S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 22.12.2024 um 10.30 UTC

Überwiegend wolkenverhangen, etwas Niederschlag und mäßig kalt bis mild. Nächte
im Süden frostig, Alpenrand auch strenger Frost nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 29.12.2024

Eins vorweg, auch diese Mittelfrist wird eine sehr ruhige werden. Es bleibt
daher ein bisschen Zeit für einen kurzen Rückblick zur letzten Vorhersage und
einen Ausblick in Richtung erste Januarhälfte.

Anfang Dezember wurde u.a. mit Hilfe der Telekonnektion und Entwicklung der
globalen Impulsbilanz der Atmosphäre eine Zunahme der Blockierungsfreudigkeit
zum Ende des Dezembers erwartet, wenngleich die größte Unsicherheit darin
bestand, wie sich der Polarwirbel in der Troposphäre (tPV) über dem
kanadisch/grönländischen Sektor halten würde.

Wer seitdem die Numerik (DMOs inkl. Member) verfolgte, konnte diesen Kampf immer
wieder sehen. Teilweise wurden weit nordwärts ausgreifende Blockierungsszenarien
gezeigt, teils klassisch westliche Winde dank des dominanten tPV. Letztendlich
muss man sagen kam eine Mischung aus allem heraus. Der tPV war dominant mit
einer Lösung, die eher die EZ Vorhersage stütze, sodass es zwar wiederholt zu
einem transienten Aufbau des Azorenhochs gen Norden kam (was nun Deutschland in
der Kurzfrist eine mäßig kalte Nordwestwindwetterlagen mit einer teils
winterlichen Bergweihnacht beschert), doch ein richtiges Ausgreifen der
Blockierung nach Norden wurde unterbunden. Durch eine langsamere Ostverlagerung
der MJO (destruktive Interferenz mit der niederfrequenten ENSO) wurde zudem das
Potenzial der Blockierung zeitlich etwas nach hinten verschoben, was uns nun in
dieser Mittelfrist eine intensive Blockierung beschert, die sich peripher des
tPV vom Nordostatlantik bis zum Ural erstreckt. Sehr schade, denn das Potenzial
für eine gut getimte Blockierung war gegeben und wird wohl nicht mehr so schnell
wiederkommen.

Was etwas unterschätzt wurde war der recht aktive Subtropenjet, der zur
Monatsmitte in Form einer deftigen Zyklogenese über dem offenen Nordostatlantik
(aus den Subtropen heraus) das Wellenmuster über Europa recht nachhaltig
modifizierte und besonders dem Südwesten vorübergehend einen Frühlingshauch
brachte (18./19. Dezember teils 16 oder 17 Grad am Oberrhein).

Wo stehen wir nun aber und wie geht es weiter? Drücken wir es mal so aus. In der
erweiterten Mittelfrist zum Jahreswechsel bis in die erste Januarhälfte müssen
wir jede Möglichkeit für winterliche Intermezzi aus der Ausgangslage
herausquetschen, denn in der Folge stehen die Zeichen eigentlich durchweg auf
„mild“. Wir sind in einer leicht negativen ENSO, was grundsätzlich für die
Monate Januar/Februar neben einem schwächeren Aleutentief einen stabilen
Polarwirbel in der Stratosphäre (sPV) und eine positive NAO dank umfangreich
negativer Anomalien beim Geopotenzial bei Grönland/Island bedeutet. Zudem sind
wir auch in der Westphase der quasi-zweijährigen Schwingung (QBO), was ebenfalls
für einen agilen sPV spricht. Die MJO ist auch so eine Baustelle, denn
wenngleich die aktuelle Phase 6 zu 7 eher eine milde Luftmasse stützen würde ist
unklar, wie der ENSO Zustand mit hineinspielt, da die ENSO noch nicht richtig
gekoppelt (Meer-Atmosphäre) daherkommt. 2020/21 gab es im Übrigen recht ähnliche
SST Anomalien (weltweit gesehen, inkl. kalter ENSO und westlicher QBO) mit einer
soliden NAO+ Vorhersage für den Hochwinter, was aber durch den sPV (und andere
Faktoren) im Dezember/Januar umgekehrt wurde. Als winterlicher Optimist sollte
man nie die Hoffnung aufgeben.

Der sPV liegt bezüglich seiner Intensität im oberen Bereich, wenngleich
transiente „displacements“ immer wieder für kurze Abschwächungsphasen sorgten.
Solange die Antizyklone im Umfeld des Uralgebirges jedoch nur zeitlich
überschaubare Blockierungslagen hervorbringt, dürfte eine Entwicklung zu einer
plötzlichen Erwärmung der Stratosphäre unwahrscheinlich sein (wenngleich nun
eine etwas robustere Blockierung die Intensität des sPV in der ersten
Januarwoche vorübergehend auf Normalwerte stutzen könnte).

Wenn also im Grunde alles auf „West“ steht, wo bleibt da noch die Spannung?
Etwas mehr Spannung kommt nach NCEP und EZ dadurch auf, dass sich der tPV bis in
die erste Januarwoche in Richtung Barentssee und Karischs Meere verlagert und
damit einhergehend stehen die Chancen nicht schlecht für eine allgemeine
Abkühlung im skandinavischen Sektor (schön in der wöchentlichen
Anomalievorhersage der IFS-ENS 2m Temperatur zu erkennen). Demgegenüber aber
bleibt der Subtropenjet weiterhin sehr aktiv (siehe stark positive
Impulsanomalien seit Ende November, die sich aus dem tropischen in den
subtropischen Sektor voran gearbeitet haben inkl. positiver 250 hPa Anomalien
der Zonalwindkomponente über dem zentralen Nordatlantik). In Verbindung mit
einem recht stabil berechneten Abtropfvorgang über dem Nordatlantik könnte sich
über den Jahreswechsel hinaus eine Konfiguration ergeben, die nicht untypisch
für Luftmassengrenzen ist. Die NAO geht in den neutralen Bereich zurück mit
einer NAM Ensemblevorhersage, die zum Großteil in den negativen Bereich
abrutscht. Letzteres hängt aber u.U. mit dem aktuell optional angedeuteten
„Canadian warming“ zusammen, was eine Grönlandblockierung stützen würde. Sollte
dies eintreten im Zusammenspiel mit der Verlagerung des tPV, dann würde dem
ansonsten eher dominant daherkommenden Südwestansturm genügend kalte Luft
entgegengestellt werden können für die Entwicklung einer Luftmassengrenze. In
der Clusteranalyse wird eine solche Blockierung zwar gezeigt, jedoch mit Blick
auf die zeitliche Dauer nur recht begrenzt. Die Entwicklung einer
Luftmassengrenze steht also noch auf sehr wackeligen Beinen und je nach timing
der polwärts gerichteten WLA könnte auch nochmal eine stärkere Blockierung über
dem Nordostatlantik entstehen.
Eine Kopplung zwischen tPV und sPV wird zwar angedeutet, ist aber noch sehr
unsicher. Allerdings würden die Hintergrundbedingungen doch eher für eine
sukzessive Kopplung sprechen.

Fazit: Über den Jahreswechsel hinaus bis in die erste Januarhälfte hinein gibt
es schwache Anzeichen dafür, dass es bei uns noch für winterliche Intermezzi
reichen könnte (Verlagerung des tPV, Resteinfluss der aktuell noch günstigen
Hintergrundbedingungen für Blockierung). In der Folge stehen die Zeichen dann
aber eigentlich auf Milderung, solange es beim sPV keine Überraschungen mehr
gibt und solange die aktuell angedeutete zögernde Kopplung der Polarwirbel
stattfindet.

Was erwartet uns aber in der aktuellen Mittelfrist, die sich vom Mittwoch den
25.12. bis zum Sonntag, den 29.12. erstreckt?

Während des gesamten Vorhersagezeitraums dominiert eine blockierende
Antizyklone, die sich in der Höhe zonal ausgerichtet direkt über Mitteleuropa
legt. Zwar sind die Extrema dieser Blockierung im Verlauf der jüngsten
Vorhersagen etwas abgebaut worden (teils mit Werten von über 580 gpdm und einem
Bodendruck um 1045 hPa), dennoch sind die Anomaliewerte stabil genug, um die
Mittelfrist über Bestand zu haben. Im Bodendruck wandert die Antizyklone zügig
nach Osten, sodass wir an deren Westflanke liegen.

Das Problem ist, dass sich während dieser Passage eine Warmfront mit einem
Schwall feuchter Atlantikluft nach Deutschland mogelt und unter der
Absinkinversion breitläuft. Die Front wandert dabei über den Norden und Osten
Deutschlands hinweg, sodass hier die Mittelfrist meist hochnebelartig bedeckt
oder wolkenverhangen verläuft. Dabei treten am Mittwoch und Donnerstag leichte
Niederschläge auf, die in der Folge allmählich abklingen.

Zeitweise größere Auflockerungen sollte es im Südwesten Deutschlands geben,
wenngleich hier nicht der sehr optimistischen EZ und GFS Variante gefolgt wird,
die den Süden zeitweise nur noch gering bewölkt zeigen.

Ein Hinweis zu der optionalen Passage eines Kaltlufttropfens von Donnerstag zu
Freitag, der von Südpolen in Richtung Italien zieht und weiterhin sehr variabel
bezüglich Intensität und Zugbahn gerechnet wird. Je nach Zugbahn kann dieser die
Niederschläge in Teilen Ost-/Süddeutschlands bis in den Freitag verstärken mit
variabler Niederschlagsphase. Der Abtropfprozess findet im Verlauf des Mittwochs
(25.12.) statt, sodass in der Folge mit einer deutlichen
Stabilisierung/Harmonisierung der Zugbahn des Kaltlufttropfens zu rechnen ist.

Bei den Maxima ist deutlich das Einsickern der feuchten Atlantikluft in den
Norden Deutschlands zu erkennen, wo die Werte meist zwischen 4 und 10 Grad
pendeln. Zum kommenden Wochenende kühlt es dort geringfügig ab.
Südlich der zentralen Mittelgebirge reift die dort lagernde, stark modifizierte
subpolare Luftmasse und belässt die Maxima vor allem im Hochnebelgrau bei -1 bis
+4 Grad. Diese Werte steigen zum Ende der Woche von Norden mit Einsickern der
atlantischen Luftmasse allmählich an. Besonders über Schnee (Alpenvorland) kann
sich aber voraussichtlich ein recht effizientes Kältepolster ausbilden.

Dort treten auch je nach Wolkenauflockerung Nacht für Nacht erhöhte
Wahrscheinlichkeiten für strengen Frost auf (teils um -10 Grad), während sich
sonst der Nachtfrost von Süddeutschland zunehmend auf die Region südlich der
Donau beschränkt (leichter bis mäßiger Frost). Wie effektiv es auskühlen kann
hängt u.a. von der Bewölkungsverteilung in den Nächten ab. In der feuchten
Meeresluft im Norden liegen die Minima meist zwischen +8 und +4 Grad.

Der schwache bis mäßige Wind weht überwiegend aus östlicher bis südöstlicher
Richtung, könnte aber je nach Lage des Bodenhochs über dem Südwesten in Form
einer Bise zeitweise stärker auffrischen (Hochschwarzwald ggf. warnrelevant).
Ansonsten spielt der Wind keine überregional warnrelevante Rolle.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Blockierungslage mit antizyklonalem Einfluss dauert die gesamten Mittelfrist
über an und sorgt für nur geringe Diskrepanzen innerhalb der jüngsten 4 EZ
Läufe. Diese äußern sich meist nur durch eine variable Geometrie der
Antizyklone, was wettertechnisch keinen Einfluss hat. Die Passage eines
Kaltlufttropfens von Donnerstag zum Freitag (über den östlichen Alpenraum ins
zentrale Mittelmeer) wurde erst im vorletzten EZ Lauf mit eingebaut und weist
noch eine hohe Unsicherheit auf.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Auch bei den weiteren Globalmodellen sieht es sehr ähnlich aus. Die Mittelfrist
verläuft unter einer blockierenden Antizyklone überwiegend ruhig.
Allerdings erfolgt von Donnerstag zum Freitag die Passage eines
Kaltlufttropfens, der von Nordosteuropa über den östlichen Alpenbogen nach
Italien geführt wird. GFS weist dabei die nördlichste Variante auf und beschert
dem Süden auch mäßige Niederschläge, die sonst bei den anderen Modellen nur
schwach ausfallen, oder sich auf das direkte Alpenvorland beschränken. Die
Unsicherheiten diesbezüglich sind also noch hoch.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Clusteranalyse startet in die Mittefrist mit 4 Clustern und dem
einheitlichen klimatologischen Regime der Blockierung. Deutschland liegt direkt
im Einflussbereich der blockierenden Antizyklone, die sich vom Nordostatlantik
bis zum Ural erstreckt, sodass ein ruhiger Einstieg in die Mittelfrist
garantiert sein sollte.

In der Folge (Donnerstag bis Samstag) dauert die Blockierung an (durchweg
entsprechendes Regime) und Deutschland verbleibt im direkten Einfluss der
Antizyklone. Ein peripher zum zentralen Mittelmeer ziehender Kaltlufttropfen (in
DMOs erkennbar) wird hier größtenteils herausgerechnet, ist jedoch am ehesten im

  1. Cluster zu erkennen (wo auch der HRES angesiedelt ist).

Zum Ende der Mittelfrist bzw. im Übergangsbereich zur erweiterten Mittelfrist
(Sonntag bis Dienstag) bricht nicht nur die Blockierung über Europa auf, sondern
auch die Dominanz des klimat. Regimes (Wechsel zu einem Überhang NAO +).
Derweilen wölbt sich über Kanada/Grönland eine neue dominante Blockierung auf,
die zudem den tPV ostwärts verschiebt. Je nach Lage/Intensität der sich unter
Abschwächung nach Russland verlagernden Blockierung könnte in der Folge ein
umfangreicher Trog auf Mitteleuropa übergreifen – ggf. verstärkt im Norden mit
einem antizyklonalen Touch nach Süden. Im Großteil der Member dauert aber noch
die Zufuhr höhenmilder Luftmassen nach Deutschland an.

Die Unsicherheiten nehmen während der ersten Januartage weiter zu bei einem
Überhang des klimat. Regimes NAO +.

GEFS und IFS-ENS heben beide die Advektion höhenmilder Luftmassen zwischen dem

  1. und 29.12. hervor, wobei IFS-ENS mit Spitzen um +10 Grad in 850 hPa über
    NCEP liegt mit +4 bis +8 Grad in 850 hPa (leicht variable Advektion der
    Warmluftblase). In der Folge nimmt die Streuung bei beiden Ensembleverfahren
    deutlich zu, wenngleich dann wieder vermehrt negative 850 hPa Temperaturwerte in
    den Memberlösungen auftauchen (häufig unter -5 Grad), wobei der Anteil der
    kalten Member nach Süden zu abnimmt. Das Ensemble von UKMO (MOGREPS) sieht es
    ähnlich, sodass auch den Ensembleverfahren eine gute Übereinstimmung attestiert
    werden kann.

Die Meteogramme zeigen abgesehen vom Süden meist eine Milderung (besonders im
Norden), bevor es dann zum kommenden Wochenende kälter wird und das alles bei
einer geringen Niederschlagsneigung.
Im Süden (hier München) verbleibt das Ensemble im recht kalten Bereich (tagsüber
nur wenig über 0 Grad, in den Nächten leichter bis mäßiger Frost) und ebenfalls
mit nur geringen Niederschlägen.
Die Rauchfahnen zeigen zunächst eng gebündelt den Anstieg der 850 hPa mit einem
gut eingebetteten HRES. Im Verlauf des Wochenendes attestiert der HRES eine
andauernd milde Lösung, während sonst alle Member deutlich abkühlen, sodass der
HRES teils am äußersten „milden“ Rand liegt. Ähnliches ist bei der Rauchfahne
des 500 hPa Geopotenzials zu vermerken.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Unter Hochdruckeinfluss werden kaum signifikante Wettererscheinungen erwartet.

Je nach Aufklaren treten Nacht für Nacht am Alpenrand über Schnee geringe bis
mäßige Wahrscheinlichkeiten für strengen Frost um -10 Grad auf.

Wenngleich in der Statistik noch recht schwach gezeigt, könnte im
Hochschwarzwald der Wind je nach Lage des Bodenhochs aus Ost bis Nordost markant
auffrischen. Dies gilt besonders für den Zeitraum „Mittwoch bis Freitag“.

Bei der Passage des Kaltlufttropfens können je nach timing und Zugbahn der
Niederschläge variable Niederschlagsphasen auftreten, inklusive gebietsweise
gefrierendem Niederschlag. Die Unsicherheiten diesbezüglich sind jedoch noch
sehr groß.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-ENS, GEFS, MOSMIX (angepasst bei Temperatur und Sonnenscheindauer)

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy