SXEU31 DWAV 310800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 31.05.2025 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Wa/Wz

Ab heute Nachmittag vor allem über der Mitte Gewitter mit Unwettergefahr. Am
Sonntag Verlagerung des Gewitterschwerpunktes in den Osten/Nordosten und Süden
Deutschlands.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC

Samstag… liegt Deutschland zunächst noch im Bereich einer leicht antizyklonal
geprägten westlichen Höhenströmung. Der nächste Höhentrog ist aber nicht weit
entfernt und befindet sich derzeit knapp westlich der Britischen Inseln. Damit
verbunden ist das Tief SILAS, das mit seinem Kern heute Mittag im Seegebiet
westlich der Färöer-Inseln zu finden ist. Dieses Tief spannt einen großen
Warmsektor auf, der quasi von Großbritannien und der westlichen Nordsee bis nach
Norddeutschland und den Norden Polens reicht. In dessen Bereich wird mit einer
westlichen bis südwestlichen Strömung sehr warme, aber auch zunehmend feuchte
Luft subtropischen Ursprungs zu uns geführt wird. Dadurch nimmt auch die
Labilität der Luftmasse zu und die Lapse Rates steigen deutlich an. Mithilfe der
Einstrahlung werden über dem Süden und der Mitte mehrere hundert J/kg ML-CAPE
generiert, die höchsten Werte mit Werten bis nahe 2000 J/kg werden für den
Westen prognostiziert. Über der Mitte weist die Luftmasse auch die höchsten PPW
Werte auf mit Werten um 30 mm, im Westen auch um 35 mm.

Insgesamt also beste Zutaten für eine (Schwer-) Gewitterlage. Allerdings fehlen
zunächst noch die Hebungsantriebe, sodass sich am Nachmittag zunächst ausgehend
vom Bergland nur einzelne Schauer und Gewitter entwickeln werden. Prädestiniert
scheinen dafür der Thüringer Wald bis zum Erzgebirge, Schwarzwald und
Schwäbischen Alb sowie das westliche Bergland zu sein. Für Unwetter reicht es
dort wahrscheinlich noch nicht, dennoch sind markanter Starkregen und
Hagelansammlungen denkbar.

Interessant wird aber ein Kurzwellentrog, der am Nachmittag auf den Westen
übergreift und über die Mitte relativ rasch ostwärts geführt werden soll. Damit
einhergehend kommen von Frankreich und Benelux Schauer und Gewitter auf, bzw.
entwickeln sich über dem Westen neue Zellen. Aufgrund der Zutaten und bei
ausreichend Scherung über 15, teilweise sogar über 20 m/s muss von kräftigen
Entwicklungen ausgegangen werden, die sich zunächst auch linienhaft anordnen
können. Aufgrund des Organisationsgrades sind mit Durchzug dann auch Sturmböen
oder schwere Sturmböen bis Bft 10 wahrscheinlich. Darauf deuten auch die
hochauflösenden Modelle hin. Auch einzelne Superzellen sind wahrscheinlich, die
dann zusätzlich auch größeren Hagel um 3 cm und möglicherweise auch orkanartige
Böen Bft 11 hervorbringen können. Auch wenn die Zellen relativ rasch ziehen, ist
heftiger Starkregen mit Mengen um 30 mm innerhalb kurzer Zeit lokal zu erwarten.
Es besteht zudem die Möglichkeit, dass die Gewitter relativ rasch verclustern
und somit regional länger anhaltend oder wiederholt kräftigen Regen bringen und
somit auch Mengen um 40 mm und darüber in kurzer Zeit möglich sind.

Für die voraussichtlich am stärksten betroffenen Gebiete wurde bereits gestern
Nachmittag eine Vorabinformation Unwetter herausgegeben. Über NRW wurde sie nun
noch etwas nach Norden etwa bis zum Ruhrgebiet ausgeweitet, um die Bereiche mit
den hohen CAPE-Werten und UHD Signalen noch einzufangen. Auch für Teile des
Ostens erfolgte noch eine Erweiterung. Denn am Abend und eingangs der Nacht zum
Sonntag ziehen die ersten Gewitter, die weiter verclustern über den Osten und
Norden Bayerns ab. Ob sie sich aber so schnell abschwächen, wie von I-D2
gezeigt, bleibt abzuwarten. Denn es steht noch einiges an MU-CAPE zur Verfügung.
Zumindest in der ersten Nachthälfte besteht weiterhin erhöhte Unwettergefahr
durch Starkregen und Böen.

Der Norden sollte von konvektiven Umlagerungen zunächst verschont bleiben, da
dort die Luftmasse noch nicht labil und feucht genug ist. Gleiches gilt für die
Regionen vom Bodensee bis zum Bayerischen Wald und südlich davon.

Der weitere Verlauf der Nacht gestaltet sich nicht weniger spannend. Denn wir
gelangen zunehmend auf die Trogvorderseite, in die weitere flache Tröge
eingelagert sind. Einer dieser Kurzwellentröge, der im Bodendruckfeld mit der
Tiefdruckrinne ROLAND nebst eingelagerter Konvergenz verbunden ist, greift in
der zweiten Nachthälfte mit konvektiven Umlagerungen von Westen über und
erreicht bis in die Frühstunden auch die Osthälfte. Bei weiterhin guter Scherung
können diese erneut gut organisiert und linienhaft angeordnet sein, sodass vor
allem im Westen aufgrund von Starkregen und Böen weiterhin lokal Unwettergefahr
besteht. Desto weiter sie nach Norden und Osten vorankommen und in die durch die
vorher durchgezogenen Gewitter „verbrauchte“ Luft steuern, sollten sie sich aber
zunächst abschwächen. Durch Verclusterung besteht aber weiterhin
Starkregengefahr, ein- oder mehrstündig.

Sonntag… greift der o.g. Trog auf die Nordsee über, er hängt aber in seinem
südlichen Teil zurück, sodass wir auf dessen diffluenter Vorderseite verbleiben.
Die Kaltfront des mittlerweile Richtung Norwegische See gezogenen Tiefs SILAS
greift auf den Westen und Nordwesten über, sodass dort mit Einfließen einer
gemäßigteren und trockeneren Luftmasse Stabilisierung einsetzt. Die Kaltfront
selbst ist dort wettertechnisch nur schwach ausgeprägt, sodass dort konvektiv
nicht mehr allzu viel passieren sollte. Dennoch können mit der Kaltfront vor
allem an der Nordsee einzelne Böen Bft 7 um West auftreten.

Die Musik spielt definitiv präfrontal und im Bereich der Konvergenz, sodass der
Schwerpunkt der Gewitter morgen etwa ausgehend von einer Linie vom östlichen SH
über Ost- und Südniedersachsen, Hessen und die Pfalz ostwärts bis in den
Osten/Nordosten sowie den Süden zu erwarten ist. Die Luftmasseneigenschaften
haben sich im Vergleich zum Vortag nicht geändert. Hinzu kommt, dass der Deckel
nicht mehr vorhanden ist und somit verbreiteter mit der Auslöse von Gewittern zu
rechnen ist. Dann muss wieder mit lokal unwetterartigen und organisierten
Entwicklungen bis hin zu Superzellen mit heftigem Starkregen, größerem Hagel um
3 cm und Sturmböen gerechnet werden.

Schwierig ist aus heutiger Sicht auszumachen, wo die stärksten Entwicklungen
auftreten werden, auch im Hinblick auf eine Vorabinformation. Im Osten/Nordosten
könnte die bereits am Vormittag passierende Konvergenz (die im Übrigen vor allem
von SH über Meck-Pom ostwärts bereits erste kräftigere Entwicklungen bringen
soll) bereits die Luft rausnehmen, sodass dann fraglich ist, wieviel an der
nachfolgenden Kaltfront bzw. knapp vorderseitig noch passiert. Laut der
hochauflösenden Modelle reicht die erneute Einstrahlung aber für erneut örtlich
kräftige Entwicklungen.
Im Süden erfolgt die Aufheizung ungehemmt, sodass sich dort auch ordentlich CAPE
aufbauen kann bis 1500 J/kg. Entsprechend ist dort in Verbindung mit der
Scherung die Entwicklung von einzelnen Superzellen mit größerem Hagel
wahrscheinlicher als im Osten. Die Ausgabe einer Vorabinfo wurde auf heute
Nachmittag vertagt (Süden), für den Osten erfolgt möglicherweise erst morgen
früh eine Entscheidung.

In der Nacht zum Montag schwenkt der nördliche Teil des Troges nach Südnorwegen.
Von dort aus erstreckt sich die Trogachse ausgangs der Nacht zum Montag über
Südengland hinweg Richtung Bretagne, so dass die südwestliche und weiterhin
zyklonal geprägte Strömung über Mitteleuropa bestehen bleibt. Während über dem
Norden und der Mitte Deutschlands die Kaltfront rasch ostwärts gesteuert wird
und so rasch eine Wetterberuhigung einsetzt, hängt sie über dem Süden weiter
zurück. Entsprechend wird dort die gewitterträchtige Luft etwa zwischen dem
Schwarzwald, Bayerischem Wald/Oberpfälzer Wald und Alpen noch nicht ausgeräumt.
Durch weitere kurzwellige Keil-Trog-Strukturen wird die Konvektion
aufrechterhalten und es soll sich ausgehend vom Schwarzwald ein weiterer
Gewittercluster ost-/nordostwärts auf den Weg machen. Zumindest in der ersten
Nachthälfte reicht es dann noch für unwetterartige Entwicklungen, wobei der
Schwerpunkt auf mehrstündigem Starkregen liegen sollte. Bis Montagfrüh ziehen
sich die kräftigsten Regenfälle mit wahrscheinlich noch markantem Starkregen in
den Osten und Südosten Bayerns zurück.

Montag… bleibt Deutschland zunächst vorderseitig des Troges. Über den Süden
des Landes verläuft weiterhin die Kaltfront des mittlerweile bei den Lofoten
liegenden Tiefs SILAS, die aufgrund der strömungsparallelen Ausrichtung nur
wenig weiter vorangekommen ist. Präfrontal befindet sich immer noch die warme
und labil geschichtete Luftmasse, in der sich nochmals Schauer und einzelne
teils kräftige Gewitter entwickeln, die dann voraussichtlich in gewittrigen
Regen übergehen. Die Luftmasse ist nach wie vor sehr feucht mit PPW Werten um 30
mm. Die anderen Zutaten sind aber nicht mehr so ausgeprägt, wie an den Vortagen,
sodass auch die Unwettergefahr geringer ist. Postfrontal ist in den Norden und
in die Mitte eine gemäßigtere Luftmasse eingeflossen in der mit Passage eines
Randtroges vor allem im Norden Schauer und einzelne kurze Gewitter auftreten.
Nach Trogpassage setzt sich Zwischenhocheinfluss durch, der in der Nacht zum
Dienstag für eine Wetterberuhigung sorgt. Auch die Kaltfront wird weiter
Richtung Alpen gedrückt, die Gewittertätigkeit kommt zum Erliegen, am Alpenrand
regnet es aber noch weiter.

Modellvergleich und -einschätzung

Die großräumige Entwicklung wird übereinstimmend prognostiziert. Die
hochauflösenden Modelle weisen vor allem für die Konvergenz kommende Nacht noch
Unterschiede auf, vor allem bezüglich der Schwerpunkte. Während I-D2 den
Gewitterschwerpunkt eher Richtung Nordosten verlagert, liegt der Fokus bei Super
HD über RLP, Hessen und das nördliche BaWü. Erst in den Morgenstunden wird die
Entwicklung auch im Norden wieder stärker gerechnet.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Johanna Anger