S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 26.09.2024 um 10.30 UTC

Unbeständige, aber nicht übermäßig kalte nächste Woche mit noch einigen
Prognoseunsicherheiten.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 03.10.2024

Bereits die ersten oberflächlichen Blicke am frühen Morgen auf die diversen
Vorhersageprodukte ließen erahnen, dass die mittelfristige Wetterprognose heute
alles andere als ein Vergnügen wird. Dazu passen die spaßig gemeinten
Beileidsbekundungen der anwesenden, ex officio nicht mit der Mittelfrist
befassten Kollegen, die allerdings mit der Kurzfrist auch so ihre liebe Mühe
haben (Stichwort „Sturm Norddeutschland am Freitag“). Nun gut, manchmal läuftŽs,
manchmal weniger. Vielleicht hätte man heute fei nehmen und stattdessen einen
Zufallsgenerator mit Glaskugel auf den Arbeitsplatz setzen sollen. Egal, jammern
gilt nicht, ein paar Trends lassen sich auch aus dieser Mittelfrist extrahieren.

Starten wir am Sonntag, dem letzten Tag seinesgleichen im September und dem
ersten offiziellen Tag der Mittelfrist. Die bereits am Samstag einfließende
polare Meeresluft (T850 um 0°C) gelangt unter den Einfluss eines Bodenhochs
(TITUS), das mit seinem Schwerpunkt von etwas über 1025 hPa zur Mittagszeit
mittemang über Deutschland liegt. Der Support aus der Höhe (Rücken, Keil) fällt
ziemlich dürftig aus, so dass man bereist erahnen kann, dass das Hoch kein
Dauerbrenner wird. Und tatsächlich stehen die nächsten Tiefs, genau genommen
derer zwei, zwischen Island und der Biskaya bereits ante portas. Das südliche
der beiden Drehzentren zieht bis Montag in die südliche Nordsee, von wo aus es
große Teile des Vorhersageraums mit Regenfällen traktiert. Ob es, wie vom
00-UTC-Lauf simuliert, im Nordosten bis zum Abend noch trocken bleibt, ist
angesichts der Konsistenzprobleme sowie der so früh schon einsetzenden
Modellunterschiede fraglich. Relativ sicher hingegen scheint die Winddrehung auf
Südost bis Süd, wodurch insbesondere niedertroposphärisch wieder wärmere Luft
advehiert wird (bodennah wird die Erwärmung durch viel Bewölkung und Regen
gedämpft). Die 0°C-Isotherme auf 850 hPa wird auf die Ostsee rausgedrückt, bis
zum Datumswechsel steigt T850 auf 4 bis 10°C.

Im weiteren Verlauf der Woche soll das Nordseetief nach Lesart von IFS langsam
unter allmählicher Abschwächung gen Jütland respektive westliche Ostsee ziehen.
Nach Durchgang einer Kaltfront (voraussichtlich Nacht zum Dienstag) wird
rückseitig wieder etwas kältere Meeresluft herangeführt, die mit einem sich von
der Nordsee auf Mitteleuropa ausweitenden Potenzialtrog interagiert. Die sich
daraus resultierende Niederschlags- und Windverteilung ist noch genau so
unsicher wie die Lage der nach Süden durchgerutschten Kaltfront. Es gibt
(allerdings nicht konsistente) Hinweise, dass sie im Süden ins Schleifen gerät
und dort am Dienstag (+ angrenzender Nächte) länger andauernden, gebietsweise
ergiebigen Regen induziert.

Ob sich zum Ende der Mittelfrist respektive in der erweiterten Mittelfrist ein
neues Hochdruckgebiet MIT korrespondierendem Rücken vom nahen Atlantik her für
uns interessiert wie von IFS propagiert, bleibt abzuwarten.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Nachdem es bereits im kurzfristigen Prognosezeitraum für Freitag hinsichtlich
einer potenziellen Sturmlage im Norden größere Unsicherheiten gibt, verwundert
es nicht wirklich, dass auch mittelfristig erhebliche Schwierigkeiten auftreten.
Dabei ist der Start am kommenden Sonntag noch ziemlich verheißungsvoll. Das
Hoch, das an diesem Tag mitten über Deutschland thront, wurde schon seit Tagen
propagiert – so weit, so gut. Dass es danach wieder unbeständiger wird, war auch
einigermaßen absehbar. Die Frage ist nun, wie genau verläuft der Wechsel und wie
geht es danach weiter. Das wetterbestimmende Tief wird bei jedem Lauf nicht nur
anders positioniert, sondern auch in seiner Stärke unterschiedlich gerechnet –
übrigens nicht nur modellintern (IFS/ECMF), sondern auch im Vergleich mit
anderen Globalmodellen. Dass das Auswirkungen auf die genaue Wetterentwicklung
hat (vor allem Wind und Niederschläge), ist evident.

So bleibt es am Ende bei einem Allgemeinplatz nach dem Motto „ab Montag
unbeständig mit Regenfällen, mitunter windig und nicht übermäßig kalt“ (vor
allem nachts geht es nach zwei ziemlich frischen Wochenendnächten wieder
bergauf).

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Wie zuvor schon angedeutet, kocht jedes der an dieser Stelle begutachteten
Globalmodelle (neben IFS sind das ICON, GFS, GEM und UK10) sein eigenes
Süppchen, obwohl alle mit dem gleichen Kochtopf starten (Hoch Mitteleuropa am
Sonntag). Nicht nur Zugbahn, Intensität, Timing und Frontenlage des ab
Wochenbeginn für uns relevanten Tiefs, auch Ausdehnung, Konfiguration usw. des
nachgeschalteten Höhentrogs werden sehr individuell und nicht unbedingt
konsistent gerechnet. Von daher ist es wenig zielführend, an dieser Stelle in
Details einzusteigen – viel Mühe, wenig Ertrag. Nur so viel, die nach
Wochenmitte von IFS gezeigte Annäherung eines Hochs wird in unterschiedlicher
Form auch von den anderen Modellen offeriert. Allerdings ist im Hinblick auf die
erweiterte Mittelfrist ab Freitag der Spaß bei GFS rasch wieder vorbei (neues
Tief nördliche Nordsee), während IFS erst richtig mit der Installation des Hochs
bei uns beginnt. Fragen?

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Es ist beileibe keine Überraschung, dass die IFS-EPS-Rauchfahnen repräsentativer
deutscher Städte und Orte schon ab Montag beginnen zu divergieren. Der Trend
beim Geopotenzial (500 hPa) geht kurz nach unten, um danach bei allerdings hoher
Streuung und ohne klar erkennbaren Median wieder etwas anzusteigen. Der HRES
(der Hauptlauf) zieht zum Ende (übernächstes Wochenende) an den oberen Rand der
Kurvenschar, was als Indiz gewertet werden kann, dass es HRES besonders gut
meint mit dem Rücken.
Bei der Temperatur (850 hPa) geht der Trend am Montag kurzzeitig nach oben, um
danach mehrheitlich wieder abzurutschen (allerdings nur ganz wenige Lösungen
unter 0°C). Auch hier ist die Streuung groß, wobei tendenziell eher kühle
Lösungen überwiegen. Interessant ist die Signaldichte beim Parameter
Niederschlag, die nach Wochenmitte zwar landesweit abnimmt, mitnichten aber auf
null zurückgeht.

Von den Fahnen zu den Mustern, den Clustern. Trotz enger Kurvenführung werden
für Zeitraum #1 (T+72…96h; Sonntag/Montag) volle sechs Schubladen aufgemacht,
die aber allesamt das Sonntagshoch gen Osten verabschieden und von Westen her
Tiefdruckeinfluss wirksam werden lassen. Hier treten hinsichtlich des Wies
bereits die ersten Fragezeichen auf, die sich von Dienstag bis Donnerstag
(T+120…168h) nahtlos fortsetzen. Zwar reduziert sich die Zahl der Cluster auf
vier, was die Sache aber keinesfalls besser macht. Während Cluster 1-3
(insgesamt 40 Fälle + HRES) den o.e. Höhentrog mit differenter Geometrie auf
Mitteleuropa bzw. Deutschland übergreifen lässt (Cut-Off-Tendenzen südlich der
Alpen am Donnerstag in CL 1), bastelt CL 4 (11 Fälle) aus dem Trog frühzeitig
ein eigenständiges Höhentief, das sich Richtung Iberische Halbinsel orientiert.
Eine Lösung nicht ohne einen gewissen Charme, bietet sie doch das Muster mit dem
für uns höchsten antizyklonalen Touch. Abschließend noch ein Auszug aus dem
Kapitel „Kraut und Rüben“. Satte sechs Cluster werden ab Freitag (T+192…240h)
feilgeboten, bei denen von antizyklonal über zonal bis hin zu zyklonal nahezu
alles am Start ist. Kein weiterer Kommentar…
…, außer natürlich einem abschließenden FAZIT:

Sowohl die deterministischen als auch die probabilistischen Vorhersagen tun sich
äußerst schwer, einen klaren Kurs für die nächste Woche zu benennen. Fest steht
nur, dass nach anfänglichem Hochdruckeinfluss (Sonntag) das Pendel wieder
umschlägt gen „unbeständig, aber nicht überbordend kalt“. Ob der Trend nach
Wochenmitte dann wieder in Richtung HPI (High Pressure Influence) geht und wie
lange dieser ggf. andauert, steht derzeit noch in den Sternen.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Bei aller noch gebotenen Unsicherheit dürfte aus der Kategorie „signifikante
Wettererscheinungen“ nicht allzu viel zu ernten sein. Am spannendsten ist noch
die Frage, wie sich die Windlage insbesondere in der Küstenregion, allgemein
aber auch in Norddeutschland entwickelt. Je nach Zugbahn und Intensität des
bestimmenden Tiefs könnte es in der ersten Wochenhälfte gerade an der See
durchaus stürmisch werden.
Etwas geringer fällt die Wahrscheinlichkeit für Dauerregen am Dienstag (+
Nächte) in Süddeutschland aus.

Basis für Mittelfristvorhersage
Alles + Bauchgefühl.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann