SXEU31 DWAV 271800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 27.05.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Beständig unbeständig – bis in die Nacht noch regionsweise Gewitter und/oder
Starkregenfälle, lokal Unwetter. Am Dienstag schwacher Zwischenhocheinfluss,
danach weitere zyklonale Anschläge.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC

Aktuell … fällt der Luftdruck in Deutschland und dafür gibt es auch einen
Grund. Impulsgeber ist ein leicht negativ, also nach Südosten geneigter
Höhentrog, der sich unter Verkürzung seiner Wellenlänge von Frankreich und
Benelux her dem Vorhersageraum nähert. Die vorderseitige Isohypsenführung zeigt
ein wunderbar ausgeprägtes diffluentes Muster, weshalb es nicht sonderlich
verwundert, dass die Diagnosekarten mit einem Maximum zyklonaler (oder auch
positiver) Vorticityadvektion aufwarten, die wiederum synoptisch-skalige
Hebungsprozesse in Gang setzt. Da nutzt es auch nicht allzu viel, dass die
ZVA/PVA durch KLA teilkompensiert wird.

Zurück zum Druckfall, der im östlichen Alpenvorland mit Hilfe der Orografie ein
flachs Tief entstehen lässt, welches in den nächsten Stunden nordwärts zieht und
dabei in eine sich über dem Norden und Osten etablierende Tiefdruckrinne
aufgenommen wird. Schlussendlich entsteht innerhalb der Rinne ein weiteres
flaches Drehzentrum, das den Namen PALLAVI trägt und den frühen Dienstagmorgen
irgendwo zwischen den Dänischen Inseln und dem Greifswalder Bodden genießt. Der
west-südwestliche Rand der Rinne wird von einer Kaltfront markiert, die tagsüber
noch ohne die ganz großen Ambitionen und für den Analysator schwer zu finden
diagonal von Südwest nach Nordost vor sich hinvegetiert ist. Das ändert sich nun
in der kommenden Nacht, weil sich unabhängig von der Tageszeit die Interaktion
mit dem sich annähernden Trog um Längen verbessert.

Der erste Blick geht dabei nach Süden, wo sich am Nachmittag aus der Ostschweiz,
dem Vorarlberg und Tirol heraus einige Gewitter eingefunden haben, die nun
offensichtlich den Plan verfolgen, zu einem größeren, MCS-ähnlichen Cluster
zusammenzuwachsen. Dieser zieht in den nächsten Stunden gen Donau
ost-nordostwärts, um diese zu überqueren und sich weiter in Richtung
Oberpfalz/Oberfranken, vielleicht sogar bis zum Erzgebirge zu orientieren. Das
Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem Starkregen, der mit Raten von 30 bis 50 l/m²
innert kurzer Zeit respektive weniger Stunden aufwartet. Ganz lokal sind sogar
noch etwas höhere Mengen vorstellbar, auch wenn ICON-D2 die Sache wahrscheinlich
zu aggressiv angeht (bis zu 100 l/m² binnen 6 Stunden im 12-UTC-Lauf, aber auch
schon in älteren Läufen). Größerer Hagel inkl. Ansammlungen sowie Böen der
Stärke 8 bis 9 Bft sind vor allem im Anfangsstadium zumindest vereinzelt nicht
ausgeschlossen (teils auch schon bestätigt), verlieren aber mit zunehmender
Nachtlänge an Bedeutung. Wie man überhaupt konstatieren muss, dass Blitzrate und
Gewitterneigung im Laufe der Nacht immer weiter abnehmen und das Ganze in
„normalen“ (Stark)Regen übergeht. Auch bei diesem Parameter nimmt die
Unwettergefahr immer weiter ab. Im Schlepptau des Clusters regnet es im Süden
noch etwas weiter (leichter Gegenstrom, etwas Stau an den Alpen), wahrscheinlich
aber nicht warnwürdig.

Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass sich die Schauer- und Gewitterei mehr
und mehr in den Osten zurückzieht bzw. dort verweilt, während sie im Westen
tagesgangbedingt sowie durch Zufuhr trockenerer und kühlerer Subpolarluft (mPs;
Rückgang T850 auf 5 bis 2°C) mehr und mehr in die Knie gezwungen wird. Hier und
da lockert es zwischen BaWü und NRW sogar auf. Interessant wird es spätestens ab
Mitternacht in Teilen Norddeutschlands, wenn dort die unmittelbare
Trogvorderseite mit einem ausgewiesenen PVA-Maximum aufschlägt. Dabei kommt es
zu schauerartigen, insbesondere anfangs noch mit Gewittern durchsetzten
Regenfällen mit erhöhter Starkregengefahr (teils Neubildung, teils Importware
aus NRW). Gebietsweise kommen in wenigen Stunden zwischen 20 und 35 l/m²
zusammen (markant). Lokale Unwetter mit noch etwas höheren Regenmengen sind
vereinzelt nicht ausgeschlossen, auf der anderen Seite aber auch nicht
überbordend wahrscheinlich.

Dienstag … schwenkt der Höhentrog über den Norden und Osten des Landes in
Richtung Ostsee. Damit werden auch die Bodenrinne und die Kaltfront nach Norden
bzw. Osten rausgedrückt und durch einen flachen Azorenhochkeil – Gott zum Gruße
VOLKER – ersetzt. Gleichzeitig breitet sich ein Schwall maritimer Subpolarluft
(mPs; T850 am frühen Nachmittag 6 bis 3°C) aus, in der sich vielerorts ein
wechselnd wolkiger und weitgehend trockener Wettercharakter einstellt – wenn man
von einigen Ausnahmen absieht.

So gilt es am Vormittag im Norden und Osten erst noch den schauerartigen,
wahrscheinlich aber kaum noch gewittrigen Regen aus der Nacht zu verabschieden,
was gerade Richtung Oder und Neiße einige Stunden dauern kann. Die
Starkregengefahr ist inzwischen aber deutlich reduziert, wahrscheinlich werden
keine Warnungen mehr nötig sein. Schwer tut sich die Wetterbesserung auch am
Alpenrand sowie im unmittelbar benachbarten Vorland, wo es staubedingt längere
Zeit bedeckt bleibt und zudem leger vor sich hin tröpfelt, voraussichtlich bis
in den Nachmittag hinein. Und dann wäre da noch der Norden, wo der innere Kern
des Troges mit der höhenkältesten und labilsten Luft durchgeht. Dort entwickeln
sich tagesgangbedingt ein paar Schauer.

Am Nachmittag und Abend geht es dann auch im Westen schon wieder zu Ende mit der
ohnehin nicht überbordend ausgeprägten Herrlichkeit von Meister VOLKER. Wieder
einmal ist es der nahe Atlantik, wo sich das nächste zyklonale Ungemach
zusammenbraut. Nicht nur dass sich dort ein weiterer Höhentrog in Stellung
bringt, von dem sogar mittelfristig noch einiges zu erwarten ist (siehe dazu die
heutige Synoptische Übersicht Mittelfrist). Auch im Bodendruckfeld können wir
das nächste Tief begrüßen (ORINOCO), dessen Warmfront mit der vorübergehend
zonal gestellten Höhenströmung straight ahead auf Deutschland zumarschiert. Und
so kommt es wie es kommen muss. Von Frankreich und Benelux her zieht
mehrschichtige Bewölkung auf, aus der es gegen Abend leicht anfängt zu regnen.

Thermisch liegt die Erwartungshaltung je nach Einstrahlung zwischen 16 und 22°C.

In der Nacht zum Mittwoch überquert das Bodentief Schottland in Richtung
Nordsee, während sich der aus verschiedenen kurzwelligen Anteilen bestehende
Höhentrog erst noch sammeln muss, bevor er auch für uns richtig interessant
wird. Wichtiger für uns ist zunächst das Übergreifen des zunehmend
okkludierenden Frontensystems, dessen Niederschläge bis zur Mitte vorankommen.
Gerade im Westen können gebietsweise 10 bis 15, lokal vielleicht um 20 l/m²
innerhalb von 6 bis 12 Stunden zusammenkommen. Durch den Einschub etwas
labilerer Luft ist im Grenzbereich zu den Niederlanden sowie in Nordseenähe auch
das eine oder andere Gewitter nicht ganz ausgeschlossen. Vor allem an der
schleswig-holsteinischen Nordseeküste frischt der auf südliche Richtungen
rückdrehende Wind auf mit Böen 6 bis 7 Bft.

Der Süden und Osten profitieren noch vom scheidenden Zwischenhocheinfluss. So
startet die Nacht zunächst gebietsweise aufgelockert oder klar, bevor erst hohe,
später dann auch mittelhohe Wolken aufziehen. Bis zum Morgen bleibt es aber
trocken.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 06 UTC

Mittwoch … Gegenüber den Morgenläufen hat sich nicht viel geändert. Es gelten
somit weiterhin die Ausführungen der Frühübersicht.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modelle simulieren die beschriebene Entwicklung sehr ähnlich. Bei den
Niederschlagsprognosen für die Nacht zum Dienstag scheint ICON-D2 im Süden zu
gierig zu sein.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann