SXEU31 DWAV 031800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 03.12.2023 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Nach Zwischenhocheinfluss und vor allem im Süden sehr kalter Nacht wieder
zunehmend zyklonal und unbeständig mit Niederschlägen jeglicher Couleur.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC

Aktuell … neigt sich der erste Advent langsam aber sicher dem Ende entgegen –
ein Advent, den man gerade in Teilen Süddeutschlands nicht so schnell vergessen
wird. Frisch gefallener Schnee, an den Alpen sowie im Alpenvorland teils ein
halber Meter oder mehr, dazu Sonne satt und leichter bis mäßiger Dauerfrost.
Winterherz, was willst du mehr, dass es sowas noch gibt. Leider ist es mit der
Herrlichkeit um winter-wonderland bald schon wieder vorbei, weil die Atmosphäre
kein Erbarmen kennt und uns das nächste Tief auf den Pelz jagt, das eines von
der ganz perfiden Sorte ist. Doch der Reihe nach.

Bereits tagsüber hat von Westen her Druckfall eingesetzt, was in der Regel als
untrügliches Zeichen einer bevorstehenden Wetteränderung zu werten ist. Und
tatsächlich wird das in weiten Teilen noch wetterbestimmende Zwischenhoch DUNJA
peu a peu nach Osten in Richtung Ungarn abgeschoben. Etwas nach Westen versetzt
folgt der zugehörige flache Höhenrücken hinterher, der in der kommenden Nacht
aber noch zu großen Teilen den Vorhersageraum überdeckt. Überlaufen wird der
Rücken von einem ersten Schwall WLA, die auf der Vorderseite eines Troges über
dem nahen Atlantik generiert wird. Korrespondierend zu diesem – und damit
schließt sich der Kreis – findet man im Bodendruckfeld ein solide geschnitztes
Bodentief, das den Namen SANI trägt und heute Abend mit nahe 995 hPa im leicht
elliptisch geformten Kern knapp west-südwestlich von Cornwall zu finden ist. Das
Tief verfügt über ein okkludierendes Frontensystem, das uns am morgigen Montag
behelligen wird. Quasi als Vorboten schickt der gute SANI aber bereits eine
vorlaufende isolierte Warmfront ins Rennen (in Fachkreisen gerne als „heimatlos“
bezeichnet, da sie nicht dem eigentlichen Frontensystem angegliedert ist und als
„lonesome cowboy“ unterwegs ist), die den Westen und Norden unseres Landes bis
Morgen Mittag nordostwärts überquert (Achtung, es handelt sich nicht um die
Warmfront, die in der 36-stündigen Vorhersagekarte für Montagmittag knapp
westlich von uns zu erkennen ist).

Mit der Warmfront wird nicht nur mehrschichtige Bewölkung herantransportiert,
aus der es in der Nacht von NRW über Niedersachsen bis hoch zur Nordsee sowie
zur unteren Elbe leicht schneit (1 bis 3, lokal um 5 cm Neuschnee). Es wird
zudem mildere Luft herangeschaufelt, die sich wie häufig bei vergleichbaren
Lagen zunächst mal in der unteren Troposphäre, aber noch nicht in den bodennahen
Luftschichten bemerkbar macht. So steigt die 850-hPa-Temperatur im Westen von -6
bis -2°C am Abend auf rund 0°C am Morgen. Da die Erwärmung aber dem Niederschlag
etwas hinterherhinkt, fällt dieser überwiegend als Schnee. Die
Wahrscheinlichkeit, dass auch die flüssige Phase respektive gefrierender Regen
dabei ist, ist gering, aber nicht gleich null. Im Westen, wo die
niedertroposphärische Warmluft zuerst aufschlägt, ist stellenweise
(gefrierender) Regen nicht ausgeschlossen, was warntechnisch aber ein
klassischer Fall fürs Nowcasting ist.

Im großen Rest der Republik bleibt es die Nacht über weitgehend
niederschlagsfrei (anfangs noch ein paar Flocken im äußersten Osten), vor allem
nach Süden hin abgesehen von gebietsweise dichtem, vertikal aber nicht besonders
mächtigem Nebel gering oder klar. Frischer Schnee, klare Nacht, wenig Wind –
eine klassische Rezeptur für kalte Winternächte. Da nutzt es wenig bis nix, dass
auch in Süddeutschland T850 auf 0°C oder sogar leicht ins Plus ansteigt. Die
Grundschicht koppelt sich durch kräftige Ausstrahlung ab und das Thermometer
rauscht im wahrsten Sinne des Wortes in den zweistelligen Keller zwischen -10
und -17°C, zwischen Schwäbischer Alb und Bayerischem Wald sowie südlich davon
vereinzelt sogar nahe -20°C.

Montag … wandert der flache Höhenrücken relativ zügig über den Vorhersageraum
hinweg, so dass der nachfolgende, nicht besonders stark amplifizierte Trog im
Tagesverlauf bis nach Frankreich respektive Teilen von Benelux vorstoßen kann.
Dabei greift nicht nur ein zweiter Schwall WLA über, der zum Nachmittag ein
(trogvorderseitiges) PVA-Maximum folgt. Auch das o.e., inzwischen weit
okkludierte Frontensystem nähert sich immer mehr an, weil das Tief ebenfalls
Boden nach Osten hin gutmacht. Dieses wird um 12 UTC mit nahe 990 hPa über
Cornwall oder knapp südlich über dem Ärmelkanal, um 18 UTC etwas östlich davon
erwartet.

Während also am Morgen und am Vormittag die letzten, meist leichten Schneefälle
über SH in Richtung Dänemark abziehen (1 bis 3, maximal 5 cm), setzen im Westen
und Südwesten bereits neue Niederschläge ein. Und damit gehen die
Schwierigkeiten los. Inzwischen hat es im Westen und Südwesten
niedertroposphärisch bereits wieder abgekühlt (T850 -1 bis -3°C), allerdings
findet sich etwa südlich von Hunsrück und Pfälzer Wald relativ weit unten (etwa
zwischen 900 und 950 hPa) noch eine mehr oder weniger ausgeprägte „warme“ Nase“
mit leicht positiven Temperaturen, die nur langsam weggehoben bzw. durch
Niederschlagsabkühlung abgekühlt wird. Die Frage ist nun, wie schnell steigen
Luft- und Belagstemperatur im Kontext zum Niederschlag an, was trotz bester
Modellprognosen nicht einfach zu beantworten ist. Und so muss man sich heute
damit zufriedengeben, dass in der Prognose mit Allgemeinplätzen gearbeitet wird,
deren detailgetreue Auflösung möglicherweise erst in situ erfolgt. Etwa südlich
von Hunsrück oder Pfälzer Wald muss am Vormittag vor allem im Bergland mit
gefrierendem Regen und Glatteis gerechnet werden, wohingegen z.B. im Rheintal
nicht zuletzt wegen etwas Wind und Durchmischung (=> Temperaturanstieg) Glatteis
weniger wahrscheinlich, aber nicht unmöglich ist. Am Nachmittag greifen die
Niederschläge nur sehr langsam weiter nach Osten aus, so dass Bayern bis zum
Abend noch weitgehend außen vor bleibt. Auf württembergischer Seite nimmt die
Glatteisgefahr auch in tiefen Lagen zu. Während anfangs auch noch etwas Schnee
am Start sein kann, zieht sich dieser im Verlauf mehr und mehr in Lagen oberhalb
800 bis 1000 m zurück.
Im Westen und Nordwesten ist die Glatteisgefahr in tiefen Lagen geringer. Zwar
findet man auch dort die „warme Nase“ unterhalb von 900 hPa, doch ist die
Wahrscheinlichkeit hoch, dass bei Beginn des Niederschlags Luft- und
Belagstemperatur schon im Plus sind (man bedenke, dass es in der Nacht längst
nicht so kalt wird wie weiter südlich). Die Schneefallgrenze steigt auf 400 bis
600, bis zum Abend auf 800 bis 1000 m (also meist über Kammniveau hinaus), wobei
zuvor im Hochsauerland sowie in den Hochlagen von Eifel und Hunsrück bis zu 5,
lokal vielleicht 10 cm Neuschnee fallen können. Je weiter sich die Niederschläge
nach Osten ausweiten, desto mehr überwiegt die Schneephase.

Ansonsten bliebe noch zu erwähnen, dass es in weiten Teilen der Osthälfte bis
zum Abend weitgehend niederschlagsfrei bleibt. Z.T. ist die Wolkendecke
aufgelockert, mitunter zeigt sich die Sonne. Die Temperatur beeindruckt das
wenig, bleibt sie im Osten und Süden sowie in Teilen der Mitte auch tagsüber
unter dem Gefrierpunkt. Meist im leichten, von Oberfranken bis hinunter nach
Oberbayern gebietsweise aber auch mäßigen Dauerfrostbereich. Nach Westen hin
steigt die Temperatur dagegen auf -1 bis +4°C.
Ach ja, dann wäre da noch der südöstliche Wind, der auf der Nordsee, in den
westlichen, den zentralen und den östlichen Mittelgebirgen (dort Böhmischer
Wind) sowie im Schwarzwald auffrischt mit Böen 7, in exponierten Hochlagen 8,
vereinzelt (Feldberg) 9 Bft. In den Alpen wird es leicht föhnig, auch wenn der
Drucküberschuss von Süd gegenüber Nord (Bozen-Innsbruck) mit 4-6 hPa nicht
übermäßig ausfällt. Die Höhenwinde (700 hPa) nehmen erst am Abend zu, so dass es
dann vor allem auf einigen Gipfeln stürmisch wird.

In der Nacht zum Dienstag erreicht der Höhentrog den Westen Deutschlands,
während sich das Bodentief unter leichter Abschwächung der Rheinmündung nähert.
Die vorderseitigen Niederschläge weiten sich ostwärts auf weite Landesteile aus.
Lediglich Richtung Oder und Neiße sowie im südöstlichen Oberbayern bleibt es
noch trocken. Ansonsten drohen weiter alle Phasen mit der größten Glatteisgefahr
zwischen Main und Donau (evtl. Unwetter) sowie in Teilen der Mitte. Im Norden
überwiegt die Schneephase, nach Westen hin fällt in tiefen Lagen „normaler“
Regen, oberhalb 600 bis 800 m Schnee.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC

Dienstag … hat sich im 12-UTC-Lauf von ICON kaum etwas verändert gegenüber den
Vorläufen. Es gelten mithin die Ausführungen der heutigen Frühübersicht.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modelle simulieren die Entwicklung stabil und sehr kongruent. Trotzdem
bleiben die finalen Fragen nach der genauen Niederschlagsphase (siehe Text)
offen, in Teilen sogar bis kurz vor dem Ereignis.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann