SXEU31 DWAV 020800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 02.11.2025 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Zunächst noch W/SWz (West/Südwest zyklonal), ab Montag allmählich in SWa
(Südwest antizyklonal) übergehend

MAREK lässt grüßen – wechselhafter, aber milder Sonntag, im Süden mit
Dauerregen. Zu Wochenbeginn zunehmend antizyklonaler (VIANELDE), allerdings mit
Schwächen in Norddeutschland.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC

Sonntag… zeigt sich unser Wetter noch von der zyklonalen Seite, bevor die neue
Woche zumindest nach Süden hin antizyklonal startet. Protagonist auf der
heutigen Wetterkarte ist MAREK, seines Zeichens ein aus mehreren Kernen
bestehendes Tiefdrucksystem im Seegebiet zwischen Island und UK/Irland. Davon
ausgehend erstreckt sich eine teilokkludierte Kaltfront über Skandinavien und
das östliche Mitteleuropa bis hinunter nach Südwesteuropa und sogar noch darüber
hinaus. Über Polen konnte vergangenen Nacht sogar noch ein Warmsektor detektiert
werden, der nun kurz vorm Baltikum und Belarus steht, in den nächsten Stunden
aber verschwinden dürfte. Während die Front den Norden und die Mitte des
Vorhersageraums bereits hinter sich gelassen hat, findet ihre Progression im
Süden mit gebremstem Schaum statt. Hauptgründe sind eine Wellenbildung unterhalb
einer südwestlichen Höhenströmung vorderseitig eines sich im Tagesverlauf von
Westen nähernden Potenzialtrogs sowie leichter Druckfall südlich der Alpen, aus
dem ein seichtes Tief mit Bremsklotzcharakter erwächst. Trotzdem dieser
Hemmnisse wird die Front in den nächsten Stunden auch in den südlichen
Landesteilen langsam aber sicher ostwärts vorankommen, so dass sich im ganzen
Land eine erwärmte und zunehmend leicht labil geschichtete Meereskaltluft
subpolaren Ursprungs ausbreiten kann (mPs, T850 4 bis 1°C). Besonders frisch
wird es trotz Wolkenüberschuss nicht, da die Luftmasse ihren Ursprung relativ
weit südlich auf dem Atlantik hat und zudem solide durchmischt ist.

Und nun das Wetter, das sich heute grob betrachtet zweigeteilt präsentiert. Im
Süden kommt es zu weiteren stratiformen Regenfällen, die fast ausschließlich auf
der kalten Seite der Front fallen (Anacharakter). Bis zum Abend ziehen sich
diese Niederschläge unter allmählicher Abschwächung mehr und mehr in die
südlichen und östlichen Landesteile des weiß-blauen Freistaats zurück. Zuvor
kommen etwa vom Bodenseeraum und dem Allgäu über die Donau hinweg bis hoch in
die Oberpfalz aber durchaus 10 bis 20 l/m², in lokalen Spitzen vielleicht um 25
l/m² innert 12 Stunden zusammen. Müßig zu betonen, dass die Sonne in so einem
Umfeld noch weniger Chancen hat als Bayer 04 Leverkusen gestern Abend bei den
„Super-Bayern“.

Da sieht es im Norden und Westen schon etwas besser aus, auch wenn dort
ebenfalls keine Bäume in Sachen direkter Solarstrahlung ausgerissen werden. Mit
Annäherung des o.e. Höhentrogs sowie mit Hilfe in die west-südwestliche
Grundströmung eingelagerter Bodentröge stellt sich ein wechselhafter
Wettercharakter mit der klassischen Mischung aus Wolken und Auflockerungen ein.
Schauer und vielleicht sogar vereinzelte kurze Gewitter haben sich auch
angemeldet, vornehmlich im Westen und Südwesten. Vor allem zum Abend hin, wenn
sich die Trogachse in Korrespondenz mit einem gut definierten Bodentrog der
westlichen Landesgrenze nähert und ein vorgelagertes PVA-Maximum mit der
Höhenkaltluft interagiert (T500 um -25°C), wird etwas Skinny-Cape bis etwa
600/550 hPa generiert, das für kurze Gewitter mit Graupel und Böen 7 Bft
hinreichend sein könnte.

Kurz noch ein Wort zum Wind, der zumindest aus warntechnischer Perspektive keine
große Rolle spielt. Bereits heute Morgen ist der Südwestwind über der Nordsee
schwächer geworden, so dass kaum noch Böen 7 Bft auftreten. Und auch im Süden,
wo im Tagesverlauf eine sehr gemäßigte Druckwelle durchgeht, bleibt die
Luftbewegung unterhalb der Warnschwellen. Erst zum Abend hin nimmt die
Wahrscheinlichkeit für Böen 8, vereinzelt 9 Bft in Kamm- und Gipfellagen
(Hochschwarzwald, Alpen) zu, wobei eine Winddrehung auf West-Nordwest erfolgt.

In der Nacht zum Montag ziehen sich die frontalen Niederschläge an bzw. in die
Alpen sowie in den Bayerischen Wald zurück. Gleichzeitig schwenkt der Trog unter
Verkürzung seiner Wellenlänge und Andeutung einer beginnenden Abtropfung (was
soll man machen als Trog, wenn vorne, also im Osten geblockt wird und man von
hinten, also von Westen, mit Warmluft zugeballert wird) über weite Teile des
Vorhersageraums ostwärts. Rückseitig sowie mit Unterstützung eines in die
Südhälfte vorstoßenden Bodenkeils (Absender ist das Hoch VIANELDE über der
Iberischen Halbinsel) stellt sich an den Alpen eine seichte Stausituation ein.
Die Schneefallgrenze sinkt auf ca. 1200 m. Oberhalb etwa 1500 m kommen bis
Montagfrüh 5 bis 10, in höheren Staulagen der Berchtesgadener und Chiemgauer
durchaus auch 20 cm oder etwas mehr Neuschnee zusammen.

Ansonsten kommt es von West nach Ost noch zu einzelnen Schauern, hin und wieder
lockert die Wolkendecke aber auch mal auf. Mit Tiefstwerten zwischen 8 und 2°C,
direkt an der See um 10°C bleibt die Nacht frostfrei.

Montag… wird es allerhöchste Zeit, ein weiteres Tiefdruckgebiet über dem
Atlantik zu erwähnen, von dem die meisten Leser dieses Bulletins sicher schon
gehört oder gelesen haben. Die Rede ist von MELISSA, genauer Ex-MELISSA, einem
ehemaligen Major-Hurrikan aus der Karibik, der inzwischen die Physik gewechselt
und sich eher „normalen“ Tiefdruckgebieten angenähert hat, auch wenn seine
tropische Herkunft noch immer erkennbar ist (z.B. warmer Kern, diffuse
Kaltfront). Am Montag schlägt Ex-MELISSA mit einem Kerndruck von etwas unter 965
hPa im Seegebiet südwestlich von Island auf. Massive vorderseitige WLA macht
nicht nur unserem Trog zu schaffen (siehe oben), der sich aber ohnehin morgen
nach Osten verabschiedet. Auch Kollege MAREK hat der Dominanz des ehemaligen
Tropensturms nichts Substanzielles entgegenzusetzen, so dass er über den
endlosen Weiten der Norwegischen See dissipiert. Und nicht zu vergessen der
Potenzialanstieg über Westeuropa respektive dem westlichen Mitteleuropa, der für
die Aufwölbung eines breiten Höhenrückens sorgt. Diese Umstellung geht auch an
uns nicht spurlos vorbei, wobei man aber zwischen Nord und Süd unterscheiden
muss.

Fangen wir im Süden an, wo sich das Zentrum des o.e. Hochs VIANELDE zu den Alpen
verlagert. Von dort erstreckt sich ein Keil in Richtung Ostsee, der aber
zusehends nach Osten wandert. Absinken setzt ein, das für eine beginnende
Abtrocknung von oben sorgt. Die Absinkinversion, anfangs z.T. bei 700 hPa noch
relativ hoch angesiedelt, sinkt auf rund 800 hPa. Darunter hält sich freilich
noch Restfeuchte (wir haben schließlich November), trotzdem besteht die
berechtigte Hoffnung, dass die kompakte Bewölkung vom Vortag mehr oder weniger
große Lücken bekommt. Die höchsten Sonnenanteile deuten sich zwischen dem
südlichen Oberrhein und dem Alpenvorland an, aber auch nach Osten hin (vor allem
im Lee des Harzes) stehen die Chancen auf nennenswerte Auflockerungen nicht
schlecht.

Weniger prickelnd sieht es hingegen für große Teile des zentralen
Mittelgebirgsraums, vor allem aber für den Nordwesten und Norden aus, womit wir
wieder bei Ex-MELISSA wären. Diese sendet eine erste Duftmarke in Form einer
weit nach Osten vorpreschenden, von der Nordsee auf die Norddeutsche Tiefebene
übergreifenden Warmfront. Diese bringt neben geschlossener Bewölkung auch eine
Portion skaligen Regens, der morgens an der Ems startet und abends an der Oder
endet (bzw. weiter nach Polen zieht). Akkumuliert über den ganzen Tag fallen
aber nicht mehr als 5 l/m², meist sind es weniger. So ist es eigentlich eher der
Südwestwind, der es auf die Anzeigetafel schafft und sogar Warnungen
erforderlich macht. Am stärksten ist die Strömung über der Deutschen Bucht, die
voll in den gradientstarken Warmsektor des Frontensystems gelangt. Heißt für die
freie See glatte Sturmböen 9 Bft, für die Küste und die Inseln meist 7 bis 8
Bft. Die Ostsee ist bedingt durch den o.e. Hochkeil sowie die überwiegend
ablandige Windkomponente weniger betroffen, dafür gibtŽs in exponierten
Hochlagen der nördlichen und zentralen Mittelgebirge Böen 7-8 Bft, Brocken 9
Bft, während in den Hochlagen Süddeutschlands der Wind tendenziell eher abnimmt.

Thermisch bleiben wir mit 9 bis 14°C weiterhin auf der milden Schiene. Im
südlichen Oberrheingraben stehen gar 15 oder 16°C auf der Karte.

In der Nacht zum Dienstag wölbt sich der Höhenrücken unter Verkürzung seiner
Wellenlänge auf, wobei er sich zunehmend nach Mitteleuropa verlagert. Das
korrespondierende Bodenhoch verschiebt sein Zentrum etwas nach Osten, bleibt
aber für weite Teile Deutschlands bestimmend. Heißt vermehrt
Grundschichtmeteorologie, in diesem Fall insbesondere im Süden, wo sich bei
klarem Himmel Nebel bildet. Zudem besteht dort eine leichte Frostgefahr, was für
Anfang November aber nun auch alles andere als besonders ist. Nach Norden hin
sind weder Frost noch Nebel ein Thema, weil entweder zu wolkig oder zu windig
oder beides. Im Nordosten fällt anfangs noch etwas Regen. Stürmisch bleibt es
auf dem Brocken sowie über der Nordsee, an der Küste und auf den Inseln mit Böen
7-8 Bft aus Südwest.

Dienstag… verbringen wir unter dem Höhenrücken, dessen Hauptachse etwa von
Südfrankreich bis zum Baltikum gerichtet ist. Am Boden gelangen wir mehr und
mehr auf die warme West-Nordwestflanke des Hochs, das sein Zentrum gen
nördlichen Balkan verlagert. Sowohl durch Absinken als auch advektiv steigt die
niedertroposphärische Temperatur permanent an. Bis zum Abend sind es auf 850 hPa
in der gesamten Südwesthälfte 9 bis 12°C, sonst 5 bis 9°C. Unter dem Strich eine
milde Novemberlage der Marke Südwest antizyklonal (SWa), bei der der Norden
immer etwas am Rande der Bande steht. Heißt, es bleibt dort zwar weitgehend
trocken, aber es ziehen immer wieder mehr oder weniger dichte Wolken durch, die
den Sonnenschein vor allem Richtung Küsten erheblich dämpfen.

Ganz anders die Situation Richtung Mitte, vor allem aber im Süden, wo sich der
Nebel überall auflösen dürfte (an der ein oder anderen Stelle etwas schleppend)
und die Sonne alles geben kann, was sie im November noch so draufhat. Mit 10 bis
15°C wird es allgemein mild bis sehr mild und mit Hilfe von orografischen
Effekten (Überströmung der Mittelgebirge) sind stellenweise sogar 16 oder gar
17°C drin. Der Südwestwind weht an und auf der Nordsee zunächst noch zügig aus
Südwesten (Böen 7-8 Bft), nimmt dann bis zum Abend mit Rückdrehung auf Süd 1-2
Gänge raus. Ansonsten sticht nur noch der Brocken mit einigen 8er-Böen raus, wer
auch sonst.

In der Nacht zum Mittwoch verbleiben wir am Rande des Hochs, dessen Zentrum
inzwischen bis nach Rumänien gewandert ist. Trotz der großen Entfernung bleibt
die Wetterlage stark antizyklonal geprägt, was natürlich auch am weiterhin
präsenten Höhenrücken liegt. Darunter macht die niedertroposphärische Erwärmung
weitere Fortschritte, bis zum Morgen erreicht T850 bemerkenswerte 10 bis 13°C,
landesweit wohlbemerkt. Gleichwohl kommt es vornehmlich im Süden zur Abkopplung
der zugegeben sehr flachen Grundschicht, in der sich wieder Nebel bildet und
örtlich Luft- und gebietsweise Bodenfrost auftritt. Nach Norden hin gibtŽs
dagegen weiterhin positive Zahlen (an der Nordsee sogar zweistellig) und keinen
Nebel, auch wenn es teilweise auflockert. Grund ist der nicht gänzlich zur Ruhe
kommende südliche Wind, der auf der Nordsee und in einigen exponierten Hochlagen
gar mäßig bis frisch unterwegs ist. Nicht ausgeschlossen, dass auch im und am
Erzgebirge der Böhmische Wind ein wenig Fahrt aufnimmt.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Prognosefelder der verschiedenen Modelle weisen eine hohe Kongruenz auf.
Größere Diskrepanzen treten erst in der Mittelfrist auf, wo die Numerik noch
nicht so recht weiß, was Ex-MELISSA bzw. das, was von ihr noch übrig bleibt, so
vorhat.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann