SXEU31 DWAV 311800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 31.03.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Zunächst noch Südlage mit Föhnsturm in den Alpen und einzelnen Gewittern im
Westen. Am Ostermontag dann PATRICIA, ihres Zeichens zwar „nur“ Randtief, aber
mit viel Chuzpe (Wind/Sturm, Regen). In diesem Sinne FROHE RESTOSTERN!

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC

Aktuell … befinden sich weite Teile West- und Mitteleuropas inmitten eines
großräumigen Tiefdrucksumpfes, der von einem nicht minder umfangreichen
Langwellentrog über dem Ostatlantik gestützt und genährt wird. Tonangebend ist
das zentralsteuernde Tief NADJA (int. Nelson), das sich schon seit Tagen knapp
west-südwestlich von Irland aufhält, wo es heute Abend noch immer eine
985-hPa-Kernisobare zur Schau trägt. Um das Zentraltief herum kreiseln
wiederholt flache Wellen oder kleine Randtiefs, die mitunter wie die Mücken
ausschwärmen, so dass man in klassisch österlicher Bräsigkeit schnell mal die
Übersicht verlieren kann. Fakt ist, dass auch wir hier in Deutschland immer
wieder von solchen Tiefs heimgesucht werden (entweder direkt oder in
unmittelbarer Nachbarschaft), was einen recht abwechslungsreichen Wetterablauf
zur Folge hat.

Aktuell – die Rede ist vom frühen Sonntagabend – präsentiert sich das hiesige
Druckfeld stark aufgefächert, wobei man mit etwas Fantasie sogar einen leichten
Zwischenhocheinfluss erkennen kann (schwacher Keil von der Nordsee her). Nach
Zwischenhocheinfluss riecht auch das Wetter, das heute im Westen und Norden zwar
zeitweiligen Regen brachte, sich ansonsten aber über weite Strecken wenigstens
einigermaßen in Feiertagslaune präsentierte mit einer häufig trockenen Mischung
aus Wolken und mal mehr, mal weniger langen sonnigen Phasen. Etwas Saharastaub
war auch noch am Start (siehe dazu auch das heutige „Thema des Tages“), aber
nicht mehr so viel wie gestern, wo die Vorhersage insbesondere in der Westhälfte
mit Verlaub mächtig in die Hosen ging. Inzwischen haben sich im Westen einige
Schauer und sogar Gewitter entwickelt (RP/NRW), die sich in den nächsten Stunden
gen Norden verlagern, wobei sie in ungünstiges Terrain hineinlaufen und sich
infolgedessen abschwächen bzw. auflösen.

Derweil droht aus Frankreich neue Importware in Form schauerartiger, hier und da
sogar recht erklecklicher Regenfälle. Mitauslöser ist das flache Tief PATRICIA,
welches heute tagsüber noch als offene Welle Teile Spaniens in Richtung Pyrenäen
gekreuzt hat, um sich hinter dem Hochgebirge mit orografischer Unterstützung zu
einem kleinen Randtief zu mausern. Dieses kleine Randtief zieht bis zum
Frühstück ins Elsass bzw. nach Lothringen, um danach den Ostermontag auf
deutschem Territorium zu feiern. Mit Unterstützung eines in der diffluenten
südlichen Höhenströmung nordwärts „schwimmenden“ Sekundärtrogs sowie einer
lehrbuchartigen Rechtdrehung des Windes mit der Höhe (von O/SO auf S/SW => WLA)
wird ausreichend Hebung generiert, die wiederum auf eine dankbare weil feuchte
Luftmasse trifft. Kurzum, noch vor Mitternacht greifen die anfangs teils
gewittrigen Niederschläge auf den Südwesten und Westen über, wobei der
Schwerpunkt sehr wahrscheinlich in RP und im Saarland zu finden sein wird
(Saarland ist logisch, weil dort, genau in Saarbrücken, am Dienstag ein
DFB-Pokal-Halbfinale stattfindet, wo es bewährte Tradition ist, dass solche
Spiele auf tiefem, regendurchtränktem Geläuf stattfinden). Aufsummiert über 6
bis 9 Stunden können hier (also in RP und Saarland) gebietsweise durchaus 10 bis
15, lokal vielleicht bis zu 20 l/m² fallen, was aber unbewarnt durchlaufen kann.

Blieben abschließend nur noch ein, zwei Bemerkungen zum Wind, der mit Ausnahme
des alpinen Föhns sowie einzelner konvektiver Böen zunächst keine Schlagzeilen
macht. Der Südföhn allerdings haut ordentlich ins Kontor, was angesichts eines
Drucküberschusses von etwas über 10 hPa (Bozen – Innsbruck) nicht sonderlich
verwundert. Sturm bis Orkanstärke (11-12 Bft) ist auf den Gipfeln zu erwarten,
in den anfälligen Tälern sowie im östlichen Bodenseegebiet stehen Böen 7-9 Bft
auf der Karte. Ausgangs der Nacht beginnt der südliche, später auf Südwest bis
West drehende Wind dann auch im südlichen Schwaben sowie südlichsten Südbaden
ganz allmählich aufzumucken mit ersten Böen 7-8 Bft – Auftakt zu einer
ostermontäglichen Windgeschichte, die sich als etwas tricky entpuppt.

Montag … beginnt sich die Großwetterlage wenn auch nicht im Hauruckverfahren
umzustellen. TB (Tief Britische Inseln) geht zu Ende, weil der guten NADJA so
langsam die Puste ausgeht und sie sich aufs Altenteil in Richtung Südengland
begibt. Außerdem (und fast noch wichtiger) verlagert sich ein Teil des
Höhentrogs nach Mitteleuropa, wobei er an Amplitude einbüßt. Nachfolgend stellt
sich für einige Tage eine schlingernde, weil leicht mäandrierende
West-Südwestströmung ein, die weitere Abwechslung garantiert. Doch zunächst zum
Ostermontag, der durchaus ein paar knifflige synoptischen Winkelzüge zu bieten
hat.

Zunächst mal gilt es rasch den Faden zu PATRICIA wieder aufzunehmen, unserem
Randtief aus Südwesteuropa, das in den Morgenstunden den Oberrheingraben von der
französischen auf die deutsche Seite überschreitet. Von dort verbindet es sich
mit einem weiter östlich positionierten Föhntief, das sich nördlich des
Alpenhauptkamms orografisch gebildet hat. Bis zum Nachmittag zieht das leicht
dipolartig formierte Tief in den Nordosten des Landes, wobei der Kerndruck
voraussichtlich knapp oberhalb von 990 hPa bleibt. Solch ein Wert erschreckt
einen auf den ersten Blick nicht wirklich. Wenn man nun aber berücksichtigt,
dass dem Tief von Frankreich und aus den Alpen heraus eine veritable
Druckanstiegswelle folgt (die übrigens so ganz nebenbei dem Südföhn den Garaus
macht), sieht die Sache schon anders aus. Im Klartext, es baut sich von Süd nach
Nordost fortschreitend für einige Stunden ein veritabler Druckgradient auf, der
freilich nicht ohne Folgen für die Windentwicklung bleibt.

Während also der Föhn von West nach Ost die Grätsche macht (hat uns ja lange
genug beschäftigt), frischt der auf Südwest bis West drehende Wind zunächst im
Süden, etwa ab Mittag dann über der östlichen Mitte und zum Abend hin dann auch
in der Elbregion sowie nordöstlich davon spürbar auf. Wenn man so will verlagert
sich das Windmaximum Zug um Zug von Süd nach Nordost, meint, während es in der
einen Region anfängt aufzubrisen, lässt es in der anderen bereits wieder nach.
Und über was für Windgeschwindigkeiten reden wir hier? – Nun, fragt man die
zahlreichen Modelle, reicht die Palette von Spitzen zwischen 6/7 Bft bis zu 10
Bft (ICON-Nest morgen früh im Süden BaWüs). Neben der unterschiedlichen
Windparametrisierung könnte auch die geometrische Konfiguration des Tiefs eine
nicht unerhebliche Rolle spielen, das einen mal mehr, mal weniger (IFS)
ausgeprägten Bodentrog zeigt. Es scheint opportun, beim Warnmanagement eine von
Südwest nach Nordost zeitlich gestaffelte Kaskade aufzubauen, bei der die
Intensität sukzessive abgebaut wird (Start im Südwesten mit verbreitet 8, teils
9 Bft, Ende im Nordosten überwiegend 7 Bft).

Als wäre die Geschichte mit dem Wind nicht schon kompliziert genug, gesellt sich
noch ein zweiter Parameter dazu, der äußerste Beachtung verdient. Die Rede ist
vom Niederschlag, genauer gesagt vom Regen, denn Schnee ist ja weit und breit
nicht zu sehen. Zunächst mal breiten sich die Regenfälle aus der Nacht auf die
gesamte Westhälfte aus, bevor sie sich mehr und mehr nach Norddeutschland
verlagern. Dabei sollen sie an Intensität zulegen, auch wenn die apostrophierten
Gesamtmengen sowie die räumlichen Schwerpunkte von den verschiedenen Modellen
noch mit gewissen Unterschieden behandelt werden. Die Wahrscheinlichkeit ist
aber nicht gering, dass im nördlichen Niedersachsen, im Hamburger Raum, in
Mecklenburg sowie in Schleswig-Holstein bis in die Nacht zum Dienstag
gebietsweise 30 bis 30 l/m² innert 6-9 Stunden (eher Starkregen) respektive 30
bis 50 l/m² innert 12 bis 18 Stunden (Dauerregen) zusammenkommen. Die
Gewitterneigung ist in diesem großen Regenkuchen eher gering. Trotzdem können
gerade im östlichen Bereich des Systems, also auf der warmen Seite, einzelne
elektrische Einlagerungen (+ Starkregen um 15 l/m² und/oder Böen 7 Bft) nicht
völlig ausgeschlossen werden, worauf auch das zumindest rechnerische
Vorhandensein von etwas MU-CAPE hindeutet.

Darüber hinaus bliebe nur noch zu konstatieren, dass es im äußersten Osten und
Südosten (etwa von Niederbayern über das Erzgebirge bis hoch zur Uckermark)
weitgehend trocken bleibt mit einigen Sonnenfenstern. Auflockern und abtrocknen
tut es nach Abzug des Tiefs auch im Süden und Südwesten, allerdings ist die weit
herumgeholte maritime Subpolarluft (mPs; T850 um 1°C) leidlich labil
geschichtet, so dass einzelne Schauer im Bereich des Möglichen liegen.

Thermisch bringt uns der zweite Feiertag Tageshöchstwerte, die rückseitig des
Tiefs zwischen 11 und 15°C, im höheren Bergland etwas darunter liegen. Wärmer
wird es dagegen im gesamten Osten sowie im Osten Bayerns, wo man sich von der
Ober- bis zur Niederlausitz durchaus über 20°C oder etwas mehr freuen kann.

In der Nacht zum Dienstag verabschiedet sich PATRICIA nach Dänemark bzw. auf die
Ostsee, wo es den östlichen Rand einer bemerkenswerten, über UK/Irland bis weit
draußen auf den mittleren Nordatlantik reichenden Kette an Tiefdruckgebieten
markiert. Neben der alternden NADJA tummeln sich da noch einige namenlose
Grazien sowie das Tief QUILLA, das mittelfristig auch unser Interesse wecken
könnte. Stellt sich die Frage, gibtŽs überhaupt noch Hochdruckgebiete und wenn
ja, wo seid ihr? Klar gibt es welche, nur nicht bei uns. Eines liegt mitten auf
Grönland mit bis zu 1040 hPa, ein weiteres über dem Mittelmeerraum.

Doch zurück zur Nachtvorhersage, die im Norden weiteren Regen vorsieht, der sich
immer wieder um den Tiefkern wickelt und nur zögerlich oder sogar gar nicht aus
SH und MV verschwindet (was bei der Ausgabe einer wahrscheinlichen
Dauerregenwarnung zwingend beachtet werden muss). Im großen Rest des Landes
stellt sich wechselnde Bewölkung mit einzelnen Schauern ein, die von einem
mitunter leicht böig auffrischenden Südwestwind begleitet werden. Das kernnahe
Windmaximum im Nordosten zieht sich langsam an bzw. auf die Ostsee zurück, wobei
hinsichtlich der Rückzugsgeschwindigkeit noch gewisse Meinungsverschiedenheiten
unter den diversen Modellszenarien existieren.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC

Dienstag … knüpft der 12-UTC-Lauf von ICON ziemlich nahtlos an seine jüngsten
Vorgänger an. Insgesamt steht uns ein wechselhafter und windiger (Gradient, vor
allem aber Tagesböigkeit) Tag in subpolarer Meeresluft (mPs) ins Haus, an dem es
den einen oder anderen Schauer zu akzeptieren gilt. Nicht ausgeschlossen, dass
im äußersten Norden und Nordosten noch immer eine Regenschliere unserer
nimmermüden PATRICIA rumhängt. Vor allem UK10 und GFS rechnen eine bezogen auf
die räumliche Ausdehnung ziemlich offensive Variante – abwarten.

Modellvergleich und -einschätzung

Wer den Text ausführlich gelesen hat, wird festgestellt haben, dass gleich
mehrere Prognoseunschärfen innerhalb des Modellpools gegeben sind. Das betrifft
gar nicht mal so sehr den grundlegenden Kurs als vielmehr zu erwartenden
Wetterauswirkungen. Vor allem Madame PATRICIA, die von morgen an das Regiment
übernimmt, gibt sich als mystische Lady mit Überraschungspotenzial sowohl was
den Wind als auch den Regen inkl. möglicher Gewitter angeht.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann