#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Donnerstag den 14.08.2025 um 08 UTC
SXEU31 DWAV 140800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 14.08.2025 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang von SEa (Südost antizyklonal) zu HB (Hoch Britische Inseln)
Antizyklonale Wachablösung mit Luftmassenwechsel – JULIA und Bullenhitze gehen,
KYRA und sommerliche Wärme/gemäßigte Hitze kommen. Dazwischen einige kräftige
Gewitter mit Unwettergefahr vor allem durch Starkregen. Insgesamt aber keine
großräumige und dynamische Schwergewitterlage.
Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
Donnerstag… befinden wir uns inmitten einer sommerlichen Hitzewelle, die zwar
nicht von schlechten Eltern, auf der anderen Seite aber auch nicht
rekordverdächtig ist. Und sie ist endlich: heute noch, morgen in Teilen und dann
ist mit der ganz großen Hitze erst mal Schluss. Für viele eine gute Nachricht,
zumal der verantwortliche Luftmassenwechsel zwar nicht geräuschlos und wohl auch
mit einigen roten Karten, aber letztlich doch mit angezogener Handbremse über
die Bühne geht. Da hat man schon deutlich Schlimmeres gesehen.
Die Ausgangslage ist geprägt von einem breiten Höhenrücken, der noch immer weite
Teile Mitteleuropas überdeckt. Nur langsam verlagert er seine virtuelle
Hauptachse gen Osten, was vor allem daran liegt, dass das gesamte großräumige
Strömungsmuster nicht gerade vor Vitalität strotzt. Eine wirkliche Frontalzone
ist momentan nicht auszumachen und die Höhenwinde sind eher gemütlich unterwegs.
Als Gegenspieler für den Rücken fungiert ein ausladender, positiv geneigter
Potenzialtrog über dem Ostatlantik, in den ein quasistationäres Höhentief einige
hundert Kilometer westlich von Irland eingebettet ist. Vorderseitig wird
ordentlich Warmluft nach Nord-Nordost gepumpt, was über UK/Irland, Frankreich
und der Iberischen Halbinsel für Potenzialgewinn sorgt. Das Resultat ist ein
neuer Höhenrücken, auf dessen Ostabdachung wir am kommenden Wochenende kommen.
Bevor es soweit ist, schwenken erst noch ein paar Randtröge ost-nordostwärts,
von denen der erste aktuell über der Nordsee unterwegs ist. Die zugehörigen
Wolkenfelder streifen den äußersten Westen und Nordwesten, hier und da können
heute früh sowie am Vormittag auch ein paar Tropfen nicht ausgeschlossen werden.
Ob es sogar für ein Gewitter reicht, ist aufgrund der noch vorhandenen starken
Deckelung mehr als fraglich, aber manchmal sind die Launen der Natur rationell
nicht zu erklären.
Fakt ist, dass wir den heutigen Donnerstag im Bereich geringer
Luftdruckgegensätze in heißer Subtropikluft (xS; T850 16 bis 21°C) verbringen.
Hoch JULIA verbleibt mit ihrem Zentrum über dem Baltikum (knapp über 1025 hPa).
Gleichzeitig steigt der Luftdruck über UK/Irland. Der Raum dazwischen wird von
einer Rinne (PIET) und einem flachen Tief (QUILL) ausgefüllt. QUILL, heute
Mittag über der nördlichen Nordsee positioniert, verfügt sogar über eine
Kaltfront, die ab der kommenden Nacht für uns an Relevanz gewinnt. Präfrontal
bilden sich bei uns im heutigen Tagesverlauf mehrere Zonen mit konvergenten
(schwachen) Winden, vielleicht lässt sich später ja sogar eine dominierende
Konvergenzlinie analysieren. Allerdings dürften diese „Fischgräte“ ebenso wie
andere konvergente Winde kaum in der Lage dazu sein, die zwar potenziell
instabil geschichtete und auch zunehmend feuchte Luftmasse (deutliche
Feuchteflusskonvergenz im Nordwesten) derart zu reizen, dass sie konvektive
Umlagerungen en masse ausspuckt. Zwar steht zumindest im Süden und Westen
ausreichend CAPE zur Verfügung (teils im vierstelligen Bereich), die Deckelung
durch den nur langsam scheidenden Höhenrücken verhindert aber eine flächige
Auslöse. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden – die letzten Tage haben es
gezeigt -, dass irgendwo nicht doch mal ein oder zwei Zellen in die Höhe
steigen. Prädestiniert sind der Westen und Nordwesten etwa zwischen Eifel und SH
sowie allgemein das Bergland. WennŽs funkt, muss mit Starkregen (markant),
Hagel/-ansammlungen und Böen 7-8 Bft gerechnet werden. Auch Unwetter wegen
Starkregen können aufgrund der geringen Zuggeschwindigkeit nicht ausgeschlossen
werden.
Damit hier aber kein falscher Eindruck entsteht, Konvektion spielt heute eine
absolut untergeordnete Rolle. Im Blickpunkt des Geschehens stehen eindeutig
Sonne und Hitze. MOS bietet zwischen Pfalz und Sachsen-Anhalt bis zu 38°C an,
was aufgrund des weiterhin vorhandenen Saharastaubs und der damit verbundenen
Trübung möglicherweise etwas zu hoch gegriffen scheint. Egal, verbreitet 30 bis
37°C sind auch genug, lediglich dort, wo der Wind vom Meer her weht, wird es
nicht ganz so heiß.
In der Nacht zum Freitag macht die Progression des Strömungsmusters nur leichte
Fortschritte. Von UK und der nördlichen Nordsee schwenkt aber ein weiterer
KW-Trog langsam ostwärts, der die südwestliche Höhenströmung im Nordwesten etwas
zyklonaler formt. Außerdem greift die Kaltfront in den Frühstunden auf den
äußersten Nordwesten über. Dabei wird sie von mitteltroposphärischer KLA
überlaufen, was ihre ohnehin nicht überbordend ausgeprägte Wirksamkeit weiter
mindert. Nichtsdestotrotz werden mit Hilfe weiterhin konvergenter Winde einige
Hebungsimpulse induziert, die im Vorfeld der Front (Westen/Norden) Schauer und
einzelne Gewitter (gelb bis ocker) auslösen können. Postfrontal steigt der
Luftdruck an und in der einfließenden, keinesfalls kühlen Nordseeluft kommt es
zu einer raschen Stabilisierung.
Im größten Teil des Landes verläuft die Nacht teils wolkig, teils klar und
trocken. Mit Tiefstwerten zwischen 23 und 16°C bleibt es teilweise unangenehm
warm (in einigen hohen und mittelhohen Lagen werden noch höhere Werte erwartet).
Einzig in einigen Senken und Mulden Süddeutschlands sowie der östlichen Mitte
wird es mit bis zu 13°C frischer.
Freitag… plustert sich nordwestlich von UK/Irland das neue Hoch (KYRA) auf
über 1030 hPa auf. Gestützt wird KYRA vom neuen Höhenrücken, der ebenfalls
mächtig an Substanz zulegt. Ein Keil des Hochs reicht bis zu den Alpen, wodurch
die Kaltfront auf ihrem langsamen Weg nach Südosten in sehr holprigem, sprich
antizyklonalem Terrain unterwegs ist. Immerhin gibt es etwas Support von einem
weiteren KW-Trog, der vor dem neuen Rücken flüchtet und auf Deutschland
zusteuert. So richtig harmonieren Front und Trog aber nicht, weil der Abstand
zwischen beiden etwas zu groß ist und zudem noch immer der nur langsam weichende
„alte“ Rücken dagegenhält. Immerhin wird der Deckel in der präfrontalen Heißluft
gelockert, so dass das abermals in Hülle und Fülle vorhandene CAPE (teils über
2000 J/kg) besser als heute „zielgerichtet“ eingesetzt werden kann.
Lange Rede, tiefer Sinn, im Tagesverlauf entwickeln sich an der Front und davor
Schauer und auch einzelne Gewitter. Favorisiert sind vor allem der Süden und die
mittleren Landesteile. Aufgrund geringer Scherung ist tendenziell von
Einzelzellen auszugehen, die nur wenig Mobilität aufweisen und am Nachmittag und
Abend durchaus mal zusammenwachsen können. Starkregen ist der Hauptparameter,
den es zu monitoren gilt. Markant kann als sicher angesehen werden, lokale
Unwetter ebenfalls und extreme Unwetter als nicht ganz ausgeschlossen. Darüber
hinaus muss mit Hagel gerechnet werden (nicht sehr groß, eher größere
Ansammlungen) sowie Böen 7-8 Bft. Aufgrund der inversen V-Struktur in der
unteren Schicht sollte uns auch eine Sturmböe 9 Bft (worts case 10 Bft) nicht
völlig überraschen.
Ganz anders die Situation im postfrontalen Norden und Westen, wo die
einfließende stabile Nordseeluft (T850 12 bis 15°C; im Grunde handelt es sich um
eine um das neue Hoch herumgeholte maritime Subtropikluft mSp) unter
Druckanstieg gelangt. Zunächst scheint vielfach die Sonne, bevor am Nachmittag
und Abend weitgehend geschlossene Stratusbewölkung (hochnebelartig) von der
Deutsche Bucht her küstennahes Binnenland okkupiert (SH, NDS).
Die Temperatur erreicht nochmalig verbreitet 30 bis 36, in der östlichen Mitte
sowie im Südosten lokal vielleicht 37°C. Einzig im Nordwesten stehen lediglich
25 bis 30°C auf der Karte, bevor es später mit Einbruch des Hochnebels darunter
abkühlt.
In der Nacht zum Samstag zieht der KW-Trog nach Deutschland rein, wo er im
Verbund mit der nur langsam südwärts schwenkenden Kaltfront das konvektive
Geschehen im Süden und Südosten am Köcheln hält. Dabei besteht weiterhin die
Gefahr von Starkregen, Unwetter nicht ausgeschlossen. Ansonsten sorgen die neue
Luftmasse sowie der sich verstärkende Hochkeil für weitere Stabilisierung. Dabei
breitet sich der Nordseestratus auf weite Teile der Norddeutschen Tiefebene aus,
einige Simulationen lassen die Bewölkung sogar bis an den Nordrand der
Mittelgebirge vorankommen. Auf der Ostflanke des neuen Hochs frischt der
Nordwestwind über der Deutschen Bucht zusehends auf, was vor allem der
nordfriesischen Küste die ein oder andere steife Böe 7 Bft beschert. Die
Temperatur geht auf 20 bis 13°C zurück.
Samstag… verstärkt sich der Rücken westlich von uns, während sich der
Schwerpunkt des Bodenhochs zur westlichen Nordsee verlagert. Der zugehörige Keil
ist weiterhin gen Alpen gerichtet, was bei uns einen schwachen bis mäßigen, an
der schleswig-holsteinischen Nordseeküste zeitweise frischen Nordwest- bis
Nordwind zur Folge hat. Damit breitet sich die weniger heiße Luftmasse auf den
gesamten Vorhersageraum aus, die Kaltfront löst sich in Süddeutschland auf.
Trotzdem bleibt der Süden im Fokus des Geschehens, weil dort der
Luftmassenaustausch nur bedingt erfolgt, sprich, Labilität und Feuchte nur
partiell getilgt werden. Hinzu kommt, dass der o.e., am besten in 300 hPa
ausgeprägte KW-Trog von der Mitte in den Süden konvergiert. Kurzum, mit
Unterstützung des Tagesgangs kommt es vornehmlich südlich der Donau, ein Stück
weit aber auch etwas weiter nördlich zu konvektiven Umlagerungen, bei denen nach
wie vor Starkregen bis hin zu lokalen Unwettern auf der Poleposition steht.
Allerdings sollten auch größere Hagelansammlungen in Betracht gezogen werden.
Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass es ein paar Stunden braucht, bis sich
der Stratus/Hochnebel im Norden auflöst respektive in flache Cu-Bewölkung
transformiert wird. Mitte August sollte die Auflösung aber eigentlich noch
gelingen, auch wenn die Parametrisierung von IFS im nordwestlichen NDS was
anderes sagt. Auf alle Fälle werden im Norden nur noch 20 bis 25°C erreicht,
während sonst 25 bis 30, im Südwesten bis zu 32°C auf der Karte stehen.
In der Nacht zum Sonntag zieht der KW-Trog im Süden von dannen, das Potenzial
steigt. Gleichzeitig zieht sich die Sonne für einige Stunden zurück, so dass das
konvektive Geschehen im Süden sukzessive schwächer wird. Wie lange es dauern
wird, bis das letzte Gewitter die Grätsche macht, lässt sich aber nur schwer
terminieren. Darüber hinaus ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich in
NW-Deutschland erneut Hochnebel ausbreitet. Derweil wird der Nordosten vom Trog
eines von Nordskandinavien zum Baltikum ziehenden Tiefs gestreift, allerdings
ohne nennenswerten Impact (Wolkenfelder). Es kühlt auf 16 bis 8°C ab.
Modellvergleich und -einschätzung
Die grundlegenden Abläufe werden modellübergreifend sehr ähnlich simuliert.
Etwas schwerer tut sich die Numerik mit den konvektiven Konsequenzen, was aber
nicht neu ist. Es bleibt also ein gewisses Rest-Überraschungspotenzial bei den
bevorstehenden, heute allerdings nur sehr sporadisch auftretenden Gewittern.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann