S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 27.11.2023 um 10.30 UTC

Übergang zu Trog Mitteleuropa; unbeständig und nasskalt, gebietsweise
Schneefälle, teils bis in tiefe Lagen, Do/Fr kleinräumig auch markante
Neuschneemengen bzw. Glatteisregen nicht ausgeschlossen, im Detail aber sehr
unsicher.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 04.12.2023

Unbeständig und nasskalt geht es auch im ab dem kommenden Donnerstag beginnenden
Mittelfristzeitraum weiter. Vor alle im Bergland kommt zumindest bis Samstag
durchaus noch einiges an Neuschnee dazu, aber auch in den Niederungen wird es
gebietsweise weiß, wobei dort aber meistens doch eher nasskaltes
„Schmuddelwetter“ überwiegt und es nicht so wirklich winterlich wird.

Nun zur Entwicklung im Einzelnen:
Der Donnerstag markiert den Übergang von einer südlichen Westlage hin zu Trog
Mitteleuropa. Ein mit mehreren Drehzentren ausgestatteter und elliptisch
geformter Höhentrog erstreckt sich in etwa vom Südwesten Russlands über Polen
und Norddeutschland bis zur südlichen Nordsee und „fängt“ im Tagesverlauf ein
Höhentief westlich der Biskaya „ein“, das somit die Funktion eines Randtroges
annimmt. Dadurch nimmt die bislang zonale Achse des gesamten Trogkomplexes bis
zur Nacht zum Freitag eine Südwest-Nordost-Ausrichtung ein.
Südlich der Achse kommt die von der Biskaya bzw. dem Norden der Iberischen
Halbinsel bis zu den Nordalpen bzw. nach Südbayern reichende Frontalzone
vorübergehend etwas nach Norden voran, so dass die westliche Höhenströmung über
dem Süden und der Mitte Deutschlands ein wenig aufsteilt.
Im Bodenfeld erstreckt sich eine Tiefdruckrinne vom Westen Russlands über Polen,
Tschechien und den Alpenraum bis nach Südfrankreich und der Biskaya. An deren
Nordflanke gelangen von Nordosten her kalte und relativ feuchte Luftmassen ins
Vorhersagegebiet, die 850 hPa-Temperatur liegt zwischen -12 Grad an der Grenze
zu Polen und knapp unter 0 Grad nahe der Rinne ganz im Süden des Landes. Während
ein Bodentief über dem Baltikum kaum Verlagerungstendenz aufweist, greift von
der Biskaya und Zentralfrankreich her eine langgestreckte Tiefdruckzone
allmählich auf den Westalpenraum und auch auf Südwestdeutschland über.
Vorderseitig setzen über Süddeutschland von Süden her aufgrund von WLA und
Gegenstromlage verbreitet Aufgleitniederschläge leichter bis mäßiger Intensität
ein, die Freitagfrüh nach Lesart des IFS etwa bis zur Mosel bzw. zum Main
vorankommen und zunächst bis in tiefe Lagen als Schnee fallen, die im Südwesten
und Süden mit der Advektion auch niedertroposphärisch milderer Luftmassen
zumindest unterhalb von etwa 400 bis 800 m auch in Regen bzw. gefrierenden Regen
übergehen könnten.
In den Norden und in die Mitte des Landes schiebt sich ein flacher
Bodenhochkeil; dort bleibt es, abgesehen von vereinzelten, meist unergiebigen
Schneeschauern vielerorts trocken.
Im Nordosten bzw. im Osten sowie im Bergland gibt es leichten Dauerfrost, in den
Niederungen West- und Süddeutschlands bleibt es dagegen zumindest tagsüber meist
frostfrei.

Am Freitag greift der Höhentrog mit seiner Achse auf das Vorhersagegebiet über,
die Frontalzone wird nach Südost- und Osteuropa gedrückt. Somit überdeckt der
umfangreiche Höhentrog nun weite Teile Nordwest-, Nord- und Mitteleuropas.
Entsprechend wird auch die von Frankreich bis zum Alpenraum reichende
Tiefdruckzone nach Süden abgedrängt, während sich das Tief über dem Baltikum
allmählich auffüllt und sich von Frankreich her ein flacher Hochkeil nach
Süddeutschland schiebt.
Mit Abzug der Tiefdruckzone kann sich von Norden her auch ganz im Süden
Deutschlands die kalte Luftmasse wieder durchsetzen (T850 hPa am Samstag, 00 UTC
deutschlandweit zwischen -7 und -11 Grad), so dass die Niederschläge bei zögernd
abnehmender Intensität selbst im äußersten Süden wieder in Schnee übergehen.
Insgesamt deuten sich dort zumindest im Bergland und an den Alpen, gebietsweise
aber auch in den Niederungen in Summe bis Samstagfrüh durchaus markante
Neuschneemengen an.
Im Rest des Landes sorgt zwar der sic nähernde Hochkeil für Druckanstieg und
leichten Zwischenhocheinfluss, dennoch können sich mit Annäherung der Trogachse
in leidlich labiler Luftmasse einzelne Schauer, wohl bis in tiefe Lagen als
Schnee bzw. Graupel, entwickeln. Die Neuschneemengen bleiben aber auch im
Bergland nur gering. An den Temperaturen ändert sich nur wenig.

Am Wochenende und auch zu Beginn der kommenden Woche verbleibt das
Vorhersagegebiet im Einflussbereich des Höhentrogkomplexes, dessen
Hauptdrehzentrum sich nach wie vor über Skandinavien befindet und der durch von
Norden her einlaufende Randtröge, die auch das Vorhersagegebiet überqueren,
immer wieder regeneriert wird.
Somit dauert der Zustrom maritimer Polarluft ins Vorhersagegebiet weiter an.
Diese gelangt zunächst noch auf direkterem Wege über Skandinavien und dem
Nordpolarmeer zu uns, allerdings dreht die Strömung niedertroposphärisch im
Verlauf mehr auf Westnordwest, so dass im Laufe des Sonntags, spätestens zu
Beginn kommender Woche die Luftmasse etwas milder wird (nach Lesart des IFS T85
bis Montagabend auf -2 Grad im Süden und -8 Grad im Nordosten steigend). Die
Randtröge und damit korrespondierende Bodentröge bringen immer wieder
Niederschläge überwiegend leichter Intensität (lediglich im Nordweststau einiger
Mittelgebirge kann es mal länger schneien), die ab Sonntag, spätestens zu Beginn
kommender Woche zumindest im Westen und Süden in tiefen Lagen wieder häufig als
Regen fallen.
Für leichten Dauerfrost reicht es ab Sonntag wohl lediglich noch im Nordosten
sowie generell im Bergland.

In der erweiterten Mittelfrist deutet sich zunächst keine grundlegende
Wetteränderung an, der Höhentrog zieht sich allerdings allmählich etwas nach
Norden bzw. Nordosten zurück und zur Wochenmitte hin kann sich der nach
Mitteleuropa gerichtete Bodenhochkeil somit verstärken.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Im Groben erweisen sich die letzten drei IFS-Läufe als einigermaßen konsistent:
Das Vorhersagegebiet bleibt im Einflussbereich eines umfangreichen
Höhentrogkomplexes mit mehreren Drehzentren über Nord- und Nordwesteuropa, der
seine Fühler bis nach Mitteleuropa ausstreckt.
Im Detail ergeben sich aber bereits für den Donnerstag Differenzen, die große
Auswirkungen auf die Prognosen und vor alle auf das Warnmanagement haben:
Während der gestrige 12 UTC-Lauf dem aktuellen ähnelt (Tiefdruckzone über dem
Alpenraum mit Niederschlägen in Süddeutschland, die ganz im Süden vorübergehend
in Regen übergehen), hat der 00 UTC-Lauf von gestern ein recht kräftiges, von
Westfrankreich bis Freitagfrüh zum Niederrhein ziehendes Bodentief auf der
Agenda, an dessen Südwestflanke sowohl die Niederschläge als auch die mildere
Luft viel weiter nach Norden vorankommen. Bis in die mittleren Landeteile
dürften die Niederschläge dann in tiefen Lagen in Regen übergehen, während es in
den zentralen und nördlicheren Mittelgebirgen teils markante Neuschneemengen
gibt.
Diese Differenzen ziehen sich noch weit bis in den Samstag hinein, wenn das Tief
nach Lesart des gestrigen 00 UTC-Laufes über Norddeutschland allmählich ostwärts
zieht.
Danach nähern sich die Modellläufe wieder etwas an, wobei es nach wie vor
Unterschiede bzgl. der Phase und Intensität der durchschwenkenden Randtröge
gibt.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Ähnlich wie der gestrige 00 UTC-Lauf des IFS haben auch GFS, UK10 und GEM von
Donnerstag bis Freitag bzw. Samstag etwas kräftigere Bodentiefentwicklungen auf
nördlicherer Zugbahn als IFS (und ICON) auf der Agenda. Während sich GFS und GEM
mit Zugbahnen in etwa über Süddeutschland bereits am Freitag bzw. in der Nacht
zum Samstag der IFS-Variante annähern, zieht nach Lesart des UK10 das
Tiefdruckgebiet bis Samstagmittag nach Nordwestdeutschland. Die Folge sind
ebenfalls deutliche Differenzen, was die Intensität, die räumliche Verteilung
und auch die Phase der Niederschläge angeht. Insgesamt stellt UK10, ähnlich wie
der gestrige 00 UTC-Lauf des IFS, aber wohl eine Außenseiterlösung da.
Zu Beginn kommender Woche bleibt das ICON im Großen und Ganzen auf IFS-Kurs,
während das GFS den Übergang zu einer winkelförmigen Westlage mit einer
rasscheren Milderung auf der Agenda hat.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Im Zeitraum 72 bis 96 Stunden verteilen sich die ENS-Member, der Haupt- und
Kontrolllauf auf vier Cluster, die sich im Groben ähneln und dem
Großwetterlagenregime „NAO negativ“ untergeordnet sind.
Im Detail ergeben sich aber ähnliche Differenzen wie in der Modellbetrachtung:
Cluster 1 (17 Member, incl. Haupt- und Kontrolllauf) und Cluster 2 (16 Member)
zeigen für Do/Fr eine ähnliche Trogkonstellation wie im Hauptlauf mit einer
Südwest-Nordost ausgerichteten Trogachse (Biskaya bis Südwestrussland) und
einigen darin eingebetteten Drehzentren, während CL 3 (11 Member) und CL 4 (7
Member) ein Cut-Off im Bereich Biskaya/Süden der Britischen Inseln am Freitag
auf der Agenda haben.
Daraus resultieren dann im Bodenfeld – ähnlich wie im GFS/UK10 – markantere und
weiter nördlich gelegene Tiefdruckentwicklungen mit den bereits beschriebenen
Differenzen, die Niederschlags- und Temperaturprognosen betreffend.
Auch der nächstfolgende Zeitraum (120 bis 168 Stunden) weist vier Cluster auf.
Allen gemein ist die Großwetterlage „Trog Mitteleuropa“, wobei sich der
Haupttrog generell langsam etwas nach Osten bzw. Nordosten zurückzieht. An
dessen Südwestflanke schwenkt ein Randtrog zu Beginn kommender Woche Richtung
Britische Inseln, auf dessen Vorderseite ein flacher Bodenhochkeil für eine
leichte Wetterberuhigung und Temperaturanstieg im Vorhersagegebiet sorgt. Dieser
Randtrog wird allerdings noch von Cluster zu Cluster mit größeren Differenzen
behaftet, was die Ausprägung angeht, simuliert.
Für die erweiterte Mittelfrist (192 bis 240 Stunden) ergeben sich dann drei
Cluster: CL 1 (23 Member, zusätzlich Haupt- und Kontrolllauf) zeigt einen
markanten Höhenrücken über dem Ostatlantik, so dass der Trog über Nord- und
Mitteleuropa in den westlichen Mittelmeerraum vorstößt und dort abtropft. Die
Folge ist eine kalte Nordwest- bis Nordlage hierzulande.
Nach Lesart des CL 2 (16 Member) schwenkt der Höhentrog mit seiner Achse bis
Wochenmitte rasch nach Osteuropa und weicht einem markanten Höhenrücken, der
sich dann über Südwest- und Westeuropa bzw. später über dem westlichen
Mitteleuropa nordwärts erstreckt. Diese Konstellation hätte den Übergang zu
einer ruhigen Hochdruckrandlage hierzulande zur Folge.
CL 3 (12 Member) markiert dagegen den Übergang zu einer südlichen Westlage.

Auffallend in den Rauchfahnen (vor allem für Gitterpunkte in den mittleren
Teilen des Vorhersagegebietes) ist der große Spread der Kurvenschar der 850
hPa-Temperaturen der einzelnen Member am Donnerstag und Freitag, der die große
Unsicherheit bzgl. der oben beschriebenen Tiefdruckentwicklung deutlich macht.
Für den Gitterpunkt Offenbach z.B. reicht die Spanne am Freitagmittag von etwa
-10 bis +4 Grad, wobei der Hauptlauf im unteren Bereich angesiedelt ist. Danach
wird der Spread bereits am Samstag zunächst einmal deutlich geringer, wobei sich
das Gros der Member im Bereich zwischen -5 und -9 Grad bewegt. Erst zu
Wochenbeginn gehen die Member bei insgesamt steigender Temperaturtendenz wieder
allmählich auseinander.

FAZIT:
Obwohl die Großwetterlage recht eindeutig ist, ergeben sich im Detail grade zu
Beginn der Mittelfrist, von Donnerstag bis Samstag, noch größere Differenzen,
die durchaus prognose- und warnrelevant sind. Irgendwo dürfte es aber vor allem
ab der Nacht zum Freitag bis Samstagfrüh auch bis in tiefe Lagen für markante
Neuschneemengen reichen, nach Lesart des IFS und ICON wohl eher nur in
Süddeutschland, nach GFS in der Mitte und nach UK10 (als Außenseiterlösung) eher
im Norden des Landes.
Auch danach bleibt es – und da sind sich die Modelle wieder einig – eher
unbeständig und nasskalt, allerdings mit Tendenz zu leichter Milderung und
insgesamt zurückgehender Niederschlagsintensität.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Von Donnerstag bis in den Samstag hinein ist vor allem im Süden bis in die
mittleren Landesteilen gebietsweise mit Niederschlägen mäßiger Intensität zu
rechnen, die teilweise bis in tiefe Lagen als Schnee fallen. Dabei setzt sich
von Süden her vorübergehend etwas mildere Luft durch, so dass es örtlich auch
gefrierenden Regen geben kann.
Über die räumliche Verteilung der Niederschläge und auch deren Phase lassen sich
noch keine detaillierten Aussagen treffen. Zumindest in einigen Mittelgebirgen
dürfte es für markante Neuschneemengen von 10 bis 20 cm in 24 Stunden,
gebietsweise auch mehr, reichen. Auch in den Niederungen kann das gebietsweise
der Fall sein.
Zudem frischt der Wind am Freitag und in der Nacht zum Samstag aus Nordost bis
Nord auf; in einigen Höhenlagen gibt es steife bis stürmische Böen, exponiert
Sturmböen, dann ist dort mit Schneeverwehungen zu rechnen.
Auch am Sonntag und zu Wochenbeginn gibt es weitere Niederschläge, allerdings
mit abnehmender Tendenz und bei etwas ansteigender Schneefallgrenze. Markante
Mengen gibt es dann höchstens noch in den Staulagen einiger Mittelgebirge, wenn
überhaupt.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-ENS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff