S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 16.08.2024 um 10.30 UTC

In der nächsten Woche relativ ruhiges, leicht wechselhaftes Spätsommerwetter.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 23.08.2024

Wie zu erwarten haben sich die „Rauchwolken“ des Wochenendes in Form von
(Stark)Regenfällen und teils kräftigen Gewittern am Montag weitgehend verzogen.
Entsprechend geschmeidig starten wir in eine Mittelfrist, die sich sehr
wahrscheinlich auf einem normalen spätsommerlichen Level ohne überbordende Hitze
und nervige Schwergewitterlagen bewegt.

Eine der Garanten dafür ist das prominenteste aller Antizyklonen, das
Azorenhoch, das uns immer wieder mit Ablegern in Keilform oder auch
abgeschlossener Parzellen versorgt. Ein erster breiter Bodenkeil stößt bereits
am Montag bis zum östlichen Mitteleuropa vor. Auch wenn die Unterstützung von
oben fehlt – ein nennenswerter Rücken baut sich nach dem Cut-Off vom späten
Sonntag nicht auf -, ist der Keil potent genug, die neue Woche mit soliden
Wetterbedingungen einzuführen. Im Südosten zeigen sich zwar noch ein paar
Nachwehen vom sonntäglichen Geschehen in Form stärkerer Bewölkung und
gebietsweise leichter Regenfälle (vornehmlich südlich der Donau sowie in Teilen
Niederbayerns), die im Tagesverlauf aber nachlassen. Im größten Teil des Landes
stellt sich in der frisch eingeflossenen subpolaren Meeresluft (mPs; T850 5 bis
11°C => maximal 20 bis 26°C) ein wechselnder Wolkencharakter ein mit sonnigen
Abschnitten (vor allem an den Küsten sowie im Südwesten) und ohne nennenswerte
Schaueraktivität (wie auch, wenn die Absinkinversion auf unter 800 hPa sinkt).

Zum Dienstag hin macht sich der Keil über dem östlichen Mitteleuropa
selbständig, wobei er sein Zentrum Richtung Baltikum verlagert. Trotzdem
bestimmt er noch über weite Strecken die atmosphärischen Geschicke vor Ort, auch
wenn die Bindung zum weiterhin prominent über dem Atlantik thronenden Azorenhoch
vorübergehend schwächelt. So scheint trotz einiger meist lockerer Wolken die
Sonne und die Luft erwärmt sich verbreitet auf über 25, nicht aber über 30°C. Am
Spätnachmittag bzw. den frühen Abendstunden nähert sich von der Nordsee und den
Niederlanden die schwache Kaltfront eines Tiefs über dem Europäischen Nordmeer.
Zwar wird die Front „angeschoben“ von einem Randtrog, der spätestens in der
Nacht zum Mittwoch die Nordsee erreicht, den ganz großen Pepp bringt sie aber
nicht auf. Immerhin fängt es gegen Abend zwischen Borkum und Sylt leicht an zu
regnen, bevor das frontale Regenband bis Mittwochmorgen große Teile West- und
Norddeutschlands überquert haben wird.

Am Mittwoch schwenken Trog und Front mit etwas Regen und wenigen schwachen
postfrontalen Schauern (Norden) ostwärts durch, wobei der Süden links
liegengelassen oder nur zärtlich touchiert wird. Die rückseitig frisch
einfließende subpolare Meeresluft (T850 Norden/Mitte 5-10°C, im Süden etwas
darüber) gelangt rasch unter Druckanstieg, der sich in Form des nächsten
Azorenhochkeils widerspiegelt. Dieser besitzt unter einer recht glatt
konturierten Zonalströmung in der Höhe auch am Donnerstag noch seine Gültigkeit,
auch wenn er von Norden her etwas gestaucht wird respektive erneut
Cut-Off-Tendenzen über dem östlichen Mitteleuropa offeriert. Insbesondere im
Süden und in der Mitte zeigt sich trotz einiger meist lockerer Wolken häufig die
Sonne bei spätsommerlichen Temperaturen (T850 10 bis 15°C => Tmax 23 bis 28°C).
Im Norden fällt der Wolkenanteil höher aus, auch wenn es nicht durchweg stark
bewölkt oder gar bedeckt ist. Grund hierfür ist die Annäherung eines VIP-Tiefs
mit bewegter Vita. Die Rede ist von (Ex-)ERNESTO, der aktuell noch als Hurrikan
zwischen Bahamas und Bermudas unterwegs ist, auf seinem späteren Weg über den
Atlantik gen Osten aber zu einem „normalen“ Tief der mittleren Breiten mutiert.
Zwar steht noch nicht hundertprozentig fest, wie genau die extratropical
transition abläuft. Gleichwohl lässt sich ziemlich sicher konstatieren, dass der
gute ERNESTO früher oder später auch an unserem Wetter herumfummelt.

Das dürfte auch am nächsten Freitag der Fall sein, wenn sich von Nordeuropa die
Frontalzone und von der Nordsee voraussichtlich schleifend die nächste Kaltfront
nähert. Dabei ist im äußersten Norden und Nordwesten nicht nur etwas Regen
möglich, auch der südwestliche Wind legt ein paar Kohlen ins Feuer, ohne jetzt
ganz groß (Sturm) aus der Haut zu fahren. Richtung Mitte und Süden bekommt man
davon nicht viel mit, auch wenn der Hochkeil rein optisch auf Basis der
Isobarenverteilung nur noch ziemlich dünn aufgestellt ist. Trotz einiger Wolken
scheint häufig die Sonne und im Süden könnte auch mal wieder die 30°C-Marke
angeknackst werden.

Für die erweiterte Mittelfrist bis Montag deutet sich eine langsame
Südostverlagerung der Kaltfront an, die durch allmähliches Rückdrehen der
Höhenströmung gebremst wird. Wann und ob sie überhaupt Süddeutschland erreicht,
bleibt ebenso abzuwarten wie eine angedeutete Trogpassage zu Wochenanfang.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz vom IFS-Modell (ECMF) kann heute mit gut plus (Schulnote 2+)
bewertet werden. Die grundsätzlichen Abläufe werden in den jüngsten Modellläufen
weitgehend kongruent abgebildet, etwaige Abweichungen bewegen sich innerhalb der
üblichen Toleranzzone mittelfristiger Wettervorhersagen. Demnach steht uns in
der nächsten Woche ein leicht wechselhafter Wettercharakter auf spätsommerlichem
Temperaturniveau bevor. Hitze (außer vielleicht am Freitag im Süden) und
Schwergewitterlagen finden sich – ausnahms- und erfreulicherweise – nicht auf
der Agenda.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Im Großen und Ganzen folgen die anderen Globalmodelle (ICON, GFS, GEM, UK10) den
Ideen von IFS. Das heißt, signifikant abweichende Szenarien werden nicht
feilgeboten. Auf der anderen Seite heißt es aber auch nicht, dass die
geschilderten Wetterabläufe ident über die Bühne gehen. Unschärfen gehören zur
Mittelfrist wie einst „Katsche“ Schwarzenbeck zu Franzl Beckenbauer. Außerdem
hat jedes Modell so seine Macken, was aus menschlicher Sicht aber vollkommen
verständlich ist. Zwei Beispiele gefällig: Nacht zum Mittwoch ICON mit schwer
nachvollziehbarem, deutlich von der Front abgesetzten Starkregengebiet im Osten

  • Alleinstellung. Mittwoch dann bei GFS und UK10 vermehrt Konvektion im Süden –
    scheint übertrieben. Die Liste ließe sich noch erweitern, was uns aber nicht
    wirklich nach vorn bringt.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte zeigen bis Mitte nächster
Woche einen gutmütigen Verlauf ohne die ganz große Streuung. Der HRES befindet
sich dicht am Median, was für eine hohe Belastbarkeit der in Kapitel 1
beschriebenen Abläufe spricht. Richtung übernächstes Wochenende nimmt die
Spreizung sowohl bei Geopotenzial 500 hPa als auch bei der Temperatur 850 hPa
deutlich zu, so dass selbst eine Trendaussage nur schwer möglich ist.
Wahrscheinlich läuft es auf die Kernfrage „Trogvorderseite (=> sehr warm bis
heiß) oder rascher Trogdurchgang (=> Abkühlung + Potenzialverlust) hinaus.

Die Clusterung hilft bei dieser Fragestellung nur bedingt. Zäumen wir das Pferd
von hinten auf und betrachten zunächst den Zeitraum T+192…240h (Samstag bis
Montag übernächster Woche), werden uns vier Cluster angeboten. Dabei werden von
leichter Zonalströmung über SWa (Südwest antizyklonal Vorderseite) bis hin zum
Übergreifen des Troges viele Möglichkeiten aufgezeigt, die aber nicht
substanziell gewichtet werden können.
Das sieht für die Tage davor (Mittwoch bis Freitag; T+120…168h) besser aus, auch
wenn die Clusterzahl mit sechs höher ausfällt. Alle zeigen das Muster einer
antizyklonalen Westlage (Wa) mit nach Mitteleuropa gerichtetem Azorenhochkeil.
Die Aufteilung basiert entweder auf Phasenunterschieden der durchschwenkenden
flachen Tröge und Keile oder auf unterschiedlichen Strömungsmustern, die nicht
unseren Raum betreffen.
Die drei Cluster für den Beginn der Mittelfrist (T+72…96h, Montag/Dienstag) sind
ohne große Relevanz, da sehr ähnlich für den Vorhersageraum.

FAZIT:
Die Vorhersage für die nächste Woche steht auf einem breiten Fundament
(deterministisch und probabilistisch). Der leicht wechselhafte, aber keinesfalls
unfreundliche Witterungsabschnitt auf spätsommerlichem Temperaturniveau ist
unstrittig. Prägend dabei der immer wiederkehrende Vorstoß eines Azorenhochkeils
bis nach Mitteleuropa, an dessen Nordflanke vor allem der Norden leicht
störanfällig ist. Nach hinten raus (erweiterte Mittelfrist) werden die
Vorhersagen dann zunehmend diffuser.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Auf dem Sektor signifikanter Wettererscheinungen ist in der kommenden Woche
wahrscheinlich nicht viel zu holen. Das schließt 1-2 Gewitter nicht aus, aber
die ganz große Nummer (Hitze und Schwergewitter) steht erstmal nicht auf dem
Zettel.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS mit MOS-Mix und Modell-Mix.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann