S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 07.09.2024 um 10.30 UTC

Umstellung auf frühherbstliche Witterung mit deutlich sinkenden Temperaturen und
weiteren Niederschlägen vor allem im Süden.

Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 14.09.2024

Am Dienstag befindet sich Deutschland bereits im Bereich eingeflossener kühlerer
Meeresluft subpolaren Ursprungs. In 850 hPa liegen die Temperaturen, nachdem man
in den vergangenen Tagen und Wochen anderes gewöhnt war, nur noch bei etwa 4 bis
8°C. Die für den Luftmassenwechsel verantwortliche Kaltfront ist bereits
abgezogen. Die damit verbundene Tiefdruckrinne, die noch am Vortag für kräftige
Niederschläge gesorgt haben wird, liegt nun bereits über Osteuropa. Das
eigentliche Frontensystem ist an ein steuerndes Tiefdruckgebiet zwischen
Schottland und Norwegen gekoppelt. Dabei handelt es sich um ein Dipol-System,
das zu diesem Zeitpunkt im Zuge einer einsetzenden neuen Austrogung über dem
Nordatlantik bereits eine weitere Kaltfront ausbildet. Diese befindet sich zu
diesem Zeitpunkt aber noch draußen auf dem Atlantik. Der Trog selber als auch
das steuernde Tief nähern sich bereits dem Nordwesten, was sich durch
Gradientzunahme sowohl am Boden als auch in der Höhe bemerkbar macht. Damit
einher gehen weitere Niederschläge sowie deutliche Windzunahme an der Küste bis
hin zum Auftreten von Sturmböen. In der Nacht zum Mittwoch erreicht die
Kaltfront dann bereits den Nordwesten Deutschlands und kommt teilweise schon bis
zur Mitte voran, wo es entsprechend zu Regenfällen kommt und der Wind ebenfalls
auffrischt.

Am Mittwoch amplifiziert der Trog weiter nach Süden. Dabei bleibt ihm auch
nichts anderes übrig, denn zwei ausgedehnte Antizyklonen mit Zentren über dem
Atlantik und Russland blockieren jede Progression. Das dazugehörende Bodentief
liegt nun direkt vor Norwegen und ist achsensenkrecht zum zugehörigen
Geopotentialminimum positioniert, sodass es sich bereits abschwächt und sich
beginnt, aufzufüllen. Die inzwischen bereits zur Okklusion neigende Kaltfront
ist bis in den Süden Deutschlands vorangekommen und trifft im Verlauf auf die
Nordseite der Alpen, wo sie allmählich ins Schleifen kommt. Länger anhaltende
Niederschläge bis in die Nacht zum Donnerstag sind die Folge, die mit sinkender
Temperatur in der Höhe – T850 liegt auf der Rückseite bei etwa +2°C – zu einer
rasch sinkenden Schneefallgrenze bis auf etwa 2000 m führen. Im Norden nimmt an
der Küste mit weiterer Annäherung des Bodentiefs der Wind erneut bis auf
Sturmstärke zu.

Am Donnerstag setzt der Langwellentrog über Zentraleuropa den
Amplifizierungsprozess fort. Es stellt sich ein meridionales Strömungsmuster
ein. Dieses führt zum Überströmen der Alpen in Form von Nordföhn. Auf der
Alpensüdseite setzt daraufhin intensive Lee-Zyklogenese ein. Diese wird durch
die hohe Baroklinität im Umfeld der dort weiterhin liegenden Kaltfront
unterstützt. Das führt inneralpin und auf der Südseite zu heftigen
Niederschlägen, die durch das nun intensive Aufgleiten auch bis knapp auf die
Nordseite und damit nach Deutschlands ausgreifen können. Diabatisch bedingt
sinken die Temperaturen in der Höhe noch etwas ab, sodass zumindest inneralpin
die Schneefallgrenze noch weiter fällt.
Die Höhenkaltluft, die Deutschland mittlerweile erreicht hat, befindet sich
anfangs noch unter etwas Hebungsantrieb und wirkt labilisierend, sodass sich
kaltfrontrückseitig zunächst Schauerwetter einstellt. Insbesondere im
Nordseeumfeld sind dabei auch einzelne Kaltluftgewitter nicht ausgeschlossen.
Das Bodentief hat sich mittlerweile derart abgeschwächt, dass der Wind an der
Küste bereits deutlich nachlässt. Das generelle Temperaturniveau ist nun
mittlerweile deutlich nach unten gegangen. Die Tageswerte erreichen nur noch
Werte um 15°C, nachts sinken die Temperaturen verbreitet auf einstellige Werte.
In günstigen Lagen des Berglandes geht es nachts auch schon langsam Richtung
0°C-Marke.

Am Freitag ändert sich an der Gesamtkonstellation wenig. Der Langwellentrog wird
aufgrund der starken Kaltluftadvektion über Mitteleuropa nun zunehmend von einem
Bodenhoch unterlaufen und so angegriffen. Das führt letztendlich zu einem
raschen Abtropfen und der Bildung eines abgeschlossenen Höhentiefs über
Oberitalien, während sich über Deutschland zunehmend Hochdruckeinfluss
durchsetzt. Im Süden kommt es durch den zyklonalen Einfluss weiterhin zu
Aufgleitniederschlägen, im Norden herrscht weiterhin noch Schauerwetter,
angetrieben durch einen Trogrest in höhenkalter Luft. An den Alpen nimmt der
Nordföhn noch weiter zu.

Am Samstag gewinnt das Atlantikhoch weiter an Einfluss und bildet nun eine
Brücke bis nach Nordosteuropa. Deutschland befindet sich dabei im Bereich eines
Kerns. Damit setzt Wetterberuhigung ein, die Neigung zur nächtlichen
Nebelbildung nimmt zu. Das Italientief zieht ostwärts Richtung Balkan und
beginnt sich dabei abzuschwächen. Damit lassen auch die Niederschläge an den
Alpen langsam nach. Im weiteren Verlauf nähert sich vom Atlantik ein neues
ausgeprägtes Tiefdrucksystem, dessen Ausläufer uns erreichen, aber unter
Hochdruckeinfluss geraten. Dabei zeichnet sich ein Trend zu einsetzender
Milderung ab.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Im grundsätzlichen Verlauf zeigen sich die letzten IFS-Läufe sehr konsistent
bezüglich des allgemeinen Trends. Der grundsätzliche Fahrplan für den
Mittelfristbereich steht fest. Der Teufel liegt allerdings wie so oft im Detail.
So wird zum Beispiel die Intensität des norwegischen Zentraltiefs von Lauf zu
Lauf unterschiedlich gerechnet, was signifikanten Einfluss auf die
Windentwicklung an der Küste hat. Auch die Lee-Zyklogenese zur Wochenmitte steht
bezüglich ihrer genauen Entwicklung noch auf wackligen Beinen. Dadurch ist die
Dauer und Intensität der Niederschlagsentwicklung im Alpenraum und im Süden
Deutschlands noch ziemlich unsicher.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Der Vergleich verschiedener Modelle zeigt ebenfalls gute Übereinstimmung
bezüglich des generellen Trends. Zusätzlich zum bereits Gesagten zeigen
insbesondere GFS und UK10 zum Ende der Woche Tendenzen zur Bildung eines
Vb-Tiefs, das für teils heftige Niederschläge im Osten oder Nordosten
Deutschlands sorgen könnte. Auch ICON neigt ein wenig in diese Richtung, wenn
auch nicht in dieser Deutlichkeit. Dabei handelt es sich um Auswirkungen der
Leetief-Bildung an den Südalpen, bei der sich bei entsprechend günstiger Lage
des Troges – ECMWF zeigt hier die deutlichsten Tendenzen zum Abtropfen, die in
den anderen Modellen bei weitem nicht so ausgeprägt ist – Randtiefs ablösen und
mit der Trogvorderseite Richtung östliches Mitteleuropa ziehen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen des ECMWF bestätigen wie schon an den Vortagen den allgemeinen
Trend zur deutlichen Abkühlung in der nächsten Woche. Dieser hält bis mindestens
Ende nächster Woche an. Erst ab dem darauffolgenden Wochenende zeigen sich erste
Milderungstendenzen bei dann deutlich steigendem Geopotential, wobei der
aktuelle Hauptlauf 00Z einen positiven Ausreißer darstellt. Generell ist auch
die kommende Woche nicht gerade niederschlagsarm, allerdings verrauschen die
Signale ab Wochenmitte zusehends und lassen sich nicht mehr konkret einem
Ereignis zuordnen.

Das GFS-Ensemble schlägt in dieselbe Kerbe und weist keine signifikanten
Unterschiede gegenüber ECMWF auf.

Die ECMWF-Cluster zeigen sich deutlich einheitlicher als am Vortag. Zwar zeigen
sich bis t+196h jeweils vier Cluster für die verschiedenen Zeitabschnitte,
allerdings deuten alle Klassen den Umschwung von +NAO hin zu erneutem Blocking
an, welches darüber hinaus auch bis t+240 Bestand haben soll; dann nur noch in
Form von zwei Clustern.

Fazit:
Das Herbstintermezzo in der kommenden Woche ist in trockenen (oder besser:
feuchten?) Tüchern. Die 20°C-Marke rückt in der zweiten Wochenhälfte in die
Ferne und nachts wird es teilweise schon empfindlich kühl. Dazu steht den
alpennahen Regionen wohl eine eher regenreiche Woche bevor. In den anderen
Landesteilen wird es wohl insgesamt freundlicher, allerdings auch nicht wirklich
beständig, zeichnet sich doch der ein oder andere Schauer ab. Insbesondere an
der Nordsee schlägt der Herbst mit Sturm, Regenschauern und einzelnen Gewittern
ganz ordentlich zu. Und auch in den Alpen sollte man Acht geben: Mit dem
Kaltluftvorstoß ab der Nacht zum Donnerstag wird Schneefall in den Hoch- und
teils auch Mittellagen ab 1500 m wahrscheinlich ein Thema.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Dienstag und Mittwoch an der Nordseeküste Sturmböen Bft 8-9 gering
wahrscheinlich. An der Ostseeküste zeitweise Bft 8 gering wahrscheinlich.

Am Mittwoch und Donnerstag an der Nordseeküste einzelne Gewitter mit stürmischen
Böen nicht ausgeschlossen.

Ab Mittwoch bis zum folgenden Wochenende geringe Wahrscheinlichkeit für
mehrtägigen markanten Dauerregen im Alpenvorland, in Höhenlagen oberhalb 1500
bis 2000 m markante Neuschneefälle möglich.

Basis für Mittelfristvorhersage
ECMWF, ICON, GFS inkl. jeweiliger EPS; MOSMIX; UK10

VBZ Offenbach / M.Sc. Felix Dietzsch