S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 20.09.2024 um 10.30 UTC

Sehr unbeständig, windig bis stürmisch und (deutlicher) Temperaturrückgang: Der
Herbst ist da!

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 27.09.2024

Zum Beginn des mittelfristigen Zeitraums am Montag steht der Herbst des Teams
„Astronomische Jahreszeiten“ nun schon seit einem Tag auf dem Platz und findet –
um im Sprech zu bleiben – mehr oder weniger sofort ins Spiel. Auf die
großräumige Druck- und Geopotentialverteilung übertragen, liegen wir
vorderseitig eines Höhentiefs über Nordfrankreich bzw. dem Ärmelkanal unter
einer zu Beginn nur schwach ausgeprägten südwestlichen Höhenströmung. Am Boden
findet sich ein Tiefdruckkomplex über den Britischen Inseln wieder, das eine
Okklusion mit schauerartigen, vereinzelt auch gewittrigen Regenfällen von Westen
her auf Deutschland übergreifen lässt. Davon bekommt man im Osten und Nordosten
am Montag noch nichts mit. Dort steht noch einmal spätsommerliches Wetter bei
Höchstwerten von bis zu 24 Grad auf der Prognosekarte.

Das Höhentief nimmt mehr und mehr Tuchfühlung zu einem weiteren Vertreter seiner
Zunft über dem Nordmeer auf, wird letztlich zu dessen Trog „degradiert“ und
zieht bis Dienstagabend ostwärts über Deutschland hinweg. Die Front dürfte nach
aktueller Lesart bereits Dienstagvormittag nach Osten abgedrängt werden,
dahinter fließt etwas kühlere Meeresluft mit T850 zwischen 5 und 8 Grad ein. Bis
dahin ist in Verbindung mit einem in die etwas zunehmende Höhenströmung
eingelagerten Kurzwellentrog vor allem im Süden des Landes örtlich
(ungewittriger) Starkregen nicht ausgeschlossen. Der zugehörige Tiefdruckkomplex
verlagert seinen Schwerpunkt bis Dienstag nach Skandinavien (Kerndruck unter 992
hPa), wobei an der Nordsee gradientbedingt einzelne stürmische Böen nicht
komplett ausgeschlossen sind.

Zoomen wir mal etwas heraus und blicken weit stromauf auf den Atlantik. Dort
nähert sich ein weiteres Höhentief an, das am Dienstag ebenfalls in die
Zirkulation des Nordmeerhöhentiefs aufgenommen wird. Dadurch entwickelt sich ein
sehr breit angelegter, stark positiv geneigter Trog, wobei die westliche bis
südwestliche Höhenströmung unter der wir uns befinden weiter zulegt. Am Boden
macht sich bereits der nächste Tiefdruckkomplex auf den Weg zu den Britischen
Inseln, wo er am Mittwoch ankommt und sein Frontensystem auf uns übergreifen
lässt. Damit gelangt niedertroposphärisch wieder etwas wärmere Luft ins Land mit
T850 von rund 8 bis 11 Grad, am östlichen Alpenrand sind bei leichtem Föhn am
Donnerstag sogar knapp 15 Grad möglich.

Auch dieser Komplex verlagert seinen Schwerpunkt am Donnerstag über die Nordsee
nach Südskandinavien, wobei der Kerndruck abends bei stolzen 978 hPa über dem
Skagerrak liegt. Vor allem über der Nordwesthälfte Deutschlands dürften damit
verbreitet steife bis stürmische Böen auftreten, exponiert und auf den Bergen
noch ne Schippe mehr. Dazu gibt es teils schauerartige Regenfälle, die im
Weststau der Mittelgebirge auch mal etwas länger anhaltend ausfallen können.

Am Freitag kommt uns die Achse des zunehmend meridional ausgerichteten
Langwellentroges immer näher. Kurzwellige Anteile forcieren am Südrand des
skandinavischen Bodentiefkomplexes die Entwicklung eines kleinräumigen Tiefs,
das uns ostwärts überquert. An der Südflanke des Tiefs frischt der Wind deutlich
auf, wobei selbst in tiefen Lagen Sturmböen drin sind. Auf den Bergen können
schwere, exponiert eventuell sogar orkanartige Böen auftreten. Gepaart mit
gebietsweise schauerartigen Regenfällen (an den Alpen und an der Nordsee
mitunter länger anhaltend) und einem Schwall subpolarer Meeresluft (T850 im
Nordwesten 1 Grad, im Südosten 5 Grad) dürfte spätestens jetzt auch der Letzte
im Herbst angekommen sein.

In der erweiterten Mittelfrist beruhigt sich das Wetter vor allem in der
Südhälfte unter schwachem Hochdruckeinfluss wieder. Sollten die Nächte klar
sein, dürften die Tiefstwerte ganz schön in den Keller gehen. Im Bergland wäre
sogar leichter Frost vorstellbar. Im Norden hat man es dagegen weiterhin mit
Tiefausläufern, vielen Wolken und etwas Regen zu tun.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des aktuellen 00-UTC-Laufs kann im Vergleich zu seinen beiden
Vorgängern als recht gut bezeichnet werden. Demnach rückt uns die Frontalzone
auf die Pelle und wir gelangen ab Mittwoch unter eine straffe westliche bis
südwestliche, zyklonale Höhenströmung. Es steht also eine sehr unbeständige und
windige bis stürmische Witterung bevor. Was das Timing und die Ausprägung von
Frontdurchgängen und damit auch der Niederschlags- und Windentwicklung angeht,
bestehen naturgemäß noch Unterschiede und hängen stark mit in die Höhenströmung
eingebetteten, kurzwelligen Anteilen zusammen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Auch die anderen, an dieser Stelle betrachteten Globalmodelle (ICON, GFS, UK10)
zeigen ein sehr ähnliches, großskaliges Setup: Trogdurchgang am Dienstag,
gefolgt von einer sehr straffen westlichen bis südwestlichen Höhenströmung mit
breit angelegtem Höhentrog und Bodentiefkomplex zwischen den Britischen Inseln
und Skandinavien. Entscheidend für die genaue Wetterentwicklung sind die in die
Höheströmung eingebetteten Kurzwellentröge mit deren „korrekten“ Simulation die
Modelle wohl auch noch in der Kurzfrist ihre Probleme haben könnten. Was neben
der bevorstehenden unbeständigen und auch wieder kühleren Witterung ebenfalls
modellübergreifend simuliert wird, ist die erste herbstliche Wind- bzw.
Sturmlage am Donnerstag und Freitag. Besonders der Freitag bietet dabei sogar
die Gefahr eines durchziehenden Schnellläufers (angedeutet von UK10).

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen für verschiedene deutsche Städte spiegeln die beschriebene
Wetterentwicklung des IFS-Hauptlaufes gut wieder: Das Temperaturniveau geht
zunächst etwas zurück bei ab Montag zahlreich vertretenen Niederschlagssignalen.
Ab Mittwoch nimmt der Spread bei der Temperatur deutlich zu, wenngleich eine
vorübergehende Aufwärtsbewegung zu erkennen ist. Die Frage, die sich das
Ensemble stellt ist letztlich, wie stark die Erwärmung auf der Voderseite des
britischen Tiefdruckkomplexes ausfällt und wie schnell diese wieder ausgeräumt
wird. Ab Donnerstag geht es dann aber steil bergab, wobei das Ensemblemittel
(T850) über das Wochenende hinweg (erweiterte Mittelfrist) im Norden knapp unter
0 Grad, im Süden bei rund 3 Grad liegt. Gleichzeitig nehmen die
Niederschlagssignale am Wochenende – abgesehen vom Norden – deutlich ab.

Auch beim Clustering stehen die Zeichen zunächst (Mittwoch bis Freitag, vier
Cluster) voll auf NAO positiv und entsprechender reger Tiefdrucktätigkeit.
Auffällig ist, dass Cluster 3 (10 Member) kaum etwas von einer Wind-/Sturmlage
zum Ende der Woche wissen will – im Gegensatz zu den anderen drei Gruppierungen.

In der erweiterten Mittelfrist wird die im Haupttext beschriebene Entwicklung
mit zunehmendem Hochdruckeinfluss im Süden und anhaltender Tiefdrucktätigkeit im
Norden bestätigt.

Fazit: Der Herbst schlägt voll zu! Ein sehr unbeständiger und windiger bis
stürmischer Abschnitt steht uns bevor. Im Detail (Timing/Ausprägung der Wind-
und Niederschlagsentwicklung) gibt es natürlich noch gewisse Unsicherheiten, der
grobe Fahrplan steht allerdings. Dazu wird es zum Ende der Woche deutlich
kühler, T850 hPa wird wohl recht verbreitet in den tiefen einstelligen, regional
vielleicht sogar in den leicht negativen Bereich abrutschen. Am Wochenende
dürfte sich das Wetter dann vor allem im Süden beruhigen. Vor allem im Bergland
könnte die Temperatur bei klaren Nächten dann schon mal Richtung 0 Grad oder
sogar noch etwas darunter absinken.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Die kommende Woche wird für unsere Warnmeteorologen wieder einmal alles andere
als langweilig. Zunächst gilt es am Montag ein Auge auf die schauerartigen
Regenfälle von der Nordsee bis zum Hochrhein und den Alpen zu werfen, die
örtlich gewittrig und mit Starkregen einhergehen können (im Süden auch
mehrstündig nicht ausgeschlossen). Am Dienstag sind dann im Osten und über der
Nordsee einzelne Gewitter mit lokalem Starkregen nicht ausgeschlossen.
Ab Mittwoch kommt dann der Wind ins Spiel: Zunächst sind nur auf den Bergen und
an der Nordsee Böen bis Sturmstärke (Bft 8-9) zu erwarten, ab der Nacht zum
Donnerstag ist dann auch in der Nordwesthälfte mit teils stürmischen Böen,
exponiert Sturmböen, zu rechnen. Nach kurzer Pause frischt der Wind am Freitag
erneut auf und könnte an der Südflanke des über uns ostärts ziehenden Tiefs
Sturmböen, exponiert und auf den Bergen auch schwere Sturmböen mit sich bringen.

Dazu tritt am Donnerstag in den Weststaulagen der Mittelgebirge mit geringer
Wahrscheinlichkeit Dauerregen mit Mengen um 30 l/qm in 24 Stunden auf und an der
Nordsee entwickeln sich (auch am Freitag) wiederholt Gewitter mit (teils auch
mehrstündigem) Starkregen.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS(-EPS), ICON(-EPS), GFS(-EPS), UK10, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Tobias Reinartz