SXEU31 DWAV 291800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 29.07.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Sehr warm, im Süden und in der Mitte ab Dienstag heiß mit hoher, teils extremer
Wärmebelastung.
Am Mittwoch von Westen teils kräftige Gewitter mit Unwetterpotenzial.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC

Aktuell … schwenkt ein markanter Höhenrücken langsam über Deutschland hinweg
ostwärts. Dieser stützt im Bodenfeld das Hochdruckgebiet „HALIL“ über dem
Vorhersagegebiet, dessen Divergenzachse sich aktuell über dem Nordosten und
Osten des Landes befindet. Somit dominiert Absinken (mit markanten
Absinkinversionen zwischen 800 und 900 hPa in den 12 UTC-Soundings),
entsprechend verlief der heutige Tag meist sonnig oder nur leicht bewölkt und
störungsfrei.
Durch das Absinken, im Südwesten aber auch bereits advektiv, konnte sich die
Luftmasse bis zum Abend auf 850 hPa-Temperaturen zwischen 17 Grad im Südwesten
und 9 Grad im Nordosten erwärmen.
Im Laufe der kommenden Nacht wandert die Rückenachse allmählich ins östliche
Mitteleuropa und wird dabei durch flache kurzwellige Troganteile etwas
„abgehobelt“, wodurch das Bodenhoch bis Dienstagfrüh seinen Schwerpunkt ins
deutsch-polnische Grenzgebiet bzw. nach Tschechien verlagert. An dessen
Westflanke wird nun der Weg frei für eine von der Grundschicht zunächst noch
abgekoppelte trockenheiße Luftmasse aus Spanien („spanish Plume“) mit einer bis
über 600 hPa reichenden sehr trockenen elevated mixed Layer (EML), die
Dienstagfrüh die Südwesthälfte Deutschlands erreicht. Entsprechend steigen dort
die 850 hPa-Temperaturen auf 16 bis 21 Grad, während sie im Norden bei etwa 10
Grad verharren.
Trotz des schwächelnden Rückens verläuft die Nacht angesichts der trockenen
Luftmasse allgemein wolkenlos oder (durch hohe Wolkenfelder, am ehesten im
Westen und Norden) nur gering bewölkt.
Die Luftmasse ist innerhalb der Grundschicht relativ trocken, entsprechend steht
in den meisten Regionen nochmals eine angenehm frische Nacht ins Haus mit
Tiefstwerten zwischen 16 und 7 Grad, die tieferen Werte Richtung östliche
Mittelgebirge/Lausitz. Lediglich an den Küsten, in einigen Ballungszentren
Westdeutschlands, vor allem aber oberhalb der Inversion im Südwesten bleibt es
mit 19 bis 16 Grad bereits milder.

Dienstag … regeneriert sich der Höhenrücken durch WLA an der Südflanke eines
Richtung Norwegische See ziehenden Höhentroges über GB und der Nordsee wieder
etwas, so dass sich über dem Vorhersagegebiet eine leicht antizyklonal
konturierte westnordwestliche Höhenströmung einstellt.
Im Bodenfeld verabschiedet sich unser Hoch „HALIL“ allmählich Richtung
Südosteuropa, während sein Nachfolger vom nahen Ostatlantik her auf die
Britischen Inseln übergreift. Beide sind mit einer Hochdruckbrücke verbunden,
die in einem Boden über die Nordsee und Nord- bzw. Ostdeutschland bis zum Balkan
reicht.
Somit verstärkt sich auch im Vorhersagegebiet der Druckfall etwas und von
Frankreich her kann sich eine flache Tiefdruckzone bis in den Südwesten und
Westen Deutschlands ausweiten. Wettertechnisch ist das unter dem Rücken aber
noch nicht von Relevant, es bleibt also bei nur wenigen hohen Wolkenfeldern bzw.
einigen flachen Quellwolken landesweit sonnig.
Allerdings breitet sich einerseits die EML allmählich weiter nach Nordosten,
also auch bis in die mittleren Landesteile aus (T850 hPa am Abend zwischen knapp
23 Grad in Südbaden und 10 Grad an der Ostsee), andererseits gelangt nun in der
Grundschicht deutlich feuchtere Luft in den Westen und Süden Deutschlands. Die
Taupunkte steigen auf etwa 16 bis 19 Grad, was den Schwülegrad und somit die
Wärmebelastung deutlich erhöht, PPW auf etwa 30 mm oder knapp darüber und die
spezifische Feuchte in den unteren 500 m auf 11 bis 14 g/kg. Entsprechend können
gebietsweise 1000 bis 1500 J/kg ML-Cape generiert werden. Angesichts des Deckels
und der sehr trockenen mittleren Troposphäre reicht es aber (noch) nicht für
Konvektion.
Die Temperatur steigt aber gegenüber dem Vortag vor allem in der Mitte und im
Süden um einiges an auf Höchstwerte zwischen 29 und 34 Grad, im südlichen
Oberrheingraben örtlich bis auf 36 Grad, während es im Norden und Nordosten mit
25 bis 29 Grad, an der See bei auflandigem Wind knapp über 20 Grad etwas
angenehmer temperiert bleibt.

In der Nacht zum Mittwoch bleiben wir unterhalb der antizyklonalen
westnordwestlichen Höhenströmung und im Bodenfeld füllt sich die flache, bis
nach West- bzw. Südwestdeutschland reichende Tiefdruckrinne tagesgangbedingt
etwas auf, während sich an der Lage der Hochdruckzone nichts Gravierendes
ändert.
Weiter westlich greift von der Biskaya her ein flacher Höhentrog auf
Westfrankreich über, was sich auch hierzulande im Westen und Nordwesten durch
den Aufzug hoher Bewölkung bemerkbar macht. Vorderseitig entwickeln sich am
Abend bzw. in der ersten Nachthälfte über Nordwestfrankreich teils kräftige
Gewitter, die sich – organisiert als Multizellensystem bzw. als MCS – langsam
ostnordostwärts ausweiten, aber bis Mittwochfrüh zumindest nach Lesart von
SuperHD und I-D2 voraussichtlich noch nicht auf das Vorhersagegebiet
übergreifen. Ganz ausschließen sollte man das dennoch nicht, und im falle des
Falles stünde vor allem der Starkregen als Begleiterscheinung auf der Agenda.
Vorderseitig setzt sich allerdings die Advektion sehr feuchter Luftmassen vor
allem in den unteren 2 bis 3 km weiter fort und durch leichte
mitteltroposphärische Abkühlung steigen auch die Lapse Rates weiter an.
Entsprechend stünden für Konvektion auch mehr als 1000, gebietsweise um 1500
J/kg MU-Cape zur Verfügung bei PPWs zwischen 30 und 35 mm.
Wenn es wahrscheinlich in den meisten Regionen auch (noch) nicht für Gewitter
reicht – auf jeden Fall steht aber in der Südwesthälfte eine unangenehm milde
bis warme Nacht ins Haus mit Tiefstwerten zwischen 22 und 17 Grad, während es im
Norden und Osten nochmals auf angenehme 17 bis 10 Grad abkühlt.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 06 UTC

Mittwoch … ist den Ausführungen in der Frühübersicht kaum etwas hinzuzufügen.
Allerdings haben sowohl ICON-D2 als auch SuperHD ein Übergreifen der Gewitter
von Frankreich und Belgien her auf Südwest- und vor allem Westdeutschland
bereits am Vormittag auf der Agenda. Diese dürften dann allmählich über die
Mitte ostwärts ziehen und sich vorübergehend abschwächen, ehe es – wie in der
Frühübersicht beschrieben – im weiteren Tagesverlauf im Westen und Südwesten zu
kräftigen Neuentwicklungen kommt. An den Zutaten hat sich mit den neuen Läufen
kaum etwas geändert, somit stehen vor allem Starkregen bis hin zu (punktuell
vielleicht auch extremen) Unwetter auf der Agenda, aber angesichts recht hoher
Cape auch, vor allem bei Neuentwicklungen, größerer Hagel bzw. im weiteren
Verlauf dann größere Hagelansammlungen. Der Organisationsgrad der Zellen bleibt
mangels Scherung gering, es handelt sich meist um Multizellensysteme, die nur
langsam ziehen und gebietsweise einen ausgeprägten Cold Pool entwickeln, so dass
dann auch Sturmböen in Betracht zu ziehen sind. Mehr dazu dann in den folgenden
Übersichten.
Im Norden und Osten sowie in Teilen der Mitte bleibt es dagegen noch trocken und
locker bewölkt bis sonnig. Das alles bei schwülheißen 28 bis 34 Grad in der
Mitte und im Süden und angenehmeren 24 bis 28 Grad im Norden.

Für die Nacht zum Donnerstag ergeben sich keine substanziellen Änderungen
gegenüber der Frühübersicht.

Modellvergleich und -einschätzung

Die groben synoptischen Strukturen werden von allen Modellen sehr ähnlich
simuliert. Das Übergreifen der Konvektion am Mittwoch haben ebenfalls alle auf
der Agenda, allerdings noch mit gewissen Differenzen in Raum und Zeit.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff