#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Donnerstag den 21.11.2024 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 211800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 21.11.2024 um 18 UTC
SCHLAGZEILE:
Im Süden bis weit in die kommende Nacht hinein kräftige, teils ergiebige
Schneefälle (Unwetter).
Ansonsten auch am Freitag weiterhin klassische Troglage mit Schnee- und
Graupelschauern, teils bis in tiefe Lagen, vereinzelt auch Gewitter.
Dazu vor allem am Freitag windig mit stürmischen Böen in Schauernähe und
(schwere) Sturmböen auf den Bergen.
Am Samstag vorübergehende Wetterberuhigung.
Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC
Aktuell … befindet sich Deutschland nach wie vor im Einflussbereich eines
umfangreichen Höhentroges mit Drehzentrum über dem Südwesten Finnlands bzw. dem
Bottnischen Meerbusen. An dessen Südflanke werden in rascher Folge kurzwellige
Troganteile über das Vorhersagegebiet hinweg ostwärts geführt. Aktuell stehen
zwei Kurzwellentröge im Fokus:
Einer befindet sich aktuell über dem Nordosten des Landes und interagiert mit
einem kleinräumigen Bodentief, das inzwischen Ostholstein bzw. Fehmarn erreicht
hat, vom rasch ostwärts ziehenden Trog überlaufen wird und sich in den kommenden
Stunden auffüllt. In dessen Einflussbereich gibt es aktuell in hochreichend
labil geschichteter maritimer Polartluft (T500 hPa um -37 Grad, T850 hPa -6 bis
-7 Grad) im Nordosten und Osten Deutschlands meist allerdings eher unergiebige
Schauer, die bis in tiefe Lagen zumeist als Schnee bzw. Graupel fallen. Im
Laufe der Nacht klingen diese ab und verlagern sich ostwärts.
Häufigere und teils auch kräftigere Schauer, vereinzelt sogar kurze Gewitter
gibt es aktuell auch im äußersten Nordwesten (Ostfriesland, Emsland). Diese sind
an einen weiteren kurzwelligen Troganteil gekoppelt und weiten sich im Laufe der
Nacht über das westliche und südliche Niedersachsen sowie über Ostwestfalen
ostsüdostwärts Richtung Harz aus. Nach Lesart einiger Modelle (vor allem
SuperHD) greifen diese auch noch weiter nach Süden aus und erfassen eventuell
weite Teile NRWs inklusive die Staulagen der westlichen Mittelgebirge
(Bergisches Land, Sauerland). Dort (genauso wie im Harz oder im Weserbergland)
können in Staulagen auch mal um 5 cm in kurzer Zeit fallen, während es sonst,
wenn überhaupt, nur für wenige Zentimeter reicht. Auch außerhalb der Schauer
kann es Glätte durch überfrorene Nässe geben, zumal die Temperaturen um 0 Grad
schwanken und bei längerer Zeit aufgelockerter Bewölkung auch mal knapp darunter
sinken. Lediglich an den Küsten bleibt es bei auflandigem Wind milder und
frostfrei. Insgesamt ist der Wind aber zunächst nicht warnrelevant, lediglich in
einigen höheren Lagen reicht es für steife, auf dem Brocken stürmische Böen. In
den Frühstunden nähert sich allerdings von der Nordsee her ein weiterer
markanter Kurzwellentrog und mit ihm ein Bodentief, das sich morgens mit knapp
unter 990 hPa mit seinem Kern nordwestlich der Deutschen Bucht befindet. An
dessen Südostflanke beginnt der Wind wieder aufzufrischen und auf dem Brocken
gibt es morgens erste Sturmböen aus Südwest, an der ostfriesischen Küste
eventuell erste steife Böen.
Der mit Abstand wetterwirksamste Kurzwellentrog befindet sich allerdings aktuell
über Nordfrankreich und greift nachts auf die Westalpen über. Auf dessen
Vorderseite kam es unterhalb des linken Jetausgangs zu einer kräftigen
Zyklogenese (Tief „RENATE“), die ihren Höhepunkt mit knapp unter 980 hPa
Kerndruck bereits am frühen Nachmittag über der Bretagne überschritten hat.
Inzwischen erreicht das Tief Ostfrankreich und zieht rasch über die Westalpen
nach Norditalien, wobei es sich deutlich auffüllt.
An dessen Nordflanke haben aufgrund kräftiger WLA markante Aufgleitprozesse
eingesetzt, die noch zusätzlich durch eine Gegenstromlage (Ost am Boden,
Westwind in der Höhe) gestützt und verstärkt werden. Entsprechend haben im
Südwesten ergiebige Niederschläge eingesetzt, die bei -5 bis -7 Grad in 850 hPa
und schwachen östlichen Bodenwinden fast überall als Schnee und lediglich im
südlichen Oberrheingraben anfangs als Schneeregen fallen. Diese weiten sich
aktuell und in den kommenden Stunden rasch ostwärts auf das gesamte Alpenvorland
aus, ehe sie im Laufe der zweiten Nachthälfte von Westen her wieder abklingen.
Von Südbaden bis ins westliche Alpenvorland bzw. bis zum Werdenfelser Land
werden verbreitet 15 bis 25 l/qm, im westlichen Oberallgäu auch nahe 30 l/qm
simuliert, die meist in einem Zeitraum von etwa 6 bis 12 Stunden fallen, weiter
nördlich und östlich, bis etwa zum Nordschwarzwald bzw. bis ins östliche
Alpenvorland sind es meist bis zu 10 l/qm. Vor allem oberhalb von etwa 400 bis
600 m dürfte der überwiegende Teil bei Werten um 0 Grad oder knapp darunter
fallen, entsprechend simuliert SNOW4 in Südbaden und im Oberallgäu gebietsweise
über 20 cm Neuschnee, im westlichen Oberallgäu auch über 30 cm. Somit sind die
Warnschwellen für Unwetter erreicht, die entsprechende Warnung ist aktiv.
Zudem weht vorderseitig des Tiefs auf den Alpengipfeln lebhafter südlicher Wind
mit teils schweren Sturmböen, mit bzw. nach Durchzug des Tiefs dreht er auf Nord
bis Nordwest und schwächt sich rasch ab.
Im übrigen Land verläuft die Nacht wettertechnisch ruhig, der Wind flaut ab und
die Wolken lockern vor allem in der Mitte auch mal stärker auf. Vielerorts muss
dann mit leichtem Frost gerechnet werden und gebietsweise auch mit Glätte durch
überfrorene Nässe.
Freitag … zieht der Kurzwellentrog über die Westalpen rasch südostwärts ab und
bereits am frühen Vormittag hört es auch ganz im Süden auf zu schneien.
Dann rückt der Kurzwellentrog über der südlichen Nordsee in den Fokus, der im
Tagesverlauf auf das Vorhersagegebiet übergreift. Damit wird erneut das ganze
Land von hochreichend labiler maritimer Polarluft geflutet, erneut mit Werten
zwischen -35 und -38 Grad in 500 hPa und -5 bis -8 Grad in 850 hPa. Das
korrespondierende Bodentief zieht rasch über die Deutsche Bucht und Dänemark zum
Kattegat, wird vom an Kontur verlierenden Trog überlaufen und beginnt sich
aufzufüllen, wobei an dessen Südwestflanke nachmittags und abends ein scharfer
Bodentrog den Nordwesten erfasst.
Mit der zunehmenden Labilität lebt im Tagesverlauf fast überall die
Schauertätigkeit wieder auf, wobei diese angesichts der an Flüssigwasser armen
Luftmasse (PPWs deutlich unter 10 mm) nicht allzu ergiebig ausfallen. Meist
fällt aber bis in tiefe Lagen Schnee oder Graupel, kurze Gewitter sind ebenfalls
möglich. Während es im Osten, im Südosten und im Lee der Mittelgebirge nur
wenige Schauer gibt bzw. gebietsweise auch trocken bleibt, können an den
Nordwesthängen der Berge vor allem oberhalb von 400 bis 600 m bei wiederholter
Schauertätigkeit örtlich auch mal um 5 cm Schnee in relativ kurzer Zeit fallen.
In tiefen Lagen reicht es angesichts der guten Durchmischung und Temperaturen
über dem Gefrierpunkt nur kurzzeitigt für Glätte durch Schneematsch bzw. etwas
Neuschnee.
Mit Übergreifen des Bodentroges nimmt die Schauertätigkeit im Nordwesten am
Nachmittag rasch zu, gebietsweise fällt auch schauerartig verstärkter Schnee
bzw. Schneeregen. Vorderseitig wird allerdings vorübergehend geringfügig mildere
Luft eingesteuert, so dass es in tiefen Lagen höchstens kurzzeitig mal für eine
dünne Nassschneedecke reicht. Wenn dann in den Abendstunden und eingangs der
Nacht zum Freitag die höheren Lagen der westlichen und zentralen Mittelgebirge
(inklusive Harz) erfasst werden, können oberhalb von etwa 400 m durchaus auch
mal mehr als 5 cm in kurzer Zeit fallen, was markante Schneefallwarnungen
erforderlich machen würde. Welche Regionen im Detail betroffen sein werden,
lässt sich aktuell aber nur schwer abschätzen.
Der Wind nimmt im Tagesverlauf deutlich zu. Neben der Gradientverschärfung
spielt dabei auch die angesichts der labilen Schichtung hervorragende turbulente
Durchmischung eine Rolle. Vor allem in Schauernähe gibt es verbreitet steife
Böen, im Westen und in der Mitte mit Annäherung des Bodentroges und eventuell
als Linie organisierter Konvektion auf dessen Vorderseite (Low Level Shear
teilweise über 15 m/s) auch stürmische Böen (Bft 7 bis 8). Etwas davon
ausgenommen sind zunächst noch der Osten und Nordosten.
In den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge und auf den Alpengipfeln gibt es
stürmische Böen bzw. Sturmböen (Bft 8 bis 9), auf exponierten Gipfeln vereinzelt
schwere Sturmböen (Bft 10) aus Südwest bis West.
Im Nordseeumfeld weht zunächst ein in Böen stürmischer Südwestwind, der mit
Durchzug des Bodentroges auf Nord bis Nordwest dreht, wobei es dann vor allem
auf den Ostfriesischen Inseln auch einzelne Sturmböen geben kann.
Nach den ergiebigen Schneefällen aus der Nacht muss vor allem im höheren
Alpenvorland, aber auch in einigen Mittelgebirgskammlagen mit Schneeverwehungen
gerechnet werden.
Die Sonne zeigt sich nur selten und am ehesten im Südosten bzw. im Lee der
Mittelgebirge. Dabei werden Maxima zwischen 1 und 5 Grad erreicht, an der See
vielleicht etwas darüber; in Lagen oberhalb von 400 bis 700 m gibt es leichten
Dauerfrost.
In der Nacht zum Samstag zieht der Kurzwellentrog rasch ostwärts ab, ihm folgt
ein weiterer auf nördlicherer Zugbahn über Dänemark und Südschweden, der morgens
bereits die südöstliche Ostsee erreicht.
Über dem mittleren Nordatlantik kommt es bereits am Freitag zu einer kräftigen
Zyklogenese. Ein dorthin gerichteter Randtrog kann sich deutlich verschärfen und
interagiert mit einem Bodentief weiter südlich. Dabei kommt es zu einer rapiden
Zyklogenese und bis Samstagfrüh sinkt der Kerndruck des Tiefs („SIGRID“) von
etwa 975 hPa um 18 UTC auf etwa 945 hPa um 06 UTC (nach Lesart des aktuellen
ICON-EU-Laufes bis 15 UTC sogar auf 935 hPa).
Vorderseitig wölbt sich durch kräftige WLA über Westeuropa ein Höhenrücken auf,
so dass die Höhenströmung hierzulande auf Nordwest dreht und im Westen und
Südwesten durch die kräftige mitteltroposphärische WLA bereits deutliche
Stabilisierung einsetzt.
Entsprechend setzt auch im Bodenfeld von Westen her deutlicher Druckanstieg ein
und der Bodentrog zieht im Laufe der ersten nachthälfte rasch über die Mitte und
die Osthälfte des Landes hinweg ostwärts. Mit dessen Passage und auch rückseitig
gibt es weitere Schnee- und Graupelschauer, die im Laufe der zweiten nachthälfte
von Westen her aber rasch abklingen. In einigen Nordweststaulagen können dabei
nochmals um 5 cm in kurzer Zeit fallen, im Stau der Alpen nahe 10 cm. Ansonsten
sind es meist nur wenige Zentimeter, aber auch in tiefen Lagen muss weiterhin
mit Glätte durch Schneematsch bzw. Überfrieren gerechnet werden.
An den Küsten, vor allem im Nordseeumfeld, dauert die Schauertätigkeit aber auch
noch in der zweiten Nachthälfte an, dort bleibt die Luftmasse auch bis
Samstagfrüh mit Passage des Troges weiter nördlich noch hochreichend labil
geschichtet. Kurze Gewitter sind dort nach wie vor möglich. Wie weit die Schauer
von der Nordsee noch ins niedersächsische Binnenland bzw. nach
Schleswig-Holstein ausgreifen, ist unklar, jedoch kann sich dort bei
wiederholter Schauertätigkeit örtlich für eine dünne Schneedecke reichen.
Mit dem kräftigen Druckanstieg bleibt zunächst noch ein veritabler Gradient
erhalten, der vor allem den mittleren und südöstlichen Landesteilen noch steife,
in freien Lagen auch stürmischen Böen aus West bis Südwest beschert. Auch an den
Küsten gibt es weiterhin steife bis stürmische Böen, meist aus Nordwest. In den
Gipfellagen der Mittelgebirge und der Alpen muss weiterhin mit Sturm-, exponiert
mit schweren Sturmböen gerechnet werden. Im Laufe der zweiten Nachthälfte
beginnt der Wind von Südwesten zögernd abzuflauen.
Erneut gibt es vielerorts leichten Frost. Ausgenommen sind einige
Küstenregionen, aber auch die Niederungen im Westen und Südwesten, wo es
vielerorts bewölkt bleibt.
Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC
Samstag … gelten im Großen und Ganzen die Aussagen in der Frühübersicht. Es
deutet sich vorderseitig des nordwestlich von Schottland gelegenen Orkantiefs
„SIGRID“ nach wie vor eine drastische Wetterumstellung an hin zu einer für diese
Jahreszeit extrem milde Südwestlage.
Am Samstag selbst merkt man aber noch nicht allzu viel davon, da der Höhenrücken
erst zum Abend hin das Vorhersagegebiet von Westen her erreicht und somit die
Milderung niedertroposphärisch nur zögernd einsetzt (T850 hPa Samstag, 18 UTC
zwischen +4 Grad am Kaiserstuhl und -4 Grad im Nordosten).
Die letzten Schneeschauer in Südostbayern klingen rasch ab, auch an den Küsten
sowie in Ostvorpommern geht die Schauertätigkeit mehr und mehr in die Knie.
Vor allem im Süden und Osten kann sich dann auch mal länger die Sonne
durchsetzen, während im Westen und Nordwesten schon dichtere WLA-Bewölkung
aufzieht, es aber noch weitgehend trocken bleibt.
Der Wind weht in der Osthälfte anfangs noch lebhaft aus West mit Böen Bft 7 in
freien Lagen und Bft 8 an der vorpommerschen Küste, auf den Bergen (inklusive
Brocken) Bft9. Nachmittags und abends flaut er auch dort ab, während er im
Nordseeumfeld abends aus Süd bis Südwest wieder auffrischt.
In der Nacht zum Sonntag greift die Warmfront des Orkantiefs auf das
Vorhersagegebiet über, wobei es vor allem in der Mitte und im Norden von Südwest
nach Nordost Niederschläge gibt, die zumeist schon von Anfang an als Regen oder
höchstens kurzzeitig als Schnee fallen. Ob und wo es dabei gefrierenden Regen
gibt, ist noch unklar, am ehesten ist das in den zentralen und östlichen
Mittelgebirgen vorstellbar. Ansonsten wird es aber mit auffrischendem Süd- bis
Südwestwind rasch deutlich milder.
Über der Nordsee sowie in den Gipfellagen der westlichen und zentralen
Mittelgebirge gibt es Sturmböen, exponiert (offene Nordsee, Brocken) auch
schwere Sturmböen aus Süd.
Für Frost reicht es wohl nur noch im Süden und Südosten (wo es noch trocken
bleibt) sowie eventuell in den zentralen und östlichen Mittelgebirgen.
Modellvergleich und -einschätzung
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine signifikanten
Modellunterschiede ableiten.
Im Detail ergeben sich naturgemäß Unterschiede, die räumliche Verteilung der
Niederschläge betreffend. Diese fallen zumeist als Schnee und können somit oft
nur im Nowcasting abgewarnt werden.
Die extreme Milderung ab der Nacht zum Sonntag haben alle Modelle sehr ähnlich
auf der Agenda.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff