#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Montag, den 27.10.2025 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 27.10.2025 um 10.30 UTC
Der Atlantik lebt und beschert uns weiter anhaltende Tiefdruckaktivität. Nass,
unbeständig, zeitweise wieder windig – aber dafür auch deutlich milder als
zuletzt.
Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 03.11.2025
Der Atlantik lebt. Und er scheint auch so schnell nicht zur Ruhe gekommen.
Gemeint ist damit weiter anhaltende Tiefdruckaktivität, die nicht nur die
Kurzfristvorhersage dominiert, sondern sich anschließend noch bis weit in den
Mittelfristzeitraum erstreckt. Damit ist klar: Das unbeständige Wetter setzt
sich weiter fort. Noch nicht so klar ist dagegen, wie das Ganze im Detail
ablaufen wird.
Der Donnerstag steht zunächst im Fokus eines Tiefdruckkomplexes mit Schwerpunkt
wahrscheinlich über dem Ostseeraum. Dabei ist die genaue Ausprägung noch unklar,
die meisten Modelle zeigen aber eine eher flachere Druckverteilung, während ICON
ein etwas kernigeres Sturmtief simuliert. Deutschland liegt dabei genau im
Bereich der Frontalzone, wobei uns rückseitig des Tiefkomplexes eine Okklusion
mit Kaltfrontcharakter erreicht, die für Niederschläge sorgt. Im Norden kann es
mit Durchzug einer Bodentrogachse auch beim Wind nochmal etwas frischer zur
Sache gehen. Mehr als ein paar Sturmböen direkt an der Küste und einigen steifen
Böen im Binnenland dürften aber wohl nicht zu erwarten sein. Bis zum Abend zieht
das Tief rasch weiter Richtung Baltikum. Rückseitig setzt rasch WLA ein, die in
einem ausgeprägten Sturmtiefkomplex über dem Atlantik ihren Ursprung findet.
Dieses Tief befindet sich mit einem Kerndruck von voraussichtlich unter 970 hPa
vor der Nordwestküste Irlands und schaufelt großräumig milde Luftmassen aus dem
Mittelmeerraum bis nach Mitteleuropa. Diese WLA stützt gleichzeitig einen
Zwischenhochkeil zwischen den beiden Tiefdruckgebieten, der diese neuerliche
Warmfront bis in die Nacht zum Freitag wohl nicht wetterwirksam werden lässt.
Der Freitag steht dann ganz im Zeichen einer klassischen ausgeprägten
Trogvorderseite mit großräumiger Anströmung aus Südwest bis Süd. Die zu
erwartende Kaltfront nähert sich nur langsam von Westen und greift
wahrscheinlich erst ab der Nacht zum Samstag auf Deutschland über. Für die
Niederschlagsentwicklung ist entscheidend, ob sich in der zum Flattern neigenden
Höhenströmung kleine Randwellen oder gar -tiefs etablieren können, die die
hereinziehende Luftmassengrenze entsprechend aktivieren. Die Modelle deuten
diesbezüglich Potential für kräftigere Niederschläge an, allerdings noch mit
völlig unklarer räumlicher Verteilung. Angesichts des deutlichen
Temperaturgradients an der Front mit T850 von bis zu +14°C im Warmsektor und
etwa +6°C auf der Rückseite – es fließt anschließend eine deutlich gealterte
maritime Polarluft ein – ist es wahrscheinlich, dass der Frontdurchgang nicht
ganz spurlos an uns vorüber geht.
Diese Situation setzt sich am Samstag fort. Das atlantische Sturmtief zieht mit
Kern eher nordwärts von den Britischen Inseln fort. Bei kräftigem Druckgradient
und entsprechenden Gradienten neigt der ganze Komplex zur Bildung von kleinen
Randtiefs, deren weitere Prognose am heutigen Tage quasi noch ein Ding der
Unmöglichkeit ist. Von diesen Randtiefs hängt aber auch unsere Wetterentwicklung
ab. Grundsätzlich zeichnet sich eine zunehmende Stationarität der
Luftmassengrenze ab, wobei eine kühle Nordwesthälfte von einer sehr milden
Südosthälfte getrennt wird. Entlang der LMG kommt es immer dabei wiederholt zu
Niederschlägen. Nach Lesart von GFS ist auch eine Neuentwicklung eines kräftigen
Sturmtiefs z.B. nahe Schottland möglich. In diesem Falle würde die Kaltfront
außen vor bleiben und der Warmsektor mit sehr milden Temperaturen, aber wohl
auch mehr Wind dominieren. Wahrscheinlicher erscheint aber der Verbleib der LMG
über dem Nordwesten Deutschlands und ein deutlich seichter ausgeprägter
Warmsektor.
Erst am Sonntag kommt wieder Bewegung in das Geschehen. Dann überquert uns die
Luftmassengrenze in Form einer Kaltfront mitsamt Trogachse endgültig.
Entsprechend wird es wohl verbreitet erneut recht nass werden. Anschließend
flacht rückseitig die Strömung ab und richtet sich zonal aus. Mit der
einfließenden Kaltluft baut sich im Alpenraum ein bodennahes Zwischenhoch auf
und beruhigt dort vorübergehend das Wettergeschehen, während weiter nördlich
weitere Niederschläge im Zuge weiterer Randtiefentwicklungen möglich erscheinen.
In 850 hPa sinken die Werte vorübergehend auf unter 0°C ab, sodass auch ein paar
Schneeflocken auf den höchsten Gipfeln möglich erscheinen.
Sonst ist vom Winter keine Spur zu sehen, ganz im Gegenteil: Am Montag trifft
mit dem (dann Ex-)Hurrikan Melissa ein Gruß aus den Tropen in westeuropäischen
Gefilden ein. Weitere Ausführungen seien uns damit dann an dieser Stelle auch
erspart. Denn auf welche Art und Weise dieses dann außertropische Tief in die
Westwindzirkulation bei uns eingebunden wird, weiß wahrscheinlich noch nicht mal
der Wettergott selbst. Die Prognose jedenfalls gleicht Stand heute einem
Lotteriespiel.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz zwischen den letzten IFS-Läufen ist anfangs noch mäßig, nimmt mit
zunehmender Vorhersagezeit deutlich ab und ist gegen Ende des
Mittelfristzeitraums nicht mehr vorhanden. Insbesondere das Eintreffen von
Ex-Hurrikan Melissa binnen Wochenfrist stellt die Numerik aktuell vor noch nicht
lösbare Probleme.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Insgesamt ist die Entwicklung relativ unsicher. Einige Lösungsansätze wurden
bereits im vorangegangenen Text beschrieben. Zum einen ist die Art und Weise des
Durchzugs eines Ostseetiefs selber am Donnerstag noch nicht ganz sicher, zum
anderen ist die atlantische Tiefdruckaktivität ebenfalls von deutlichen
Unsicherheiten vor allem auf der synoptischen Subskala in Form von
Randtiefentwicklungen noch unklar. Hier bestehen größere Spielräume bei
Temperatur-, Niederschlags-, aber auch der Windentwicklung.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die ENS zeigen die Signale für die durchgreifende Milderung sowie die rege
Niederschlagstätigkeit einhellig. Zum Wochenende nimmt die Streuung deutlich zu,
wobei der aktuelle Lauf von 00Z ein recht kühler Vertreter zu sein scheint. Zum
kommenden Wochenbeginn zeichnet sich dann ein erneuter Warmluftvorstoß – wohl
bedingt durch Ex-Melissa ab. Hier ist der IFS-Hauptlauf allerdings an der Spitze
zu finden, die Streubreite ist entsprechend der bereits beschriebenen
Unsicherheiten riesig.
Die große Streubreite führt auch zu einer mannigfaltigen Anzahl an Clustern,
nämlich jeweils vier sowohl im Bereich bis +96h als auch bis +196h. Dabei sind
die Lösungen, die zu positiver NAO tendieren, in der Mehrheit. Insbesondere in
der erweiterten Mittelfrist bis +240h zeigen sich fast nur solche Lösungen.
Damit scheint die Fortsetzung der unbeständigen, zyklonal dominierten
Wetterlagen erst einmal recht wahrscheinlich.
Fazit:
Das unbeständige, nasse und windige Wetter setzt sich fort. Nur das Wörtchen
„kalt“ kann man vorerst aus dem Repertoire streichen. Mit der Umstellung auf
eine zyklonale Südwestlage zu Beginn der Mittelfrist setzt sich erst einmal
deutlich mildere Luft durch, die die Höchstwerte am Tage deutlich nach oben
steigen lässt. Die lebhafte Westdrift und damit verbundene Tiefdruckaktivität
bleiben uns dabei wohl bis in die nächste Woche erhalten. Spannend wird dabei
die Frage, welchen Effekt dabei der Ex-Hurrikan „Melissa“ hat, der zu Beginn der
kommenden Woche die europäischen Gefilde erreichen soll.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Wind:
- Am Donnerstag an der Küste Sturmböen Bft 8-9 wahrscheinlich, tagsüber auch
kurzzeitig mit geringer Wahrscheinlichkeit bis ins Binnenland (hier Bft 8)
ausgreifend. - Darüber hinaus anhaltend geringe Wahrscheinlichkeiten für Sturmböen Bft 8-9 an
der Nordsee bis zum Ende des Vorhersagezeitraums. - Zu Beginn der kommenden Woche geringe Wahrscheinlichkeit für verbreitetes
Auftreten stürmischer Böen Bft 8.
Niederschlag:
- Markanter Dauerregen im Schwarzwald in der Nacht zu Samstag gering
wahrscheinlich. - Zu Beginn der kommenden Woche markanter Dauerregen im Schwarzwald sowie
entlang der Alpen nicht ausgeschlossen.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS mit ENS, ICON, GFS, MOS, COSMO-LEPS
VBZ Offenbach / M.Sc. Felix Dietzsch