SXEU31 DWAV 101800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 10.02.2025 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Im Norden und in den Hochlagen Wind- und Sturmböen, ab Dienstagabend
nachlassend. Nachts verbreitet Frost. Vom Westen in die Mitte ausgreifende
Niederschläge, teils als Schnee, teils als (gefrierender) Regen. Glättegefahr!

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC

Aktuell … zeigt das Geopotentialfeld über Europa eine Viererkonstellation.
Einer Zone hohen Geopotentials von Island bis nach Nordwestrussland und einer
weiteren über dem westlichen und zentralen Mittelmeer stehen ein
Geopotentialminimum über dem Schwarzen Meer und eines über Südengland / Benelux
/ Nordfrankreich „gegenüber“. Der Sattelpunkt dieses Viererfeldes befindet sich
aktuell und auch die Nacht hindurch etwa über dem Dreiländereck Deutschland –
Polen – Tschechien, was auch bedeutet, dass sich einerseits von den Alpen her
ein schwacher Höhenkeil nach Norden, andererseits aber auch von Südschweden her
ein schwacher Höhenkeil nach Süden schiebt. Während sich im Mittelmeerraum und
über (Süd-)Osteuropa das Bodendruckfeld nur schwachgradientig ohne dominante
Druckgebilde präsentiert, liegt über Skandinavien das großräumige Hoch ELVIRA
(mit knapp unter 1050 hPa über Südnorwegen), während sich über Nordfrankreich
das kleine, aber markante Tief MAX einkringelt. Selbiges wandert in der Nacht
bis zur Rheinmündung, wobei sich schon leichte Tendenzen eines Auffüllens
erkennen lassen (Kerndruck bei Nachtbeginn etwa 1013 hPa, zum Morgen etwa 1015
hPa).

Auf der Ostflanke von Tief MAX lässt sich sowohl im Theta-Feld als auch in der
850er Temperatur ein warmer Einschub bzw. dezente WLA ausmachen, in diesem
Bereich zeichnet sich auch die stärkste Hebung im Omega-Feld ab. Letztendlich
stehen die Prozesse mit einem zu MAX gehörenden teilokkludierten Frontensystem
in Verbindung, das aktuell schon vom Hochrhein bis zum Niederrhein für
Niederschläge sorgt, die allenfalls in den höchsten Lagen der westlichen
Mittelgebirge als Schnee fallen können.

Das ändert sich aber im Laufe der Nacht. Das Aufgleiten der Warmluft auf die von
ELVIRA induzierte bodennahe Kaltluftschicht, unterstützt durch eine diffluente
Struktur in den Höhenströmung und PVA, lässt die Niederschlagsintensität
ansteigen. In einem weiten Bogen vom Emsland über Ostwestfalen und Hessen bis
nach Schwaben und zum Hochrhein fallen meist 5 bis 10 l/qm, lokal (Emsland,
Staulagen westliche Mittelgebirge) auch bis 15 l/qm, im Schwarzwald werden es
wohl bis um 20 l/qm.

Kompliziert wird es bei Betrachtung der Phase des Niederschlages – wobei sich
deutliche regionale Unterschiede abzeichnen. Vom Nordwesten (nördliches und
zentrales Emsland) bis nach Ostwestfalen und Südniedersachsen werden von den
Modellen – im Emsland auch markante – Schneefälle angedeutet. Die
Hebungsabkühlung sollte zusammen mit der Verdunstungsabkühlung der Niederschläge
dafür sorgen, dass die Inversion mit ihrer „Warmen Nase“ entweder sukzessive
abgebaut wird oder aber zu schwach ausfällt, um den Niederschlag vollständig zu
schmelzen. Folglich setzen die Modelle auf die feste Phase, eine
nachvollziehbare Lösung, die für 1 bis 5 cm Schnee sorgen könnten, lokal auch
etwas mehr. Weiter südlich, in einem Streifen von Ostwestfalen und
Südniedersachsen bis nach Bayrisch Schwaben und ins nördliche Oberbayern wird es
richtig kompliziert. Klar ist, dass sich die von Westen heranschiebende Warmluft
mit einer „Warmen Nase“ bemerkbar macht. Diese kommt aber zum Teil recht trocken
und mit großem Spread daher, so dass Abkühlungsverdunstung sie abbauen kann. In
welchem Ausmaß dieser Prozess stattfindet, ist lokal stark unterschiedlich. Dazu
kommt die Frage der Tiefsttemperaturen. Im östlichen Bereich des genannten
Streifens liegen die Minima definitiv unter null – was, entsprechende
Schmelzprozesse vorausgesetzt, für gefrierenden Regen spricht. Das gilt ebenso
für den dort noch im Boden befindlichen Frost. Je weiter man nach Westen geht,
desto weniger Frost sitzt im Boden und desto weniger kann der Bodenwärmestrom
für gefrieren sorgen – eventuell trotz positiver 2m- oder 5cm-Werte.
Letztendlich zielt die Warnstrategie ob der komplexen Lage darauf ab,
großflächig mit gelben und somit recht moderaten Glättewarnungen zu operieren
und dann bei Bedarf „aufzustocken“. Dabei sind Warnungen im roten Bereich
(Unwetter) nicht ausgeschlossen, aber eher unwahrscheinlich.

Rückseitig des Okklusionsbandes kann es im Westen in der zweiten Nachthälfte
auch mal aufreißen. Das könnte in der dort durch die vorherigen Niederschläge
feuchten Grundschicht für Nebel sorgen – und eventuell auch nochmal für
Temperaturen unter null mit Glättegefahr. In der Osthälfte sowie in weiten
Teilen Norddeutschlands bleibt es niederschlagsfrei. Von Westen bis in den
Südwesten liegen die Minima knapp über dem Gefrierpunkt – mit Ausnahme der
Hochlagen. Ansonsten ist es durchweg frostig, mit mäßigem Frost unter -5°C
entlang von Oder und Neiße.

Bleibt noch der Wind: Der ist vor allem dort zackig aufgelegt, wo sich Tief MAX
in des Hoch ELVIRA reindrückt – also im Nordwesten. Er weht zumeist aus
östlichen Richtungen, an der See ist er mit Böen 7-8 Bft unterwegs. In den
Hochlagen der Mittelgebirge nimmt er sogar noch zu mit einzelnen Spitzen 8-9 Bft
auf freien Kämmen und Kuppen.

Dienstag … zieht MAX über der südlichen Nordsee allmählich unter weiterer
Abschwächung nach Nordwesten (etwa 1018 hPa am Abend). Im Geopotentialfeld
bleibt die Viererkonstellation erhalten, sie verschiebt sich nur unwesentlich
nach Osten. Da die Niederschläge von Tief MAX zusehends gegen den sich etwas
nach Südosten verlagernden Schwerpunkt von Hoch ELVIRA anlaufen, sind sie auf
dem absteigenden Ast. Im Norden und in der Mitte fallen sie überwiegend als
Schnee bis in tiefste Lagen, wobei sich die Auswirkungen in Grenzen halten
(Tagesgang der Temperatur, Abschwächung der Intensitäten). Im Süden, wo die
Front deutlich zurückhängt bzw. nach Westen in die Warmfront eines Tiefs
westlich der Biskaya übergeht, kommt der Niederschlag zögerlich südostwärts
voran – und hält vom Schwarzwald bis nach Schwaben auch bis zum Abend an. Im
Gegensatz zum Norden und Westen bleibt hier niedertroposphärische Warmluft (T850
+1 bis +3°C) erhalten, weshalb überwiegend Regen fällt. Dabei besteht vor allem
anfangs in einem Bereich von Schwaben und dem nördlichen Oberbayern bis zur
Thüringischen Grenze Glatteisgefahr, die sich im Tagesverlauf aber zusehends
reduziert. Am ehesten können sich den östlichen Mittelgebirgen Bayerns sowie im
Westerzgebirge ein paar frostige Kältelöcher halten, die auch später für
Glatteisbildung gut wären. Die Frage ist nur, ob der Niederschlag überhaupt so
weit kommt. Diesbezüglich sind sich die Modelle noch uneins.

Garantiert trocken bleibt es im gesamten Nordosten und Osten von der Ostseeküste
bis hinunter zum Osterzgebirge/Lausitzer Bergland. Dort fließt weiterhin
trockene und mäßig kalte Luft aus dem Hoch aus, so dass bei 0 bis 4°C (am
Nordrand von Erzgebirge durch Föhneffekte bis zu 7°C) häufig die Sonne scheint.
Auch im Westen fällt kaum noch Niederschlag, allerdings bei deutlich mehr
Gewölk, aber auch höheren Temperaturen (Süd-Südwestwind, maritim geprägte
Luftmasse) als im Osten.

An den Küsten sowie im küstennahen Binnenland bleibt der östliche Wind ebenso
flott unterwegs wie im höheren Bergland (7-8 Bft, freie Hochlagen 9 Bft).
Möglich, dass am Erzgebirge mit Rückdrehen auf Südost etwas Böhmischer Wind
aufkommt.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich das Tief nach Osten in Richtung
Ijsselmeer. Zwar ist die Bodenversion des Tiefs weiter mit etwa 1018 hPa am
schwächeln, ganz verschwinden wird sie aber nicht, weshalb das Höhentief nicht
zu einem Kaltlufttropfen mutiert. Zu erkennen ist das u.a. an den diagnostischen
Feldern, bei denen sich WLA und PVA weiterhin überlappen. Außerdem zieht das
Höhentief gegen die Bodenströmung, was bei KLTs normalerweise andersherum ist.

Letztendlich kommt es im Süden, ja nach Modell auch bis in die südliche Mitte an
der schleifenden Front zu weiteren, meist leichten Regenfällen (nach Osten hin
sowie in einigen Alpentälern mit latenter Glatteisgefahr). Sonst bleibt es meist
trocken, allenfalls lokal, eventuell an der Grenze zu den Niederlanden, gibt es
etwas Schnee oder Regen. Der Gradient fächert dabei allmählich auf und der Wind
im Norden beginnt sich abzuschwächen.

Im Südwesten bleibt es unter Wolken überwiegend frostfrei. Ansonsten stehen
Tiefstwerte zwischen +1 und -4°C, im klaren Nordosten bis zu -6°C auf dem
Zettel.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 06 UTC

Mittwoch … zeigt sich keine durchgreifende Änderung. Das schwache und
kleinräumige Tief MAX bleibt uns erhalten, auf seiner Nordostflanke weht ein
frischer Ostwind, eventuell mit einzelnen Böen Bft 7 an den Küsten. An der
schleifenden Front im Süden fällt etwas Regen, mit der Gefahr von gefrierendem
Regen in der Nacht zum Donnerstag. Im Norden kann es an Resten der Okklusion des
Vortages etwas Regen, vornehmlich aber schneien. Während es im Nordosten lokal
dauerfrostig bleibt, steigen die Werte im Südwesten punktuell auf nahe 15°C. In
der Nacht zum Donnerstag bleibt der Süden oft frostfrei, sonst sinken die Werte
auf null bis -4°C.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modelle skizzieren die Verlagerung der Druckgebilde sowie die
Geopotentialentwicklung sehr ähnlich. Bei der Verlagerung der Okklusion und der
damit verbundenen Niederschläge zeigen sich Unterschiede in der Geschwindigkeit
wie auch in der Niederschlagsintensität. Am morgigen Dienstag lassen ICON oder
IFS die Niederschläge zudem weiter nach Osten ausgreifen als z.B. UK10 oder
AROME. Bei der Niederschlagsphase ist schon in der kommenden Nacht alles
möglich. Der Niederschlagsstreifen ist schmal, die Vorgeschichte noch unsicher
und die Temperaturschichtung, insbesondere aber ihre Modifikation durch den
Niederschlag, nur schwer einzuschätzen. Das Warnmanagement wird dementsprechend
eine große Nowcasting-Komponente aufweisen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas