#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Sonntag, den 28.09.2025 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 28.09.2025 um 10.30 UTC
Zunächst ruhiges und kühles, zum Samstag hin (deutlich) milderes Herbstwetter.
Danach voraussichtlich wieder unbeständiger, windiger und kühler.
Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 05.10.2025
Zum Beginn des mittelfristigen Zeitraums liegen wir zwischen einem Rücken, der
sich von den Azoren bis nach Skandinavien aufwölbt und mit einem blockierenden
Höhenhoch über Nordosteuropa verbunden ist, und einem großräumigen Höhentief
über Osteuropa. Während wir in der Höhe also gewissermaßen etwas zwischen den
Stühlen sitzen, liegen wir bodennah klar im Einflussbereich eines massiven Hochs
über Nordosteuropa, das sich über unsere Köpfe hinweg und die Biskaya bis zu den
Azoren und darüber hinaus erstreckt. Damit ist Wetterwirksamkeit eines an der
Westflanke des Höhentiefs südwärts ablaufenden Kurzwellentrogs sehr
übersichtlich. Für mehr als dichte Wolkenfelder oder einzelne Schauer dürfte er
nicht gut sein.
Am Südrand des Bodenhochs strömt ziemlich kühle und trockene Kontinentalluft aus
Osten ins Land. T850 liegt in weiten Teilen des Landes in der Folge nur bei
Werten um 0 Grad, was die Höchstwerte meist (deutlich) unter der 15-Grad-Marke
belassen wird. Nur im Westen und Südwesten, dürfte man auch mal knapp darüber
liegen. In der überwiegend klaren Nacht zum Donnerstag rauscht die Temperatur
verbreitet in den niedrigen einstelligen Bereich, am Boden auch gerne mal in den
negativen Bereich. In der ein oder anderen Tal-/Muldenlage des Berglands ist
lokal durchaus auch leichter Luftfrost vorstellbar. Die Nebelneigung dürfte
aufgrund der trockenen Luft nur gering sein.
Abgesehen davon, dass sich der angesprochene Kurzwellentrog über dem zentralen
Mittelmeerraum abtropft, ändert sich am Donnerstag nicht viel. Ähnliches gilt
auch noch weitgehend für den Freitag, wenngleich der Rücken mehr zu uns
hereinkommt und durch zunehmende WLA gestärkt wird. Dies ist den Geschehnissen
stromauf über dem Atlantik geschuldet, wo der ehemalige Hurrikan HUMBERTO unter
einer starken westlichen Höhenströmung Richtung Schottland zieht. Eventuell ging
Ex-HUMBERTO bis dahin auch schon in ein potentiell zuvor gebildetes Teiltief
auf, der Einfachheit halber bleiben wir im Folgenden aber bei Ex-HUMBERTO.
Am Samstag zieht Ex-HUMBERTO nordostwärts ins Nordmeer. Seine Warmfront greift
auf Deutschland über und bringt der Nordwesthälfte etwas Regen, während über der
Südosthälfte der stark positiv geneigte Rücken wetterwirksam bleibt. Da sich das
Höhentief Richtung Nordosteuropa zurückzieht, verschiebt sich das Bodenhoch weit
nach Russland rein und schlägt von dort eine Brücke über den Alpenraum hinweg
zum Atlantikhoch. Der Druckgradient legt deutlich zu und der Wind
dementsprechend auch. An der Nordsee und auf manchen Bergen könnte es stürmisch
werden. Aufwärts geht es zudem mit dem Temperaturniveau. T850 steigt auf stolze
14 Grad im Westen und 8 Grad im Osten. Damit sollte im Westen und Südwesten
zumindest örtlich die 20-Grad-Marke erreicht/überschritten werden.
Am Sonntag liegen wir schließlich unter der angesprochenen strammen westlichen
Höhenströmung. Während Ex-Humbertos Warmfront ostwärts abgezogen ist, schleift
nun seine wellende Kaltfront über dem Nordwesten. Während dort also ein nasser
Tag zu erwarten wäre, stehen die Zeichen ansonsten auf goldenes Oktoberwetter.
Der Wind bleibt lebhaft, an den Küsten und auf den Bergen vielleicht sogar
stürmisch und das Temperaturgefälle kippt von West-Ost nach Süd-Nord (T850 nun
im Süden 14 Grad, im Norden um 8 Grad).
Die erweiterte Mittelfrist zeigt den Fortbestand der relativ straffen westlichen
bis südwestlichen Höhenströmung mit zyklonalem Touch in der Nordwesthälfte und
antizyklonaler Tendenz Richtung Südosten.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz des aktuellen 00-UTC-Laufs des IFS vom heutigen Sonntag kann
insgesamt als gut bezeichnet werden. Der Hauptunsicherheitsfaktor ist letztlich
die genaue Entwicklung und Zugbahn von Ex-HUMBERTO. Damit hängt natürlich das
Übergreifen seines Frontensystems und der frontalen Niederschläge sowie die
Wind- und Temperatur-, also letztlich die gesamte Wetterentwicklung zusammen.
Dem gestrigen 12-UTC-Lauf nach, würde Ex-HUMBERTO noch lange Zeit über dem
offenen Nordostatlantik bleiben und im Laufe des Sonntags Island erreichen. In
der Folge käme es am Wochenende zu einem massiven Aufwölben eines Rückens über
Westeuropa und gleichzeitig einer kräftigen Austrogung über Nord- und
Mitteleuropa. Die Konsequenz wäre für Sonntag: stramme nordwestliche bis
nördliche Höhenströmung mit Kaltfrontdurchgang und nachfolgenden T850er Werten
von meist nur 0 bis 5 Grad.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Auch die anderen, an dieser Stelle betrachteten Globalmodelle (ICON, GFS, UK10)
ähneln der Lösung des IFS-Hauptlaufs stark, wenngleich Ex-HUMBERTO bzw.
potentielle, durch ihn angestoßene Folgeprozesse (z.B. Teiltiefbildung) –
naturgemäß möchte man sagen – etwas unterschiedlich behandelt werden. Im
Endeffekt kommen ICON, GFS und UK10 aber zum gleichen Schluss und unterscheiden
sich hierbei von IFS: Die Kaltfront am Wochenende soll nicht über dem Nordwesten
schleifen, sondern mehr (ICON, UK10) oder weniger (GFS) ostwärts durchziehen
bzw. über dem Süden etwas zurückhängen.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
An den Rauchfahnen für verschiedene deutsche Städte lässt sich schön das
Herannahen von Ex-HUMBERTO und der die damit verbundenen Unsicherheiten ablesen.
Ab Freitag bläht sich der zuvor sehr schlank daherkommende Spread bei der
Temperatur in 850 hPa deutlich auf, wobei die Kurven dabei allesamt nach oben
gehen. Mit der Lösung, dass das neu erreichte, vergleichsweise hohe
Temperaturniveau über das Wochenende hinaus Bestand, ist der Hauptlauf recht
allein. Der Großteil der Memberschar zeigt dagegen schon am Sonntag wieder einen
deutlichen Abwärtstrend, der immer verwaschener wird, je weiter man nach Süden
blickt. Demnach findet dann doch die Variante „Kaltfrontdurchgang mit
Zurückhängen im Süden“ im IFS-Ensemble die größte Zustimmung.
In der Folge nehmen auch die zunächst kaum bis nicht sichtbaren
Niederschlagssignale ab der Nacht zum Samstag sprunghaft zu und bleiben uns auch
in der neuen Woche erhalten, wenngleich auf geringerem Niveau.
Das Clustering ergibt für den Zeitraum von Freitag bis Sonntag fünf Cluster, von
denen Cluster 1, 3 und 5 (14, 10 und 7 Member) das Übergreifen des atlantischen
„Ex-HUMBERTO-Trogs“ zeigen, bei allerdings anhaltender Blockade über
Nordost-/Osteuropa. Cluster 4 (8 Member) hält dagegen weiter an der
blockierenden Wirkung des Rückens knapp westlich von uns fest. Haupt- und
Kontrolllauf befinden sich derweil mit 10 Weggenossen in Cluster 2.
Im Zeitraum von Montag bis Mittwoch (erweiterte Mittelfrist) stehen sogar sechs
Cluster zur Auswahl (14, 11, 9, 8, 5 und 4 Member), wobei der Großteil davon auf
das Regime NAO+ schwenkt. Während Cluster 2 (inkl. Haupt- und Kontrolllauf) bei
uns weiterhin den Rücken betonen, zeigen abgesehen von Außenseitercluster 6 alle
Gruppierungen zumindest zeitweilig das Übergreifen atlantischer Tröge.
FAZIT: Auch wenn die weitere Entwicklung und Zugbahn von Ex-HUMBERTO naturgemäß
noch einiges an Unsicherheit mit sich bringt, scheint sich ab dem Wochenende
wieder ein unbeständigerer, windigerer und spätestens ab Sonntag auch wieder
kühlerer Witterungsabschnitt einzustellen. Diese Lösung präferiert nicht nur der
Großteil des IFS-Ensembles, sondern auch andere Globalmodelle. Ob sich die
altweibersommerliche Variante des IFS-Hauptlaufes dagegen durchsetzen kann…
manch einer wird es sich sicher wünschen.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Am Wochenende muss an der Nordsee, an exponierten Küstenabschnitten der Ostsee
und auf manchen Mittelgebirgsgipfeln (v.a. Brocken) mit stürmischen Böen, evtl.
auch Sturmböen gerechnet werden. Insgesamt ist die Windentwicklung aber noch
unsicher und hängt stark von der Entwicklung und Zugbahn von Ex-HUMBERTO ab.
Bei einem potentiellen Kaltfrontdurchgang können zudem einzelne Gewitter mit
markanten Böen nicht ausgeschlossen sein. Auch hier ist die Entwicklung aber
noch sehr unsicher.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS(-EPS), ICON(-EPS), GFS, UK10, MOSMIX
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Tobias Reinartz