#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Sonntag den 31.12.2023 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 311800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 31.12.2023 um 18 UTC
SCHLAGZEILE:
Zyklonaler, aber moderater Jahreswechsel. Zum Dienstag und Mittwoch hin teils
ergiebige Regenfälle und vielfach windig bis stürmisch.
Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC
Aktuell … befinden wir uns in den letzten Zügen des Jahres 2023, das rein
meteorologisch so einiges zu bieten hatte. Wer wissen möchte, was wir im schon
bald beginnenden 2024 diesbezüglich erwarten können, dem sei das heutige, nicht
ganz ernst gemeinte „Thema des Tages“ meines geschätzten Kollegen „Don“ Tobias
Reinhard auf der DWD-Homepage wärmstens empfohlen – eine absolute
Pflichtlektüre. Heißt nun aber nicht, die Synoptische Spätübersicht an dieser
Stelle abrupt abzubrechen. Ein bisschen was hat der Hoffmann auch noch zu
erzählen, auch wenn der Jahreswechsel vergleichsweise moderat vonstattengeht.
Protagonist auf der europäischen Wetterkarte ist das inzwischen aus zwei Kernen
bestehende Tief COSTA, von denen das für uns relevante Druckminimum gerade dabei
ist, mit knapp über 980 hPa den Nordosten Englands in Richtung der Seegebiete
Tyne und Dogger zu verlassen (das andere Minimum liegt rund 500 km nordwestlich
von Schottland). Der korrespondierende Höhentrog erstreckt sich ausgehend von
den beiden Drehzentren in südöstlicher Richtung bis nach Mitteleuropa respektive
Deutschland und weist mithin eine negative Achsstellung auf. Dem Trog
vorgeschaltet ist eine Kaltfront, die heute tagsüber durchaus einige Akzente zu
setzen vermochte (teils ruppiger und böiger Wind, insbesondere in Teilen Süd-
und Südwestdeutschlands), die Silvesterfeierlichkeiten nun aber lieber auf
polnischer, tschechischer und österreichischer Seite beenden möchte. Am längsten
dauern die frontalen Niederschläge noch im Südosten Bayerns an, bevor auch dort
bald nach Mitternacht Schluss ist. Bis dahin können in den Alpen sowie im
Bajuwarischen Wald oberhalb 800 bis 1000 m ein paar Zentimeter, in alpinen
Staulagen bis zu 10 cm Neuschnee zusammenkommen, so dass dort das Jahr
wenigstens mit einem Hauch von Winter endet.
Ansonsten wird der Vorhersageraum mit einer soliden Portion erwärmter und labil
geschichteter maritimer (Sub)Polarluft (mPs) geflutet, die es auf 500 hPa auf
rund -30°C, auf 850 hPa auf rund -2°C bringt. Das reicht, um mit Hilfe
kurzwelliger Troganteile aus der Höhe schwerpunktmäßig im Nordwesten,
grundsätzlich aber in der gesamten Westhälfte etwas Silvesterkonvektion zu
generieren (Regenschauer, ganz oben nasse Schneeschauer, vereinzelte
Graupelgewitter). Begleitet wird das Ganze zwischen RP/Saarland und Nordsee
sowie allgemein in höheren Lagen von einem relativ flotten Süd-Südwestwind, der
in Böen Stärke 6-7 Bft, vereinzelt 8 Bft erreicht. In einigen exponierten
Hochlagen wie dem Blocksberg im Harz oder dem Feldberg im Schwarzwald stehen gar
(schwere) Sturmböen 9-10 Bft auf dem Zettel.
Abgesehen von einigen Hochlagen bleibt die Nacht frostfrei mit Tiefstwerten
zwischen 8 und 2°C.
Montag … starten wir vergleichsweise moderat ins neue Jahr, bevor es an den
Folgetagen und -nächten – vor allem am Dienstag und Mittwoch – ordentlich zur
Sache geht. Zunächst mal gilt es aber zu erwähnen, dass der Luftdruck in
Fennoskandien inzwischen deutlich angestiegen ist auf z.T. über 1030 hPa. Das
ist insofern von Bedeutung, als dass das resultierende Hoch (HANNELORE)
zunehmend blockierend wirkt, was die vom Atlantik kommenden Tiefdruckgebiete
zwingt, eine südlichere Bahn einzuschlagen. Das wiederum ist keine gute
Nachricht, doch dazu später mehr.
Der morgige Montag wird geprägt von den Resten des Sturmtiefs COSTA über der
Nordsee (um 12 UTC noch mit 990-hPa-Kernisobare) sowie den Resten des sich
auffüllenden und langsam ostwärts schwenkenden Höhentrogs. Zwischen dem Tief und
hohem Luftdruck über Südeuropa hält sich ein leidlicher Gradient, der den
Südwestwind vielerorts spürbar aufmucken lässt. Mit Ausnahme des großen
Nordostens muss dabei immer mal wieder mit Böen 7 Bft, bei Schauern sowie in
exponierten Lagen vereinzelt auch 8 Bft gerechnet werden. In einigen Kamm-,
Kuppen- und Gipfellagen stehen Böen 9-10 Bft, auf dem Brocken vielleicht sogar
11 Bft auf der Karte.
Darüber hinaus steht uns morgen ziemlich wechselhaftes Wetter ins Haus. Die
weiterhin einfließende, höhenkalte subpolare Meeresluft taugt freilich auch
tagsüber dazu, um mit Hilfe des Tagesgangs einige, vereinzelt gewittrige Regen-
oder Graupelschauer zu initiieren. In den Kammlagen der Mittelgebirge können
sich ein paar nasse Flocken daruntermischen. Gesamtbilanz bis zum Abend: 1 bis
5, im Norden lokal bis 10 l/m² innert 12 Stunden. Am geringsten ist die
Schauerneigung im Süden, weil dort etwas trockenere und höhenmildere Luft
einströmt, die zur Stabilität der Schichtung beiträgt. Gerade in Teilen Bayern
wird es ein gar nicht mal so unfreundlicher Tag mit zeitweiligem Sonnenschein.
Thermisch starten wir mit Höchstwerten zwischen 6 und 11°C überdurchschnittlich
ins neue Jahr.
In der Nacht zum Dienstag braut sich über dem Ostatlantik das nächste Ungemach
zusammen. Während Ex-Sturmtief COSTA über der Nordsee in einen „gewöhnlichen“
Bodentrog übergeht und sein Wirken mehr und mehr einstellt, lauern westlich von
UK/Irland bereits die nächsten Gesellen. Da wären zum einen die „Herren
DIETMAR“, ein mehrkerniges Tiefdrucksystem aus 2023, das die steuernde Funktion
übernimmt. Das Salz in der Suppe gibt aber eine offene Welle, die südlich des
Systems ostwärts in Richtung Südengland zieht und sich dabei zu einem kleinen
Schnellläufertief entwickelt. Dieses Tief – es dürfte das erste in 2024 mit
weiblichem Namen sein – erreicht in der Nacht zum Mittwoch Norddeutschland,
wobei es in weiten Landesteilen neben viel Regen auch Wind und Sturm bringt.
Doch zunächst zurück zur Nacht zum Dienstag, in der auf der Vorderseite des
gesamten Tiefkomplexes über dem Ostatlantik kräftige WLA mit stratiformen
Niederschlägen weit nach Osten ausgreift. Diese breiten sich bis zum Morgen etwa
bis zur Elbe, im Süden bis zur Donau aus und markieren den Anfang weiterer,
teils ergiebiger Regenfälle. Der erste Schwung bringt im Westen und Südwesten
sowie in Teilen der Mitte 5 bis 15, in Staulagen lokal um 20 l/m² innert 12
Stunden. Oberhalb von 600 bis 800 m fällt anfangs Schnee, bevor die
Schneefallgrenze im Westen und Süden auf über 1000 m ansteigt. In den Hochlagen
der östlichen und zentralen Mittelgebirge könnte es kurzzeitig für eine dünne
Schneedecke reichen.
Nach einer kurzen Pause frischt der südliche Wind im Laufe der Nacht im Westen
und Südwesten, auf der Nordsee sowie im zentralen Mittelgebirgsraum wieder auf
mit Böen 7 bis 8 Bft, exponierte Höhenlagen 9 bis 10 Bft, Feldberg evtl. „voll
auf die 12″.
In den meisten Regionen bleibt die Nacht einmal mehr frostfrei. Nur in einigen
Hochlagen sowie im Südosten Bayerns (+ Alpenrand), wo für einige Stunden
Wolkenarmut gewährleistet ist, gehtŽs runter in den leichten Minusbereich.
Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC
Dienstag … gelten in der Basis weiterhin die Ausführungen der heutigen
Frühübersicht. Der 12-UTC-Lauf hat keine grundlegenden Änderungen zutage
gebracht, im Detail findet man aber schon gewisse Differenzen. Zunächst fällt
auf, dass die 24-stündigen Niederschlagssummen bis Mittwoch früh im Schwarzwald
sowie in den zentralen und westlichen Mittelgebirgen geringfügig, im
Rothaargebirge und im Bergischen Land sogar um 5 bis 10 l/m² zurückgenommen
wurden. Das Maximum im südwestlichen Niedersachsen wurde sogar deutlich
reduziert (zuvor gebietsweise 30-35, jetzt nur noch um 20 l/m²), dafür wurde der
Regen insgesamt weiter nach Norden ausgeweitet (10 bis 20, gebietsweise um 25
l/m²). Im Harz und im Bayerischen Wald wurden die Mengen etwas aufgestockt.
Hauptgrund für die Differenzen könnte eine abermalige Änderung der Zugbahn des
kleinen Tiefs sein, das im aktuellen Lauf etwas weiter nördlich (Mittwoch 03 UTC
zwischen Hamburg und Bremen) und vor allem schneller als in den Vorläufen
simuliert wird. Damit verschiebt sich übrigens auch das Sturmmaximum auf der
unmittelbaren Südwestflanke des Tiefs (bis 10 Bft) von NRW nach Niedersachsen.
Modellvergleich und -einschätzung
Die Modelle simulieren Jahreswechsel und -start sehr homogen. Erst zum Dienstag,
vor allem aber zum Mittwoch hin nehmen die Unschärfen zu (siehe letztes
Kapitel), auch wenn der Vorhersagespread nicht unmenschlich anwächst. Der
Generalkurs steht und in puncto Regen wird trotz der o.e. Rückzieher ein
offensives Warnmanagement gefahren, bei dem aufgrund der Brisanz der Lage
(Vorgeschichte, aktuelle Hochwassersituation) von den üblichen Vorlaufzeiten zur
Ausgabe von Warnungen großzügig abgewichen wird. Auch werden keine Erbsen bei
den Regenmengen gezählt, im Zweifel wird vor dem Hintergrund des Impactgedanken
eher mal zur höheren Warnung (also in diesem Fall „Rot“) gegriffen. Zu guter
Letzt werden die Dauerregenwarnungen bewusst zeitlich weit nach vorne
ausgedehnt, wohl wissend, dass am Mittwoch eine längere Pause eintritt bzw.
„nur“ noch Schauer fallen. Dass am Dienstag oder Mittwoch mit nicht geringer
Wahrscheinlichkeit wie auch immer geartete Modifikationen an den laufenden
Warnungen vorgenommen werden müssen/können (Aufstockung, Verlängerung, Aufhebung
o.ä.), wird in Kauf genommen.
Trotz dieser Aussichten allen einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann