#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Dienstag den 08.10.2024 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 081800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 08.10.2024 um 18 UTC
SCHLAGZEILE:
Von Mitteldeutschland bis nach Vorpommern ab dem späten Nachmittag bis in die
kommende Nacht gebietsweise Starkregen.
Am Mittwoch ab den Frühstunden bis in den Donnerstag hinein im Westen
gebietsweise Dauerregen (auch Unwetter). An den Alpen erneut einsetzender
Föhnsturm, auch in höheren Mittelgebirgslagen Sturmböen. Im Norden einzelne
kurze Gewitter nicht ausgeschlossen.
In der Nacht zum Donnerstag und am Donnerstag Sturmböen, erst im Südwesten, von
dort nach Nordosten ausgreifend, Zugbahn und Intensität des zugehörigen Tiefs
(Ex-Hurrikan KIRK) aber noch sehr unsicher.
Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 06 UTC
Aktuell … weist ein Langwellentrog vom Nordmeer über die Britischen Inseln
hinweg nach Süden. Von der Irischen See erstrecken sich dann zwei markante
Trogachsen nach Südwesten und Südosten. Letztere verläuft über Frankreich hinweg
in Richtung Korsika/Sardinien und weiter nach Tunesien. Die erste der Trogachsen
läuft in Richtung Azoren, sie ist vor allem insofern bemerkenswert, als in sie
der Ex-Hurrikan KIRK eingebettet ist. Das in den Langwellentrog eingebettete,
insgesamt schwach ausgeprägte Höhentief befindet sich aktuell über der
walisischen Südwestküste. Es befindet damit weitgehend lotrecht über dem
zugehörige Bodentief (GERDA), beide überqueren in der Nacht Mittelengland um zum
Morgen die englische Nordseeküste zu erreichen. Gerda bildet mit Ex-Hurrikan
KIRK und einem kleinräumigen Tief über Südnorwegen (GERDA II) eine
Tiefdruckrinne, wobei die genannten Tiefs jeweils sehr markante Schwerpunkte
bilden. Da KIRK im Laufe der Nacht recht zügig ostwärts vorankommt) und zum
Morgen fast schon Galizien erreicht), GERDA II dagegen kaum ihre Position
ändert, dreht sich die am Abend von Südwest nach Nordost orientierte Rinne in
eine zunehmend meridional ausgerichtete Position. Vorderseitig von KIRK ist
massive WLA auszumachen, sowohl in den Theta-Feldern als auch in 850 hPa.
Entsprechend bekommt KIRK in den Frontenvorhersagekarten eine (abgesetzte)
Warmfront spendiert, die auch recht gut zum Bodendruckfeld passt. Dieses lässt
ausgangs der Nacht einen von KIRK nach Osten bzw. Nordosten weisenden Bodentrog
erkennen, in dem sich die Warmfront gut unterbringen lässt. Während sich die WLA
auf der Vorderseite von KIRK in 850 hPa über Südfrankreich über die Nacht hinweg
schon gut erkennen lässt, kann diese noch nicht auf Deutschland übergreifen.
Vielmehr zeigt sich bei uns aktuell ein deutliches Ost-West-Gefälle mit knapp
12°C an der Neiße und gut 7°C im Westen und Nordwesten. Grund dafür ist eine
über Deutschland verlaufende Luftmassengrenze. Diese gehört zu GERDA, sie
verläuft von GERDA ausgehend zunächst nach Nordosten zu GERDA II, wird über
Südnorwegen und Dänemark dann aber markant nach Süden gebogen und zieht sich
entsprechend von dort über den Osten Deutschlands nach Süden. Sie wird
allmählich nach Osten gedrückt, zum Datumswechsel sollte sie schon Polen
erreicht haben. An der Front kommt es zu länger andauernden und teils auch
kräftigen Regenfällen. Die starke Niederschlagsneigung lässt sich einerseits aus
der Luftmasse ableiten, die mit PPW-Werten von bis zu 40 mm (nach ICON, GFS
bietet 36 mm an) extrem feucht daherkommt. Andererseits schwenkt der von England
südostwärts orientierte Langwellentrog nach Nordosten, wo er bis zum Morgen eine
Linie Emsland – Ostbayern erreicht. Die vorderseitige Hebung trägt ebenfalls zu
kräftigen Niederschlägen bei, und dies nicht nur über dem Osten. Auch im Westen
und Nordwesten kann es im Nachtverlauf einzelne troggetriggerte Schauer geben,
ausgangs der Nacht erreicht sogar ein neues, der zunehmenden WLA geschuldetes
Regengebiet den Westen und Südwesten.
Doch zurück zu den frontalen Niederschlägen der Osthälfte: Über die Nacht hinweg
sollen in einem Streifen von den Alpen bis zur Ostsee entsprechend verbreitet 3
bis 10 l/qm zusammenkommen. Von Mitteldeutschland bis nach Vorpommern werden
akkumuliert 10 bis 20 l/qm erwartet. Dabei liegen die lokalen Spitzenwerte bei
GFS oder UK10 um 25 l/qm, bei AROME sogar um 40 l/qm (in Vorpommern). Vermutlich
wird, da die Niederschlagsspitzen warntechnisch schwer zu erfassen sind, auf
eine entsprechende Warnungsausgabe verzichtet.
Die Unterschiedlichen Luftmassen in Ost und West lassen sich auch an den
Tiefstwerten erkennen. Mit bis zu 14°C bleibt es im Osten unter dichten Wolken
recht mild, im Südwesten geht es dagegen runter auf bis zu 7°C, dort, ebenso wie
im postfrontal auflockernden Nordosten, kann sich Nebel bilden.
Bezüglich des Windes ist zu sagen, dass im Alpenraum mit Trogpassage (die in 850
hPa schon eingangs der Nacht, in 500 hPa dagegen grob gegen Mitternacht avisiert
ist) der Höhenwind auf West bis Südwest dreht und mit Druckanstieg auch der Föhn
zusammenbricht. Dann sind vorübergehend keine warnwürdigen Böen mehr unterwegs.
Da der Wind ausgangs der Nacht aber wieder etwas anzieht, die Grundschicht
teilweise auch durch Auskühlung entkoppelt ist, kommt es in der zweiten
Nachthälfte auf den Höhen zunehmend erneut zu Böen Bft 7.
Mittwoch … kommt KIRK weiter nach Osten voran, bis zum Abend erreicht er
Südwestfrankreich. Sein Kerndruck bleibt nach ICON weitgehend konstant um 981
hPa, in seinem erweiterten Umfeld weitet sich der Gradient aber deutlich auf.
Bezüglich des Kerndrucks liegen IFS und ICON ebenso wie UK10 weitgehend
gleichauf, GFS prognostiziert der Kerndruck dagegen morgens knapp unterhalb der
980er Schwelle, abends dann leicht oberhalb ebendieser. Damit ist KIRK bei GFS
durchweg am intensivsten ausgeprägt. Bezüglich der Lage des Tiefs am Abend
zeichnet sich ICON-D2 mit einer recht weit westlichen Lage aus. Die übrigen
Modelle wie z. B. ICON, GFS oder UK10 sehen KIRK zum Abend im Tal der Loire, am
weitesten östlich soll das Tief bei IFS liegen. Auffällig in allen Modellen ist
die massive WLA vorderseitig des Tiefs, die im Tagesverlauf nun auch das
Vorhersagegebiet betrifft. Neben ICON-EU, dass ja ohnehin schon den markanten
Bodentrog im Programm hatte, simulieren auch AROME oder IFS entlang der von
Frankreich auf den Westen und die Mitte Deutschlands übergreifenden Warmfront
bei genauerem Hinschauen eine flache Welle, die zum Abend den Westen
Deutschlands erreicht, was dann auch die sich dort intensivierenden Regenfälle
erklärt.
Ebenfalls für alle Modelle gilt: Mit KIRKs Tempo kann GERDA nicht mithalten. Sie
verlagert sich zur zentralen Nordsee, womit sich die von den beiden, zusammen
mit GERDA II, gebildete Tiefdruckrinne weiter meridional ausrichtet. Die WLA auf
KIRKs Vorderseite greift von Frankreich her zunehmend auf Deutschlands über. Das
entsprechende Niederschlagsgebiet erreicht zuerst die Eifel und das Saarland, um
sich von dort weiter nach Ostwestfalen, Südniedersachsen, Hessen und die Pfalz
auszudehnen. Zum Abend hat es dann nach ICON, UK10 oder IFS die Ostseeküste
erreicht, nach GFS oder AROME sollen sich die Niederschläge auf den gesamten
Norden ausbreiten, wobei dort eventuell ein kurzes Gewitter nicht ausgeschlossen
ist. Die höchsten Niederschlagsmengen in 12 Stunden erwarten die Modelle aber
recht einheitlich (passend zum Wellentief) mit 20 bis 30 l/qm von der Saar bis
in die Eifel und im Rothaargebirge, innerhalb der genannten Spanne (Menge und
Region) gibt es aber durchaus unterschiedliche Schwerpunkte. Dennoch – die
Stoßrichtung ist klar. Vorderseitig von KIRK legt in den Hochlagen der Wind im
Tagesverlauf weiter zu, an den Alpen stellt sich am Nachmittag bzw. Abend erneut
Föhn ein. In den Hochlagen gibt es dann stürmische Böen bzw. Sturmböen, auf
exponierten Alpengipfeln können erste schwere Sturmböen aus Süd auftreten. Am
östlichen Bergland lebt der Böhmische Wind erneut auf mit Böen Bft 7 bis 8 aus
Südost.
Insbesondere im Südosten Deutschlands verläuft der Tag wettertechnisch recht
ruhig. Vor allem im Süden und Osten Bayerns, im Erzgebirgsvorland und in der
Lausitz kann sich im Warmsektor und mit Föhnunterstützung erneut länger die
Sonne durchsetzen. Bei über 10 Grad in 850 hPa – in Südostbayern durch den Föhn
sogar über 15 Grad – wird es mit 19 bis 23 Grad dort erneut sehr mild bis warm.
Im Nordwesten und Norden ziehen dagegen die an den Trog gekoppelten, teils
schauerartigen Niederschläge aus der Nacht am Vormittag und Mittag nach
Nordosten ab, während man dann auf den möglicherweise kommenden skaligen
Niederschlag wartet. Mit 14 bis 19°C bleibt es dort, aber auch in den
Dauerregengebieten, recht mild.
In der Nacht zum Donnerstag kommt „Ex-KIRK“ weiterhin rasch nordostwärts voran
und greift auf das Vorhersagegebiet über, wobei nun die Zugbahn und Intensität
von entscheidender Bedeutung sind, was die Wind- und Niederschlagsprognosen
angeht. Nach Lesart des ICON-EU und auch des IFS weist das Tief nur noch wenig
Entwicklungspotenzial auf und erreicht mit einem Kerndruck von etwa 987 hPa
(IFS) oder 984 hPa (ICON) in den Frühstunden in etwa Thüringen. GFS hat dagegen
mit 983 hPa noch ein etwas intensiveres Tief auf der Agenda, ebenso wie UK10 mit
982 hPa.
Interessanter erscheinen nach jetzigem Stand Form und Position der simulierten
Tiefs. Bei IFS ist dieses nur noch ein Appendix in einem Bodentrog, der nur noch
ein schwaches eigenständiges Tief bildet. Laut GFS liegt der Kern des Tiefs über
dem südöstlichen Niedersachsen, laut ICON-D2 zieht er sich von Thüringen bis
nach Unterfranken. Wieder etwas weiter nördlich, etwa von Sachsen-Anhalt nach
Thüringen verlaufend, haben UK10 und ICON den Platz für KIRK gefunden.
Einheitlich ist allen Modellen eine ovale Form des Tiefs, wobei die Hauptachse
weitgehend von Nord-Nordost nach Süd-Südwest verläuft.
Den schärfsten Gradienten erwarten alle Modelle an der Südspitze des Tiefs,
welche spitz zulaufend wie bei einem Bodentrog gestaltet ist. An der Süd- bzw.
Ostflanke des Tiefs ist in 850 hPa ein Jet auszumachen, in dem Donnerstagfrüh 60
bis 65 kn simuliert werden. Lediglich IFS ist diesbezüglich deutlich defensiver
aufgestellt. Zumindest in den Hochlagen der südwestdeutschen (nach GFS und UK10
auch westdeutschen) Mittelgebirge, Donnerstagfrüh und am Vormittag auch der
zentralen Mittelgebirge gibt es Sturm- und schwere Sturmböen, anfangs aus
Südwest, später aus West. Eventuelle orkanartige Böen sollten nach aktueller
Lesart nur noch nach ICON / ICON-D2 und nur noch im Schwarzwald oder auf der Alb
auftreten können. An den Alpen erreicht der Föhn im Laufe der Nacht seinen
Höhepunkt mit ähnlichen Böen aus Süd auf den Gipfeln.
Inwieweit es auch in den Niederungen für stürmische Böen bzw. Sturmböen reicht
und wie weit das Sturmfeld nach Norden, also auch noch auf die mittleren
Landesteile ausgreift, ist noch unklar. Das in der Fläche größte Windfeld
simulieren ICON, AROME und UK10. Während UK10 bei den Maximalböen aber
mindestens ein Bft unter ICON angesiedelt ist, ist AROME, ebenso wie IFS,
nochmal etwas schwächer in der Böenprognose. Letztendlich steckt immer noch viel
Unsicherheit in der Entwicklung, die die Modelle bis jetzt nicht ausgeräumt
haben.
Im Gegensatz zu den auf der Südost- und Südflanke des Tiefs maximalen Böen
fallen die Niederschläge entsprechend der starken WLA hauptsächlich an der Nord-
und Westflanke des Tiefs. Sie sind weiterhin recht intensiv und teilweise auch
schauerartig verstärkt, wobei es für Gewitter nicht reichen sollte. Erst am
Donnerstagfrüh bzw. -vormittag verlieren sie dann nach Lesart aller Modelle an
Intensität. Immerhin arbeiten alle Modelle einen streifenförmigen Bereich
maximalen 12-stündigen Niederschlags heraus, der mal etwas nördlicher, mal etwas
südlicher von der Saar und der Eifel bis nach Hessen und Ostwestfalen,
insbesondere bei UK10 auch bis nach Südniedersachsen verläuft. In diesem
Streifen ist der Niederschlag warnwürdig mit 25 bis 40 l/qm über die Nacht,
lokal fallen mit um 50 l/qm auch unwetterartige Mengen (Warnungen, auch in
Verbindung mit den Niederschlägen am Tage, sind schon ausgegeben). Dieser
„Warnstreifen“ ist eingebettet in einen Niederschlagsstreifen, der vom gesamten
Südwesten bis in den Nordosten verläuft.
Sowohl im Südosten als auch im Nordwesten regnet es dagegen nur wenig bzw.
bleibt es sogar trocken. Unser ehemaliges Zentraltief GERDA erreicht
Donnerstagfrüh Südskandinavien. Von Nordwesten greift ein weiterer Randtrog auf
die Britischen Inseln über und erreicht morgens die Nordsee. Diesem ist eine
Kaltfront vorgeschaltet, die in den Frühstunden die Deutsche Bucht erreicht, so
dass unmittelbar an der Nordsee die Schauertätigkeit zum Morgen auflebt. Die
Minima bewegen sich meist zwischen 14 und 8 Grad, wobei es im Südosten – noch im
Warmsektor von Kirk – durch Föhn gebietsweise deutlich milder bleiben kann.
Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC
Donnerstag … zieht KIRK rasch nach Nordosten ab. Mit ihm wandert das Sturmfeld
unter Abschwächung vom Südwesten über den Osten zur Nordsee. Diesbezüglich gilt
die Frühübersicht weiterhin (stürmische Böen und Sturmböen, Hochlagen bis zu
schweren Sturmböen), auch die Modellunterschiede bleiben dabei erhalten. Im
Bereich des Tiefs regnet es weiter, lokal auch kräftig, Warnschwellen werden
voraussichtlich nicht erreicht. Von Nordwesten überquert die Kaltfront
Deutschland südostwärts, Schauer, eventuell auch kurze Gewitter wind die Folge.
Rückseitig der Front steigt von Westen der Druck, so dass der Druckgradient
auffächert und in der Nacht zum Freitag nur noch an den Küsten ein lebhafter
Wind Bft 7 bis 8 erhalten bleibt.
Modellvergleich und -einschätzung
Die Modelle zeigen noch immer beachtliche Unterschiede. Diese betreffen fast
alle Vorhersageparameter, darunter u. a. auch die Verlagerungsgeschwindigkeit,
den Kerndruck, den Gradienten und in der Folge auch die Wind- und
Niederschlagscharakteristik. Im Text wurde auf die Unterschiede hingewiesen.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas