher eingetütet. Das Grau
verschwindet und es wird bei oft heiterem und im Süden vorwiegend sonnigem
Wetter vor allem im Westen und Südwesten tagsüber sehr mild. Danach beginnen die
Temperaturen zu sinken. Ob sie das langsam und sachte oder rapide tun, hängt von
einer Luftmassengrenze ab, deren Lage aktuell nicht vorhersagbar ist.
Dementsprechend ist unklar, wie es am kommenden Wochenende weitergeht.
Wahrscheinlicher erscheint noch eine Fortsetzung der hochdruckbeeinflussten
Wetterlage, aber auch ein Kaltlufteinbruch unter Tiefdruckeinfluss ist nicht
auszuschließen. Zu Beginn der darauffolgenden Woche zeichnet sich aber recht
großräumig eine Umstellung auf nasskalte Witterung mit Nachtfrost und Schnee im
Bergland ab. Ob es wirklich soweit kommt, wagt man aber im Moment angesichts der
vorhergehenden Unsicherheiten kaum zu prognostizieren.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
WIND:
Am Donnerstag könnte der Brocken einige Sturm- oder sogar schwere Sturmböen (Bft
9-10) erfahren.
Ab Freitag und zum kommenden Wochenende an der Küste geringe Wahrscheinlichkeit
für zeitweise auftretende Sturmböen aus Ost im Rahmen einer sich annähernden
Luftmassengrenze.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, GFS, ICON, nebst jeweiliger ENS, zum Schluss etwas Bauchgefühl
VBZ Offenbach / M.Sc. Felix Dietzsch