SXEU31 DWAV 261800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 26.09.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
DAUERREGEN:
Im Südwesten am Abend Ende der Dauerregenlage.

WIND/STURM/ORKAN:
In der Nacht zum Freitag auffrischender, am Freitag stark böiger Wind, dabei
abgesehen vom Südosten steife Böen Bft 7, von der Ostsee bis nach Benelux, in
den Hochlagen und in Schauern und Gewittern Sturmböen Bft 8 bis 9. An der
Nordsee und auf exponierten Gipfeln auch schwere Sturmböen Bft 10 und einzelne
orkanartige Böen Bft 11. Am Nachmittag nachlassender Wind.

In der Nacht zum Samstag vor allem an den Küsten noch steife Böen Bft 7 und
einzelne Sturmböen Bft 8 bis 9, weiter nachlassend.

GEWITTER:
In der Nacht zum Freitag vor allem im Nordseeumfeld, am Freitag mit Ausnahme des
Ostens lokal Gewitter mit Sturmböen Bft 8 bis 9 und lokalem Starkregen um 15
l/qm, im Süden um 20 l/qm.

FROST:
In der Nacht zum Sonntag sehr frisch mit Bodenfrostgefahr im Mittelgebirgsraum.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Aktuell … erstreckt sich ein positiv geneigter Höhenrücken vom Nordmeer über
die Britischen Inseln hinweg bis zum nahen Nordatlantik. In seinem südlichen
Teil, im Bereich der Irischen See, ist laut ICON ein abgeschlossenes Höhentief
auszumachen, das sich mit dem Trog in der Nacht ostwärts verlagert. Zum Morgen
erreicht das Höhentief die südliche Nordsee, die Trogachse greift dabei auf
Kontinentaleuropa (Bretagne, Nordwestspanien) über. Im Bodendruckfeld läuft dem
Langwellentrog eine Tiefdruckrinne voraus, wobei der Höhentrog ausgangs der
Nacht schon Anstalten macht, die Rinne einzuholen, insbesondere im Bereich der
Bretagne und der Nordsee. Die Rinne selbst ist von Südwest nach Nordost
orientiert und weist mehrere Kerne auf. Laut ICON sind diese um 06 UTC am
Westausgang des Ärmelkanals, über der südwestlichen Nordsee, über Südschweden
sowie über dem südlichen Bottnischen Meerbusen zu finden, IFS stützt diese
Sichtweise ebenso wie UK10, wobei letztgenanntes Modell einen um 2 bis 3 hPa
tieferen Druck avisiert als die genannten Globalmodelle. Insbesondere bezüglich
der Position des Nordsee-Tiefs geht ICON-D2 einen anderen Weg – seine Position
ist deutlich weiter westlich – und Arome hat sogar eine Doppelstruktur im
Programm. Dazu kommen Unterschiede beim simulierten Kerndruck der Tiefs, wo sich
eine Bandbreite von 5 hPa zeigt. Letztendlich deutet sich schon an, was sich im
weiteren Verlauf bestätigt: Die Druckverteilung wird im Detail keineswegs
einheitlich vorhergesagt, mit deutlichen Auswirkungen auf die zu erwartenden
Windfelder.

Dennoch gilt: Für die Nordseeküste sowie das angrenzende Nordwestdeutsche
Binnenland zeichnet sich eine Sturmlage ab, bei der Böen bis Bft 10 auf den
Ostfriesischen Inseln wie auch in Nordfriesland zu erwarten sind, und wo es an
der Nordsee nicht für die Bft 10 reicht, da kommt immerhin eine Bft 9 vorbei. In
weiten Teilen des Nordwestens und Westens, aber auch an der Ostsee (ablandiger
Wind) sind steife Böen Bft 7 oder stürmische Böen Bft 8 der Winderwartungswert.
Ob auch ein Streifen von Mecklenburg-Vorpommern über die Altmark bis nach
Nordhessen steife Böen Bft 7 abbekommt, ist noch nicht sicher. Die Modelle UK10
oder auch Arome würden dies bejahen, IFS oder auch ICON sind skeptischer.

Innerhalb der Tiefdruckrinne wird in unseren Frontenvorhersagekarten eine
Okklusion geführt, die sich am Nordostende der Rinne in Warm- und Kaltfront
verzweigt. Die Kaltfront wir dabei recht scharf auf südwestlichen Kurs
zurückgebogen und verläuft zu Beginn der Nacht von der Ostsee kommend, in den
Frühstunden dann vom Baltikum kommend über Polen und den Süden Deutschlands
weiter nach Südwesten. Die Front wellt dabei recht stark, sie zieht sich aber
über dem Süden Deutschlands immer mehr an bzw. in die Alpen zurück. Damit endet
die Dauerregensituation im Südwesten bzw. in einigen zentralen und südlichen
Mittelgebirgen. An den Küsten im Bereich der Tiefdruckrinne regnet es weiterhin,
gebietsweise schauerartig verstärkt und vereinzelt auch gewittrig. Durch den
flott aufgestellten Grundwind dürfte Starkregen trotz PPW-Werten um 25 mm wohl
kein Problem sein. Es sei denn, es ziehen mehrere Schauer/Gewitter über die
gleiche Region oder es bilden sich linienartige Strukturen heraus – bei recht
hohen Scherungswerten durchaus denkbar. Mehr als der Starkregen steht aber bei
Schauern und Gewittern aber der Wind im Fokus. Schwere Sturmböen sind definitiv
im Bereich des Möglichen, auch orkanartige Böen können nicht ausgeschlossen
werden, was sich in dem Fall nicht nur aus dem Grundwind, sondern auch aus dem
mit 52 bis 62 kt recht ruppigen Höhenwind (850 und 925 hPa) herleiten lässt.
Zwischen der abziehenden Front im Süden und dem konvektiv durchsetzen Regen im
Norden können zwar auch vereinzelte Aschauer auftreten, meist bleibt es aber
trocken. Auf der Südostflanke der Rinne wird allmählich kälter Luft advehiert.
Die 850er Temperaturen, bei Sonnenuntergang von Nord nach Süd in einer Spanne
zwischen 7 und 14°C liegend, sinken auf 3 bis 9°C. Daraus leitet MOSMIX
Tiefstwerte ab, die an Oder und Neiße nochmal knapp 15°C betragen, im westlichen
Bergland dagegen teils nur 8°C.

Freitag … kümmert uns vor allem wieder die Druckverteilung über der
südöstlichen bzw. südlichen Nordsee. Diese vorsichtige Formulierung lässt
Spielraum für allerlei Modelldetails. So schlägt Arome am Vormittag zwei Tiefs
vor, eines vor der deutsch-dänischen Nordseeküste und eines etwa 100 km
nordwestlich des Ijsselmeeres. Dort positioniert auch ICON-D2 „sein“ Tief, wobei
sich im Tagesverlauf aus einem im Südwesten an das Tief angrenzenden Bodentrog
ein zweites Drehzentrum bilden soll. Beide Modelle lassen das jeweils markantere
Tief nach Südosten ziehen, Arome über die Maasmündung ins Münsterland, ICON-D2
auf recht direktem Wege nach Ostfriesland. Damit scheuen beide Modelle die
naheliegende Lösung, nämlich das Tief mit der Höhenströmung nach Nordosten zu
verlagern. Diese Variante schlagen ICON, IFS oder auch UK10 vor, aber mit
durchaus unterschiedlicher Verlagerungsgeschwindigkeit. Während bei IFS das Tief
zum Abend noch über dem südöstlichen Dänemark reüssiert, hat das Tief bei ICON
oder UK10 fast schon Südschweden erreicht. Zu den schon beschriebenen
Modellunterschieden kommen noch Unterschiede in der Form (Stichwort:
Bodentröge). Letztendlich kann die aus der Druckverteilung resultierende
Windverteilung nur mit gewissen Unsicherheiten angegeben werden, was dann
ungefähr so kling: Mit Ausnahme des Südostens verbreitet steife Böen Bft 7, von
der Ostsee bis nach Benelux, in Schauern und Gewittern sowie in den Hochlagen
Bft 8 bis 9, an der Nordsee Bft 10, und wenn man UK10 oder ICON-D2 Gleuben
schenkt, auch mal eine Bft 11 (orkanartige Böen). Am Nachmittag soll der Wind
dann wieder nachlassen, was der von Nordwesten hereinziehenden Tiefdruckrinne zu
verdanken ist. Aber um genau zu sagen wo, dazu müsste man erstmal klar sehen bei
der Entwicklung und Verlagerung der Tiefs.

Immerhin wurden schon die Schauer und Gewitter erwähnt. Diese sind u.a. dem
hereinschwenkenden Trog und seiner Höhenkaltluft (bis unter -24°C) geschuldet.
Bei 850er Temperaturen um +4°C ist der vertikale Temperaturgradient nicht zu
verachten, dazu kommen kurzwellige Troganteile, die auch dynamisch für Hebung
sorgen. In einem Streifen von der Ostsee bis zum Erzgebirge ist das Schauer- und
Gewitterrisiko sehr niedrig, dort zeigt sich auch länger die Sonne. In den
übrigen Gebieten kann es bei wechselnder oder dichterer Bewölkung durchaus mal
kräftiger regnen, auch mit Blitz und Donner. Lokalen Starkregen kann man bei
PPW-Werten um 30 mm und CAPE-ML bis 200 J/kg nicht ausschließen, aber eventuelle
Zellen sollten recht rasch ziehen und somit steht der Starkregen nicht im
Zentrum der Betrachtungen. Und sofort folgt die Ausnahme: Im Süden und Südosten,
wo der Wind schwach aufgestellt ist, könnte Starkregen häufiger sein und auch
kräftiger ausfallen, was z. B. auch die ICON-D2-Deterministik so sieht.

Die Höchsttemperaturen sollen in dieser Gemengelage an der Neiße nochmal 22°C
erreichen. An der Nordsee und in den westlichen Mittelgebirgen sind es dagegen
nur um die 16°C.

In der Nacht zum Samstag gelangt Deutschland vollends in den Bereich des
hereinschwenkenden Höhentroges, wobei dessen Achse zum Morgen Deutschland schon
weitgehend überquert hat. Derweil schwenkt der Bodentrog ins südöstliche
Deutschland, er ist dabei schon von deutlichem Druckanstieg gekennzeichnet. Auf
der Rückseite des Troges setzt sich maritime Polarluft durch, die 850er
Temperaturen liegen zum Morgen entsprechend bis etwa 4°C im Südosten und um 0°C
an der Nordsee. Die Verteilung der 850er Temperaturen deutet auch an, dass sich
im Südosten zumindest anfangs noch Reste der bisherigen Luftmasse halten, was
die Niederschläge von den Alpen bis zum Bayerischen Wald zumindest in der ersten
Nachthälfte noch andauern lässt. Von Nordwest nach Südost können mit
Trogdurchgang vorübergehend steife Böen und, bei eventuellen Schauern oder
Gewittern, einzelne stürmische Böen auftreten. Dazu weht an den Küsten noch ein
stark böiger Wind mit Sturmböen Bft 8 bis 9. In der 2. Nachthälfte wird der Wind
aber insgesamt schwächer. Es kühlt auf Werte zwischen 11 Grad in der Lausitz und
6 Grad in der Eifel ab.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC

Samstag … regeneriert sich der Höhentrog durch in seine Rückseite einströmende
Kaltluft nochmal, die entstehende Trogachse verharrt zum Tagesende immer noch
über dem Osten und Südosten Deutschlands. Bodennah setzt sich aber zunehmend ein
Hochdruckgebiet durch (TITUS), und vom Atlantik nähert sich ein Höhenrücken.
Zwischen dem Hoch und dem nach Nordosten anziehenden Tief bzw. den Resten der
Rinne ist der Gradient im Norden recht kräftig mit stürmischen Böen an der See
und 7er Böen im angrenzenden Binnenland. Bei wechselnder Bewölkung mit kurzen
Aufheiterungen gibt es einzelne Schauer, einzelne kurze Gewitter sind nicht
gänzlich ausgeschlossen, insbesondere im Nordwesten und im Süden. Im Stau der
Alpen kann es auch länger regnen. Bis zum Abend sinken die Temperaturen in 850
hPa auf -1 Grad an der Nordsee und 3 Grad an den Alpen. Dort sinkt die
Schneefallgrenze auf 1800 m. Die Höchstwerte erreichen damit nur noch Werte
zwischen 9 Grad im Bergland und 16 Grad in Brandenburg.

In der Nacht zum Sonntag setzt sich der Hochdruckeinfluss weiter durch, Regen
gibt es nur noch an der Küste und an den Alpen (nachlassend, Schneefallgrenze
auf 1500 m sinkend. Bei 850er Temperaturen zwischen 2 und -1°C werden
Tiefstwerte zwischen 6 Grad im Norden und 1 Grad in Mittelgebirgstälern
erwartet. Örtlich gibt es dort Bodenfrost und in ungünstigen Muldenlagen ist
sogar Luftfrost möglich. Der Wind weht an der Küste anfangs noch mit steifen
Böen aus West bis Nordwest, schwächt sich dann aber alsbald ab.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modelle simulieren die Abläufe im Groben (Langwellentrog, Tiefdruckrinne)
ähnlich. Im Detail zeigen sich aber deutliche und auch prognose- bzw.-
warnrelevante Unterschiede. Diese beziehen sich insbesondere auf die Druck- und
in der Folge auf die Windverteilung. Entsprechende Ausführungen finden sich im
Text.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas