SXEU31 DWAV 181800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 18.11.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Durchzug des Sturmtiefs QUITERIA mit „Vollwetter“, im Fokus die Sturmlage in der
Mitte und im Süden (kein Unwetter) sowie Schneefälle im Norden am Dienstag.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC

Aktuell … hat sich das ruhige und trübe Herbstwetter unter wochenlanger
erdrückender Hochdruckdominanz verabschiedet und Platz gemacht für
Tiefdruckeinfluss mit „Vollwetter“.
Auf den Höhenwetterkarten findet sich entsprechend ein breit angelegter Trog,
der weite Teile Nordeuropas von Grönland bis nach Skandinavien und ins östliche
Mitteleuropa überdeckt und der mit reichlich Kaltluft (T500 hPa teils unter -42
Grad) gefüllt ist. Mehrere Randtröge schwenken um diesen Langwellentrog, ein
erster ist bereits Richtung östliches Mitteleuropa gezogen und hat Bodentief
PAULINE ins nordwestliche Russland geführt. Die Kaltfront des Tiefs liegt
aktuell unter leichter Wellenbewegung über dem Süden Deutschlands und bringt
dort Regenfälle, in höheren Lagen auch Schnee. Zudem geht die Kaltfront in die
Warmfront des nächsten Tiefs namens QUITERIA mit Zentrum über den Britischen
Inseln über.
QUITERIA wird durch einen weiteren von Island Richtung Britischen Inseln
ziehenden Randtrog nach Benelux gesteuert, womit die Kaltfront über dem Süden
rückläufig wird bzw. als Übergang in die Warmfront wieder nach Norden
vorankommt. Damit verbunden und gepaart mit kräftiger WLA treten gebietsweise
Regenfälle auf mit Mengen von 3 bis 15, im Stau einiger Gebirge lokal um 25 l/qm
in 12 Stunden. Der Regen erreicht zum Morgen hin etwa eine Linie nördliches
Emsland – Wendland – Berlin – Lausitz. Die Schneefallgrenze steigt im Laufe der
Nacht von Südwesten her auf über 1000 m an, allerdings sind im nördlichen
Randbereich mit Aufkommen der Niederschläge Schneefälle bis in tiefe Lagen
möglich, da dort mit bodennah östlicher Strömung zunächst noch polare Meeresluft
einfließt. Das betrifft morgens vor allem einen Bereich vom südlichen
Emsland/nördlichen Münsterland bis ins südöstliche Niedersachsen, in dem es eine
dünne Nassschneeauflage von wenigen Zentimetern (1 bis 4 cm) geben kann. Die
Frage wird sein, wie schnell der Schnee liegen bleibt (Stichwort
Verdunstungsabkühlung) und wie weit die Temperatur vorher gesunken ist (längere
Auflockerungen deuten sich nicht unbedingt an).
Ebenso können im Bergland vom Harz, dem Thüringer Wald und dem Erz- sowie
Zittauer Gebirge ein paar wenige Zentimeter Neuschnee fallen. Von den Modellen
werden darüber hinaus Andeutungen für kurzzeitig gefrierenden Regen infolge
einer „warmen Nase“ gemacht, dieser Aspekt bleibt aber auf die Gipfel beschränkt
und ist voraussichtlich vernachlässigbar.
Am Alpenrand bleibt es dagegen zum Teil trocken, weil die Front dort gar nicht
erst ankommt. Ebenso ist es nördlich bzw. nordöstlich des Regengebietes bis auf
vereinzelt gewittrige Schauer an den Küsten bis zum Morgen meist noch trocken.
Bleibt noch die Baustelle mit dem Wind, der zunächst abgesehen vom südlichen
Bergland und anfangs auch von den Küstengebieten meist abflaut. Das ist
allerdings nur die Ruhe vor dem Sturm, der mit QUITERIA herannaht. Das Tief
sorgt im Nachtverlauf für einen zunehmenden Druckgradienten, was sich in der
zweiten Nachthälfte mit ersten steifen bis stürmischen Südwestböen zwischen 55
und 80 km/h (Bft 7-8) im Südwesten und auf einigen höheren Bergen äußert. Der
Feldberg macht dann sogar schon mit ersten orkanartigen Böen um 110 km/h (Bft
11) mit.
Die Temperaturen sinken im Westen und Süden auf 8 bis 1 Grad, in der
Nordosthälfte auf 3 bis -1 Grad mit der Gefahr von Glätte.

Dienstag … wandert der Randtrog von den Britischen Inseln nach Benelux, womit
QUITERIA über den Norden Deutschlands ins polnische Westpommern geführt wird.
Die genaue Zugbahn ist entscheidend für die Details des Wetterablaufs am
morgigen Dienstag, die Modelle sind sich mittlerweile aber größtenteils einig.
Die Warmfront des Tiefs verlagert sich im Tagesverlauf nach Nordpolen, an ihr
gibt es im Norden und nachmittags auch im Nordosten teils kräftige Regenfälle.
Dabei ist weiterhin im Randbereich mit noch kalter Luft und mithilfe von
Verdunstungsabkühlung die feste Phase bis ins Tiefland möglich, was die Modelle
mit einer dünnen Nassschneeauflage quittieren. Das gilt vormittags vornehmlich
für einen Bereich zwischen dem Emsland und Mecklenburg bzw. der Altmark. Einige
Modelle liefern sogar bis zu 10 cm Schneeanteil von Bremen bis zum südlichen
Mecklenburg. Davon können am Boden 1 bis 4 cm liegen bleiben. Am Nachmittag
konzentrieren sich mögliche Schneefälle auf einen Bereich zwischen Hamburg und
Mecklenburg-Vorpommern, wobei die Modelle maximal 5 cm Schneeanteil simulieren,
bei knapp positiven Temperaturwerten wird davon allerdings meist nicht viel
liegen bleiben oder höchstens 1 bis 2 cm für kurze Zeit. Richtung Küste werden
Schneefälle aufgrund des noch zu warmen Wassers immer seltener.
Im Tagesverlauf dringt dann auch die Kaltfront von QUITERIA von Nordwesten nach
Deutschland vor, bis zum Abend dürfte sie etwa eine Linie Pfalz – Thüringer Wald

  • Lausitz erreicht haben. Entlang der Kaltfront ist geringe Labilität in gut
    gescherter Umgebung am linken Jetausgang vorhanden, CAPE bleibt jedoch gering.
    Ob sich also kurze Gewitter bilden, ist fraglich. Sollte es dazu kommen, kann es
    allerdings durchaus organisierte Strukturen geben. Die PPW’s betragen bis zu 20
    mm, mit Durchzug der Kaltfront fallen 3 bis 15, lokal bis zu 20 l/qm in wenigen
    Stunden.
    Im Warmsektor des Tiefs treten abseits des Frontengeschehens zeitweise
    Regenfälle auf. Ebenso ziehen nach kurzer Pause nach der Kaltfront von der
    Nordsee neue Schauer auf, die sich ins Binnenland verlagern. In beiden Regionen
    sind 0 bis 10 l/qm zu erwarten.
    Mit dem Regen der Nacht summieren sich die Niederschläge in Staulagen der
    westlichen, südwestlichen und zentralen Gebirge zu Dauerregen mit Mengen von 30
    bis 50, im Schwarzwald bis zu 100 l/qm in etwa 24 Stunden. Entsprechende
    Warnungen sind bereits aktiv.
    Neben diesen „Nebenkriegsschauplätzen“ steht aber vor allem der Wind im Fokus.
    Südlich des über Norddeutschland hinwegziehenden Tiefkerns ist der Gradient
    deutlich erhöht, das entsprechende Windfeld verlagert sich ostwärts über die
    Mitte und den Süden Deutschlands hinweg. Allgemein sind damit steife bis
    stürmische Böen zwischen 60 und 75 km/h (Bft 7 bis 9) aus Südwest verbunden, im
    Bergland sind schwere Sturmböen bis hin zu Orkanböen zwischen 90 und 130 km/h
    (Bft 10 bis 12) dabei. Mit der Kaltfront kann es bei guter Organisation bis in
    tiefe Lagen zu schweren Sturmböen um 90 km/h (Bft 10) kommen, ICON-D2 zeigt
    sogar geringe Wahrscheinlichkeiten für orkanartigen Böen um 105 km/h (Bft 11).
    Hinter der Kaltfront lässt der Wind rasch nach. Nördlich des Tiefkerns weht
    schwacher, teils mäßiger Wind aus vorwiegend östlichen Richtungen.
    Nicht ganz vom Tisch ist eine Shapiro-Keyser-Entwicklung des Tiefs, was im
    Norden im Bereich eines Sting Jets stärkere Böen auslösen könnte. Die Signale
    dafür sind in der Modellwelt aber sehr gering und mit dem neuesten Läufen noch
    etwas zurückgegangen.
    Die Temperaturen steigen auf 2 bis 6 Grad ganz im Norden und auf 7 bis 12 Grad
    sonst.

In der Nacht zum Mittwoch weitet sich der Randtrog nach Nordostfrankreich,
Deutschland und Polen aus. Tief QUITERIA verschlägt es folglich in die östliche
Ostsee und die Kaltfront zieht von der Mitte aus südostwärts über Deutschland
hinaus. Die daran gekoppelten Regenfälle verlagern sich entsprechend immer mehr
in den Süden, an den Alpen werden sie bis zum Morgen gestaut. Die Regenmengen
liegen in der Fläche zwischen 3 und 15 l/qm in 12 Stunden. Im Allgäu werden
Regenmengen von 30 bis 50 l/qm in 12 Stunden simuliert, die Ensembles reagieren
dort auch mit hohen Wahrscheinlichkeiten. Bei im Nachtverlauf auf 500 m sinkende
Schneefallgrenze ist oberhalb davon mit einigen Zentimetern Neuschnee zu
rechnen, in höchsten Lagen sind durchaus 10 bis 20 cm drin.
Postfrontale Subsidenz sorgt hinter der Kaltfront für vorübergehendes
Abtrocknen.
Weiter zur Mitte und vor allem nach Norden spielt dagegen der Trog seine Karten
aus. Bei T500 hPa von bis zu -36 Grad aber nur geringem CAPE sind Schauer oder
kurze Gewitter zu erwarten, die bei Zufuhr maritim erwärmter Polarluft teils bis
ins Tiefland mit Schnee oder Graupel vermischt sind. Vorübergehend kann sich
daher auch im Tiefland eine dünne Nassschneedecke bilden, im Bergland wird dies
die Regel sein, zum Teil können sich dort auch etwas mehr als 5 cm Neuschnee
akkumulieren. Abgeschattet durch das Skandinavische Gebirge ist die
Schaueraktivität im Nordosten etwas reduziert.
Der Wind weht anfangs im Osten und Südosten noch mit der gleichen Intensität wie
tagsüber, nach Durchzug der Kaltfront lässt er rasch nach. An der Ostsee frischt
er rückseitig allerdings auf, sodass es dort steife bis stürmische Böen zwischen
55 und 75 km/h (Bft 7 bis 8) um Nord gibt.
Die Temperaturen sinken auf 2 bis -3 Grad mit der Gefahr von Glätte durch
überfrierender Nässe oder durch Schnee.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 06 UTC

Mittwoch … gelten ohne große Änderungen weiterhin die Aussagen der
Frühübersicht. So erwartet uns unter Trogeinfluss nasskaltes, im Bergland
winterliches und teils windiges Schauerwetter mit einzelnen Gewittern und
niedrigen einstelligen Höchstwerten. In der Nacht zum Donnerstag tritt
verbreitet leichter Frost auf mit Glättegefahr.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modelle simulieren mittlerweile erfreulich ähnlich, sodass das Warnkonzept
bereits bis zum Dienstag größtenteils eingestielt werden konnte. Fragezeichen
bleiben insbesondere bezüglich des Schneefalls am Dienstag im Norden über. ECMWF
bevorzugt (noch) eine etwas südlichere Variante als die deutsche Modellkette,
könnte sich aber gut im nächsten Modelllauf an die Lösungen der meisten anderen
Modelle anpassen. Die Entwicklung einer Shapiro-Keyser-Zyklonen deutet sich
derzeit nicht unbedingt an, muss allerdings noch beobachtet werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler