#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Sonntag, den 12.01.2025 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 12.01.2025 um 10.30 UTC
Anfangs im Osten und Südosten gebietsweise gefrierender Niederschlag oder etwas
Schnee. In der Folge ruhiges Hochdruckwetter mit der üblichen
Grenzschichtproblematik.
Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 19.01.2025
Die nun anstehende Mittelfrist vom Mittwoch, den 15. Januar bis Sonntag, den 19.
Januar wird durchweg von Hochdruckeinfluss dominiert. Widmen wir uns daher kurz
der Frage, in welche Richtung es zum Monatsende weitergehen könnte.
Rückblickend zur mittelfristigen Erwartung von Mitte Dezember für Anfang Januar
kann konstatiert werden, dass die Entwicklung hin zu einer Luftmassengrenze
förderlichen Konfiguration letztendlich auch unternommen wurde, allerdings mit
einem geringen Eintrag polarer Luftmassen aus Skandinavien. Dennoch wurde für
einige Regionen Deutschlands Neuschnee aus der Konstellation „herausgequetscht“.
Und nun die antizipierte Mildkeule? Ja, die meisten Zeichen stehen auf „mild“,
aber es gibt noch ein kleines „Schlupfloch“.
Auf jeden Fall interessieren uns in der heutigen Mittelfrist besonders die
Entwicklungen in der oberen Troposphäre und Stratosphäre, deren Einfluss sich
über diese Mittelfrist hinaus auf unser Wetter (in)direkt auswirken sollte.
Besonders stehen natürliche die jeweiligen Polarwirbel im Fokus: der Polarwirbel
in der Troposphäre (tPV) und in der Stratosphäre (sPV).
Betrachtet man sich den bisherigen winterlichen Verlauf der zonal gemittelten
Winde in 10 hPa, so erkennt man ein nahezu periodisches Auf und Ab der
Intensitäten (Ende Dezember teils mit den höchsten zonal gemittelten Zonalwinden
seit den 80-iger Jahre). Diese Schwankungen hingen mit wiederholten sog. „vortex
stretchings“ zusammen, also einer gestreckten/gedehnten Signatur des Wirbels.
Dabei war der tPV einmal günstiger gen USA, dann wieder etwas förderlicher in
Richtung Europa gerichtet mit Blick auf die Entwicklung einer transienten
cross-polaren Strömung.
Betrachtet man sich die aktuellen Vorhersagen des Zonalwindes, so stehen wir vor
einem weiteren und wohl dem bisher signifikantesten Ereignis. Dank der hohen
Zonalwindkomponente und somit einer effektiven Führung vertikalen
Wellentransports über dem asiatischen Bereich wird dort erneut eine
Höhenantizyklone initiiert, die sich in der Folge in den nordpazifischen Sektor
verlagert. Schaut man sich dazu in den cross sections die vertikalen Wärmeflüsse
an, so erkennt man in der Folge über dem nordamerikanischen Sektor beständig
negative Anomalien, die sich durch eine zunehmende Blockierung, einen wellenden
Jet und in der Folge durch einen umfangreichen Trog über dem Osten
Kanadas/Nordostamerikas äußern: ein recht klassisches „wave reflection“
Ereignis. Gekoppelt an eine günstige (noch positive) PNA (Pazifik-Nordamerika
Muster) und eine sehr effektive cross-polare Strömung stehen Nordamerika (auch
dank der fortgeschrittenen Winterzeit) nun eisige Zeiten bevor und das wohl
zeitweise bis zur Golfküste (gilt in etwa ab dem 19. Januar und betrifft somit
auch den Tag der Amtseinführung des Präsidenten der USA). Von daher dürfte
erneut jeglicher Kopplungsversuch des sPV mit dem tPV nur transienter Natur
sein. Ein richtiger spin-up ist in aktuellen Vorhersagen keiner zu erkennen.
Wieso das Interesse an dieser Entwicklung? Grundsätzlich sind solche gedehnten
Polarwirbel gut für eisige Kälte im asiatischen und nordamerikanischen Sektor,
während Europa in milde Fahrwasser gerät. Grundsätzlich scheint sich das aus
aktueller Sicht auch in den „extended range“ Vorhersage z.B. der
Temperaturvorhersagen im IFS-ENS zu bestätigen, wo Europa „rot anläuft“.
Zusätzlich baut sich über dem Indischen Ozean ein neuer MJO Impuls auf, der
rasch aus dem Einheitskreis (der Inaktivität) in Sektor 1 und 2 übergeht und
dies dank konstruktiver Interferenz mit den niederfrequenten
Hintergrundbedingungen der ENSO mit raschem Amplitudengewinn. Schaut man sich
mit entsprechendem Zeitversatz die Auswirkungen im nordatlantischen Sektor an,
dann dominiert im grönländischen Sektor bei beiden Sektoren tiefes Geopotenzial
(statistisch gesehen mit einem SWa Überhang der Wetterlagenklassifikation). Mit
einem jüngsten Oceanic Nino Index von -0.4 deutet sich nun allmählich eine
Kopplung zwischen der Atmosphäre und dem Ozean an, sodass die Telekonnektion
immer besser etabliert werden dürfte.
Im Grunde greift nun wieder ein Rädchen ins andere. Der Kaltluftkörper über
Kanada/Nordamerika wird letztendlich auch den Nordatlantik erreichen, die
Auswirkungen der MJO somit stützen und trifft dort auf umfangreich positive SST
Anomalien(0.5 bis 2 K). Die Folge sollte eine rege Dynamik auf
synoptisch-skaliger Ebene sein (GEFS mit jüngsten Einzelmemberlösungen von
sub-920 hPa Tiefs über dem offenen Nordatlantik). Sprich, es deutet stromab der
Dynamik über Mitteleuropa Vieles auf eine sehr antizyklonal geprägte Mittelfrist
bis in den erweiterten Mittelfristzeitraum hin, bevor zum Ende des Monats von
Westen die Dynamik allmählich auch auf den europäischen Sektor übergreifen
könnte. Die ansteigende NAO in den Vorhersagen springt eher auf den nahenden
Kaltluftkörper mit sukzessive fallendem Geopotenzial über Grönland an und die
NAM sah auch schon mal euphorischer bezüglich eines Anstiegs aus (springt im
NCEP wohl auf die optimistische Blockierung im Bereich des Uralgebirges an).
Wie es also zum Monatsende bei uns nach der mittelfristigen Blockierung
weitergeht hängt von zahlreichen Faktoren ab und ist daher noch sehr großen
Unsicherheiten unterworfen, scheint aber maßgeblich durch den tPV angetrieben zu
werden.
Ist NCEP mit einer stabileren Antizyklone im Bereich des Uralgebirges in der
letzten Monatsdekade auf dem richtigen Pfad, oder eher EZ, das dort weiterhin
nur kurze Blockierungslagen zeigt? Aus der Modellerfahrung dieses Winters würde
man eher auf EZ setzen und daher die in NCEP anvisierte Teilung des tPV etwas
anzweifeln. Beide numerischen Schwergewichte setzen aber auf eine für einen
gedehnten Polarwirbel typische Zweiteilung der Kaltluftgebiete über
Kanada/Nordamerika (später Grönland) sowie Asien. Diese Tendenz scheint der
einzige Hoffnungsschimmer zu sein, um für Mitteleuropa in irgendeiner Art und
Weise zum Ende des Monats von Norden so etwas wie winterlich anmutende
Luftmassen heranzuführen, die auf synoptischer Ebene und stark modifiziert hin
und wieder zu uns gebracht werden. Ansonsten aber sollte sich die sturmträchtige
Dynamik peripher des Kaltluftkörpers Europa immer weiter annähern und die NAO
weiter puschen. Diese Entwicklung im Kontext zu den ansonsten eh
„West-förderlichen“ Hintergrundbedingungen lässt eine Einwinterung
unwahrscheinlich erscheinen, wobei diese Aussage mit einer Kopplung der
Polarwirbel noch zuversichtlicher ausfallen würde. Da aber auch die Lage des tPV
bis zum Ende der Vorhersage keine Ankopplung an polare Luftmassen zulässt, ist
die „milde Zuversicht“ hoch. Das einzige „Schlupfloch“ wäre eine
günstige/meridional gerichtete Keilaufwölbung über dem nordöstlichen
Nordatlantik aus der Synoptik heraus (peripher des Kaltluftkörpers), die die
Kaltluft aus dem Norden effektiv anzapfen könnte. Dies ist aber aus heutiger
Sicht jedoch noch sehr ungewiss.
Wie sieht die Entwicklung während dieser Mittelfrist in Deutschland aus? Die
kurze Antwort: Hochdruck open end über die Mittelfrist hinaus.
Am Mittwoch wirken sich noch die Reste einer Warmfrontpassage im Osten durch
etwas (teils gefrierenden) Niederschlag oder Schnee aus, was auch den gesamten
Südosten Deutschlands betrifft (inklusive Alpenrand). Eine (vom Vortag)
anhaltende markante (ggf. lokal auch unwetterartige) Glättesituation kann nicht
ausgeschlossen werden.
Ansonsten führt die eingeflossene feuchte Meeresluft unter hohem Geopotenzial
für verbreitet Hochnebel.
In der Folge baut sich über Mitteleuropa eine umfangreiche Höhenantizyklone auf,
wobei Deutschland an deren östlichen Rand verbleibt. Bodennah wandert eine 1035
hPa (und mehr) Antizyklone ostwärts und wir gelangen zum Donnerstag zunehmend an
deren westliche Flanke. Somit wird in den Norden Deutschlands wiederholt feuchte
Meeresluft geführt, während südlich der Divergenzachse mit einer östlichen
Komponente der niedertroposphärischen Winde etwas trockenere Luftmassen in den
Süden advehiert werden. Diese Entwicklung bringt dem Norden durchweg
wolkenverhangene Bedingungen, zeitweise auch mit Sprühregen. Vielleicht reicht
es zum Wochenende hier und da für einzelne Auflockerungen. Derweilen lockert die
Bewölkung ab dem Freitag im Süden bis zur Mitte immer besser auf und dort stehen
abseits der Grenzschichtdynamik (Bodennebel) einige freundliche oder sonnige
Tage bevor.
Entsprechend zweigeteilt zeigt sich das Wetter auch bei der
Temperaturvorhersage. Im Norden dominiert bei dichter Bewölkung, geringer
nächtlicher Ausstrahlung und dem Einfluss mariner Luftmassen ein mildes
Temperaturniveau: tagsüber +5 bis +9 Grad, zum Ende mit einzelnen Auflockerungen
vielleicht hier und da auch um +10 Grad. Die Tiefstwerte verbleiben positiv und
liegen zwischen +4 und +1 Grad.
Im Süden sorgt die immer bessere nächtliche Ausstrahlung für eine Abkühlung der
dort lagernden/alternden kontinentalen Luftmasse, sodass tagsüber Bereiche mit
Dunst oder zäher Bodennebelauflösung im leichten Dauerfrostbereich verbleiben.
Abseits dieser Gebiete erwärmt sich die Luftmasse auf +1 bis +4 Grad. Die Nächte
verlaufen durchweg frostig, über Schnee auch mit mäßigem bis punktuell mit
strengem Frost.
Bezüglich des Windes ist nichts Nennenswertes zu vermelden. Vielleicht mal
böiger Ostwind im Hochschwarzwald und ein böiger Südwestwind im Küstenumfeld.
Ansonsten wird meist nur ein schwacher bis mäßiger Wind erwartet, im Süden meist
aus südöstlicher bis östlicher und im Norden aus südwestlicher Richtung.
In der erweiterten Mittelfrist ändert sich vorerst wenig. Im HRES wäre eine
geringfügig wechselhafte Witterung denkbar, es ist aber noch unsicher, wie
schnell die Blockierung abgebaut wird.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Entwicklung während der Mittelfrist wird recht homogen gezeigt, wenngleich
es geringe geometrische Diskrepanzen beim Geopotenzial gibt. Ein Keil wandelt
sich über Mitteleuropa in eine abgeschlossene Höhenantizyklone um, sodass eine
blockierende Wetterlage etabliert wird. Angesprochene Diskrepanzen zum Ende der
Mittelfrist wirken sich eher nur auf die Frage nach der Hochnebelausbreitung
aus, wobei der Süden tendenziell auf der freundlicheren Seite liegt.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Die weiteren Globalmodelle zeigen die Entwicklung insgesamt recht ähnlich zum
IFS, wenngleich es auch hier noch geringe Diskrepanzen bezüglich der Intensität
und Lage der Höhenantizyklone gibt.
Etwas anders sieht es nur ICON, das die Entwicklung zu einer abgeschlossenen
Höhenantizyklone unterdrückt und die Mittelfrist über einen nach Mitteleuropa
gerichteten Höhenkeil bevorzugt. Mit dieser Variante könnte am Wochenende etwas
effektiver Feuchte in den Norden Deutschlands geführt werden. Dies wäre dort auf
jeden Fall nicht förderlich für ein optionales Aufbrechen der bis dahin dichten
Wolkendecke.
Alles in allem aber fallen die Unterschiede sehr überschaubar aus, sodass einer
insgesamt ruhigen Mittelfrist nichts im Wege stehen sollte.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Bei der Clusteranalyse beginnen wir die Mittelfrist mit 3 Clustern und dem
dominanten klimatologischen Regime der Blockierung. Für Deutschland ergeben sich
unter dem Keil nur geringe Unterschiede, die sich vor allem darauf auswirken,
wie kräftig der Keil über Mitteleuropa bereits ausgebildet ist.
In der Folge (Donnerstag bis Samstag) werden 6 Cluster angeboten mit dem
eindeutig dominanten Regime der Blockierung. In allen Clustern sitzen wir eifrig
direkt unter dem Höhenkeil, sodass es hier für uns keine Unterschiede zu
besprechen gibt. Diese entwickeln sich eher stromauf über dem Nordatlantik
peripher des nahenden Kaltluftkörpers, haben in diesem Zeitraum aber noch keinen
direkten Einfluss auf unsere Wetterentwicklung.
Im Übergangsbereich zu erweiterten Mittelfrist dauert die Blockierung weiter an,
gar mit einer Verknüpfung des Keils über den Nordpol hinweg mit einem Keil über
Alaska. Der HRES liegt im 3. Cluster, wo ein allmähliches Übergreifen
atlantischer Luftmassen im Bereich des Möglichen liegt, während sonst in den
anderen Clustern der Block für solch eine Entwicklung zu stabil erscheint.
Die Unsicherheiten zum Ende des Monats nehmen dann mit Ausweitung des
Kaltluftkörpers in Richtung Nordatlantik dank zunehmender Dynamik auf
synoptisch-skaliger Ebene deutlich zu, wobei jedoch alle 4 Cluster eine zögernde
Ostverlagerung des dominanten Wellenmusters andeuten, was die Blockierung
allmählich nach Nordosteuropa/Russland bringen könnte. Insgesamt aber überwiegen
die antizyklonalen Lösungen für Mitteleuropa.
Die Meteogramme stützen die statische Wetterentwicklung ab Donnerstag mit
trockenen Verhältnissen und einem recht homogenen Tagesgang im Norden und Süden.
Die Rauchfahnen sind durchweg eng gebündelt mit einer zögernden Spreizung zum
Ende der Mittelfrist, wobei der HRES eher am oberen Rand der T85 und H5 Fahnen
liegt. Was will man anderes sagen: Hochdruck open end.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Am Mittwoch treten im Osten und Südosten sowie am Alpenrand noch leichte, teils
gefrierende Niederschläge auf, die je nach der Entwicklung den Tag zuvor markant
bis lokal unwetterartig ausfallen können.
In der Folge dominiert ruhiges Hochdruckwetter, im Hochschwarzwald zeitweise mit
markanten Böen aus Ost (Bft 8/9) und am Alpenrand je nach Aufklaren über Schnee
lokal mit strengem Frost.
Der EFI hebt diese warnarme Witterung durch fehlende Signale hervor.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-ENS, GEFS, MOSMIX
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy