SXEU31 DWAV 031800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 03.01.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Wiederholte schauerartige Regenfälle und damit weiterhin Warnungen vor
Dauerregen, teils Unwetter. Morgen noch windig mit abnehmender Tendenz. Von
Norden her kälter.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC

Aktuell … hat sich über Europa eine südliche Westlage eingestellt, wobei die
Frontalzone mit dem Jetstream in der Höhe über Nordspanien, Norditalien und den
Südosten Europas verläuft. Damit befinden wir uns also auf der kalten Seite der
Frontalzone, wovon man aber derzeit kaum etwas merkt, da wir bodennah in einer
kräftigen westlichen Strömung am Südrand der Tiefdruckzone Dietmar-Annelie
liegen. Somit ist bei uns über dem Atlantik stark erwärmte Meeresluft polaren
Ursprungs eingeflossen (mPs), in 850 hPa ist diese in etwa 1°C mild. Nördlich
der Tiefdruckzone lauert dagegen eine niedertroposphärisch sehr kalte arktische
Luftmasse. Trotz niedrigen Geopotentials ist dann über Skandinavien und
Nordrussland auch ein kräftiges Bodenhoch zu finden.

Heute Abend liegt der Kern des bei uns wetterbestimmenden Tiefs Annelie bei
Fünen mit einem Kerndruck von 982 hPa. An dessen Nordrand herrscht im
Übergangsbereich zu dem Skandinavienhoch ein kräftiger Druckgradient, so dass
über Dänemark stürmischer Nordostwind weht, der aber Deutschland nicht erreicht.
Bei uns sind Südwestwinde vorherrschend. Da insbesondere über der Nordhälfte
Deutschland der Gradient nicht allzu stark ist, weht der Wind dort mäßig und ist
nicht mehr warnwürdig. Weiter nach Süden hin ist dagegen der Gradient noch etwas
stärker, so dass dort noch steifen, in etwas exponierteren Lagen und bei
Schauern auch mit stürmischen Böen zu rechnen ist. In 850 hPa bläst der Wind
insbesondere über dem Süden sehr stark mit ca. 100 km/h. In der Folge kommt es
auf den exponierten Bergen zu schweren Sturmböen bis Orkanböen.

Trotz nur mäßig kalter Luft in der mittleren Troposphäre (-26 bis -28°C) ist die
Schichtung aufgrund der niedertroposphärisch sehr milden Luft recht labil, so
dass es zu zahlreichen Schauern kommt, die recht flott von West nach Ost
durchziehen. Dabei sind auch einzelne Gewitter dabei, mit denen aufgrund des
oben beschriebenen starken niedertroposphärischen Windes auch einzelne Sturmböen
auftreten können. Davon ausgenommen ist nur der äußerste Norden, wo sich etwas
stabilere Luft um den Tiefkern herumgewickelt hat (der Tiefkern selbst ist in
der Höhe ebenso warm), so dass stratiforme Regenfälle auftreten.

Wo wir schon bei Thema Regen sind: Derzeit sind in vielen Regionen Deutschlands
Dauerregenwarnungen ausgegeben, teilweise Unwetter. Diese laufen größtenteils
seit Montagabend oder der Nacht zum Dienstag und laufen im Norden Deutschlands
heute Abend aus, in den Mittelgebirgen Donnerstag oder Freitag. Zwar wird
(Achtung: Spoiler!) der Charakter der Regenfälle in den Folgetagen eher
schauerartig sein und auch die Mengen erreichen für sich keine Warnkriterien
mehr, rückwirkend betrachtet, also die kräftigen Regenfälle des gestrigen Tages
eingeschlossen, werden durchaus Warnschwellen überschritten, so dass das
Weiterlaufen der Warnungen durchaus gerechtfertigt ist, zumal auch die
Auswirkungen auf die Hochwasserlage regional dramatisch sind. Bis heute Abend
sind z.B. Niederschlagssummen gefallen (48-stündig seit Montagabend):
In Staulagen des Schwarzwaldes, der Eifel, des Schwarzwälder Hochwalds, des
Thüringer Waldes: 60 bis 80 l/qm
In den übrigen bewarnten Mittelgebirgsregionen: 25 bis 65 l/qm.

In der Nacht zum Donnerstag füllt sich Tief Annelie langsam auf, bildet aber
später einen neuen Tiefkern im Bereich des Stettiner Haffs. In der Höhe wird in
der kräftigen westlichen Strömung ein Kurzwellentrog über Deutschland hinweg
gesteuert. Damit kommt von West nach Ost durch PVA verstärkte Hebung auf. Bei
weiterhin sehr labiler Schichtung kommt es zu zahlreichen Schauern und
schauerartigen Regenfällen. Dabei können auch einzelne Gewitter eingelagert
sein. Vor allem im Ostseeraum und in einem sehr breiten Streifen in der Mitte
fallen oftmals 5 bis 15 l/qm Regen. Ganz im Süden und im Nordwesten ist es etwas
weniger.

Am Rande des abziehenden Tiefs gewinnt die skandinavische Kaltluft Raum nach
Süden, so dass im Nordwesten Deutschlands die Temperatur deutlich zurück geht.
Damit kann im Norden Schleswig-Holsteins der dort stratiforme Regen langsam in
Schnee übergehen. Vor allem in Ostseenähe kann es auch gegen Morgen örtlich
schon eine dünne Schneedecke geben. Ansonsten hat es der Schnee aufgrund der
sehr milden Vorgeschichte schwer liegenzubleiben.

Auch in den übrigen Landesteilen geht die Temperatur etwas zurück, in 850 hPa
sind es dann wieder um -1°C und in den höchsten Mittelgebirgslagen ab 1000 m
geht ebenso der Regen in Schnee über. Die Tiefstwerte der Temperatur liegen im
Süden und in der Mitte meist bei 9 bis 6°C, im höheren Bergland und im Norden
bei 5 bis 2°C, an der Grenze zu Dänemark bei 0°C.

Zuletzt noch zum Wind: Dieser weht vor allem im Süden und in der Mitte weiter
mäßig bis frisch aus West mit steifen, exponiert und bei Schauern auch mit
stürmischen Böen. In der Höhe schwächt sich das Starkwindfeld etwas ab, trotzdem
kommt es in höheren Mittelgebirgslagen noch zu Sturmböen, in exponierten Lagen
weiter zu schweren Sturmböen bis Orkanböen, wenn auch mit etwas abnehmender
Tendenz. Bei Gewittern kann es auch im Flachland mal Sturmböen geben, bei
Gewitterlinien sind auch schwere Sturmböen vorstellbar.

Am Donnerstag … schwenkt ein Trog in den nahen Atlantik, während sich stromab
über Frankreich ein Rücken aufwölbt, dessen Achse sich gegen Abend unserem Land
nähert. Der o.e. Kurzwellentrog zieht nach Polen und mit ihm zieht auch
Bodentief Annelie ostwärts ab. Von Südwesten erfolgt dagegen Druckanstieg, was
von Südwesten her für leichten Zwischenhocheinfluss sorgt.

An der Westflanke von Tief Annelie frischt im Ostseegebiet der Wind noch einmal
stark aus Nordost auf, so dass es von West nach Ost an der Küste zu steifen bis
stürmischen Böen kommt, in exponierten Lagen kann es auch Sturmböen geben. Am
Nachmittag lässt der Wind aber von Westen her auch recht rasch wieder nach.
Ansonsten kommt es vom Süden über die Mitte bis in den Osten tagsüber noch zu
steifen Böen um West, in exponierten Lagen stürmischen Böen. Auf den exponierten
Bergen sind es anfangs noch Sturmböen bis orkanartige Böen. Im Tagesverlauf
lässt aber der Wind in allen Höhenniveaus deutlich nach. Im Nordwesten weht der
Wind nur noch schwach bis mäßig.

Mit den nördlichen Windkomponenten in der Nordhälfte Deutschlands kommt die
Kaltluft noch etwas nach Süden voran. Die -2°C-Isotherme in 850 hPa erreicht
etwa eine Linie vom Emsland bis zum Erzgebirge, in Vorpommern geht es in 850 hPa
schon auf -10°C runter. In den Süden gelangt dagegen eher noch einmal etwas
mildere Luft.

In der ersten Tageshälfte hält die Schauertätigkeit im Süden und in der Mitte
noch an. Im Nordosten fällt stratiformer Regen oder Schnee. Vor allem von
Holstein bis nach Vorpommern kann in der kältesten Luftmasse auch tagsüber etwas
Schnee liegen bleiben oder zumindest etwas Matsch entstehen. Im Tagesverlauf
lässt der Niederschlag im Nordosten ebenso wie die Schauer im übrigen Land nach.
Was übrig bleibt ist ein Niederschlagsband entlang der Luftmassengrenze, die in
etwa dem Verlauf der -2°C-Isotherme, wie oben beschrieben, folgt. Dort regnet es
bis zum Abend weiter. Im Nordwesten und im Süden bleibt es teils auch trocken.
Insbesondere vom Nordwesten bis in den Südosten können in den Mittelgebirgen
teils weiter 5 bis 15 l/qm Regen fallen.
In der Nacht zum Freitag weitet sich der atlantische Trog weiter nach Süden aus
und propagiert gen Osten, seine Achse erreicht die Iberische Halbinsel. Auf
seiner Vorderseite entstehen gleich zwei Tiefs. Zum einen, weit im Süden an der
eigentlichen Polarfront, entsteht über dem Osten Spaniens das Tief Charlotte.
Weiter nördlich zieht Tief Brigitta nach ICON ostwärts durch den Ärmelkanal. Das
Zwischenhoch verabschiedet sich nach Osten, so das Tief Brigitta das Windfeld
steuert und somit Winde aus südlichen und östlichen Richtungen dominieren. Der
Wind nimmt dabei auch in den Bergen weiter ab, so dass vorübergehend mal keine
Windwarnungen aktiv sein dürften. Allerdings legt in der zweiten Nachthälfte der
Ostsüdostwind in der Nordsee wieder los, so dass es dort zu steifen, auf
Helgoland stürmischen Böen kommt.

Anfangs fällt entlang des oben erwähnten Streifens noch Regen, in der Osthälfte
auch Schnee, je nachdem wie sich die bodennahe Kaltluft durchsetzt reicht es
dann auch für eine dünne Schneedecke oder Glätte. Später kommt auf der
Vorderseite von Brigitta mächtig WLA und PVA auf, so dass vom Niederrhein her
mäßige Regenfälle einsetzen. Diese weiten sich im Nachtverlauf nach Osten und
Norden aus, insbesondere vom nordwestlichen Niedersachsen bis nach
Sachsen-Anhalt kann dann auch etwas Schnee fallen, wobei bei Temperaturen um den
Gefrierpunkt Glättegefahr besteht. Auch im Südwesten regnet es etwas. Im
Nordosten und Süden bleibt es weitgehend trocken. Größere Wolkenauflockerungen
beschränken sich auf den Südosten Deutschlands.

Dort gibt es dann auch gebietsweise leichten Frost bis -2°C, ebenso wie es im
Norden und Nordosten auf 0 bis -3°C abkühlt, wobei dort der Frost advektiv zu
Stande kommt. Ansonsten liegen die Tiefstwerte meist zwischen 5 und 0°C.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Freitag … weitet sich der Langwellentrog von Spanien weiter bis nach Algerien
aus, gleichzeitig wölbt sich an seiner Westflanke ein starker Keil auf. Tief
Charlotte zieht über das westliche Mittelmeer ostwärts, während Brigitta unter
Abschwächung nach Deutschland vorankommt und am Abend Osnabrück erreicht.

Stärkeren Wind gibt es in der Nähe des Tiefs: Im Norden kommt er aus Ost und
weht über den Seegebieten in Böen steif bis stürmisch, entsprechend auch an
auflandigen Küstenabschnitten. Vorübergehend kann es auch um die Eifel herum zu
warnwürdigen Böen aus Südwest kommen. Ansonsten weht er im Norden mäßig und
böig-kalt aus Ost, im Südosten nur schwach aus Südwest.

Das Niederschlagsgebiet von Brigitta weitet sich auf die gesamte Nordhälfte aus,
wobei gebietsweise (es gibt noch größere Modellunterschiede) auch bis zu 10 l/qm
Niederschlag fallen können. Dieser kann zur kalten Seite hin überwiegend als
Schnee fallen und bei Temperaturen um den Gefrierpunkt auch tagsüber für
Schneeakkumulation sorgen.

Auch im Süden setzen von Charlotte ausgehend Hebungsprozesse ein, so dass von
den Alpen her im Tagesverlauf Niederschlag einsetzt, der aber unterhalb 1200 m
noch als Schnee fällt. Ganz im Süden erreichen die Höchstwerte noch einmal um
10°C.

In der Nacht zum Samstag verlagert sich Tief Brigitta bis in die östliche Mitte
Deutschlands. Während die kälteste Luftmasse immer noch nördlich des Tiefs
verbleibt, wird jetzt auch zunehmend kältere Luft um das Tief herumgeholt, so
dass in 850 hPa auch im Süden die Temperatur auf -2 bis -4°C zurückgeht. Die
Niederschläge aus den Alpen weiten sich bis ins Vorland aus und die
Schneefallgrenze sinkt auf etwa 500 m, so dass an und in den Alpen
Neuschneeakkumulation einsetzt. Die Tiefstwerte liegen im Norden im leichten
Frostbereich, im Süden noch etwas drüber.

Modellvergleich und -einschätzung

Die synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag wird von den Modellen einheitlich
simuliert. Die Niederschlagsprognosen sehen etwas unterschiedlich aus,
insbesondere die hochaufgelösten Modelle bringen teils noch einmal erhebliche
Regenfälle in den Staulagen. Dies sollte durch die großzügigen
Dauerregenwarnungen aber auch abgewarnt sein.
Ab der Nacht zum Freitag werden die Unterschiede größer, insbesondere weil die
Lage und Zuggeschwindigkeit von Brigitta noch was unsicher ist. Vor allem IFS
(00 UTC) lässt das Tief viel schneller nach Osten ziehen, dagegen ist GFS noch
etwas weniger progressiv. Dies hat natürlich auch auf die Lage der Windfelder
und die Niederschlagsregionen Auswirkungen und damit auch auf die Regionen, in
denen eventuell eine Schneedecke zu Stande kommt, die auch mal ein Weilchen
halten kann. Das schnelle Ostwärts-Ziehen von Brigitta seitens IFS hat auch zur
Folge, dass dieses Modell nachfolgend eine kältere Luftmasse aus Nordosten nach
Deutschlands gelangen lässt, der nach den übrigen Modellen der Weg versperrt
wird. Insofern bleibt es auch bezüglich der Mittelfrist noch spannend.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann