S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 24.06.2024 um 10.30 UTC

Schwül-warm bis heiß und zeitweise gewittrig. Erhöhtes Potential für heftige
Starkregenfälle (Unwetter)! Leichte Entspannung zum Monatswechsel.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 01.07.2024

Nachdem sich in der Kurzfrist zum Start der letzten Juniwoche endlich mal
Wetterberuhigung bei vielfach sonnigem Sommerwetter durchgesetzt hat und der
Monat dadurch versucht seine Temperaturbilanz doch noch in eine positive
Abweichung umzukehren, die dürftige Sonnenscheinbilanz etwas aufzuhübschen und
dem niederschlagsreichen Süden und Nordwesten mal eine Verschnaufpause zu
gönnen, schlägt das Wetter zur Wochenmitte wieder um. Die mehr oder weniger
beständige High-over-Low Situation, bei der wir aktuell dem „High“ vorübergehend
mal etwas näher als dem „Low“ waren, wandelt sich mit einem Cut-Off über
Portugal und einem Trogvorstoß zu den Britischen Inseln wieder zunehmend in die
zyklonalere Variante um. Das geschieht…

…am kommenden Donnerstag, dem ersten Tag der heutigen Mittelfristbetrachtung,
in einer ersten Etappe. Maßgebender an diesem Tag ist allerdings noch das
ursprünglich „Low“ über dem Balkan, das als schwache Rinne, die sich auch am
Boden abzeichnet über Deutschland hinweg bis zum Zentraltief nördlich von Irland
verläuft. Der blockierende Schwerpunkt hat sich inzwischen zum Baltikum
verabschiedet. Vom trockenen Ausfließen daraus kann allenfalls noch der äußerste
Nordosten des Landes profitieren. Ansonsten dürfte es im Tagesverlauf in
schwül-warmer Luftmasse mit PPW’s vielfach zwischen 35 und 40 mm, verstärkt
anfangen zu brodeln. Dies aber aufgrund fehlender Scherung recht unorganisiert
(Einzel- und Multizellen) mit primärer Starkregengefahr (typische
„Wasserbombenlage“) bis in den Unwetterbereich, punktuell womöglich gar in den
extremen Bereich von über 40 l/qm/h hinein. Bei hohen CAPE Werten teils über
1000 J/kg ist im Anfangsstadium der Zellen auch größerer Hagel vorstellbar.
Schwerpunkt dürfte der Bereich der maximalen Windkonvergenz darstellen, der sich
von Niedersachsen über Thüringen bis zum Bayerischen Wald erstreckt. Ganz im
Westen sorgt ein flacher Höhenrücken für die Unterdrückung der Konvektion.
Vielleicht reicht es dort aber im Bergland für einzelne Überentwicklungen. Ein
Gewitter ausschließen kann man aber nahezu nirgendwo vollständig. Bei Theta850
hPa von nahe 60°C, was Taupunkten in 2m Höhe bis 20°C entspricht muss bei
Höchsttemperaturen von 26 bis 32°C zeitweise von einer erhöhten Wärmebelastung
ausgegangen werden. Nur an Küstenabschnitten mit Seewind sowie im höheren
Bergland ist es mit etwas unter 25°C angenehmer.

Am Freitag wird das ganze Strömungsmuster durch kurzwellige Anteile innerhalb
des Langwellentroges über Westeuropa leicht progressiv und wir gelangen vollends
auf dessen Vorderseite. Ein sehr scharfer, negativ geneigter Randtrog (sehr
diffluente Vorderseite!) erreicht dabei um die Mittagszeit Benelux und schwenkt
nachfolgend weiter ostwärts. Mit Annäherung einer korrespondierenden Kaltfront
von Westen verschärfen sich die Temperaturgegensätze über Deutschland und es
droht präfrontal eine dynamische Schwergewitterlage über weiten Landesteilen.
Exaktes Timing, Einflüsse durch Saharastaub sowie eine eventuelle Wellenbildung
an der Front sind dabei noch größere Unsicherheitsfaktoren. Zunehmende Scherung
und dynamische Hebung der beteiligten Luftmasse im Bereich eines ausgeprägten
„Gewittersacks“ lassen vor allem für den Osten und Süden Deutschlands
Schlimmeres befürchten inklusive Vorabinformation aufgrund erwarteter schwerer
Gewitter (heftiger Starkregen, großer Hagel, schwere Sturmböen). Im Osten werden
davor nochmals heiße 30 bis 33°C erreicht, im Westen und Nordwesten strömt
kühlere Meeresluft mit Maxima von 21 bis 25°C ein.

Am Samstag sorgt postfrontaler Druckanstieg vorübergehend für eine
Wetterberuhigung. Durch Einbindung des ehemaligen Cut-Offs über Portugal, das im
Tagesverlauf Südfrankreich erreicht, wir die Front über der südlichen Mitte
voraussichtlich rasch rückläufig und als Warmfront wieder nordwärts geführt. Im
Warmsektor sind dabei im Tagesverlauf erneut teils kräftige Gewitter möglich,
durch Aufgleitprozesse auf der kühlen Seite der LMG teils länger anhaltende und
konvektiv durchsetzte Regenfälle (Schwerpunkt und Intensität noch sehr
unsicher!).

Am Sonntag wird’s jetzt schon sehr vage, da die genaue Trogkonfiguration
(Haupttrogachse Skandinavien bis südliche Nordsee, neuer Cut-Off südliche
Biskaya und Einbindung ehemaliger Cut-Off als Randtrog noch über Süddeutschland)
von Modell zu Modell und Lauf zu Lauf teils stärker variiert. Man kann wohl
dennoch konstatieren, dass es mehrheitlich wechselhaft sein sollte mit einem
Temperaturgefälle zwischen kühlerem Nordwesten (T850 teils deutlich unter 10°C)
und einem feucht-warmen Südosten (T850 nahe 15°C). Wo genau sich dazwischen
Schwerpunkte mit Schauern und Gewitter (die es sicherlich auch auf der
vermeintlich kühlen Seite geben wird) befinden und wo sich ein potentieller
Streifen mit Stark-/Dauerregen aufgrund der Gegenstromsituation
herauskristallisiert, kann derzeit noch nicht näher definiert werden. Die Gefahr
durch teils schwere Gewitter im Südosten und Starkregenfälle bis in den
Unwetterbereich über der Mitte sind aber noch immer da.

Erst zum Start in die neue Woche zeichnet sich nach Durchgang der stark positiv
geneigten Trogachse, einheitlichen Windrichtung in sämtlichen Niveaus zunehmend
aus Nordwest und Druckanstieg am Boden eine zögernde Wetterberuhigung aus
Nordwesten auf kühlerem, aber immer noch angenehmen Temperaturniveau ab.
Möglicherweise kommt es staubedingt an den Alpen und dem Erzgebirge noch zu
länger anhaltenden Regenfällen.

In der weiteren Folge ist stabiler Hochdruckeinfluss weiterhin nicht absehbar,
die Unwettergefahr aber immerhin minimiert.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Wie in jüngerer Vergangenheit häufiger zu beobachten war, sind sich die 0z Läufe
sehr ähnlich und der 12z Lauf des IFS hat manchmal so seine eigenen Ideen. So
ist beispielsweise der Zwischenhocheinfluss am Samstag nun wieder deutlich
weiter auf den Nordwesten beschränkt worden und nicht bis in den Süden
Deutschlands ausgreifend.

Wie nicht anders zu erwarten war, bereits vor allem die genaue Ausprägung des
zugegebenermaßen ziemlich komplexen Troges, der in der gesamten Mittelfrist
weite Teile Westeuropas umspannt, größere Probleme. Vor allem zum Montag hin ist
noch ziemlich offen, ob sich nicht kurzzeitig erneut eine schwache High-over-Low
Situation einstellen kann. Das Timing der Kaltfront am Freitag wurde minimal
beschleunigt, was aber nichts an der Brisanz vor allem im Osten und Süden des
Landes ändert.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bei GFS und UK10 fehlt in deren 0z Läufen der scharfe KWT am Freitag völlig,
weshalb die Kaltfrontpassage wenig wetterwirksam vonstattengehen würde. Wenn man
sich den Ursprung des Troges anschaut am hochbaroklinen Südrand des
ausgewachsenen Sturmtiefs nördlich von Irland, erscheint ein stärkerer
südostwärts gerichteter KLA Beitrag beim ICON und IFS aber realistischer. Umso
schneller und stärker erfolgt dafür bei GFS und UK als Folge die erneute
Aufsteilung mit alpinen Pumping am Samstag, wobei der anfangs starke Deckel
spätestens in der Nacht zum Sonntag gesprengt werden würde mit erheblicher
Superzellen- und MCS-Gefahr. Auch die Temperaturgegensätze und
Aufgleitniederschläge auf der kühlen Seite der LMG betonen GFS und UK stärker
mit Mengen bis in den Unwetterbereich hinein.

Um das abschließend noch klarzustellen: Die Unwetterlagen vom Freitag und der
Nacht zum Sonntag, die es potentiell geben könnte, schließen sich gegenseitig
nicht aus.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

RAUCHFAHNEN:
Der Kaltfrontdurchgang am Freitag spiegelt sich schön in den Rauchfahnen wieder,
die zunehmenden Unsicherheiten resultieren vor allem aus den zeitlichen
Unschärfen. Ebenso erkennt man schön, dass je weiter man in den Süden geht, kaum
eine Temperaturabnahme stattfindet und die Front rasch rückläufig wird. Wie weit
sie dabei wieder nordwärts ausgreift, ist aber extrem unsicher. Beispielsweise
liegt der Spread am Samstag in Trier bei 6 bis 21°C in 850 hPa mit einer
kleineren Mehrheit um die 15°C aber auch einer Bifurkation, die Richtung 7°C
abdriftet. In der neuen Woche pendelt sich alles so im Bereich zwischen 5 und
10°C in 850 hPa ein, was einem jahreszeitlich entsprechenden, angenehmen
Temperaturniveau zwischen 20 und 25°C in 2m entspricht.

Die RR-Signale ebben eigentlich im gesamten Zeitraum nicht wirklich ab. Vor
allem am Fr, Sa und So finden sich im Süden und der Mitte einzelne kräftige
Ausreißer nach oben, teils auch vom det. Lauf.

CLUSTER:
Die Blockingregime sind in den gebildeten 6 Clustern im Zeitraum Sa-Mo (29. Juni
bis 1. Juli) klar in der Überzahl. Das es gleich so viele brauchte, liegt an der
bereits im Abschnitt Konsistenz erwähnten diffizilen Trogkonfiguration. Für den
noch sehr unsicheren Montag überwiegen leicht die Troglösungen über Mitteleuropa
statt des rasch Richtung Nordsee vorstoßenden Rückens. Daher ist noch fraglich,
wie rasch sich aus Nordwesten die Wetterberuhigung auch südwärts durchsetzen
kann.

In der erweiterten Mittelfrist wird es laut Clusteranalyse auf irgendetwas
zwischen Nordwest zyklonal (NWz), kurzzeitig auch antizyklonaler(NWa) und Trog
Mitteleuropa hinauslaufen und damit wechselhaft bleiben.

FAZIT:
Schwül-warm bis heiß und gewittrig. Dabei erhöhte Unwettergefahr, vor allem
bezüglich heftigen Starkregens mit lokalen Überschwemmungen. Höhepunkte nach
aktuellem Stand vor allem im Osten und Süden im Laufe des Freitags sowie in der
Nacht zum Sonntag. Zum Wochenwechsel aus Nordwesten kühler und deutlich
abnehmende Unwettergefahr. Kein stabiles Hochdruckwetter in Sicht.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

GEWITTER (UNWETTER):
Hierzu wurde bereits vieles im Text beschrieben. Nahezu an allen Tagen besteht
lokale Unwettergefahr, vor allem durch heftigen Starkregen, am Freitag mit
Kaltfrontpassage im Osten und Süden aber auch durch organisierte Strukturen mit
erhöhtem Potenzial durch größeren Hagel und schwere Sturmböen bis vereinzelten
Orkanböen. Zur neuen Woche von Nordwesten abnehmende Tendenz.

Die Produkte des EFI CAPE/SHEAR springen darauf nur wenig an, vermutlich, weil
die räumlichen Unschärfen noch recht groß sind und die Scherung insgesamt auch
nicht überbordend mit den höchsten CAPE Werten überlappt. Die sonstigen Zutaten,
insbesondere die Eigenschaften der Luftmasse betreffend, sind allemal
unwetterträchtig.

STARK-/DAUERREGEN (UNWETTER):
Im SOT sind gewisse Signale für Samstag und Sonntag über der Südosthälfte
Deutschlands zu sehen, was das Potential für teils extreme Lösungen bezüglich
der Niederschlagssumme kennzeichnet. Insgesamt scheint der Spread aber noch zu
groß für ein robustes EFI-Signal zu sein.

Auch im 90%-Perzentil des IFS sind die Signale noch recht verwaschen. Immerhin
kristallisiert sich aber jetzt schon am Samstag ein Streifen von Thüringen bis
zum Oberrheingraben mit stellenweise mehr als 30 l/qm binnen 24h heraus, am
Sonntag und Montag vor allem an den Alpen. Das GFS-Ensemble sieht das ähnlich
mit Wahrscheinlichkeiten bis an die 30% für mehr als 25 l/qm binnen 24 Stunden
mit vergleichbaren Schwerpunkten. Für belastbarere Aussagen gerade im Hinblick
auf Mengen bis in den Unwetterbereich müssen sich diese Trends in den kommenden
Tagen noch erhärten.

HITZE:
In vielen Landesteilen herrscht am Donnerstag, sowie am Freitag vor allem noch
im Osten eine hohe Wärmebelastung bei Schwüle und Höchstwerten über 30°C. In
Ballungszentren drohen teilweise Tropennächte.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, GEFS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen