SXEU31 DWAV 241800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 24.01.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Von Südwesten allmähliche Windabschwächung, im Nordosten bis in den Donnerstag
hinein stürmisch. Alpenrand Dauerregen, Hochlagen teils markanter Neuschnee und
sehr mild.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC

Aktuell … hat das Sturmtief JITKA (int. JOCELYN) mit seinem Sturmfeld
Deutschland fest im Griff, der Höhepunkt ist jedoch nun seit der Mittagszeit/dem
frühen Nachmittag überschritten. Allerdings sorgt die Interaktion von JITKA mit
dem Norwegischen Gebirge inklusive einer Keilaufwölbung in Richtung Europäisches
Nordmeer für eine Deformierung des Bodendruckfeldes. Das Resultat ist eine
Rinne, die sich stromauf von JITKA über Südschweden entwickelt und auch im
IFS-ENS gut hinterlegt ist (Clusterung der Member bei rund 1005 hPa). Diese
Konfiguration lässt den Druckgradienten im Nordosten nur sehr zögerlich
aufweichen, während es sonst von Südwesten mit der Keilaufwölbung zu einer
deutlichen Entspannung beim Thema „Wind“ kommt.

Heute Nachmittag und Abend treten besonders im Norden und Osten weiterhin
stürmische Böen oder Sturmböen auf. Der Wettercharakter ist dort ein sehr
wechselhafter. Die Numerik zeigt eine Blase in 700 hPa mit Temperaturwerten von
um -10 Grad, die auch in entsprechenden AMDARs gut zu erkennen ist. Darüber
sorgt kräftige WLA für eine äußerst hochreichend stabile Schichtung. Das EL
liegt bei rund 2.6 km AGL und entsprechende Labilitätsfreisetzung äußert sich in
seichter, aber recht verbreitet auftretender Schaueraktivität mit geringen
Stundenmengen (0.5 bis 1 l/qm/h). Impulstransfer zum Boden stützt neben dem
Gradienten die recht flächig beobachteten markanten Böen, die bis zum Abend
andauern. Im Küstenumfeld der Deutschen Bucht und Ostsee treten weiterhin
schwere Sturmböen Bft 10 auf und auch Richtung Dithmarschen bis Vorpommern kann
sich eine lokale Bft 10 bis ins Binnenland mogeln.
Im Bergland dauern markante bis unwetterartige Böen Bft 9 bis 11 je nach
Höhenlage bis zum Abend weiter an (exponierte Alpengipfel Bft 12). Sonst sorgt
ein aufweichender Druckgradient von Südwesten für eine deutliche Windabnahme
(Bft 6/7 im Tiefland mit Bft 8/9 im Bergland).
Zum Abend ziehen sich die Schauer im Umfeld der südwärts rauschenden Kaltfront
an den Alpenrand zurück, sonst bleibt es von NRW bis zur Donau trocken mit teils
größeren Auflockerungen.

Ein Wort noch zu den Schauern entlang der Kaltfront. Diese bildeten dank der
extremen Scherung heute tagsüber mehr oder weniger den Hodographen ab mit weit
nach Südost abgewehten Niederschlagskernen und trockenen Abschnitten dazwischen.
Zum Abend beginnt sich die Kaltfront nun immer mehr in die Höhenströmung zu
legen, sodass die Schauer in Süddt./im Alpenvorland mehr und mehr zu einer
kompakten Linie zusammenwachsen (dank gegenseitigem seeder Effekt). Im Memminger
Radar sind z.B. zu 15Z zudem seichte Rotationen erkennbar, die punktuell das
Böenpotenzial noch anheben (markante Böen). Stundenraten von teils 7 l/qm sind
für Januar ebenfalls recht üppig.

Die abendlichen Werte liegen von Süd nach Nord zwischen 11 und 6 Grad.

Die Nacht zum Donnerstag bleibt das Wetter deutschlandweit stark bewölkt bis
bedeckt mit nur kurzen Auflockerungen (besonders im Lee der Gebirge). Im
Norden/Osten dauert die rege Schauertätigkeit weiter an und hört nur zögernd von
Norden auf.
Im Alpenstau geht die vom Tage sich noch anstauende Restfeuchte in Form der
zonal ausgerichteten Schauerlinie fließend in eine beginnende Staulage über,
sodass nach Mitternacht dort anhaltende Regenfälle einsetzen. Entlang der
Bayerischen Alpen schneit es oberhalb einer von Ost nach West von 1100 auf über
1500 m ansteigenden Schneefallgrenze zunehmend kräftig. Die am Abend im Radar
erkennbare konvektiv verstärkte Linie im Umfeld der Bodenfront interagiert mit
der komplexen Orografie in einer recht warmen und sehr feuchten Luftmasse,
sodass in Staulagen 6-std. Niederschlagsmengen um 20 l/qm recht wahrscheinlich
sind (z.B. Allgäuer Alpen). Somit kann dort 12-std. auch lokal 30 bis 40 l/qm
Niederschlag fallen (z.B. Walsertaler Berge), was zusammen mit dem
Schmelzvorgang die Abflussmengen (z.B. für die Iller) nahe an die
Unwetterschwelle bringt (dort einzelne Member mit HQ2 für morgen).

Der West- bis Nordwestwind weht im Norden und Osten weiterhin spürbar mit
steifen bis stürmischen Böen. Die stärksten Signale im ID2-EPS für Bft 9 Böen
gibt es von der Mecklenburger Bucht bis zur Uckermark und besonders über
Vorpommern/Rügen sind bis Mitternacht auch noch schwere Sturmböen zu erwarten.
Ebenfalls Böen im oberen markanten Bereich (Bft 9/10) sind die gesamte Nacht
über auf dem Kamm des Erzgebirges einzuplanen, wo der Gradient im Zusammenspiel
mit einer recht gut positionierten Inversionshöhe entsprechende
Geschwindigkeiten hervorruft. Auf dem Fichtelberg kann auch die eine oder andere
11-er Bö nicht ausgeschlossen werden. Im Bayerischen Wald klingen entsprechende
Böen im Verlauf der zweiten Nachthälfte zögernd ab, dauern jedoch auf
exponierten Alpengipfeln weiter an. Ansonsten stehen dem Westen und Süden mit
Blick auf den Wind warnfreie Stunden bevor.

Die Tiefstwerte liegen je nach Bewölkungsverteilung zwischen +8 und +3 Grad, im
Erzgebirge/Bayerischen Wald auf Gipfelniveau auch um -1 Grad.

Donnerstag … baut sich ein kräftiger Keil auf, dessen Achse zur Mittagszeit
über Frankreich/Nordsee analysiert werden dürfte. Deutschland verbleibt somit an
der wechselhaften Ostflanke in einer nordwestlichen Strömung. Die am Mittwoch zu
den Alpen geführte Kaltfront wird dank Druckfall vor Irland und einsetzender
hochreichender und den Keil überlaufender WLA als Warmfront nordostwärts über
Deutschland geführt. Der über dem Alpenraum liegende Kipppunkt sorgt dort
ganztätig für eine ausgewachsene Staulage. Entsprechende Dauerregen- und
Schneefallwarnungen sind bereits ausgegeben.

Skalige Niederschläge im Umfeld der Warmfront arbeiten sich im Tagesverlauf
sukzessive von den Allgäuer zu den Chiemgauer Alpen voran. Dabei fällt das
meiste Nass besonders zwischen den Allgäuer Alpen und dem Mangfallgebirge mit
12-std. Mengen von 15 bis 25 l/qm, in Staulagen örtlich auch etwas mehr. Trotz
einer deutlichen Erwärmung im Zuge der Warmfrontpassage von präfrontal -2 auf
postfrontal +3 Grad wird die Schneefallgrenze besonders durch die hohe
Niederschlagsrate recht lange nach unten gedrückt und bleibt von Ost nach West
gerichtet meist zwischen 1000 und 1300 m hängen. Darüber schneit es kräftig mit
5 bis 15 cm Neuschnee. Es sei hervorgehoben, dass innerhalb der Ensembles im
Maximum recht verbreitet ein 12-std. Schneeanteil von 20 bis 30 cm berechnet
wird. Im Zuge der komplexen Orografie, regionaler Niederschlagsschwerpunkte etc.
können lokal solche Mengen oberhalb von 1500 m nicht komplett ausgeschlossen
werden.

Unterhalb von 1000 bis 1300 m herrscht Tauwetter, dessen Abflussmenge neben dem
Dauerregen bei den Warnmengen berücksichtigt wurde.

Im Osten (Vorpommern bis Lausitz) dauern die Schauer bis zum Abend weiter an,
sonst bleibt es in weiten Bereichen Deutschlands bei meist starker Bewölkung
trocken.

Der Nordwestwind weht im Osten zwischen Ostsee und Erzgebirge stark böig, in
Richtung Vorpommern auch noch stürmisch und schwächt sich im Tagesverlauf
sukzessive ab, sodass zum Abend nur noch in Richtung Lausitz und im Erzgebirge
Böen Bft 7/8 aus West bis Nordwest auftreten. Sonst spielt der nach Westen zu
auf Südwest drehende Wind keine warnwürdige Rolle mehr.

Die Höchstwerte liegen bei 8 bis 13 Grad mit den höchsten Werten entlang des
Oberrheins.

In der Nacht zum Freitag schiebt sich die Warmfront ostwärts voran und erreicht
zum Abend auch Brandenburg. Die Stauniederschläge am Alpenrand dauern besonders
im Mangfallgebirge bis zu den Berchtesgadener Alpen weiter an mit 12-std. Mengen
um 15 l/qm. In den Hochlagen der Berchtesgadener Alpen fällt noch 5 bis 10 cm
Neuschnee. Die nachlassende Niederschlagsintensität lässt die Schneefallgrenze
sukzessive auf über 1500 m ansteigen.

Abseits der Staulagen regnet es abgesehen vom Osten deutschlandweit etwas mit
nur kurzen Pausen, wobei insgesamt aber nur wenig Nass herunterkommt. Ausgangs
der Nacht kommt von der Deutschen Bucht neuer Regen auf.

Der Südwestwind weht mäßig bis frisch aus Südwest, im Nordwesten zunehmend
frisch bis stark. Auf Helgoland sowie im exponierten Bergland sind immer wieder
8-er Böen zu erwarten.

Die Tiefstwerte liegen von West nach Ost zwischen +8 und +2 Grad, im östlichen
Bergland etwas unter dem Gefrierpunkt.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Freitag … hat sich im Vergleich zur Frühübersicht nichts Wesentliches
verändert. Schaut man sich die zu erwartende Kaltfrontpassage an, so scheint
diese aus heutiger Sich bis 3 km von KLA überlaufen zu sein, sodass mit einem EL
von rund 700 hPa zu rechnen ist. Zudem deuten cross sections postfrontal
trockene Höhenluft an, die bis rund 600 hPa nach Südosten in Richtung
Frontfläche vorstoßen möchte, sodass abgesetzt von den frontalen Niederschlägen
ein konvektives Niederschlagsband im Umfeld der Boden(kalt)front Deutschland
südostwärts überquert.
Die Gewitterwahrscheinlichkeit fällt gering aus bei ELs um 700 hPa />-10C.
Dennoch muss im Zuge der konvektiv geprägten Kaltfrontpassage dank des
Impulstransportes mit markanten Böen bis ins Tiefland gerechnet werden (Bft 8,
teils Bft 9, zur Mitte mehr in Bft 8 Böen übergehend). Natürlich wird die
Entwicklung der Parameter im Umfeld de Kaltfront weiter beobachtet, da einige
Werte wie ein deutlicher Druckanstieg postfrontal sowie ein scharfer Windsprung
entlang der Bodenfront nicht uninteressant wären für organisierte konvektive
Aufwinde.

Aus dem Gradienten heraus treten besonders im gesamten Norden markante Böen Bft
8/9 auf, über der Deutschen Bucht auch Bft 9/10, auf dem Brocken noch mehr. Im
Südwesten fällt der Wind im Bft 6/7 Bereich deutlich schwächer aus mit markanten
Böen im Bergland.

Abseits der Bodenfront sorgt der Katafront-Charakter für ein skaliges
Niederschlagsband, das die Mitte zur Mittagszeit und die Alpen zum Abend
erreicht. 12-std. Mengen verbleiben im Norden um 10 l/qm mit geringeren Werten
im Süden. Zum Abend sinkt die Schneefallgrenze am Alpenrand auf 1300 bis 1000 m
ab und auf exponierten Alpengipfeln fallen erste Flocken. Sonst sinkt die
Schneefallgrenze von Nordwesten auf unter 500 m ab, allerdings klingen die
Schauer von Nordwesten bis zum Abend rasch ab.

Die Höchstwerte liegen im milden Bereich mit 8 bis 13 Grad.

Alles Weitere (inklusive der Nacht zum Samstag) kann der Frühübersicht entnommen
werden.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Kurzfrist wird innerhalb der Numerik homogen gezeigt, sieht man von
geringfügigen Diskrepanzen zum Freitag mit der Annäherung des Troges von
Nordwesten ab. Diese sorgen jedoch für keine nennenswerten Unterschiede bei der
vorhergesagten Wetterentwicklung.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy