SXEU31 DWAV 231800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 23.01.2025 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Unbeständig und meist mild mit häufigen, aber voraussichtlich nicht
warnrelevanten Niederschlägen.
In den Hochlagen immer wieder stürmische Böen bzw. Sturmböen, exponiert schwere
Sturmböen, auf dem Brocken ab und zu orkanartige Böen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland unterhalb einer zyklonalen
westsüdwestlichen Höhenströmung. Darin eingebettet, hat ein Kurzwellentrog samt
unmittelbar vorgeschalteter Kaltfront inzwischen das Vorhersagegebiet ostwärts
überquert. Mit der Frontpassage wurden heute Nachmittag nun auch die letzten
„Kaltluftseen“ in Ostsachsen und in Niederbayern ausgeräumt und durch halbwegs
gut durchmischte maritim erwärmte Polarluft (T850 hPa zwischen -2 und -5 Grad)
ersetzt. Vor allem im Norden haben sich innerhalb der recht feuchten Luftmasse
auch postfrontal noch einzelne (bei PPWs unter 10 mm) unergiebige Schauer aus
der flachen SC/CU-Bewölkung entwickelt, die nun rasch ostwärts abziehen, auch
sonst hält sich vielerorts dichte Bewölkung, größere Lücken gibt es lediglich im
Südwesten.
Diese „Wetterberuhigung“ ist aber nur von kurzer Dauer, denn der nächste
Kurzwellentrog folgt quasi „auf dem Fuße“. Aktuell hat er bereits die südliche
Nordsee bzw. Benelux erreicht und überquert unter Amplifizierung den Norden und
die Mitte Deutschlands bis Freitagfrüh rasch ostwärts. Auch diesem Trog ist eine
teilokkludierte Kaltfront vorgeschaltet, die allerdings im Laufe der Nacht vom
Trog überlaufen wird und dann deutlich an Wetterwirksamkeit einbüßt.
Somit werden die Wolken aktuell von Westen her wieder dichter und eingangs der
Nacht setzen vom Saarland bis zur Nordsee schauerartige Niederschläge ein, die
rasch ostwärts vorankommen, dabei später an Intensität verlieren und von Westen
her wieder nachlassen. Insgesamt greifen sie aber vor allem nach Osten zu etwas
weiter südwärts aus als in den Vorläufen und erfassen wohl auch noch den
ostbayerischen Mittelgebirgsraum, im Nordosten und Osten bleibt es dagegen –
auch im Unterschied zum 00 UTC-Lauf des ICON-EU – nahezu komplett trocken.
Südlich einer Linie Nordschwarzwald-Niederbayern bleibt es ebenfalls trocken.
Die Mengen bleiben allgemein übersichtlich, lediglich in den Weststaulagen der
westlichen und zentralen Mittelgebirge und des Bayerwaldes fallen örtlich mehr
als 5 l/qm. In den Leelagen kommt dagegen kaum etwas zusammen.
Bei etwa -4 Grad in 850 hPa schwankt die Schneefallgrenze meist zwischen 200 und
500 m. Im Bergland, oberhalb von etwa 400 bis 600 m kommen gebietsweise 1 bis 5
cm Neuschnee zusammen, ansonsten reicht es höchstens mal für Glätte durch
Schneematsch.
Im Süden bleibt es dagegen aufgelockert bewölkt und bei leichtem Frost kann es
örtlich Glätte durch Überfrieren geben. Ansonsten bleibt es in den Niederungen
meist frostfrei.
Von Warnrelevanz ist allerdings der Wind. Mit Annäherung des Bodentroges frischt
er heute Abend im Westen und Nordwesten böig auf und es gibt in freien Lagen
steife, im Nordseeumfeld stürmische Böen aus Südwest. In den Kamm- und
Gipfellagen der Mittelgebirge muss ebenfalls mit stürmischen Böen oder mit
Sturmböen gerechnet werden, auf dem Brocken mit schweren Sturmböen. Nach Osten
zu weicht der Gradient am Bodentrog auf, so dass es in den Niederungen nicht
mehr für warnrelevante Böen reicht und auch rückseitig des Troges flaut der Wind
vorübergehend ab, lediglich im Nordseeumfeld und in den Hochlagen bleibt es
windig mit Böen Bft 7 bis 8, auf exponierten Gipfeln Bft 9 bis 10.

Freitag … bzw. bereits in der kommenden Nacht spielt sich über dem mittleren
Nordatlantik eine bemerkenswerte Orkantiefentwicklung ab, die in den vergangenen
Übersichten, ebenso wie im aktuellen Thema des Tages bereits ausführlich
beschrieben wurde. Vorderseitig wölbt sich durch die kräftige WLA ein
kurzwelliger Höhenrücken auf, der das Vorhersagegebiet bereits bis zum
Nachmittag überquert hat.
Das Orkantief hat bereits in der Früh den Höhepunkt seiner Entwicklung erreicht
und sich weit in die mittlere Troposphäre „gebohrt“. Dessen Drehzentrum zieht
bis zum Abend über die Hebriden zu den Shetlands. An dessen Südflanke stellt
sich über dem Vorhersagegebiet nach Abzug des Rückens eine recht glatte, aber
diffluent konturierte und kräftige südwestliche Höhenströmung ein. Die
teilokkludierte Kaltfront erreicht am Nachmittag den Nordwesten Deutschlands und
gerät mangels Schubkomponente ins Schleifen, inklusive einer Frontalwelle, die
sich abends in etwa über der Biskaya befindet.
Mit Annäherung der Front setzt am Vormittag vom Niederrhein über das
Weser-Ems-Gebiet bis nach Schleswig-Holstein meist leichter Regen ein, der bis
zum Abend auch die mittleren Landesteile und den Osten erfasst. Richtung Oder
und Neiße sowie in Bayern und Baden-Württemberg bleibt es noch weitgehend
trocken und auch die Mengen weiter nordwestlich halten sich mit nur wenigen l/qm
(in einigen Staulagen um 5 l/qm) in 12 Stunden in Grenzen.
Präfrontal gelangt sehr milde Meeresluft vor allem in den Süden Deutschlands, an
den Alpen wird es leicht föhnig. Die 850 hPa-Temperatur steigt ganz im Süden auf
4 bis 8 Grad, während sie im Bereich der schleifenden Front im Westen und Norden
auf etwa 0 Grad zurückgeht.
Von Warnrelevanz ist somit eigentlich nur der Wind. Der legt präfrontal bzw. im
Frontbereich vor allem in der Nordwesthälfte und in den Höhenlagen im
Tagesverlauf wieder zu mit Böen Bft 6 bis 7 aus Süd, später Südwest in den
Niederungen und Böen Bft 8 im Nordseeumfeld, über der offenen Nordsee sind auch
einzelne Sturmböen Bft 9 möglich.
In den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge (Ausnahme: ostbayerische
Mittelgebirge) gibt es stürmische Böen bzw. Sturmböen (Bft 8 bis 9), auf
exponierten Gipfeln schwere Sturmböen (Bft 10), auf dem Brocken orkanartige Böen
(Bft 11). In Ostsachsen könnte der Böhmische Wind den Niederungen einzelne
steife Böen aus Süd bis Südost bescheren und der Föhn exponierten Alpengipfeln
Sturmböen.
Während es in der breiten Nordwesthälfte ganztägig stark bewölkt bis bedeckt
bleibt, lockern die Wolken nach Südosten zu auf, an den Alpen und im Vorland
sowie in der Lausitz gibt es durchaus auch längere sonnige Abschnitte. Allgemein
wird es mit Höchstwerten zwischen 5 Grad im Nordosten bzw. im Donauraum (wo sich
länger Nebel/Hochnebel halten kann) und 12 Grad im Südwesten und im
Alpenvorland, im südlichen Oberrheingraben kann es stellenweise noch etwas
milder werden.

In der Nacht zum Samstag schwenkt an der Südwestflanke des zentralsteuernden,
unter Auffüllung allmählich nach Norden ziehenden ehemaligen Orkantiefs ein
breit angelegter Höhentrog vom nahen Ostaltantik Richtung Westeuropa. Die nach
wie vor recht glatte südwestliche Höhenströmung über Mitteleuropa steilt dadurch
etwas auf.
Somit kommt die Kaltfront über dem Nordwesten Deutschlands kaum weiter nach
Südosten voran, die flache Frontalwelle schwenkt nach Lesart des ICON-EU ohne
weiteres Entwicklungspotenzial bis Samstagfrüh nach Nordfrankreich. Die
Regenfälle im Frontbereich über der Mitte und dem Nordosten des
Vorhersagegebietes klingen somit vorübergehend ab, im Westen intensivieren sie
sich dann aber wieder mit Annäherung der Welle. Die höchsten RR-Mengen werden
dabei mit 5 bis knapp über 10 l/qm, in Staulagen bis 15 l/qm in Teilen von
Rheinland-Pfalz und NRW bis ins südwestliche Niedersachsen simuliert (in 12
Stunden; 24-stündig sind es in einigen Staulagen nahe 20 l/qm), sonst sind es
weniger als 5 l/qm, ganz im Nordwesten (Ostfriesland bis Schleswig-Holstein)
sowie in der Südosthälfte bleibt es weitgehend trocken.
Mit Annäherung der Frontalwelle weicht der Gradient im Laufe der Nacht deutlich
auf und der Wind flaut rasch ab. Lediglich in einigen Hochlagen reicht es nun
noch für steife bis stürmische Böen aus Süd bis Südwest, ehe er morgens im
äußersten Westen wieder etwas auffrischt.
Im Südosten bleibt es aufgelockert, teils auch gering bewölkt, örtlich bildet
sich Nebel und gebietsweise gibt es leichten Frost. Sonst verläuft die Nacht mit
Minima zwischen 7 und 2 Grad frostfrei.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC

Samstag … ergeben sich gegenüber den Ausführungen in der Frühübersicht keine
signifikanten Änderungen. Die Frontalwelle weist nach Lesart des ICON-EU nach
wie vor kein Entwicklungspotenzial auf und wird über den Westen und Nordosten
des Landes rasch nordostwärts geführt. Somit fällt in einem breiten Streifen vom
Westen und Südwesten Deutschlands bis in die Osthälfte zeitweise Regen, die
Mengen bleiben aber überschaubar. Ganz im Norden und im Südosten bleibt es
trocken; wo genau die Grenze liegt, ist noch unklar.
An der Südflanke der Welle frischt der Wind wieder auf mit steifen Böen im Lee
einiger Mittelgebirge und stürmischen Böen bzw. Sturmböen aus Südwest in den
Hochlagen, an den Alpen könnte es Föhn geben. Dabei bleibt es allgemein mild; im
Südosten kann sich gebietsweise länger Nebel und Hochnebel halten, dann
überschreiten die Höchstwerte allerdings kaum die 5 Grad. Sonst werden im Süden
10 bis 15, am Oberrhein und mit Föhn auch am Alpenrand sogar bis zu 17 Grad
erreicht, in der Nordhälfte liegen die Höchstwerte zwischen 5 und 10 Grad.
In der Nacht zum Sonntag folgt dann auch in den aktuellen Läufen planmäßig die
nächste Welle auf südlicherer Zugbahn und mit etwas intensiveren Regenfällen vom
Südwesten bis in die Mitte Deutschlands. Eventuell werden dann die Warnschwellen
für Dauerregen im Schwarzwald erreicht.
Der Gradient fächert dagegen weiter auf, so dass der Wind warntechnisch
lediglich auf den Alpengipfeln eventuell noch eine Rolle spielt.

Modellvergleich und -einschätzung

Der aktuelle Lauf des ICON-EU simuliert im Gegensatz zum 00 UTC-Lauf im
Nordosten und Osten Deutschlands für die kommende Nacht so gut wie keine
Niederschläge mehr und hat sich somit GFS und IFS angeglichen, die die Lage
bereits mit den 00 UTC-Läufen offensichtlich besser im Griff hatten
(insbesondere IFS).
Wie bereits in den Vorläufen beschert auch der aktuelle Lauf des GFS der
Frontalwelle am Samstag ein höheres Entwicklungspotenzial und simuliert ein
Wellentief, das auf etwas nördlicherer Zugbahn über das nordwestliche
Niedersachsen und Schleswig-Holstein hinweg nordostwärts zieht. Das hat
natürlich Auswirkungen auf die Niederschlags- und Windprognosen. Die höchsten
Mengen werden nach Lesart des GFS im Nordwesten (Ostfriesische Inseln)
simuliert, sollten aber auch nach der „Extremlösung“ (im Vergleich zu den
anderen Modellen) keine Warnrelevanz aufweisen.
Spannender gestaltet sich dagegen die Windentwicklung an der Südwestflanke des
Bodentiefs. Dort simuliert GFS einen scharfen Bodentrog und entsprechend im
Nordwesten auch in den Niederungen bzw. im Binnenland stürmische Böen,
vereinzelt sogar Sturmböen.
GEM und IFS (von 00 UTC) haben die Welle ebenfalls etwas markanter auf der
Agenda, ähneln dabei aber eher dem ICON als dem GFS.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff