SXEU31 DWAV 200800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 20.06.2025 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HM (Hoch Mitteleuropa), zum Montag hin Übergang in Wz (West zyklonal)

Sommerhoch ZORA gibt Gas – Wochenende sonnig und zunehmend heiß bis sehr heiß.
Erst am Sonntagnachmittag oder -abend im Westen erste konvektive Umlagerungen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC

Freitag… der 20. Juni markiert den letzten Frühlingstag des Jahres 2025 –
astronomisch betrachtet. Am frühen Samstagmorgen, genau um 4:42 Uhr MESZ beginnt
der kalendarische Sommer, Sommersonnenwende auf der Nordhalbkugel. Da kann sich
die Atmosphäre freilich nicht lumpen lassen und bietet mit ZORA eine echte
Athletin ihrer Zunft auf, die für alle Freunde sommerlichen Wetters (also das,
was man landläufig darunter versteht) reichlich was zu bieten hat. Heute früh
allerdings war zumindest was die Temperatur angeht noch nicht allzu viel davon
zu verspüren, weil die Nachttemperaturen in weiten Landesteilen ordentlich in
den Keller gegangen sind. Vor allem im Norden und in der Mitte wurden abseits
des unmittelbaren Küstensaums vielfach einstellige Werte registriert, an der ein
oder anderen Stelle sogar weniger als 5°C gemessen. Passiert halt auch in Zeiten
der längsten Tage und kürzesten Nächte, wenn eine frische und vor allem
abgetrocknete Polarluft auf hohen Luftdruck trifft. Keine Wolken, wenig Feuchte,
kein Wind, da reichen sogar nur wenige Stunden, um mit Hilfe von
Stefan-Boltzmann (Stichwort langwellige Ausstrahlung) thermisch ordentlich was
zu bewirken. Ganz anders die Lage im Südwesten, wo die Luft allgemein etwas
feuchter ist und z.T. auch etwas Wind ging. Mancherorts hat es nicht unter 15°C
abgekühlt, aber immerhin noch unter 20°C.

Steigen wir ein mit der aktuellen Wetterlage, zu der es eigentlich gar nicht so
viel zu sagen gibt. ZORA wurde bereits eingeführt, das 1025+-hPa-Hoch mit
Schwerpunkt über der Nordsee. Seine Divergenzachse verläuft einmal diagonal von
Nordwest nach Südost über Deutschland hinweg, was dem Nordosten Nordwestwind,
dem Westen, dem Süden und der Mitte Nord- bis Ostwind bringt (9
Himmelsrichtungen in einem vergleichsweise kurzen Satz, das schaffen nur
Meteorologen). Gestützt wird das Hoch von einem Potenzialrücken über West- und
Südwesteuropa, der sich in naher Zukunft mit infinitesimal anmutender
Geschwindigkeit gen Osten orientiert. Summa summarum eine recht eingefahrene,
undynamische Omegalage, die von zwei Trögen über dem nahen Atlantik und über dem
nahen Osteuropa komplettiert wird. Zwar verlagert ZORA ihr Druckmaximum bis zum
Abend von der Deutschen Bucht aufs norddeutsche Festland, was nun aber auch
nicht gerade ein Ausbund an Dynamik darstellt.

Egal, der heutige letzte (kalendarische) Frühling steht so oder so im Zeichen
eines Überangebots solarer Strahlung. Theoretisch könnte die Sonne am Alpenrand
um 16:00 Stunden, im Grenzbereich zu Dänemark gar 17:20 Stunden scheinen. So
zumindest die astronomisch maximale Ausbeute. In der Praxis liegen die Werte
nicht ganz so hoch, weil entweder Wolken, Dunst etc. oder Hindernisse dämpfend
wirken. Nun, Wolken sind heute nur teilweise ein Thema. Heute früh konnte über
der Deutschen Bucht inkl. küstennahes Binnenland ein etwas größeres Gebiet
tiefer Bewölkung detektiert werden. Und auch über der Ostsee und in MV sowie
südlich der Donau auf bayerischer Seite konnten ein paar Wolken aufgespürt
werden. Im größten Teil des Landes startet der Tag aber wolkenlos, und in Teilen
West- und Süddeutschlands wird das auch so bleiben. Ansonsten gehen die o.e.
Wolken – sofern sie es nicht schon getan haben – in locker Quellbewölkung über.
Auch sonst bilden sich im Norden und Osten vorübergehend flache Cum hum, die
aber nicht höher als 900 hPa anwachsen können, weil dort eine nicht
überwindbare, absinkbedingte Sperrschicht eingezogen wurde. Nicht unerwähnt soll
an dieser Stelle ein recht scharf geschnittener Randtrog bleiben, der frech wie
Oskar vom nahen Atlantik kommend (wo er sich aus dem dortigen Haupttrog löst)
ins Herz des Rückens stößt und in den Abendstunden die südwestliche Nordsee,
Benelux und Ostfrankreich erreicht. Seine Wetterwirksamkeit beschränkt sich im
Wesentlichen auf die Zufuhr hoher und meist transparenter Wolken, die zum Abend
hin den äußersten Westen erreichen.

Die Temperatur steigt heute im Norden und Osten auf maximal 19 bis 25°C, in den
übrigen Regionen auf 24 bis 31°C mit den höchsten Werten an Hoch- und Oberrhein.

In der Nacht zum Samstag kommt der nassforsche Randtrog nicht mehr so richtig
nach Osten voran, was er zum Anlass nimmt, die Form eines kleinen Höhentiefs
anzunehmen (um das zu erkennen, muss man eine hohe Auflösung der Isohypsen
wählen). Dessen Drehzentrum dürfte morgen früh irgendwo im Grenzbereich
Be-Lux-De zu finden sein, ohne dass freilich eine substanzielle Wirksamkeit zu
erwarten ist. Wie auch bei der trockenen Luftmasse, für die „Wetter“ (also
Wetter im aktiven Sinne) ein Fremdwort ist. Immerhin reicht es, um über Teilen
der Nation hohe, mit geringer Wahrscheinlichkeit mittelhohe Wolken zu
platzieren, so dass der allgemeine Wetterbericht mit der Formulierung „gering
bewölkt oder klar“ aufwartet. Thermisch stellt sich ein ähnlicher Gradient wie
in der Vornacht auf: Während es im äußersten Südwesten örtlich nicht frischer
als 16, 17, vielleicht sogar 18°C wird, kühlt es im Norden und Osten sowie der
östlichen Mitte stellenweise auf rund 5°C ab.

Samstag… ist die Wettergeschichte ganz schnell erzählt: Sommeranfang,
Sonnenwetter, warm bis heiß. Die gute ZORA verliert zwar etwas an Substanz (am
Mittag keine 1025-Hpa-Isobare mehr), bleibt aber trotzdem prominent im Rennen.
Ihr Zentrum verlegt sie dabei in Richtung Ostdeutschland bzw.
Tschechien/Slowakei. Die Hauptachse des Rückens verbleibt zunächst noch knapp
westlich von uns, erst in der Nacht zum Sonntag gibt sie hier ihr Stelldichein.
Zuvor steuert das kleine Höhentief (streng genommen handelt es sich sogar um
einen Mini-Kaltlufttropfen, was hier aber nur von akademischem Interesse ist)
Südwestdeutschland an, um danach bei Nacht ohne Nebel im Grenzbereich von
Helvetia zu Austria im wahrsten Sinne des Wortes über alle Berge zu
verschwinden.

Abgesehen von einigen lockern Wolken (meist Cirren, kaum noch Cum hum) scheint
den ganzen Tag die Sonne. Ob sich aus den Alpen heraus, wo es im Tagesverlauf zu
Überentwicklungen kommt, ein Gewitter gar in Richtung deutsches Grenzgebiet
verirrt, ist mehr als fraglich. Da durch das fortwährende Absinken T850 immer
weiter steigt auf 12°C im Grenzbereich zu Polen bis 18°C im Grenzbereich zur
Schweiz, lässt sich auch die 2m-Temperatur nicht lumpen. Abgesehen von
Küstenabschnitten, an denen sich Seewind einstellt, heizt sich die Luft auf
Werte zwischen 26°C in Ostvorpommern bis zu 33°C an Rhein und seinen
Nebenflüssen/-tälern auf.

In der Nacht zum Sonntag dauert der Hochdruckeinfluss an. Der Rücken kommt zu
uns rein und wird dabei von einem weiteren, von Westen reinlaufenden flachen
Sekundärtrog gepiesackt. Zudem setzt im Norden schwache WLA ein, was dort
einige, meist hohe Wolkenfelder zur Folge hat. Ansonsten präsentiert sich die
Nacht meist klar bei Tiefstwerten zwischen 16 und 8°C, nach Westen hin 20 bis
15°C. Lokal könnte dort für eine Tropennacht reichen.

Sonntag… tut sich ganz allmählich was in der Troposphäre. Das großräumige
Strömungsmuster zeigt eine gewisse Progression, wenn auch nur im ersten Gang.
Das Bodenhoch verlagert sich nach Norditalien bzw. zum nördlichen Balkan, nicht
ohne einen Keil bis hoch nach Finnland auszusenden. So kommt der größte Teil des
Vorhersageraums noch sehr sonnig und störungsfrei über den Tag, auch wenn die
massiv ansteigenden Temperaturen – die Rede ist von 31 bis 36, im Südwesten
inkl. Unterfranken punktuell vielleicht 37°C, nur an der See z.T. etwas
gemäßigter – von so Manchem durchaus als störend und etwas „too much“ empfunden
werden dürfte.

Weniger Empfinden als vielmehr Tatsache ist das langsame Durchwandern des
Höhenrückens gen Osten. Das bringt den Westen und Nordwesten unweigerlich auf
die leicht diffluente Vorderseite des nachrückenden Troges, was gerade im Sommer
die Aufmerksamkeit des wettervorhersagenden Personals erregen sollte. Zumal
zusätzlich auch noch die Kaltfront eines Tiefs zwischen Island und Schottland
(ZIROS) nebst vorlaufender Konvergenz auf dem Vormarsch ist. Labil ist die
präfrontale Warm- respektive Heißluft schon, jetzt wird sie im Laufe des Tages
auch noch mit Feuchte angereichert. Vom Saarland/RP bis hoch zur Nordsee steigt
das PPW auf rund 35, lokal bis 40 mm und auch die Grundschichtfeuchte der
unteren 500 m steigt auf bis zu 12 g/kg. Wenig verwunderlich also, dass mit
Hilfe vorheriger Einstrahlung ein überaus solides Quantum an CAPE generiert
werden kann, das zunächst aber noch gedeckelt ist. Auffällig ist, dass für den
Nordwesten (vor allem westliches NDS) deutlich weniger CAPE simuliert wird, was
einem frühen Wolkenaufzug geschuldet sein könnte.

Wie auch immer, das große Gleichungssystem „Konvektion“ wartet wie so oft im
Vorfeld noch mit einigen Unbekannten auf und der Hoffmann wird einen Teufel tun,
das Ganze hier schon zu filetieren und sich im x-ten Konjunktiv zu verlieren.
Nur so viel, die ersten Schauer und Gewitter werden von den meisten Modellen
erst zwischen Konvergenz und Front simuliert, wo der vor allem im Nordwesten
auffrischende Wind schon auf West gedreht ist. Insgesamt wird dabei bis zum
Abend noch mit angezogener Handbremse agiert, was einzelne starke Gewitter
(Starkregen, Hagel, Sturm) freilich nicht ausschließt.

In der Nacht zum Montag kommt die ganze Schose mit Konvergenz und Kaltfront
ostwärts voran und auch der nachfolgende Trog nimmt einen immer größeren Raum
bei uns ein. Kurzum, für einige wird es eine unruhige Nacht mit kräftigen
Gewittern (WU durch Starkregen möglich), teils aber auch gewittrigen oder
ungewittrigen Regenfällen (Details noch unsicher). Der äußerste Nordosten bleibt
nach Lesart der meisten Modelle noch verschont (GFS am progressivsten) und auch
im Nordwesten lockert es mit dem postfrontalen Einströmen subpolarer Meeresluft
auf, bevor später einige troggebundene Schauer auftreten. Mit Tiefstwerten von
22 bis 14°C wird es eine milde bis warme Nacht.

Modellvergleich und -einschätzung

Grundsätzlich herrscht Einigkeit unter den Modellen. Dass trotzdem noch einige
Fragen offenbleiben hinsichtlich der Entwicklung ab Sonntagnachmittag, wurde im
Text bereits angedeutet. Sehr gespannt sein darf man auch auf den Montag, der
einiges an Dynamik verspricht (flotte Westlage mit Trogpassage).

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann