SXEU31 DWAV 150800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 15.09.2025 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
SWz

Heute abgesehen vom Südosten und Osten verbreitet windig bis stürmisch, im
Westen, Nordwesten und Norden Sturmböen und vereinzelte schwere Sturmböen. In
der Nacht im Binnenland nachlassender Wind, an der Nordsee nach kurzer
Abschwächung erneut auflebender Wind mit schweren Sturmböen Bft 10 und einzelnen
orkanartigen Böen Bft 11. Am Dienstag Verlagerung des Hauptwindfeldes zur
Ostsee, dort dann Böen Bft 9, eventuell auch Bft 10, im Binnenland erneut sehr
verbreitet Bft 7 bis 8 und exponiert Böen bis Bft 9 oder 10.

Dazu heute Vormittag im Nordosten, tagsüber dazu auch von Nordwest nach Südost
voranschreitend an einer Kaltfront und ebenso an den Küsten, speziell an der
Nordsee, Gewitter, teils mit zumeist kleinerem Hagel, Sturmböen oder schweren
Sturmböen und punktuell auch Starkregen. In der Nacht zum Dienstag und am
Dienstag nur noch an den Küsten gewittrig.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC

Montag… dreht sich über der nördlichen Nordsee ein zweikerniges Sturmtief
(ZACK) ein, welches im Laufe des Tages zunehmend auch auf den Süden Norwegens
ausgreift. In der Höhe korrespondiert mit dem Tief ein Langwellentrog, dessen
abgeschlossene 544er Isohypse in 500 hPa ihren Schwerpunkt von Nordschottland
allmählich ebenfalls über die nördliche Nordsee schiebt. Die Warmfront des Tiefs
überquert aktuell (04 UTC) die Elbe und erreicht um die Mittagszeit den
äußersten Nordosten, um dann auf den Nordwesten Polens und die Ostsee
überzugreifen. Im Bereich der Warmfront sind einzelne Gewitter möglich, die bei
Höhenwinden von 30 bis 45 kn in 850 hPa durchaus von Sturmböen begleitet sein
können. Bei der recht raschen Verlagerung ist Starkregen nicht das zentrale
Problem, eher schon sind die Gewitter an der Warmfront von Hagel, der vereinzelt
auch mal mehr als 1 cm groß sein kann, begleitet. Dafür spricht einerseits die
vor der Front am Vormittag noch vorhandene Einstrahlung, durch die etwas CAPE
aufgebaut wird (ICON-EU bis knapp über 500 J/kg), dafür spricht aber
andererseits auch die Scherung (speziell die Geschwindigkeitsscherung), die mit
20 bis 30 m/s (DLS) recht hohe Werte erreicht. Der Okklusionspunkt schafft es
bis zum Mittag etwa nach Bornholm, die Kaltfront wird bis zum Mittag etwa auf
eine Linie Mosel – Thüringen vorankommen, zum Abend erreicht sie den Süden
Deutschlands. Die deutsche Modellkette (beispielsweise ICON-RUC oder auch
ICON-D2) rechnet mit einer sehr verhaltenen Wetterentwicklung an der Kaltfront,
die externen Modelle (GFS oder IFS, aber auch AROME) deuten hingegen deutlich
mehr Schauer und Gewitter an. Die PPW-Werte südlich der Kaltfront und somit im
Warmsektor bewegen sich um etwa 30 mm, so dass dort, aufgrund des schwächer
ausgeprägten Windes, eher mal Starkregen auftreten kann. Dafür sind stürmische
Böen oder Sturmböen unwahrscheinlicher, wenngleich nicht gänzlich
ausgeschlossen, und auch kleinerer Hagel könnte mit von der Partie sein.

Wenngleich die Gewittersituation nicht unter den Tisch fallen darf, liegt doch
das Hauptaugenmerk des Tages wettertechnisch auf der Windentwicklung.
Letztendlich steuert das angesprochene Nordseetief zwei Bodentröge zu uns. Der
erste, schwächere, überquert uns heute im Laufe des Tages. Das er schwächer
ausgeprägt ist als der in der kommenden Nacht wird dadurch kaschiert, dass im
Tagesgang die Konvektion in Gang kommt und die Windentwicklung zusätzlich
anfacht. So muss heute im Westen und Nordwesten bis in tiefe Lagen verbreitet
mit stürmischen Böen und Sturmböen (Bft 8 bis 9) aus Südwest gerechnet werden.
Gleiches gilt für große Bereiche der zentralen Mittelgebirge. An der Kaltfront
kann der Wind durch konvektive Umlagerungen noch eine Schippe drauflegen.
Zumeist bleibt es dabei aber bei einer (hohen) Bft 9, wenngleich die Bft 10 mit
Spitzenböen um 90 km/h durchaus angekratzt werden kann. Die Bft 10 mit
Spitzenböen bis 100 km/h ist auch die Maßgabe für exponierte Gipfel (z. B.
Brocken oder Feldberg im Schwarzwald), aber auch für exponierte Küstenabschnitte
(Ostfriesische Inseln oder das auflandigem Wind ausgesetzte Nordfriesland). Ob
sich auch am Tage schon mal eine Bft 11 ins Windfeld schummelt muss abgewartet
werden, ICON-D2-ENS jedenfalls hat diesbezüglich keine signifikanten
Wahrscheinlichkeiten (ICON-EU-ENS sogar gar keine Wahrscheinlichkeiten) zu
bieten. Letztendlich sind die Warnungen auch in dieser Region entsprechend
markant abgefasst, einzelne orkanartige Böen werden aber durchaus zugelassen.
Vom Hoch- und Oberrhein bis nach Mitteldeutschland hinein und von dort bis zur
Ostseeküste bleibt es zumeist bei Windböen Bft 7, die Ostseeküste profitiert
dabei davon, dass der Wind keine auflandige Komponente bietet. Weite Teile des
Ostens sowie des Südens (von den Alpen bis nach Ostbayern) bleiben bezüglich des
Windes wohl warnfrei. Die Höchstwerte erreichen im Südosten bei Einstrahlung und
im Warmsektor laut MOSMIX bis zu 26°C. An der Nordsee und im westlichen Bergland
sind es noch nicht einmal 20°C.

In der Nacht zum Dienstag greift dann von Westen der zweite, insgesamt doch
deutlich schärfer konturierte Trog auf den Norden Deutschlands über, mit dem an
der Nordsee der Wind auch zunehmend auf West dreht. Auch wenn tagesgangbedingt
die Konvektion als Unterstützung fehlt, packt der Wind im Norden, insbesondere
aber an den Küsten, noch etwas fester zu als am Tage. Die Bft 9 bis 10 haben an
der Nordseeküste alle gängigen Modelle auf dem Schirm, in der zweiten
Nachthälfte deuten die ICON-D2-Ensembles sehr vorsichtig, die ICON-EU-Ensembles
sogar recht deutlich die Bft 11 für Nordfriesland an (Unwetter). Dazu kommen in
der Nordhälfte verbreitet die Bft 7 und lokal auch die Bft 8, die Ostsee ist
dann trotz des weiterhin eher ablandigen Südwest ebenfalls mit einer Bft 8
dabei. Auch auf den Gipfeln legt der Wind laut der Deterministik etwas zu, der
Brocken könnte mit Bft 12 die volle Orkanstärke erreichen, neben dem Feldberg im
Schwarzwald hat wohl auch der Fichtelberg die Bft 10 zu bieten. Ansonsten reicht
es in der Mitte nur in den höheren Lagen für die Bft 7 bis 8. Während der Trog
in der ersten Nachthälfte über der Nordsee noch ein abgeschlossenes Tief
aufweisen kann, füllt sich dieses zunehmend auf, so dass in der zweiten
Nachthälfte ein kleinräumiges Tief über dem Oslofjord als Druckminimum
übrigbleibt. Der Druckanstieg ist insgesamt der Tatsache geschuldet, dass das
Höhentief das Bodentief überläuft und somit der Höhenpunkt der Tiefentwicklung
überschritten ist. Da im Nordwesten, insbesondere aber im unmittelbaren
Nordseeumfeld, die Labilität aufgrund von höhenkalter Luft und der immer noch
warmen Nordsee mit ihrem Feuchteeintrag, können sich dort weitere Schauer und
Gewitter entwickeln. Diese sind, entsprechend des Grundwindes, von Böen bis in
den orkanartigen Bereich begleitet. Eventuell graupelt es auch mal. Starkregen
in kurzer Zeit ist aufgrund der Zuggeschwindigkeit kein Thema, wohl aber
mehrstündiger Starkregen bei wiederholten „Treffern“ oder im Bereich von
Küstenkonvergenzen. Die Warnungen werden aber wohl durch Gewitterwarnungen
abgedeckt. Bleibt noch der Alpenrand, an den sich die Kaltfront allmählich
anschmiegt. Die Gewitter lassen dort recht schnell nach, eventuell gibt es auch
mal ungewittrigen Starkregen. Letztendlich sind dort Warnungen diesbezüglich
aber fraglich. Die Tiefstwerte liegen an der Nordsee teils um 14°C, im Süden
lokal bei nur 6°C.

Dienstag… zieht der Bodentrog über den Norden hinweg, am Abend greift er auf
Polen über. Auf seiner Rückseite dreht der Wind durchweg auf West bzw. auf
West-Südwest. Der Langwellentrog überquert uns ebenfalls von West nach Ost,
seine Achse schafft es aber bis zum Abend nicht ganz an die polnische Grenze.
Durch einen in seine Rückseite hineinlaufenden kurzwelligen Anteil wird seine
Kontur noch etwas verschärft und er kann etwas weiter nach Süden ausgreifen. Da
der Norden weiterhin thermisch labil geschichtet ist und die Trogdynamik hilft,
bleibt es dort auch schauer- und gewitteranfällig. Die hochauflösenden Modelle
wie AROME oder ICON-D2 sehen im Bereich der niedersächsischen Nordseeküste eine
konvergente Windsituation, so dass sie dort ein Niederschlagsmaximum simulieren,
dass eventuell eine mehrstündige Starkregenwarnung nach sich ziehen könnte.
Eventuell wird das aber auch mit Gewitterwarnungen abgefrühstückt, denn
weiterhin triggert die diabatische Unterstützung des warmen Wassers insbesondere
an der Nordsee, mit gebremstem Schaum auch an der Ostsee gewittrige Schauer, die
natürlich auch wieder schon allein aufgrund der Grundwindes im markanten Bereich
liegen. Schauer kann es bis etwa zur Maillinie geben, weiter südlich bleibt es
wohl trocken.

Apropos Wind: Das Hauptwindfeld verlagert sich von West nach Ost über die
Küstengebiete und Schleswig-Holstein. Schon um die Mittagszeit sollte an der
Nordsee der Wind deutlich nachgelassen haben, die Bft 8 ist dann zumindest nach
der Deterministik von z.B. ICON, aber auch von IFS oder UK10 das höchste der
Gefühle. Dafür gibt es dann an der Ostsee, auch wenn es weiterhin zumeist bei
ablandigem Wind bleibt, auch mal eine Bft 9. Nach Süden zu ist es dann in der
Norddeutschen Tiefebene wieder zumeist die Bft 8, und je weiter man nach Süden
kommt, desto eher zieht sich die Bft 8 auf die Berge zurück. Bis an die Donau
können sich Böen der Stärke 7 zeigen, und somit ist wieder verbreitet mit
Windwarnungen zu rechnen, wobei der Wind zum Abend hin wieder nachlässt. Da
spätestens in der Nacht zum Dienstag auch aus dem äußersten Südosten die letzten
Reste des Warmsektors verdrängt wurden, herrscht mit T850-Werten um 5°C eine
allenfalls moderat warme Luftmasse vor. Entsprechend steigen die Maxima
allenfalls am Rhein oder in der Lausitz nochmal über 20°C, meist liegen die
Höchstwerte bei 16 bis 19°C.

In der Nacht auf Mittwoch gelangt Deutschland immer mehr auf die Trogrückseite
in eine leicht nordwestliche Höhenströmung. Die Strömung wird dabei leicht
antizyklonal und von zunehmender WLA überlaufen. Damit stabilisiert es von
Westen her. Nach Auflockerungen zieht im Laufe der Nacht von Westen
Aufgleitbewölkung auf, aus der in den Morgenstunden im Westen erster Regen
fällt. Der Wind zieht sich an die Küsten und in die Hochlagen der Berge zurück,
wo es noch markante Böen geben kann. Die Tiefstwerte bewegen sich in einer
Spanne von 14°C im Norden und teils nur 5°C im Süden.

Mittwoch… greift von Westen her ein Höhenrücken auf Deutschland über, dessen
Achse in der Nacht zu Donnerstag von West nach Ost über uns hinwegschwenkt. Die
schon ausgangs der Nacht zum Mittwoch auf den Westen übergreifenden schwachen
Niederschläge gehören zur Warmfront eines kräftigen Tiefs westlich der
Britischen Inseln, das bis zum Donnerstagmorgen die Nordostspitze Schottlands
erreicht. Während seine Warmfront bei fortschreitendem Okklusionsprozess bis
nach Polen geschoben wird, schleift die Kaltfront über der Mitte Deutschlands,
ausgangs der Nacht ist sie etwa vom Niederrhein bis nach Ostsachsen orientiert.
Nördlich des Mains bringt das Frontensystem somit etwas Regen, zumeist sind die
Mengen überschaubar, konvektive Verstärkungen sind bei stabiler Schichtung nicht
in nennenswertem Maße zu erwarten. An den Küsten und auf exponierten Gipfeln
weht der Wind weiterhin lebhaft mit Böen Bft 8, eventuell auch mal mit einer Bft

  1. Während die Höchstwerte sich meist um 20°C bewegen, liegen die nächtlichen
    Minima an der durch Wind gut durchmischten und meist bedeckten Nordsee um 14°C,
    im klaren und windschwachen Süden kühlt es bei lokalem Nebel ab auf bis zu 6°C.

Modellvergleich und -einschätzung

Die großräumigen Abläufe simulieren die Modelle ähnlich, was somit auch für die
Entwicklung der Windfelder gilt. Auf Unterschiede wurde im Text eingegangen,
bezüglich der Niederschlagsschwerpunkte liegen Differenzen in der Natur der
Sache.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas