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S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 08.06.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Am Abend im Südosten noch Unwettergefahr, in der Nacht rasch abnehmend. AM
Sonntag direkt an den Alpen Unwettergefahr, Nacht auf Montag Übergang in
markanten Starkregen. Montagnachmittag und -abend im Nordwesten einzelne
markante Gewitter mit Sturmgefahr.

Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland knapp vorderseitige eines Höhentroges,
dessen Achse sich vom Höhentiefzentrum vor der Küste von Südnorwegen bis nach
Benelux und Ostfrankreich erstreckt. Damit befindet sich Deutschland in eine
leicht diffluenten Strömung.
Am Abend und in der Nacht greift dann die Trogachse auf Deutschland über und
wird ostwärts geführt.

Korrespondierend dazu findet man ein achsensenkrecht gelegenes Bodentief
ebenfalls an der Westküste Südnorwegens. Die davon ausgehende Kaltfront hat
bereits den äußersten Nordwesten erreicht und wird zum Abend bis in die Nacht
auf Sonntag etwa bis zur Mitte vorankommen. Mit der Kaltfront ist eine Staffel
schauerartig verstärkter Niederschläge verbunden, die sich aber auf dem Weg ins
Landesinnere deutlich abschwächt. Grund dafür ist, dass sich von Westen ein
Bodenhochkeil zonal orientiert über die Kaltfront legt und damit antizyklonal
überlaufen der Antrieb fehlt.

Der Gradient legt rückseitig noch etwas zu, sodass der Wind weiter stark, an den
Küsten stürmisch unterwegs ist. Im Binnenland dürfte sich der Wind
tagesgangbedingt in den Nachtstunden abschwächen.

Über der breiten Mitte macht sich der Bodenhochkeil bemerkbar und sorgt für
gering bewölkte oder klare Verhältnisse. Dort wird es in den Nachtstunden
entsprechend auch wieder recht frisch mit Minima zwischen 6 und 3 Grad in
bevorzugten Hochtälern der westdeutschen Mittelgebirge.

Nun aber zur größten Baustelle und damit in die feuchtlabile Luftmasse des
Alpenvorlandes. Derzeit gibt und gab es schon allerlei Aktivität mit links- und
rechtsziehenden Superzellen und Cellsplittings. Der Hodograph von
Oberschleißheim zeigt ideale Bedingungen für beide Arten von Superzellen. Man
sieht einen linearen Hodographen und Left- und Rightmover haben etwa gleichgroße
Werte an positiven bzw. negativen SRH-Werten.

Am Abend verlagert sich der Schwerpunkt der Gewitteraktivität nach Südostbayern.
Das ICON-D2 EPS simuliert für das Berchtesgadener Land verstärkte Signale für
rotierende Zellen (UH tracks). Die Gewitteraktivität kann sich noch bis eingangs
der Nacht halten, sollte sich aber nachfolgend soweit abschwächen, dass dann nur
noch schauerartig verstärkte Niederschläge übrigbleiben.

Sonntag … verbleiben wir unter dem Einfluss des Höhentroges, dessen Achse sich
stromaufwärts im Laufe des Tages neuformiert. Damit flacht der Trog insgesamt
etwas ab. Als Konsequenz wird die Kaltfront nun strömungsparallel, sodass sie
nicht weiter südwärts vorankommt. Zudem kann sich auch der Bodenhochkeil noch
etwas kräftigen. Abgesehen von ein paar dichteren Wolkenfeldern, ist die
Kaltfront damit nur noch wenig wetteraktiv.

Im Norden halten sich postfrontal unter Trogeinfluss dichter Wolkenfelder und
vor allem in Küstennähe kommt es wiederholt zu meist schwachen Schauern.

Südlich der Donau hält sich auch weiterhin die feuchtlabile Luftmasse, wobei
dies etwas stärker in Richtung Alpen zurückgedrängt wird. Entsprechend ist zu
erwarten, dass auch die Gewitteraktivität nicht mehr soweit in Alpenvorland
ausgreift.

Davon abgesehen sind die Bedingungen/Zutaten aber wieder vergleichbar zum
heutigen Samstag. Die hochreichende Scherung weist Werte zwischen 20 und 25 m/s
auf (ICON-D2), wobei die stärkste Scherung zwischen 0 und 3 km angesiedelt ist.
Die Prognosehodographen haben erneut ein lineares Erscheinungsbild, wobei Left-
und Rightmover gleichermaßen gestützt werden.

ICON-D2 (EPS) simuliert vom Werdenfelser Land bis zum Berchtesgadener Land ein
paar UH tracks, ergo Superzellen. Die können dann wie gehabt neben Sturmböen
auch größeren Hagel (bis 4 cm) und Starkregen um 25 mm in kurzer Zeit bringen.
Die Begleiterscheinung Hagel wird auch von ArChaMo (stormforecast.eu) mit
erhöhten Wahrscheinlichkeiten für >2 cm gestützt.

Davon abgesehen ist warntechnisch relevant nur noch der Wind im Norden des
Landes. Böen Bft 7 können wieder bis in das Binnenland vorstoßen, etwas bis Höhe
Hannover. Im schleswig-holsteinischen Binnenland kann es stürmische Böen. An der
See entsprechend durchgehend stürmische Böen, an exponierten Stellen dort auch
einzelne Sturmböen (Bft 9).

Die Maxima weisen erneut ein Südost-Nordwestgefälle auf, mit bis 24 Grad in
Bayern und nur 15 Grad in Schleswig-Holstein.

In der Nacht auf Montag kann sich der Trog westlich von Deutschland über
Frankreich stärker nach Süden ausweiten, sodass die Höhenströmung eine stärkere
Südwestkomponente bekommt.

Als Reaktion darauf können sich die schauerartig verstärkten Niederschläge mit
eingelagerten Gewittern aus den Alpen weiter ins Alpenvorland vorarbeiten, etwa
bis zu Donau. Dort regnet es längere Zeit und schauerartig verstärkt.

Vom ICON-D2 EPS gibt es erhöhte Signal für markante Niederschlagssummen in 12 h,
insbesondere in Alpennähe vom Allgäu bis ins Berchtesgadener Land. Man findet
auch schwache Signale für ein Überschreiten der Unwetterwarnschwelle, es ist
aber sicher ratsam zunächst eine recht flächige markante Warnung dort hinzulegen
und dann ggf. aufzustocken.

Es sei noch erwähnt, dass externe Modelle das Starkregenereignis stützen. Das
SuperHD lässt markante Mengen auch noch weiter nördlich ausgreifen (nördlich
München, Straubing).

Davon abgesehen lässt der Wind im Norden nach, sodass es nur noch an den Küsten
starke bis stürmische Böen gibt. Zudem fallen dort noch ein paar Regenschauer.
Über der breiten Mitte in SW-NO Orientierung gibt es kaum Wolken, oft ist es
sternenklar und die Minima gehen wieder weit nach Unten auch 9 bis 3 Grad.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC

Montag … halten sich im Alpenvorland noch die schauerartig verstärkten
Niederschläge, die aber im Vormittagsvorlauf ostwärts abziehen.

Zum Nachmittag ist dann der Fokus nach Westen und Nordwesten gerichtet. Über die
Niederlande greift ein markanter Kurzwellentrog in 500 hPa ostwärts bis nach
Deutschland aus. Ausgehend von einem korrespondierenden Bodentief kommen
zunächst Aufgleitvorgänge in Gang, die zunächst für skalige Niederschläge im
Westen und Nordwesten sorgen.

Zum Nachmittag greift dann aber die Kaltfront des Tiefs über. Infolge deutlicher
Labilisierung und steigender Feuchte wird im Nordwesten (Emsland) CAPE bis 500
J/kg von ICON6 vorhergesagt. Gelegen auf der linken Jetausgangsseite (300 hPa)
herrschen zudem ideale Hebungsbedingungen.
Die Windscherung ist hoch (20-25 m/s in 0-6 km, sowie 10 bis 13 m/s 0-1 km).

In der Folge können sich durchaus auch ein paar giftige Zellen mit erhöhtem
Potential für Sturmböen und schwere Sturmböen bilden. Bei niedrigem HKN und den
restlichen Randbedingungen ist auch das Tornadorisiko nicht Null. Da müsste man
mal schauen, wie sich die neuen Läufe diesbezüglich verhalten, insbesondere wenn
auch das ICON-D2 soweit geht.

Zudem gibt es noch Unterschiede über die genaue Positionierung uns Ausprägung
des Bodentiefs zwischen den verschiedenen Modellen. Mehr Details folgen dann
wieder in der synoptischen Frühübersicht.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modelle sind sich im Kurzfristbereich recht einig. Erhöhte Unsicherheiten
ergeben sich noch bezüglich des markanten Kurzwellentroges und dem dazugehörigen
Bodentief in der zweiten Tageshälfte des Montags. Daran hängen neben
Niederschlägen auch die Gewitteraktivität und zu erwartende Böenstärke.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer