#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Sonntag den 05.01.2025 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 051800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 05.01.2025 um 18 UTC
SCHLAGZEILE:
Auslaufende Glatteis und Schneelage, zum Wochenstart Südweststurm und Föhn, sehr
mild!
Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC
Aktuell … wirbelt Tief BERND die Wetterküche durcheinander. BERND zieht dabei
von den Britischen Inseln über die nördliche Nordsee bis nach Südnorwegen und
kann sich dabei noch zu einem markanten Sturmtief mausern. Gestützt wird BERND
in der Höhe von einem Trog, der sich vom Seegebiet nördlich von Schottland
südwestwärts auf den Ostatlantik erstreckt. PVA und auch eine teilweise günstige
Jetkonfiguration führen dazu, dass BERND noch an Intensität zulegen kann. Aber
zunächst mal ein Blick auf den heutigen Sonntagabend bevor wir die Glaskugel für
den Montag bemühen.
Heute Abend stehen vor allem in der Nordosthälfte Deutschlands noch die
schmutzigen Seiten des Winters auf der Tagesordnung. Tief Bernd hat auf der
Südwestflanke sehr milde Luft aus den Regionen der Iberischen Halbinsel im
Gepäck und schiebt diese macht nach Deutschland und schließlich bis in den
Ostseeraum. Da sich zuvor jedoch vorübergehend der Winter hierzulande breit
machte und letzte Nacht verbreitet leichten bis mäßigen Frost brachte, findet
der Wetterwechsel nicht reibungslos statt. Die vor allem in mittleren Höhen
rasch vorwärtskommende Warmluft bohrt sich durch die Kaltluft bis zu einer
warmen Nase voran. Solange die gesättigte Temperaturkurve noch um oder unter 0
°C liegt fällt Schnee, ist die warme Nase ausreichend mächtig schmilzt der
Schnee zu Tropfen, die in eine kälte Grundschicht fallen und so zu gefrierenden
Regen führen. Da wir aber nicht aus einer längeren Frostperiode kommen, zuvor
mehr oder weniger Schnee fällt (1-5 cm), die Milderung auch sehr massiv ausfällt
und auch der Tagesgang mitmischte, ist am Abend und in der ersten Nachthälfte
nur noch gebietsweise, vor allem im östlichen Mittelgebirgsraum, mit Glatteis zu
rechnen. Entsprechend der Modellvorgaben, der aktuellen Radar- und
Stationsmeldungen sowie Nutzermeldungen läuft in der Nordosthälfte des Landes
noch eine markante Glättewarnung, wobei lokal auch Unwetter noch nicht völlig
ausgeschlossen werden kann. Im Vorfeld ist auch noch eine Schneewarnung mit 1-5
cm geschaltet. Durch die Milderung und die teils kräftigen und vor allem im Stau
der Mittelgebirge auch länger anhaltenden Niederschläge waren auch Tauwetter-
(Schwarzwald) und Dauerregenwarnungen (westl. Mittelgebirge) nötig. Allerdings
fielen auch in Teilen vom Saarland und dem Westen von Rheinland-Pfalz Mengen
über 30 l/qm in 12 bis 24 Stunden, die warntechnisch nicht erfasst wurden. Am
Nachmittag konnte sich so über Deutschland ein großer Temperaturunterschied
aufbauen. In 850 hPa lagen die Werte zwischen -7 Grad im Nordosten und bis +9
Grad an den Alpen und bodennah zwischen -3 Grad in Ostsachsen und fast +15 Grad
am Oberrhein. Im Warmsektor legte auch der Gradient einen Gang zu, sodass im
Südwesten, an der Nordsee und im Bergland der Wind auflebte. Resultierend sind
dort steife bis stürmische Böen, in Hochlagen auch Sturmböen, exponiert schwere
Sturmböen möglich. Entsprechend wurden auch bis Montagmorgen schon Windwarnungen
ausgegeben. Zudem besteht nachts im Südosten nochmals die Gefahr von leichtem
Frost mit Glätte vor überfrierender Nässe. Dort hat es die Milderung schwer sich
gegen die alternde Kaltluft durchzusetzen. Zudem kann dort die Wolkendecke
aufreißen und die Luft auskühlen lassen. Ansonsten hat die Warmluft bis zum
Ausgang der Nacht das Land komplett geflutet, sodass Schnee und Glatteis kein
Thema mehr sind. Anstatt Winter ist dann zwei Tage der Vorfrühling am Zuge.
Montag … steht zwar weiter BERND voll im Fokus. Allerdings reduzieren sich die
Warnparameter im Vergleich zum Vortag deutlich. Schnee sowie Glätte oder
Glatteis sind erstmal außen vor. Somit kann man sich komplett auf die
Windentwicklung fokussieren. Wie erwähnt kann sich der hochreichende BERND auf
dem Weg von der nördlichen Nordsee bis nach Südnorwegen durch PVA und einer
günstigen Jetkonfiguration vertiefen und so den Gradienten ein weiter
verschärfen. Gleichzeitig greift von Frankreich und Benelux ein markanter
Bodentrog auf Deutschland über, der zudem eine Okklusion enthält. Durch den
Gradientwind und die Verstärkung durch den Trog soll es regional richtig ruppig
werden. Vor allem in der Nordwesthälfte sind dann recht verbreitet stürmische
Böen oder Sturmböen möglich. In Hochlagen an der Nordsee sowie mit Trogdurchgang
sind vereinzelt auch schwerer Sturmböen möglich. In Nordfriesland bei
auflandigem Wind sowie in einzelnen Gipfellagen sind vereinzelt auch orkanartige
Böen ein Thema. Der Höhepunkt wird je nach Region am Nachmittag und Abend
erwartet. Entsprechende Warnungen werden noch am heutigen Abend geschaltet.
Hinter dem markanten Trog kann schließlich um das BERND herum wieder maritime
Polarluft nach Deutschland vordringen. Da die Temperaturen in 850 hPa von Ost
nach West ausgangs der Nacht etwa bei 0 bis -6 Grad liegen, können die
Niederschläge langsam wieder oberhalb von rund 500 bis 600 m in Schnee
übergehen. Durch die gute Durchmischung ist Schnee bis in tiefere Lagen noch
kein Thema. Durch die Zufuhr von Höhenkaltluft reicht die Labilität vor allem im
Küstenumfeld (relativ warmes Wasser) sogar für das eine und andere markante
Gewitter aus.
Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC
Dienstag … bleibt BERND für das Wetter in Deutschland verantwortlich. Vor
Südnorwegen angekommen dominiert er Nordwest-, West, Mittel- und Teile
Osteuropas. Hierzulande schieben Westwinde weiter maritime Polarluft ins Land,
sodass sich die Temperaturen in 850 hPa zunächst bei rund -2 bis -6 Grad
einpendeln. Bodennah resultieren bei weiter guter Durchmischung Höchstwerte
zwischen +4 und +9 Grad, im höheren Bergland um 0 Grad. Die mit ausreichend
Feuchte angereicherte Luft wird durch kurzwellige Anteile sowie einströmende
Höhenkaltluft gehoben, sodass eine rege Schauertätigkeit zu verzeichnen ist. Im
Bergland oberhalb von rund 600 bis 700 M fällt Schnee. Im Küstenumfeld sollte
die Labilität weiter für einzelne Kaltluftgewitter ausreichen. Zwar kann der
Gradient hinter der Trogpassage etwas auffächern, dennoch bleibt es auch durch
das heruntermischen von Höhenwinden in den Schauern windig bis stürmisch. An der
See und in Hochlagen herrscht Sturm, vereinzelt auch schwerer Sturm. An den
Küsten und in Gipfellagen bleibt der Sturm/schwere Sturm auch in der Nacht
erhalten. Ansonsten lässt er durch die bodennahe Stabilisierung nach und
erreicht allenfalls gebietsweise noch starke bis steife Böen. Die Höhenkaltluft
kann dabei vor allem im Norden noch einige Schauer produzieren, die bis in
tiefere Lagen als Schnee fallen können. Bei leicht positiven Temperaturen bleibt
dieser aber nur kurz und lokal begrenzt liegen. Leichter Frost ist bevorzugt in
der Mitte und im Süden möglich.
Interessant wird es im Verlauf der Nacht zum Mittwoch wieder im Süden, wo von
Frankreich her die Warmfront eines neuen Randtiefs über dem Ostatlantik aufzieht
und zusammen mit der vorgelagerten WLA Hebungsprozesse generiert. Die
Aufgleitniederschläge breiten sich mit Mittwochmorgen voraussichtlich über die
Regionen südlich von Mosel und Main aus. Anfangs kann dabei auch wieder bis in
tiefe Lagen Schnee fallen. Allerdings weniger ausgeprägt als noch am heutigen
Sonntag. Auch potentieller gefrierender Regen sollte nur lokal eine Rolle
spielen, da wir aus einer kurzen wärmeren Periode kommen. Allenfalls im Südosten
Bayerns passt derzeit das Timing und die vorangehende Auskühlung für ein paar
Glätteoptionen mehr.
Modellvergleich und -einschätzung
Die Modelle simulieren die großskaligen Geopotential- und Luftdruckentwicklungen
vergleichbar. Sowohl die Intensivierung von Bernd als auch dessen Zugbahn wird
recht einheitlich gezeigt. Geringe Abweichungen gibt es bei der Ausprägung und
dem Timing des markanten Bodentrogs. ICON ist diesbezüglich etwas schneller
unterwegs als IFS. GFS und UK10 tendieren eher zu den Vorgaben von ICON. Bei
Betrachtung des Sturmfeldes bleibt das IFS etwas hinter ICON und UK10 zurück.
Gleichermaßen gibt noch Unterschiede bei einer potentiellen Randtrogentwicklung
zum Dienstag. Bei GFS ist diese signifikant und beim IFS kaum sichtbar. ICON und
UK10 zeigen Mittellösungen. Damit verbunden werden auch die Hebungsimpulse
leicht abweichend bestimmt, was sich dann auf die Schaueraktivität in der
Nordhälfte auswirkt. Zudem gibt es am Dienstag Abweichungen beim Vorankommen der
Warmfront des Tiefs über dem Ostatlantik samt vorgelagerter WLA. Demnach können
IFS und GFS sowie ICON und UK10 als vergleichbare Paare angesehen werden, wobei
IFS und GFS eine raschere Verlagerungsgeschwindigkeit aufweisen. Gleichzeitig
ist auch die genaue Zugbahn der potentiellen Randtiefs sowie auch des Haupttiefs
noch nicht abschließend geklärt. Derzeit weist ICON kein Randtief aus und lässt
die Warmluft auf der Vorderseite am weitesten nordwärts vorankommen.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Lars Kirchhübel