#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Montag den 03.11.2025 um 08 UTC
SXEU31 DWAV 030800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 03.11.2025 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang zu SWa (Südwest antizyklonal)
VIANELDE übernimmt – weitgehend unaufgeregtes, tagsüber verbreitet mildes bis
sehr mildes Novemberwetter mit kleinen zyklonalen Störattacken im Norden des
Landes.
Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
Montag… startet die neue Woche mit Druck- und Potenzialanstieg, was
richtungsweisend für die nächsten Tage ist. Rein gehtŽs in eine
beschaulich-novembrige Hochdrucklage oder sagen wir besser Hochrandlage, bei der
milde bis sehr milde Luftmassen den Ton angeben. Dass dabei nicht alles
„astrein“ über die Bühne geht, ist evident. Hochs und November pflegen in der
Regel eine sehr grenzschichtlastige Beziehung und Randlage bedeutet, dass auch
immer mal zyklonal gekratzt und gebürstet wird, ohne aber die ganz großen
Schoten zu reißen. Vor allem Norddeutschland befindet sich anfangs noch am Rande
der Bande, doch der Reihe nach.
Aktuell ist ein schmaler, gestern noch wetterbestimmender Potenzialtrog dabei,
sich aus Deutschland ostwärts zu verabschieden. Die vorgeschaltete wellende
Kaltfront hat den Vorhersageraum bereits seit geraumer Zeit verlassen,
gleichwohl konnten am frühen Morgen in der östlichen Mitte sowie den
ostbayerischen Mittelgebirgen noch ein paar Nachwehen der Anafront in Form
leichter Niederschläge registriert werden. Ansonsten schiebt sich von Westen her
peu a peu ein Rücken in Richtung Deutschland, der den von SW-Europa bis nach
Deutschland gerichteten Keil des Hoch VIANELDE nicht nur stützt, sondern auch
permanent weiterentwickelt. So verschiebt sich das Zentrum mit etwas über 1025
hPa zu den Alpen, von wo aus ein kräftiger Keil zur Ostsee gerichtet ist. Der
Rücken übrigens ist das Ergebnis kräftiger WLA vorderseitig des ehemaligen
Tropensturms und Major-Hurrikans MELISSA, dessen 965-hPa-Kernisobare in der
00-UTC-Analyse bei 30° West und etwa 56° Nord gefunden wurde. Der mittlerweile
in ein weitgehend „normales“ Tief der mittleren Breiten mutierte Tropensturm
wird in den nächsten Stunden langsam ostwärts vorankommen und uns die Warmfront
des zugehörigen Frontensystems näherbringen, womit wir wieder beim Thema
„Randlage“ wären. WLA und Warmfront überlaufen ganz galant den Rücken und das
Bodenhoch, was zunächst dem Nordwesten, später dann auch der gesamten
Küstenregion sowie Teilen der Norddeutschen Tiefebene nach z.T. sonnigem
Tagesstart mehrschichtige Bewölkung und nachfolgend auch etwas Regen oder
Nieselregen bringt (über den Tag max. 1-3 Millimeter im Norden SHs, meist aber
darunter).
Im großen Rest der Nation macht sich die Warmfront gar nicht oder nur peripher
bemerkbar, was aber keinesfalls überall eitel Sonnenschein bedeutet. Zwar ist
die Wolkendecke in der Nacht häufig aufgerissen, auf der anderen Seite gibt es
aber auch noch genug Regionen mit tiefer Restbewölkung, die heute wohl auch
nicht allerorten getilgt wird oder aber von stratiform in cumulusartiges Gewölk
übergeht. Die MOS-Statistik weist einen vom südlichen Oberrheingraben bis
hinüber ins östliche Alpenvorland reichenden Korridor aus, in dem die
Sonnenscheindauer im deutschlandweiten Vergleich am höchsten sein soll –
synoptisch durchaus nachvollziehbar angesichts des stärksten Absinkens und der
Hochverlagerung zu den Alpen. Größere und längere Auflockerungen werden aber
auch für einige Leelagen hinterm Harz, dem Thüringer Wald und dem Erzgebirge
angeboten, was angesichts einer zwar seichten, aber spürbaren südwestlichen
Anströmung ebenfalls verständlich ist.
Apropos (An)Strömung, den meisten Wind gibt es heute über der freien Nordsee,
die komplett in den Warmsektor von Ex-MELISSA gelangt sowie – natürlich möchte
man hinzufügen – auf dem Brocken. Auf Deutschlands windigstem „Hügel“ muss
sicher mit Böen 8-9 Bft gerechnet werden, optional sind später sogar einzelne
schwere Sturmböen 10 Bft nicht gänzlich ausgeschlossen. An der Nordsee erreichen
die Böen Stärke 7-8 Bft, wobei die nordfriesische Küste aufgrund der
südwestlichen Anströmung mehr stürmische Böen abbekommen dürfte als die
Ostfriesen. Auf freier See sind auch glatte Sturmböen 9 Bft möglich. Aufgrund
der stabilen Schichtung ist der vertikale Impulsaustausch gehemmt, sonst hätte
das nordseeküstennahe Binnenland bei 925-hPa-Winden bis zu 50 Kt! Auf ein
Sturmproblem. Die Ostsee kommt deutlich linder davon, was zum einen am
geringeren Gradienten, zum anderen an der überwiegend ablandigen Windkomponente
liegt. Nur exponiert wird dort mal eine „7“ angekratzt oder knapp erreicht.
Thermisch kommen wir in den meisten Gebieten auf 10 bis 14°C, im südlichen
Oberrhein sogar bis zu 16°C. Nur im zentralen Mittelgebirgsraum, wo die
Wolkendecke gebietsweise geschlossen bleibt, reicht es nicht für 10°C.
In der Nacht zum Dienstag erreicht der Höhenrücken endgültig den Vorhersageraum,
wo er seine Amplitude vergrößert, die Wellenlänge dafür verkleinert. Das
Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt über den Alpen etwas nach Osten, was aber
nichts daran ändert, dass es weiterhin zu Absinken kommt. Im Süden ist die
Subsidenz so stark, dass die Inversion bis in Bodennähe gepresst wird, wo sie
quasi mit der nächtlichen Strahlungsinversion verschmilzt. Zur Mitte hin
etabliert sich die Absinkinversion bei rund 800 hPa, während sich nach Norden
hin durch die Warmfrontpassage noch gar nicht richtig vorhanden, geschweige denn
ausgeprägt ist.
Dort, insbesondere nordöstlich der Elbe sowie nördlich des Nord-Ostsee-Kanals
regnet oder nieselt es zunächst noch etwas, bevor der Regen bis zum Morgen über
die Ostsee und NW-Polen abzieht. Dahinter bleibt es meist stark bewölkt oder
bedeckt und auch Richtung Mitte überwiegen die Wolken, was einige Areale mit
Sternensicht aber nicht ausschließt. Am meisten klart es jedoch im Süden auf, wo
es auch am stärksten abkühlt. Vor allem südlich der Donau muss mit leichtem
Frost gerechnet werden. Außerdem bildet sich an der ein oder anderen Stelle –
die Donauniederungen sind da in der Favoritenrolle ebenso wie die Bodenseeregion
- Strahlungsnebel.
Auf und an der Nordsee bleibt es stark windig (SW, Böen 7-8 Bft), auf dem
Brocken stürmisch.
Dienstag… verbleiben wir unter dem prominenten Rücken, der sich von NW-Afrika
über das gesamte westliche Mittelmeer bis hoch nach Lappland erstreckt. Das
Bodenhoch wandert weiter gen Osten zum nördlichen Balkan, was uns hier in
Deutschland auf seine warme Westflanke bringt. Kein Wunder also, dass die
Temperatur niedertroposphärisch mächtig ansteigt, advektiv, aber auch durch
fortdauerndes Absinken. Sind es um 00 UTC noch landesweite 2 bis 6°C auf 850
hPa, stehen 24 Stunden später verbreitet 10 bis 13°C auf der Anzeigetafel. Nur
ost-nordöstlich der Elbe dauert es etwas länger, bis es auch dort zweistellig
wird. Ansonsten bliebe noch hinzuzufügen, dass Ex-MELISSA zur Mittagszeit knapp
südöstlich von Island aufschlägt, wobei deutliche Abnutzungserscheinungen zu
erkennen sind. Der Kerndruck beträgt „nur noch“ etwas unter 980 hPa und es droht
der baldige Verlust der Eigenständigkeit, weil der einst so stolze und in der
Karibik leider auch schadensträchtige Wirbel sehr wahrscheinlich von einem
anderen Tief über dem Nordmeer geschluckt wird.
Sei es wie es sei, der 4. November wird landesweit ein milder bis sehr milder
Herbsttag, an dem nach z.T. etwas schleppender Auflösung des Nebels im Süden und
in der Mitte verbreitet die Sonne scheint. Allerdings kann nicht ausgeschlossen
werden, dass es in einigen windgeschützten Senken und Tälern des zentralen
Mittelgebirgsraums dauergrau bleibt, was sich natürlich auf die Temperatur
auswirken würde. Statt der sonst apostrophierten 13 bis 17°C würde es nur für 9,
10 oder 11°C reichen, was im November per definitionem aber auch noch als mild
durchgeht. Im Lee der westdeutschen Mittelgebirge ist gar ein Anstieg auf 18
oder gar 19°C denkbar – ja ist denn schon Frühling? Mild, aber nicht so sonnig
wie im Süden präsentiert sich das Dienstagswetter in Norddeutschland, wo mal
mehr, mal weniger dichte Wolken durchziehen. Am wenigsten direkte Solarstrahlung
dürfte im Norden SHs sowie den küstennahen Landstrichen zu erhaschen sein.
Stichwort Küste, dort, genauer an der Nordsee weht anfangs noch ein frischer
Südwestwind mit Böen 7, vereinzelt 8 Bft, bevor sich das Starkwindfeld im Laufe
des Tages immer weiter raus auf die freie Nordsee zurückzieht.
In der Nacht zum Mittwoch tut sich nicht allzu viel an der Großwetterlage. Okay,
das Hoch wandert noch ein kleines Stück nach Osten, was aber nix ausmacht, da
von Westen nichts Zyklonales nachkommt. Einzig die Deutsche Bucht wird von einem
mit dem bloßen Auge in den Diagnosekarten kaum wahrnehmbaren flachen
Sekundärtrog gestreift bzw. von WLA erfasst, was an der Nordsee neben dichten
Wolken sogar ein paar Tropfen bringen kann. Ansonsten lautet die Losung
verbreitet klarer oder nur gering bewölkter (Cirren) Himmel, später vor allem im
Süden und in der Mitte Nebelfelder. Es fällt auf, dass die Numerik
vergleichsweise zurückhaltend ist mit der Ausgabe von Nebel, zumindest was die
flächige Ausdehnung angeht. In einigen Flusstälern – verdächtig wie so oft bei
ähnlichen Lagen die Donau, der Main, der Rhein, aber auch die Oberpfalz – wird
sich das Malheur aber nicht vermeiden lassen, sonst wäre dieser November auch
nicht ein richtiger November. Dazu gibt es insbesondere südlich des Mains häufig
leichten Luft- und verbreitet Bodenfrost. Regelrecht mild dagegen der Norden und
Nordwesten mit 12 bis 7°C.
Mittwoch… wandelt der Rücken auf den Spuren des vorlaufenden Bodenhochs,
meint, er verlagert sich ebenfalls langsam ostwärts. Am Abend befindet sich
seine Hautachse knapp außerhalb des Vorhersageraums. Trotzdem bleibt die
Szenerie unterhalb der rückseitig südwestlichen Höhenströmung weiterhin stark
antizyklonal gefärbt, was trotz des großen Abstands zum Hoch auch für das
Bodendruckfeld gilt. Wenn man so will befinden wir uns in einem extrem weit
geöffneten, antizyklonal konturierten Warmsektor des Nachfolgetiefs von
Ex-MELISSA, die inzwischen von der Wetterkarte verschwunden ist, während das
(namenlose) Tief selbst dicht bei Irland verortet ist. Auf 850 hPa bleibt es mit
10 bis 13°C weiterhin sehr mild, was zu großen Teilen und nicht unbedingt üblich
in dieser Jahreszeit auch in die bodennahen Luftschichten weitergegeben wird.
Gerade dort, wo die Sonne scheint, etwas Wind geht, also Durchmischung gegeben
ist und vielleicht noch ein Mittelgebirge stromauf steht, könnte es durchaus für
19°C, mit etwas Glück gar für eine „schwache 20“ reichen. Aber auch sonst stehen
mit 13 bis 18°C hohe bis sehr hohe Temperaturwerte auf der Karte. Lediglich im
Dauergrau, also dort wo sich Nebel/Hochnebel nicht auflösen, bleibt es mit auch
nicht gerade üppig kalten 10°C frischer.
Wo genau sich Nebel oder Hochnebel auflösen oder eben auch nicht, ist wie häufig
ein Stück weit Lotterie. Prädestiniert für besonders zähes Grau sind natürlich
Flussniederungen wie z.B. die Donau sowie Teile des Rheins und Mains + Bodensee,
aber auch einige Mittelgebirgstäler/-senken, was von der Numerik auch angedeutet
wird. Ansonsten scheint aber vielfach die Sonne bis hoch in den südlichen Teil
der Norddeutschen Tiefebene. Nur noch weiter nördlich bleibt es bei wolkigen bis
stark bewölkten Verhältnissen und ein paar wenigen vereinzelten Tropfen.
Der inzwischen auf südliche Richtungen rückgedrehte Wind tritt warntechnisch nur
bedingt in Erscheinung. Der Brocken bleibt seiner Linie treu mit Böen 8 bis 9
Bft und in Ostsachsen gibt es schwache Andeutungen für etwas Böhmischen Wind.
Mal sehen, was daraus wird.
Die Nacht zum Donnerstag bringt nicht viel Neues, obwohl sich vom Atlantik her
ein Höhentrog immer dichter an den Kontinent heranschiebt. Es lässt sich aber
bereits absehen, dass der Trog gegen die solide kontinentale Blockade nicht
gegenanstinken kann, was schlussendlich in eine Abtropfung mündet
(Mittelfrist!). So bietet die Nacht das inzwischen schon eingespielte Programm:
im Norden/Nordwesten Durchzug von Wolken, kaum Regen, mild. Sonst vielfach
gering bewölkt oder klar mit Bildung oder Ausbreitung von Nebel/Hochnebel.
Leichter Luftfrost nach wie vor am ehesten im Süden des Landes.
Modellvergleich und -einschätzung
Die Basisfelder werden weitgehend kongruent simuliert, an der Umstellung der
Großwetterlage gibt es keine Zweifel. Dass die Grenzschichtphysik von Modell zu
Modell individuell etwas anders simuliert wird, ist nicht neu, erklärt u.a. aber
die leicht voneinander abweichenden Nebelprognosen.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann