SXEU31 DWAV 181800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 18.05.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Einmal Sumpf, immer Sumpf – bis auf Weiteres struktur- und gradientarme
Zyklonalität mit hohem Gewitter- und Starkregenpotenzial, aber auch passablen
Abschnitten.

Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland unter einer Potenzialrinne, die von der
Biskaya bis nach Westpolen reicht. Eingelagert sind zwei Drehzentren, von denen
das eine über der inneren Biskaya und das andere, leicht elliptisch geformte
über der Nordhälfte des Vorhersageraums liegt. Eingezwängt respektive geblockt
durch Hochdruckgebiete und Rücken über Nordwestrussland sowie dem nahen
Ostatlantik ist die Schose derart eingefahren, dass es weder richtig vor noch
zurück geht. Noch „schlimmer“ sieht die Bodendruckverteilung aus, bei der man
auf der Suche nach einer Hauptisobare in unserem Land mit der Lupe, noch besser
vielleicht mit dem Elektronenmikroskop zu Werke gehen muss. Die noch nicht
erstellte 18-UTC-Analyse dürfte auf genau eine einzige sichtbare Isobare kommen,
die 1010er mit Minimum irgendwo über Sachsen-Anhalt (KATINKA).

In den nächsten Stunden wird sich nicht allzu viel an dieser Konstellation
ändern, die Verrückungen sind infinitesimal. Also ist es mehr oder weniger der
Tagesgang, der die atmosphärischen Geschicke der Nacht regelt. Heißt im
Klartext, dass sich die Gewitter, die tagsüber in der Nordhälfte aufgetreten
sind, allmählich abschwächen oder in ungewittrige Regenfälle übergehen. Etwas
anders liegt der Fall im Südwesten der Nation, wo von Frankreich her ein kleiner
Randtrog mit diffluenter Vorderseite und ausgewiesenem PVA-Maximum (300 hPa) den
Weg zu uns gefunden hat. Die dadurch ausgelösten schauerartigen Regenfälle und
Gewitter sind alles andere als gut organisiert („Clusterkuchen“). Gleichwohl
könnte es sein, dass sie dem Tagesgang trotzen und zumindest noch die erste
Nachthälfte durchhalten, wobei sie in Kürze auch den weiß-blauen Freistaat
okkupieren, um dort gen Niederbayern/Oberpfalz zu ziehen. Nicht ausgeschlossen,
dass auch aus der benachbarten Schweiz sowie aus den Alpen heraus noch was
kommt. So oder so, in der Basis sollte es sich um markante Gewitter mit
Starkregen, kleinkörnigem Hagel und Böen 7-8 Bft handeln. Spätestens in der
zweiten Nachthälfte sollte der Kuchen dann weitgehend gegessen sein.

Ansonsten gibt es nicht mehr viel zu sagen: Der EffZeh ist (verdientermaßen)
abgestiegen, Leverkusen mehr als verdient Meister und die Nachttemperatur fällt
mit Minima zwischen 14 und 7°C – verdient oder unverdient – vergleichsweise
unspektakulär aus.

Sonntag … ist Pfingsten, an dem nach christlicher Lehre die Aussendung des
Heiligen Geistes gefeiert wird. Das ändert allerdings nichts an der Tatsache,
dass sich beim Luftdruck und Geopotenzial nach wie vor nur wenig bis nichts tut.
Die flache KATINKA konvergiert kaum merklich in Richtung deutsche Ostseeküste,
die sie bis Datumswechsel aber nicht erreichen wird. Stattdessen bleibt sie bei
den Pfingstfeierlichkeiten irgendwo im Großraum Berlin hängen, voraussichtlich
knapp westlich davon. Derweil baut sich das elliptische Höhentief zwar etwas ab
(geometrisch ausgedrückt verringern die beiden Halbachsen ihren Radius), hält
sich aber deutlich sichtbar im Isohypsenfeld.

Am meisten ändert sich im Grunde in der inzwischen gealterten, weiterhin
potenziell instabil geschichteten Luftmasse (mPs/xPs), die in weiten Teilen des
Landes feuchter wird gegenüber heute – sowohl in der Grundschicht als auch
gesamttroposphärisch (im KF Anstieg spez. Feuchte und PPW). Die Frage ist nun,
wie viel ML-CAPE daraus generiert werden kann, was angesichts von reichlich
Restbewölkung aus der Nacht heraus eine sehr schwierige Frage ist. Fragt man MOS
als zuverlässigen Partner in Sachen Sonnenscheindauer, liegen die Areale mit der
höchsten solaren Einstrahlung im äußersten Nordwesten (Ems-/Ostfriesland bis
hinüber zur Mecklenburger Bucht) sowie im äußersten Süden etwa von der Donau aus
südwärts. Allerdings werden genau dort nicht die höchsten ML-CAPE-Raten
angeboten, was im Falle des Nordwestens am Nord-Nordostwind liegt, der von der
kühlen See her weht und einen stabilen Fuß erzeugt. Entsprechend können dort
einzelne Schauer oder Gewitter zwar nicht völlig negiert werden, ihre Häufigkeit
wird sich aber in Grenzen halten.

Das gilt größtenteils auch für Areal #2, wo die gesamttroposphärische Feuchte
(oder besser gesagt die fehlende Feuchte) der hemmende Faktor sein kann. So
bleiben die PPWs meist unter 20 mm, was eher dünn ist. Außerdem mangelt es an
auslösenden Impulsen. Ein so ausgeprägtes PVA-Maximum, wie es heute über den
Süden von West nach Ost zieht, ist morgen nicht in den Diagnosekarten zu finden.
Trotzdem, gerade an und aus den Alpen heraus können sich am Nachmittag ein paar
Zellen bilden, die mit etwas Scherung bei trockener Grundschicht neben
Starkregen durchaus auch stärkere Böen zustande bringen kann (8, vielleicht
sogar 9 Bft). Für größeren Hagel dürfte zu wenig CAPE vorhanden sein, 1-2 cm
sind aber schon drin.

Von den Nebenschauplätzen auf die Haupt(tri)bühne, dem sehr breiten Streifen
zwischen den beiden o.e. Regionen. Dort spielt morgen die Musi, wobei auch hier
noch mal zwischen erster und zweiter Geige zu unterscheiden wäre. Grundsätzlich
reden wir von schauerartigen Regenfällen und undynamischen Gewittern, die meist
als Einzelzellen starten, dann aber den Hang zur Verclusterung bzw. wie heute im
Rheinland zum rückwärtigen Anbau haben. Heißt, dass primär die Gefahr von
Starkregen bis hin zu Unwettern > 25 l/m² innert kurzer Zeit auf der Karte
steht, während Hagel(ansammlungen) und Sturm eine untergeordnete Rolle spielen.
Die höchste Gewitterpräsenz ist dabei in einem Korridor zu erwarten, der von
NRW/nördlichem RP bis hinüber nach Vorpommern bzw. dem nördlichen BB reicht (1.
Geige). Süd-südöstlich davon sind Gewitter ähnlicher Ausprägung zwar auch
wahrscheinlich, aber nicht so zahlreich, eher als Einzeltäter unterwegs (2.
Geige).

Bliebe zum Schluss noch die Temperatur, die bei T850 um 7°C (nur im äußersten
Süden etwas darüber) je nach Einstrahlung auf 17 bis 24°C ansteigt.

In der Nacht zum Montag ergreift einmal mehr der Tagesgang die Initiative, weil
sonst von der Atmosphäre nichts, aber auch rein gar nichts kommt (erinnert ein
bisschen an den EffZeh, auch wenn das jetzt ein bisschen bösartig daherkommt und
man ja nicht auf am Boden liegende drauftreten soll). So geht den Gewittern nach
Sonnenuntergang ganz schnell die Luft aus und auch sonst bleibt nicht allzu viel
von den verschiedenen Regenkuchen des Tages übrig. Am ehesten kommt es im Norden
und Westen noch zu ein paar Schauern, die sich sogar in die zweite Nachthälfte
retten. Dort, wo es länger aufklart, bildet sich in der feuchten Grundschicht
Nebel. Dazu geht die Temperatur auf 14 bis 8°C, in einigen Mittelgebirgstälern
und -senken sowie im Süden stellenweise noch etwas mehr zurück.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC

Montag … zeigt der neueste ICON-Lauf von 12 UTC keine nennenswerten Änderungen
gegenüber den jüngsten Vorgängern. Somit behalten die Ausführungen der heutigen
Frühübersicht ihre Gültigkeit.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Basisfelder werden bei dieser gradientschwachen Wetterlage erstaunlich
kongruent gerechnet. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die
Detailentwicklung des konvektiven Geschehens mit den üblichen Unschärfen
ausgestattet ist, die häufig erst kurz vor in situ aufklaren.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann