S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 26.06.2024 um 10.30 UTC

Am Wochenende Durchgang eines kleinen Tiefs mit überregionalen Schwergewittern!
Zuvor noch mal sehr warm bis heiß. Danach Übergang zu wechselhaftem und
zeitweise windigem Wetter mit gemäßigter Temperatur.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 03.07.2024

Mittwoch, 26. Juni, mit anderen Worten, bald ist Monatswechsel und wir begeben
uns in die zweite Jahreshälfte. Doch nicht nur das, es beginnt nun auch die
berühmt-berüchtigte Siebenschläferzeit, die sich entgegen sich hartnäckig
haltender Gerüchte nicht auf einen einzigen Tag (den 27. Juni), sondern auf
einen rund 2 Wochen andauernden Zeitraum bis Anfang Juli bezieht. Ja und was
soll man sagen? Schon allein der oberflächliche Blick auf das Strömungsmuster
der kommenden Woche zeigt dem geübten Auge zwar keine astrein glatte,
tendenziell aber schon zonal geprägte Konfiguration, bei wiederholt
durchschwenkende Tröge für einen sehr wechselhaften und im Wesentlichen zyklonal
geprägten Wetterablauf sorgen. Die Luftmassen, die dabei überwiegend vom
Atlantik advehiert werden, sind maximal warm, häufig mäßig warm, mitunter
vielleicht auch mal kühl (vor allem nach Norden hin).

Bevor es soweit ist, steht uns am Wochenende aber erst noch eine fette und
überregionale Schwergewitterlage ins Haus, die es in sich hat. Auslöser ist ein
KW-Trog, der sich aus einem Höhentief über der Iberischen Halbinsel löst und am
Samstag über Frankreich gen Germany zieht. Vorderseitiger Druckfall löst in der
Grande Nation eine Zyklogenese aus, dessen Resultat ein flaches, wahrscheinlich
mehrkerniges Tief (zwischen 1010 und 1005 hPa), welches ab Samstagabend diagonal
von Südwest nach Nordost über den Vorhersageraum hinwegzieht. Zwar ist es für
die Details noch (viel) zu früh, trotzdem deuten sämtliche zur Verfügung
stehenden numerischen Prognoseprodukte auf eine dynamische geprägte
Schwergewitterlage hin. Sehr wahrscheinlich wird ein größerer Gewittercluster
(MCS, wahrscheinlich sogar MCV) durchziehen, bei dem alle Register einschlägiger
Begleiterscheinungen bis zum Anschlag gezogen werden: Starkregen, teils extrem,
Großhagel, Sturm/Orkan, vielleicht auch das T-Wort.
Bevor es wahrscheinlich in den Abendstunden, vielleicht auch erst in der ersten
Nachthälfte im Südwesten losgeht, wird zunächst noch mal sehr warme bis heiße
und potenziell instabile Subtropikluft angezapft. So soll die 20°C-Isotherme auf
850 hPa die Mainlinie erreichen, während im Alpenvorland mit föhniger
Unterstützung sogar bis zu 25°C!! möglich sind. Bis Sonntagabend wird diese
(unerträgliche) Luftmasse zwar durch deutlich gemäßigtere Meeresluft ersetzt (18
UTC Westhälfte um 9°C, Osthälfte 10 bis 15°C), was aber keinesfalls mit einer
Wetterberuhigung gleichzusetzen ist. Zwar nimmt die Gewitterwahrscheinlichkeit
ab, dafür kann es in einigen Regionen (favorisiert ist derzeit die
Nordwesthälfte) länger andauernd UND ergiebig regnen. Grund ist eine sich
einstellende Gegenstromlage, bei der rückseitig des in Richtung Ostsee
abziehenden Tiefs der Wind niedertroposphärisch auf West bis Nordwest dreht,
während vorderseitig des von Westen nachstoßenden Höhentrogs (gemeint ist nicht
der o.e. KW-Trog, der schon vorher durchschwenkt) süd- bis südwestliche
Höhenwinde wehen. In Summe also ein hochbrisantes, aber auch hochinteressantes
Wochenende, an dem das Wetter möglicherweise sogar die Nachricht über das
Ausscheiden der DFB-Eleven vs. Danish Dynamite schlagzeilentechnisch schlägt –
okay, schlechter Scherz!

Die kommende Woche ist zunächst geprägt durch die o.e. Trogpassage, der in der
west-nordwestlichen Höhenströmung weitere Tröge folgen. Damit ist ein
wechselhafter, überwiegend zyklonal geprägter Wetterabschnitt mit Regen und
Schauern gewährleistet. Die korrespondierenden Bodentiefs ziehen vom mittleren
Nordatlantik kommend meist über Südskandinavien hinweg, touchieren aber durchaus
auch mal die Nordsee. Auf deren Südflanke werden überwiegend gemäßigte
Luftmassen vom Atlantik eingesteuert (T850 zwischen 10 und 5°C, nur im äußersten
Süden und Südosten mitunter wärmer), die fast alles können außer Hochdeutsch und
Hitze.

Ob sich zum übernächsten Wochenende hin – wie befinden uns jetzt schon in der
erweiterten Mittelfrist – mal eine warme bis heiße Vorderseite einstellt, wie
vom Hauptlauf apostrophiert, bleibt abzuwarten.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz von IFS (ECMF) kann als solide belastbar bezeichnet werden. Heißt
konkret, die wesentlichen Züge der mittelfristigen Vorhersage bezogen auf die
gestrigen Läufe werden durch die jüngste Version von heute 00 UTC bestätigt. So
ist mittlerweile ziemlich unstrittig, dass uns von Samstag auf Sonntag in
Verbindung mit einem kleinen Tief eine Schwergewitterlage ins Haus steht.
Gesichert scheint ebenso, dass in der nächsten Woche gemäßigte Luftmassen vom
Atlantik sowie im Wesentlichen Tiefdruckgebiete das Geschehen bei uns bestimmen
(=> wechselhaft mit Regen und Schauern, zeitweise windig). Was noch nicht so gut
passt, sind die Details, weshalb an dieser Stelle auch nicht die Bestnote für
die Konsistenz vergeben werden kann. Die zeit-räumliche Verteilung der
bestimmenden Systeme wird von Lauf zu Lauf anders gesehen, weshalb im Kapitel
zuvor die kommende Woche auch nur kurz uns sehr allgemein gewürdigt worden ist.
An der grundlegenden Ausrichtung ändert sich dadurch nichts.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

So eigen die verschiedenen Globalmodelle manchmal sein können, sind sie sich
doch heute in zwei Dingen einig. So haben sie nicht nur alle das dynamische
Gewittertief vom Wochenende auf dem Schirm, auch der daran anschließende
wechselhafte und meist nur mäßig warme Wetterabschnitt wird unisono verfolgt.
Dass hinsichtlich der genauen Abläufe noch mehr oder weniger große Unschärfen
zutage treten, muss an dieser Stelle nicht näher erläutert werden.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte sprechen vor allem bei
der 850-hPa-Temperatur eine deutliche Sprache: wenig Spread und gut ausgeprägter
Median bis nach hinten raus stärken ganz klar den Hauptlauf. Beim Potenzial 500
hPa ist die Angelegenheit nicht ganz so klar, nimmt doch die Streuung im Laufe
der nächsten Woche kontinuierlich zu. Offensichtlich ist noch nicht so ganz
klar, ob die Szenerie gerade im hinteren Bereich der Mittelfrist eher zyklonal
oder antizyklonal geprägt ist. Fakt ist, dass nach einem signifikanten RR-Peak
am Samstag/Sonntag ein Grundrauschen auf deutlich niedrigerem Niveau erfolgt (=>
Regenfälle ja, Unwetter eher nein).

Für den Zeitraum T+72…96h (Samstag/Sonntag) werden vier Schubladen geöffnet, die
bei uns aber alle sehr ähnliche Szenarien zeigen (Tiefpassage). Substanzielle
Unterschiede sind da nicht zu extrahieren. Von Montag bis Mittwoch (T+120…168h)
bleibt es bei vier Clustern, die alle zunächst die Trogpassage zeigen, um danach
mal mehr, mal weniger in den Zonalmodus zu wechseln. Dabei überwiegen die
zyklonalen Varianten, einzig CL 4 (6 Fälle) tendiert zum Ende hin in Richtung
antizyklonal. Ab Donnerstag (T+192…240h) reduziert sich die Anzahl auf drei, von
denen CL 1 und 3 (21 und 12 Fälle + HL) wechselnde Trog-Keil-Muster zeigen. CL 2
(18 Fälle) hingegen favorisiert einen breiten Trog über Mitteleuropa.

FAZIT:
Sowohl im deterministischen Modellvergleich als auch auf Basis der
probabilistischen Anschlussverfahren ist der Fahrplan – wenn auch noch nicht im
Detail – klar: Am Wochenende nach ruhigem und teils heißem Start Durchgang eines
kleinen Tiefs mit überregionaler dynamischer Schwergewitterlage! Danach Übergang
zu wechselhaftem, zeitweise windigem Wetter in gemäßigten atlantischen
Luftmassen.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Die Signale für schwere Gewitter, aber auch für mehrstündigen Starkregen ab
Samstagabend sind trotz noch fehlender Prognosen von hochauflösenden Modellen
äußerst schwergewichtig. Dabei sind sämtliche maximale Schweinereien
meteorologischer Begleitparameter denkbar (siehe Kap. 1). Wie gesagt, Timing,
räumliche Verteilung, finale Intensität sind aus heutiger Sicht noch unscharf.

In der neuen Woche könnte es dann für einige Wind-, an der See sowie in höheren
Lagen Sturmwarnungen reichen. Auch können einzelne Gewitter nicht ausgeschlossen
werden, allerdings ist dann die Unwettergefahr weitgehend gebannt.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS und Modellmix.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann