SXEU31 DWAV 021800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 02.09.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Sommerlich warm bis heiß und in der Westhälfte schwül mit Gefahr von Gewittern
mit unwetterartigem Starkregen. Im Osten trocken und ruhig.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC

Aktuell … liegt Deutschland im Bereich eines Höhenkeils, der sich von
Südeuropa her über den Westen unseres Landes bis zur Nordsee erstreckt. In
diesen ist allerdings ein vor allem in 300 hPa sehr ausgeprägtes Höhentief
eingebettet. Der Höhenkeil selbst wird von zwei Seiten her in die Zange
genommen. Einerseits von Osten, wo ein Höhentief an der Südflanke des Bodenhochs
Quentin (mit Schwerpunkt über Nordskandinavien) über Südskandinavien langsam
nordwestwärts zieht. Andererseits von Westen, wo sich ein Höhentrog langsam über
die Britischen Inseln hinweg ostwärts bewegt. Von diesem wird das Tief „Xania“
über der westlichen Nordsee nordwärts gesteuert. Xania ist einerseits nur ein
kleineres Zentrum eines umfangreicheren Tiefdruckkomplexes, welches sein Zentrum
im Raum Island besitzt. Andererseits geht von Xania wiederum eine flache
Tiefdruckrinne südostwärts aus, die sich aktuell vom Nordwesten bis in den
Südosten Deutschlands erstreckt.

Südlich dieser Tiefdruckrinne hat der äußerst schwache Wind auf West gedreht und
bringt eine feuchteschwangere hochsommerliche Luftmasse vom feinsten in den
Süden und Westen des Landes. In Zahlen ausgedrückt: Ca. 14 bis 16°C in 850 hPa,
niederschlagbares Wasser um 40 l/qm, Feuchte in der Grenzschicht bei 13 bis 14
g/kg, Taupunkte 17 bis 20°C, Luftmassenklassifikation nach der Berliner
Wetterkarte: xT (Tropische Mischluft). Im Norden und Osten weht dagegen der Wind
noch schwach bis mäßig um Ost. Hier werden zwar in 850 hPa ebenso zwischen 14
und 16°C erreicht, die Taupunkte liegen aber oftmals bei 8 bis 12°C
(Klassifikation cPs – erwärmte Kontinentalluft polaren Ursprungs).

Demzufolge zeigt sich der Septemberhochsommer im Nordosten von seiner
freundlichen Seite, nur etwas hohe Bewölkung zieht dort über den Abendhimmel. Im
Südwesten haben sich dagegen in der beschriebenen Luftmasse vielfach 500 bis
1000 J/kg CAPE aufbauen können, über Bayern und NRW sogar bis 2000 J/kg. Die
Auslösung von Gewittern ist allerdings durch das leichte Absinken unter dem
Höhenrücken noch etwas unterdrückt und war heute nur mit tatkräftiger Mithilfe
der Mittelgebirge möglich. Lediglich ganz im Westen sah und sieht es etwas
anders aus, weil dort am Westrand des Keils sehr schwache Höhentröge nordwärts
laufen (am besten in den IPV-Karten sichtbar), die eine leichte Labilisierung
verursachen und damit die Auslösung vereinfachen. Deswegen hat sich zum Abend
der Gewitterschwerpunkt im NRW herausgebildet. Scherung ist allerdings auch dort
quasi nicht vorhanden, so dass sich lediglich Einzelzellen und
Multizellensysteme entwickeln konnten, die aber aufgrund des hohen CAPS durchaus
mal etwas Hagel produzierten und aufgrund der hohen Feuchte hohes
Starkregenpotential aufweisen. Insbesondere lagen heute Nachmittag die
Zuggeschwindigkeiten oftmals bei unter 10 km/h, so dass es zu den berüchtigten
„Stehpartys“ kam, die den mit den Warnungen beauftragten Meteorologen (m/w/d)
zur Verzweiflung bringen können, weil – einigermaßene Ausdauer vorausgesetzt –
das weiß aber im Voraus keiner – die Gewitterzellen schnell mal die
Unwetterschwelle reißen und auch das extreme Unwetter (über 40 l/qm Regen in
kurzer Zeit) nie weit entfernt liegt.

Wie geht es jetzt in den Nachtstunden weiter?

Während das skandinavische Höhentief allmählich nordwestwärts abzieht, kommt der
Langwellentrog von Westeuropa allmählich näher. Seine Achse erreicht am Morgen
die Spitze der Bretagne. Damit kommt auch die Achse des Höhenkeils über unserem
Land etwas nach Osten voran. Das macht im Westen noch mehr Platz für schwache
PVA-Maxima, die dort nordwärts ziehen und die Konvektion triggern.

Dort soll sich – ausgehend von den konvektiven Aktivitäten in NRW – die
Gewitteraktivität über den Westen Niedersachsens nordwärts verlagern, dann die
Nordsee erreichen und in den Frühstunden etwas eindrehen vielleicht noch die
Nordfriesische Küste erreichen. Dabei ist vor allem zu Beginn noch die
Starkregengefahr gegeben wie oben beschrieben, im Laufe der Nacht sollte aber
die Unwetterneigung deutlich abnehmen und auch Böen und Hagel keine große Rolle
mehr spielen. Zudem nimmt auch die Zuggeschwindigkeit etwas zu auf etwas über 20
km/h, so dass auch deswegen sich die Starkregengefahr verringert. Für das
Überschreiten der Ocker-Schwelle wird es aber sicher hier und da noch reichen.
Im Nachtverlauf könnte das dann vielfach auch mehrstündiger Starkregen sein.
Nach ICON-D2-EPS soll dabei der Schwerpunkt des unwetterartigen Starkregens über
den Niederrhein hinweg nordwärts in die Niederlande abziehen.

Des Weiteren besteht auch an in den Alpen die Gefahr, dass sie die Gewitter
halten bzw. in der Nacht aufleben. Auch hier hat ICON-D2-EPS deutliche
Unwettersignale im Angebot. In den übrigen Landesteilen sollte mangels
synoptisch-skaligen Hebungsantriebes die Konvektion tagesgangsbedingt
nachlassen, aber natürlich kann sich auch dort Dank der Eigendynamik der Systeme
das eine oder andere Gewitter oder Mal ein markanter Starkregen noch bis in die
zweite Nachthälfte hinein halten.

Fernab der Mittelgebirge bekommt man von der Gewitterei oftmals nur die
Wolkenschirme mit, später soll sich nach ICON auch recht viel Nebel bilden bzw.
sich tiefe Bewölkung ausbreiten. Es mag zwar hier und da ein paar Nebelfelder
geben oder sich auch mal ein Hochnebelfeld ausbreiten, aber die
Bewölkungsprognose des ICON erscheint schon etwas übertrieben.

In der trockenen Luftmasse im Nordosten des Landes verläuft die Nacht klar bzw.
mit einem schleierbewölkten Himmel. Die Tiefstwerte liegen landesweit meist bei
18 bis 13°C.

Am Dienstag … bewegt sich der westeuropäische Langwellentrog nur wenig. Seine
erste Achse wandert als Kurzwellentrog über Frankreich nordostwärts, touchiert
uns aber nicht. Eine weitere Trogachse erreicht am Abend die Spitze der Biskaya.
Bei uns kommt die Achse des Höhenkeils bis zur Oder voran, insgesamt ändert sich
aber an der Höhenkonfiguration nur wenig. Der Nordwesten des Landes liegt unter
einer mäßig starken Südsüdwestströmung, in der allerdings keine PVA-Maxima mehr
auszumachen sind. Der Rest des Landes liegt weiterhin unterhalb des Keils und
wird sowieso nicht von synoptisch-skaliger Hebung erfasst.

Bodennah kommt die flache Tiefdruckrinne, die sich in der Nacht nur wenig
verlagert hat, wieder etwas nach Osten voran und erreicht am Abend die Regionen
nordöstlich der Elbe. Die Druckgegensätze werden dabei aber immer geringer und
damit die Tiefdruckrinne immer flacher. Zudem reicht auch der anfangs noch
wehende Ostwind nicht mehr aus, sich gegen die Tropenluftmasse zu wehren.
Letztere wird wohl in etwas höheren Schichten (900 bis 700 hPa) herangeweht und
dann tagsüber runtergemischt. So steigen dann auch im Osten am Nachmittag die
Taupunkte auf 18°C, die spezifische Feuchte in der Grenzschicht auf 13 g/kg und
das niederschlagbare Wasser auf um die 40 l/qm. Ähnlich sieht es auch in anderen
Landesteilen aus, so dass sich im Tagesverlauf abermals ordentlich CAPE aufbauen
sollte, wobei die Schichtung etwas weniger instabil wird und es damit oftmals
nur noch 500 bis 1000 J/kg werden, nur in Bayern ist noch etwas mehr simuliert.
Insbesondere im Nordwesten scheint nach den nächtlichen Gewittern die Luftmasse
recht ausgelutscht zu sein, zumal dort auch tagsüber einiges an Restbewölkung
die Einstrahlung behindert. Dort werden dann meist nur noch Labilitätsenergien
von wenigen 100 J/kg erreicht. Zudem werden dort in 850 hPa auch nur noch 12 bis
14°C erreicht, im Süden und Osten dagegen oftmals noch um 16°C.

In der gesamten Osthälfte scheint in der ersten Tageshälfte noch die Sonne,
bevor sich auch dort die Quellwolken bilden. Gewitter soll es vor allem im
Nordwesten und in Schleswig-Holstein geben, wo die Reste der nächtlichen
Gewitter eine neue Auslösung triggern. Ansonsten müssen wieder vielfach die
Mittelgebirge herhalten, die diese Aufgabe gerne übernehmen und wieder
landesweit verstreut für Gewitter sorgen. Der Nordosten dürfte aber noch
ausgenommen sein, da dort die feuchte Luftmasse erst später ankommt und dort
zudem die Installation von gescheiten Mittelgebirgen vergessen wurde. Dort
kommen dann die Gewitter nur bis zu der immer schwächer werdenden
Konvergenz/Rinne voran, die natürlich auch für die Auslösung sorgen kann. Auch
über Bayern deutet sich modellübergreifend ein Minimum an.

Wie stark werden nun die Gewitter?
In den meisten Landesteilen steht wieder praktisch keine Scherung zur Verfügung,
zudem ist das CAPE niedriger als am Vortag. Somit sind die Gewitter wieder
starkregendominant, auch kleinkörniger Hagel und stürmische Böen können wieder
mit von der Partie sein. Letztere könnten vor allem in der Osthälfte auftreten,
wo das CAPE etwas höher ist und die Grundschicht vielleicht noch nicht so
durchfeuchtet. Dies deutet auch ICON-D2-EPS so an. Die Zuggeschwindigkeiten
sollten etwas höher sein als heute, zumindest auch noch Osten hin meist 10 bis
20 km/h. Alles in Allen sollte also die Unwettergefahr durch Starkregen im
Vergleich zu heute etwas abnehmen, was aber natürlich nicht heißen soll, dass
wir morgen kein „rot“ sehen werden. ICON-D2-EPS ist im Vergleich zu heute
deutlich zurückhaltender, was aber auch nichts heißen muss. Im Nordwesten mag es
zwar noch für Schauer oder Gewitter reichen, dort sollten diese aber aufgrund
der geringeren Labilität eine Nummer schwächer ausfallen.

Mit der Sonne und der wärmsten Luftmasse wandern die höchsten Maxima der
Temperatur in den Osten, wo vielfach 30 bis 33°C erwartet werden. Im übrigen
Land werden es schwül-warme 27 bis 29°C, ganz im Nordwesten in Nordseenähe noch
etwas weniger.

In der Nacht zum Mittwoch kommt der westeuropäische Langwellentrog über dem
Westen Frankreich nur noch wenig nach Osten voran. Vielmehr dehnt er sich immer
weiter nach Süden aus, denn am Rand eines stark aufgeblähten Azorenhochs (über
1030 hPa), das sich zudem recht weit nordöstlich angesiedelt hat, findet ein
Kaltluftvorstoß über Westeuropa nach Süden statt. Zudem blockiert der Rücken
über unserem Land, aus dem sich zunehmend ein respektables Höhenhoch mit
Schwerpunkt über Finnland bildet. Auf der Vorderseite des Langwellentroges läuft
aber ein schwach ausgeprägter Kurzwellentrog nordwärts Richtung Westalpen, von
dem später noch die Rede sein wird.

Bodennah verbleibt zwischen dem Azorenhoch und Hoch Quentin über
Nordwestrussland noch eine sehr flache Rinne westlich unseres Landes, während
„unsere“ Rinne in der Nacht nur noch sehr schwach zu erkennen ist. Die
Druckverteilung über Deutschland ist aber so schwach, so dass der Wind teils
einschläft oder aus allen möglichen Richtungen weht, auch konvektions- bzw.
outflowgesteuert.

Mangels synoptischen Antriebs sollten die Gewitter sich in der ersten
Nachthälfte schon deutlich abschwächen, in der zweiten dann weitgehend
zusammenfallen. Zudem soll es insbesondere in der Osthälfte dann auch wieder
gebietsweise länger klar sein. Die etwas organisierten Gewitter im Norden ziehen
Richtung Dänemark ab.

In der zweiten Nachthälfte sorgt dann aber der oben erwähnte Kurzwellentrog
dafür, dass ein größerer Gewitterkomplex sich vom Burgund her unserem Land
nähert und erste Ausläufer auch schon auf den Südwesten übergreifen können. Nach
aktuellem Stand sollten die Schwerpunkte der Gewitteraktivität aber über
Frankreich bleiben, so dass bei uns nur schauerartige und teils gewittrige
Regenfälle ankommen, bei denen das Ocker-Starkregenkriterium erreicht werden
kann, wobei ein mehrstündiger Zeitraum im Fokus steht.

Ebenso in der zweiten Nachthälfte erreicht auch die Kaltfront des
Tiefdrucksystems Xania den äußersten Nordwesten, so dass es dort etwas regnen
kann, für Gewitter dürfte es in der bereits stabilisierten Luftmasse nicht mehr
reichen.

Vielfach verläuft die Nacht wieder mild mit Tiefstwerten zwischen 19 und 14°C.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 06 UTC

Der Mittwoch … wurde bereits in der Frühübersicht ausführlich beschrieben.
Beim 12-UTC-Lauf gibt es zwar durchaus einige kleine Änderungen, allerdings
zeigt der Vergleich mit den übrigen Modellen, dass die Details noch mit größeren
Unsicherheiten behaftet sind. Was aber ergänzend erwähnt werden sollte, ist,
dass sich die Tiefdruckrinne, die in der Nacht fast nicht mehr auszumachen ist,
tagsüber wieder deutlich zeigt. Diese sollte dann grob entlang der Elbe liegen.
Zudem setzt sich dort mit dem wieder auffrischenden Ostwind von Osten her in
allen Schichten wieder die trockene Luftmasse durch. Der Schwerpunkt der
Labilität und Feuchte, resultierend in hohen CAPE-Werten, scheint sich am
westlichen Rand der Rinne einzufinden. Insbesondere nach Norden hin scheint dort
dann auch etwas Scherung mit der labilen Zone zu überlappen, so dass hier ein
Hotspot der Gewitteraktivität sein könnte.

Modellvergleich und -einschätzung

Auf synoptischer Skala ist die Übereinstimmung zumindest bis zum Mittwochmorgen
noch recht gut. Am Mittwoch nehmen, wie oben schon beschrieben, die
Unsicherheiten zu.
Auch bis dahin bestehen durchaus Unsicherheiten bei Lage und Stärke der
Gewitter, wobei zumindest der Komplex heute Nacht im Nordwesten von allen
Modellen erfasst ist. Was genau aus diesem morgen wird, ist schon etwas
unklarer. Auch besteht noch große Uneinigkeit darin, was eventuell heute in der
ersten Nachthälfte noch aus den Alpen heraus ins Vorland ziehen soll.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann