#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Mittwoch den 24.09.2025 um 08 UTC
SXEU31 DWAV 240800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 24.09.2025 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HNFz (Hoch Nordmeer Fennoskandien zyklonal) mit Trend zu SEa (Südost
antizyklonal)
Penetrantes Höhentief über Frankreich => Fortdauer der Dauerregenlage (Teils
Unwetter) im Südwesten bzw. Ausweitung bis in die Mitte. Zudem in der Mitte
sowie in einigen Hochlagen windig bis stürmisch. Im Norden Hochdruckeinfluss
(PETRALILLY) mit viel Sonnenschein, aber sehr frischen Nächten.
Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
Mittwoch… setzt sich die festgefahrene und schwer gestörte Zirkulation in und
rund um Mitteleuropa weiter fort. High-over-low, Hoch-über-Tief, vielleicht auch
Alto sopra basso, je nach Gusto. Die sprachliche Varianz ändert nichts an der
aktuellen Rollenverteilung, die von fast lähmender Persistenz und wenig
Mobilität der Hauptdarsteller auf der Wetterkarte geprägt ist. Solch stationäre
Lagen bergen immer die Gefahr eines hohen Impacts und es braucht gar nicht mal
viel an Fantasie sich vorzustellen, dass eine solche Wetterlage 1-2 Monate
früher unter Einbezug energiereicherer Luftmassen (latent und fühlbar)
katastrophale Ausmaße hätte annehmen können. Im Hier und Jetzt dürften wir aber
recht glimpflich davonkommen mit einer merklichen Aufwertung der monatlichen
Niederschlagsbilanz insbesondere im Südwesten und der Mitte.
Zur Lage, bei der über der Nordsee das hochreichende 1030+x-hPa-Hoch PETRALILLY
die Krone auf hat und das im wahrsten Sinne des Wortes, hat sich doch über dem
Bodenhoch eine abgeschlossene 576-gpdm-Isohypse aus dem korrespondierenden
Höhenrücken geschält. Als Gegenspieler fungiert ein Höhentief mit
Cut-Off-Genese, das aktuell über Südfrankreich positioniert ist. Im Tagesverlauf
zieht das Tief langsam Richtung Schweiz bzw. Nordwestitalien, wobei aber
möglicherweise ein zweiter Kern weiter westlich übrigbleibt. Vorderseitig des
Höhentiefs hat sich über Italien das flache, aber keinesfalls unwirksame Tief
CALVIN (int. Alessio) niedergelassen, was von uns aber größtenteils nur
mittelbar von Bedeutung ist. Die Haupthebungsprozesse finden im
Nordostquadranten des Höhentiefs statt, wobei die permanent aktive WLA
zeitweilig von der PVA west-nordwestwärts kreiselnder Randtröge unterstützt
wird. Und da Südwest- und nun auch zunehmend Mitteldeutschland unter genau
diesem Quadranten liegen, spielt genau dort die Musik. Die Luftmasse, deren
Herkunft gar nicht so leicht zu bestimmen ist (siehe Rückwärtstrajektorien in
unterschiedlichen Höhen), ist ausreichend feucht (PPW um 25 mm), aber weitgehend
stabil, wenn auch ganz im Süden mit einer kleinen abgehobenen Mischungsschicht
ausgestattet. Und so kommt es im Verlauf des heutigen Tages zu weiteren,
mitunter konvektiv verstärkten Regenfällen, deren Maximum leicht bogenförmig vom
Norden BaWüs bzw. Mittel- und Unterfranken über Südhessen bis hinüber nach
Luxemburg reicht (etwa 20-40 l/m² innert 12 h). Diese Mengen sind in den
laufenden Warnungen eingepreist (die Zwischenbilanz heute früh 05 UTC weist im
südlichen RP sowie im Saarland in der Spitze 25 bis 40 l/m² innert der letzten
12 Stunden auf und aktuell regnet es mit Stundensummen um oder sogar etwas über
5 l/m² weiter). Es soll nicht verschwiegen werden, dass es im ganzen Süden
zeitweise regnet, nur eben nicht so intensiv wie in den genannten Gebieten.
Nicht ausgeschlossen, dass am Nachmittag sogar mal ein Gewitter aus den Alpen
oder der Schweiz heraus zu uns findet. Wenn, dann kann es lokalen Starkregen
geben. Später kann dann die Schneefallgrenze in den Alpen vorübergehend auf etwa
2000 m sinken.
Mit Verlagerung des Höhentiefs gen Osten verschiebt sich auch der Korridor mit
den stärksten Niederschlägen ganz allmählich nord-nordostwärts in Richtung
Mitte, wobei das so richtig erst in der kommenden Nacht zum Donnerstag greift.
Dann kommen auch Teile Nordbayerns, Südthüringen sowie Mittel- und Osthessen in
die Show, wo regionsweise durchaus 20 bis 40, lokal vielleicht um 50 l/m² bis
Donnerstagmittag fallen können. Eine Ausweitung der markanten Dauerregenwarnung
ist erfolgt. Wo wir schon mal in der Mitte der Republik sind, bietet es sich an,
das Thema Wind aufzugreifen. Der spielt gegenüber dem Niederschlagsgeschehen
zwar nur eine Nebenrolle, aber auch Nebenrollen verdienen einen Oscar, so dass
wir drüber reden müssen. Gerade in den mittleren Landesteilen nehmen die Druck-
und Potenzialunterschiede so weit zu, dass der nordöstliche Wind bis in tiefe
Lagen ausgreifend ziemlich ruppig daherkommt mit Böen 6-7 Bft. Noch fetziger
geht es in den Hochlagen der zentralen Mittelgebirge zu, wo sich eine Art
Low-Level etabliert. Die Winde in 950 und 925 hPa nehmen kontinuierlich zu und
erreichen in der Nacht Sturmstärke bis 9 Bft, vereinzelt sogar 10 Bft. Kurzum,
bereits tagsüber muss in höheren Lagen des Berglands immer wieder mit Böen 8-9
Bft gerechnet werden, bevor in der Nacht sogar die eine oder andere schwere
Sturmbö 10 Bft (Harz, Thüringer Wald, Erz- und Fichtelgebirge) bis 100 km/h
nicht ausgeschlossen ist.
Und sonst so? – Im Norden scheint einmal mehr die Sonne von einem teilweise
wolkenlosen Himmel. Nach kalter Nacht mit Tiefstwerten vielfach unter 5°C und
stellenweise Bodenfrost wuppen sich die Temperaturen hoch auf bis zu 18°C, was
in dieser Luftmasse (T850 nur um 2°C) und dem derzeitigen Sonnenstand die
Maximalausbeute darstellt. Auch die kommenden Nacht wird wieder ziemlich frisch,
wenngleich die Wahrscheinlichkeit für Frost in Bodennähe durch den etwas
auflebenden Nordostwind abnimmt. Während die Temperatur im Norden also einen
grundsoliden bis veritablen Tagesgang auf die Platte bringt, sieht das im
bedeckten und regnerischen Süden/Südwesten ganz anders aus. Zwar wird es nachts
nicht so kalt wie im Norden, dafür kommt die Temperatur am Tage nicht richtig
aus dem Quark. Je nach Höhenlage ist meist bei 7 bis 13°C Schluss.
Donnerstag… wird unser Höhentief putzig, launisch, erratisch, wie man will.
Hatte es heute noch einen Ostkurs verfolgt, macht es morgen eine Rolle zurück
und schlägt über der Schweiz auf einmal einen Haken in Richtung Ostfrankreich.
Derweil verlagert sich PETRALIILY nebst Höhenhoch geringfügig nach Osten, wobei
sie bis Freitag 00 UTC zwei Zentren mit etwas über 1035 hPa aufbaut: eines über
Südskandinavien und ein zweites über den baltischen Staaten. Mit anderen Worten,
die HOL-Konstellation fängt leicht an zu kippen, aber nicht zu fallen. Für
Norddeutschland ändert sich dadurch nicht viel. Meist scheint die Sonne bei
maximal 16 oder 17°C, allerdings können sich von der Ostsee her ein paar
hochnebelartige Wolkenfelder der Küste und dem küstennahen Binnenland nähern.
Außerdem verschiebt sich der stärkste Druckgradient in den Norden, wo der
Ost-Nordostwind stark böig auffrischt. Gerade entlang der Küsten erreicht er in
Böen Stärke 7 Bft, auf der freien Nordsee auch mal 8 Bft. Auch im Binnenland
können 7er-Böen auftreten, wobei aber noch nicht ganz klar ist, wie weit diese
nach Süden ausgreifen bzw. wie flächig und häufig sie ausfallen.
Die wichtigste Frage aber, die sich für morgen stellt: Was macht der Regen?
Klare Antwort, er wird weniger. Der Gründe gibt es mehrere: Zum einen wandert
der Hauptantrieb WLA langsam ostwärts aus, obwohl das Tief selbst ja eher wieder
nach Westen tendiert. Da es aber gleichzeitig etwas in die Breite geht,
verlagert sich der wirksame Nordostquadrant nach Osten. Hinzu kommt, dass die
Luftmasse allmählich ausgelutscht ist und nicht mehr so viel hergibt. Die
Höhenwarmluft ist weitgehend aufgebraucht, außerdem wird durch
Entrainment-Prozesse trockenere Luft von Ost-Nordost eingemischt. Kurzum, am
Vormittag fallen in der Mitte gebietsweise noch 10 bis 20 l/m² innert 6 Stunden
(Maximum wahrscheinlich Thüringen/Westsachsen), bevor es am Nachmittag immer
weniger wird. Das Blöde ist, dass es durch den Haken des Höhentiefs auch im
Südwesten (BaWü, südliches RP, Saarland) wieder regnet, wobei die Mengen noch
nicht feststehen. Gut möglich, dass sich im Süden in der Peripherie des
Höhentiefs zudem einzelne Gewitter entwickeln. Die Luftmasse ist leidlich labil
geschichtet, so dass etwas CAPE zur Verfügung steht. WennŽs elektrisch wird,
dann in Gelb, maximal in Ocker wegen Starkregen.
Thermisch bleibt Schmalhans Küchenmeister, heißt, ganz im Süden immerhin 13 oder
14, vereinzelt 15°C. Ansonsten ist aber je nach Höhenlage zwischen 7 und 12°C
Schluss (ganz oben noch kälter).
In der Nacht zum Freitag zieht das Höhentief über Ostfrankreich (knapp
west-nordwestlich der Schweiz) weiter seine Kreise. Dabei kommt es vom Süden bis
hoch zur nördlichen Mitte zeit- und gebietsweise zu meist leichten Regenfällen.
Nur ganz im Norden bleibt es gering bewölkt oder klar. An der See weht weiterhin
ein mäßiger bis frischer östlicher Wind mit Böen 7 Bft, wohingegen der Wind im
Binnenland spürbar nachlässt. Tiefstwerte 10 bis 3°C, direkt an der See etwas
milder.
Freitag… macht das Höhentief nur geringe Anstalten, seinen Platz über
Ostfrankreich zu räumen. Wie angeleimt bleibt es ortsfest und dreht sich einen
Wolf, was aber nicht weiter zu stören scheint. Erst zum Abend kommt etwas
Bewegung ins Spiel und wo gehtŽs hin? Zurück in die Schweiz, ist ja auch ein
schönes Land. Auffallend ist, dass das Tief im Gegensatz zu den Vortagen nun
auch nach Norden auskeilt, was dort zumindest den Durchzug mal mehr, mal weniger
starker Wolkenfelder zur Folge hat. Regnen tut es kaum (zu trockene Luft), aber
die (ungestörte) Sonne zieht sich in den äußersten Norden und Nordosten zurück.
Dort, vornehmlich an den Küsten und auf freier See weht weiterhin ein frischer
und böiger Ostwind mit Spitzen 7 Bft, offshore vereinzelt 8 Bft.
Wer Regen sucht, wird weiterhin im Süden, schwerpunktmäßig im Südwesten fündig,
wo das Tief einfach nicht loslassen, dafür aber Wasser lassen kann. Laut ICON
sind es über den Tag verteilt und mit konvektiver Hilfe (Gewitter nicht
ausgeschlossen) im und um den Schwarzwald herum 10 bis 20, lokal 25 l/m², was
aber noch nicht final verbrieft ist (Modellunterschiede). Freunde werden die
Bewohner im Ländle und das Höhentief aber sicher nicht mehr in diesem Leben.
Die Temperatur steigt auf 14 bis 19°C, im Südwesten auf 10 bis 14°C.
Kurz noch die Nacht zum Samstag, die – man glaubt es kaum – das Höhentief auf
dem Weg nach Norditalien sieht (ob via Großer Sankt Bernhard oder San Bernadino
ist noch offen). Die zugehörigen Regenfälle breiten sich auf weite Teile
Süddeutschland aus bzw. greifen bis zur Mitte aus. Gebietsweise kommt nochmals
ordentlich was runter, Warnschwellen werden voraussichtlich aber nicht gerissen.
Nach Norden und Nordosten weiterhin leichter Hochdruckeinfluss => teils wolkig,
teils klar, weitgehend trocken. Tiefstwerte 10 bis 4°C, an der See um 12°C.
Modellvergleich und -einschätzung
Die Vita des legendären Höhentiefs wird modellübergreifend erstaunlich kongruent
simuliert. Auch die warnrelevanten Niederschlagsprognosen liegen jetzt nicht so
weit auseinander, auch wenn die Spitzen leicht verschoben bzw. nicht immer
konsistent sind. Das Warnmanagement fußt somit auf einem äußerst soliden Sockel,
der durch EPS-Ergebnisse noch gestärkt wird.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann