SXEU31 DWAV 161800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 16.04.2025 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Große Temperaturunterschiede zwischen West und Ost, im Osten frühsommerlich
warm.

Zeitweise Regen, teils auch Gewitter, Regenfälle in den kommenden Tagen von
Westen allmählich nach Osten ausgreifend, lokale Gewitter nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland auf der Vorderseite eines
Langwellentroges, der bis nach Nordafrika reicht und mithin eine beachtliche
Amplitude aufweist. Der südliche Teil über dem westlichen Mittelmeer zeigt
deutliche Abtropftendenzen, was sich auch in einem flachen Rücken manifestiert,
der sich über den Seealpen von Osten in den Langwellentrog bohrt. Damit
gestaltet sich dort die Höhenströmung ganz leicht antizyklonal angehaucht,
insgesamt zeigt sich die Höhenströmung auf der Vorderseite des Langwellentroges
bei nur wenigen kurzwelligen Anteilen aber stramm auf Süd gepolt, und das vom
Tyrrhenischen Meer bis nach Lappland. Im Laufe der Nacht ändert sich daran
nichts Grundlegendes, das sich über dem westlichen Mittelmeer bildende
abgeschlossene Höhentief wandert allerdings etwas nach Osten und erreicht bis
zum Morgen Korsika. Dies induziert auch deutlichen Druckfall über dem Golf von
Genua, in dem sich rasch ein kräftiges Tief ausbildet (Stichwort:
Bombenzyklone). Die in der Folge von Süden gegen die Alpen drückenden feuchten
Luftmassen sorgen über Nordwestitalien für exorbitante Regenmengen, die Modelle
haben je nach Modellauflösung und -konfiguration (z. B. orografische
Genauigkeit) bis Montagmorgen 300 bis 550 l/qm an Niederschlag im Köcher, wovon
in den Hochlagen auch einiges als Schnee fallen dürfte. Für uns in Deutschland
bedeutet das Ganze vor allem eine weiterhin anhaltende föhnige Überströmung der
Alpen (Föhnsturm), wodurch sich von Südbayern bis zur westlichen Ostsee eine
Tiefdruckrinne etabliert hat, in der in der Nacht ein Tiefkern von Süden nach
Norden zieht und ausgangs der Nacht Mecklenburg erreicht. Föhniges Austrocknen
zeigt sich in den Feuchtefeldern (PPWs oder spez. Feuchte) vor allem von
Oberbayern bis nach Oberfranken, ansonsten kann die Luftmasse, die von den Alpen
bis an die Ostsee und nach Schleswig-Holstein dominiert, ihre Mittelmeerherkunft
(feucht und warm) nicht verleugnen. Der eigentliche synoptische Gegenspieler
unserer Rinne ist Tief DARIUS, der sich in der Nacht von Schottland nach Norden
bewegt. DARIUS zapft Luft subpolaren Ursprungs an und schiebt diese in einem
weiten Bogen in den Westen Deutschlands. Dort treffen die Mittelmeerluft und die
Subpolarluft aufeinander, was zu einer bemerkenswerten Luftmassengrenze mit
hoher Baroklinität führt. Die 850er Temperaturen liegen am Abend über dem
Südosten bei bis zu 15°C, im äußersten Westen dagegen nur bei 3°C. Morgen früh
für sollen es in weiten Teilen des Ostens gut 13°C, im Westen dagegen nur 0°C
sein. Die massive Luftmassengrenze sorgt schon beim Schreiben dieser Zeilen (15
Uhr MESZ) für beachtliche Temperaturunterschiede. So meldet Höchstadt an der
Aisch (Franken) 28°C, Weißenseifen in der Eifel dagegen nur 7°C! Anderes
Beispiel: Pirmasens (Pfalz) meldet 9°C, bei Karlsruhe im Oberrheingraben sind es
dagegen bis zu 22°C.

Doch zurück zur Synoptik, wo die Luftmassengrenze sich nicht nur durch die
Temperaturen, sondern auch in Form eines Wolken- und Regenbandes bemerkbar
macht. Die entsprechenden Niederschläge überdecken in der Nacht einen Streifen,
der vom Südwesten bis zur Nordsee und nach Schleswig-Holstein reicht und in dem
in 12 Stunden meist 1 bis 3, lokal auch um 5 l/qm ungewittriger Regen fällt
(niedertroposphärisch stabile Schichtung). Daran östlich anschließend sehen die
Modelle aus dem Tag heraus noch ein gewisses Gewitterpotential – von Thüringen
und Nordhessen bis ins östliche Schleswig-Holstein und ins westliche Mecklenburg

dort sind die ersten Gewitter auch schon unterwegs. Letztendlich gibt es in
diesen Regionen auch in die Nacht hinein eine leidliche Überlappung von
Labilität und Feuchte, und dies im Zusammenspiel mit einer sehr gut ausgeprägten
Windkonvergenz (18 UTC deutlicher Bodentrog vom Harz bis zur Mündung der
Schlei). Allgemein gilt: Scherung ist vorhanden, vor allem Deep-Layer-Shear mit
zumeist 15-20 m/s, so dass sogar organisierte Zellen vorstellbar sind, die in
die Nacht hinein aktiv bleiben. Mögliches Problem: Mit dem niedertroposphärisch
ost-südöstlichen Wind wird relativ trockene Luft eingemischt, was die
Gewitterbildung wie auch die -persistenz stören. Gewitter am Abend und in die
Nacht hinein können es lokal auf Starkregen um 15 l/qm in kurzer Zeit, kleinen
Hagel und stürmische Böen Bft 8, eventuell, wenn es ganz dumm läuft, auch auf
Sturmböen Bft 9 bringen. Im Nachtverlauf nehmen die Gewitterintensität und somit
die Wahrscheinlichkeit des Auftretens der genannten Begleiterscheinungen ab,
eventuell bleiben am Ende nur (un-)gewittrige Schauer übrig, was auch der
Tatsache Rechnung trägt, dass die Konvektion zunehmend abgehoben sein dürfte.
Neben den Gewitterböen kann es auf der Westflanke des Tiefs bzw. der Rinne ganz
vereinzelt aufgrund des angeschärften Gradienten mal eine Böen Bft 7 geben – das
dürfte warntechnisch allerdings schwer einzufangen sein. Insgesamt greift die
Bewölkung in der Nacht etwas nach Osten aus, meist gering bewölkt oder klar ist
es nur von der Ostsee bis zum Erzgebirge. Nebel kann sich lokal bilden, wenn der
Himmel länger gering bewölkt ist und es am Tage etwas geregnet hat.

Bleibt zum Abschluss noch der Blick auf die Temperaturen: An der Neiße sinken
die Werte teils nicht unter 15°C, in ungünstigen Eifellagen sind es nach MOSMIX
dagegen nur 3°C.

Donnerstag … überläuft das abgetropfte Höhentief das weiterhin im Bereich des
Golfs von Genua befindliche Bodentief, womit dessen Vertiefung abgeschlossen ist
und es vielmehr beginnt, sich wieder aufzufüllen. Bei uns nimmt die insgesamt
weiterhin südliche Höhenströmung vorübergehend leicht antizylonale Konturen an,
auch weil der südliche Teil des Langwellentroges, in dem sich das abgetropfte
Höhentief tummelt, eine deutlich negative Neigung aufweist. Das flache Bodentief
erreicht gegen Mittag die Ostseeküste, danach geht es weiter nach Norden, ohne
dass mit ihm intensive Wettererscheinungen verbunden wären, allenfalls kann es
im äußersten Norden noch Schauer und eventuell einzelne Gewitter geben, wie sie
ICON-D2 oder auch IFS in ihren Pseudo-Synops andeuten. Von Ostfriesland bis zur
Eifel werden die Niederschläge an der Luftmassengrenze durch die antizyklonale
Höhenströmung und das damit verbundene Absinken deutlich heruntergedimmt,
zeitweise bleibt es vom Niederrhein und dem Münsterland bis ins Emsland sogar
trocken (und schon hier sein erwähnt, dass es vom Südosten bis an die Ostsee
ohnehin – erneut – ganztägig trocken bleiben soll). Für Wolkenauflösung an der
Luftmassengrenze reicht das Absinken aber nicht. Im Südwesten intensivieren sich
die Niederschläge ab der Mittagszeit nach Abzug des Höhenrückens schon wieder,
und sie greifen allmählich nach Norden und Osten aus. Das ist auch der Tatsache
geschuldet, dass sich erneut ein Leetief bildet, diesmal etwas weiter östlich
und damit sozusagen aus dem Berchtesgadener Land heraus, was über weiten Teilen
des Südens ein erneutes Aufleben der Gegenstromlage zur Folge hat. Wie aus dem
oben Geschilderten ersichtlich bleibt die Luftmassengrenze erhalten. Am Abend
bewegen sich die 850er Temperaturen im Osten um 12°C, in Westen dagegen um 0°C.
Das setzt MOSMIX in bis zu 29°C Höchsttemperatur bei viel Sonne in der Lausitz
um, wie es überhaupt von Ostbayern bis nach Vorpommern sehr viel Somme geben
soll. Jeder Kilometer nach Westen setzt dann der Sonnenscheindauer zu, im Westen
bliebt es ganztägig bedeckt, in der Eifel werden die Höchstwerte bei (natürlich
nicht warnwürdigem) Dauerregen lokal nur 7°C erreichen. Mit Ausbildung des
Leetiefs verschärft sich der Druckgradient über dem Süden und der Mitte wieder
etwas, entsprechend frischt an dessen West- und Nordwestflanke der Wind erneut
böig auf. Einige Modelle (IFS, ICON-EU können sich im Süden und in der Mitte ab
dem Nachmittag einzelne markante Gewitter mit ähnlichen Begleiterscheinungen wie
heute vorstellen. Das wird sich zeigen, immerhin könnte niedertroposphärisch
einsickernde Kaltluft diese Gewitterentstehung unterbinden. Die
Prognosesoundings zeigen einen kühlen und stabilen Fuß, für ein Anfachen der
abgehobenen Labilität sind die Antriebe recht schwach ausgeprägt. Sicher scheint
immerhin: Der Föhn soll Laufe des Nachmittags von West nach Ost zusammenbrechen.

In der Nacht zum Karfreitag zieht das Leetief via Tschechien in Richtung
Oderbruch. Gleichzeitig verschiebt sich die ganze Rinne peu a peu gen Osten, was
auch für die LMG gilt. Diese wird auf der kalten Seite durch ein allmähliches
Übergreifen des nach Oberitalien ziehenden Mittelmeertiefs bzw. des von
Südwesten hereinschwenkenden zugehörigen Troganteils (mit Höhentief) merklich
aktiviert. Die Modelle würdigen das mit flächigen, aber schauerartig verstärkten
Regenfällen, die sowohl in Bezug auf Intensität als auch auf räumliche
Verteilung noch immer größere Unschärfen aufweisen (z. B. Bayern 12-stündig laut
IFS oder Arome bis auf Unterfranken praktisch trocken, laut ICON aber in der
Fläche um 5 l/qm Regen, hier immerhin ein Streifen am Böhmischen Becken
trocken). Auch hinsichtlich eingelagerter Gewitter ist das letzte Wort nicht
gesprochen. Abgehobene Labilität ist durchaus vorhanden, aber vielleicht reicht
es am Ende nur für einige nicht-gewittrige Starkregensegmente. Wenig oder kein
Regen dürfte es weiterhin im Osten geben und auch der äußerste Nordwesten hat
nicht viel im Angebot. Dabei liegen die Tiefstwerte in der Eifel bei 2°C, an der
Neiße sind es teils 15°C.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Freitag … und in der Nacht zum Samstag zieht der markante Höhentrog von
Südwesten mit mehreren Kernen erst nach West- und Süddeutschland hinein, dann
auch in die Mitte, er verdrängt damit einem Keil, der anfangs noch den Nordosten
beeinflusst. Das ehemaligem Leetief schafft es zögerlich bis zur zentralen
Ostsee. Die Luftmassengrenze legt sich in einem weiten Bogen über
Deutschland – vom Norden über den Westen bis in den Südosten, wobei ihre Kontur
im Süden allgemein verschwimmt. Wie schon in der Frühübersicht angedeutet kommt
es „zu zeitweiligen, teils auch andauernden Regenfällen, deren Schwerpunkte von
der Numerik z.Zt. noch vollkommen unterschiedlich gesetzt werden“. Vielleicht
gilt nicht mehr „vollkommen unterschiedlich“, aber es gilt immer noch
unterschiedlich. Einen Streifen vom Norden über den Nordwesten bis in den Westen
haben fast alle Modelle mit kräftigem Regen belegt, im Südosten zeigen sich die
externen Modelle zurückhaltender als ICON. Einigkeit herrscht dahingehend, dass
der Osten wohl weiterhin nur wenig Regen abbekommt. Letztendlich sind die
Prognosen immer noch nicht sehr belastbar.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modelle simulieren die bevorstehenden Tage anfangs recht ähnlich. Zum
Freitag laufen sie aber deutlicher auseinander. Das gilt, wie oder beschrieben,
für die Niederschlagsfelder, aber auch für die Synoptik. So lässt beispielsweise
IFS das Leetief am Freitag schneller nach Norden ziehen als dies bei ICON der
Fall ist, auch liegen die 850er Temperaturen im Westen am Freitag bei IFS mit
bis zu -3°C deutlich unter denen von ICON (-1°C). Folglich ist dann auch Schnee
in den Gipfellagen der dortigen Mittelgebirge wieder ein Thema (zumindest nach
IFS).

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas