#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Mittwoch den 22.11.2023 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 221800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 22.11.2023 um 18 UTC
SCHLAGZEILE:
Letztmalig mild, danach im Bergland Einwinterung.
WIND/STURM:
Im Norden zunehmender Südwestwind, an der Küste aufkommend Sturmböen Bft 8/9. In
der Nacht zum Donnerstag später an exponierten Küstenabschnitten schwere
Sturmböen um 90 km/h (10 Bft) nicht ausgeschlossen. Auf dem Fichtelberg
zunehmend Sturmböen bis 85 km/h (9 Bft) aus Südwest, auf dem Brocken schwere
Sturmböen bis 100 km/h (10 Bft).
Am Donnerstag im Norden und Nordosten auffrischender Wind mit stürmischen Böen
Bft 8 aus Südwest bis West. Im Bergland und im küstennahen Binnenland Sturmböen
bis 85 km/h (Bft 9), an der See einzelne schwere Sturmböen bis 100 km/h (10
Bft). Am Nachmittag und Abend mit Kaltfrontpassage und Winddrehung auf West bis
Nordwest in Nordfriesland orkanartige Böen bis 115 km/h (11 Bft) nicht
ausgeschlossen. Auf Berggipfeln (Brocken, Fichtelberg) orkanartige Böen und
Orkanböen bis 120 km/h (11-12 Bft).
In der Nacht zum Freitag im Binnenland etwas abflauender Wind, im Lee der
nördlichen und östlichen Mittelgebirge und teils im Alpenvorland stürmische Böen
Bft 8. An und über der See, auf Berggipfeln der nördlichen und östlichen
Mittelgebirge sowie auf Schwarzwald- und Alpengipfeln Sturm- und schwere
Sturmböen bis Bft 10 (um 100 km/h) aus Nordwest.
Bis in den Freitag hinein andauernde Sturmlage, tagsüber an der Ostsee Sturmböen
Bft 8/9, an der gesamten Nordseeküste schwere Sturmböen, über der offenen
Nordsee orkanartige Böen aus Nordwest. In der Nacht zum Samstag im Binnenland
und an der Ostsee weitgehend abflauender Wind, in den Gipfellagen der
Mittelgebirge sowie an der Nordsee jedoch weiterhin Sturmböen Bft 8/9, über der
offenen Nordsee nach Westen hin noch schwere Sturmböen.
GEWITTER:
Am Freitag im Tagesverlauf im Nordwesten sowie an der Ostsee zum Teil wiederholt
kurze Gewitter, vermehrt mit Graupel, dabei Gefahr schwerer Sturmböen bis weit
ins Binnenland hinein und orkanartiger Böen an und über der See.
SCHNEEFALL:
In und unmittelbar an den Alpen im Laufe des Freitags in Schnee übergehende
Niederschläge. Bis Samstagfrüh mehr als 20, in Staulagen auch über 30 cm
Neuschnee.
Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC
Aktuell … liegt Deutschland zunächst noch im Bereich eines Höhenkeils, der,
ausgehend von einem blockierenden Hoch westlich der Britischen Inseln, nach
Mitteleuropa gerichtet ist. Durch diesen Keil wird eine Hochbrücke gestützt, die
sich aktuell über die Mitte Deutschlands hinweg bis nach Westrussland erstreckt.
In der relativ weit nördlich ansetzenden Frontalzone wird ein Trog über
Skandinavien hinweg ostwärts geführt. An dessen Vorderseite entwickelt sich ein
Randtief, das in den nördlichen Bottnischen Meerbusen gesteuert wird. Die
Warmfront dieses Tiefs erfasst aktuell den Nordwesten Deutschlands.
Warmluftadvektion lässt im Nordwesten Niederschläge aufkommen. Der durch die
Warmluftadvektion und die beginnende Zyklogenese einsetzende Druckfall drückt
die Hochbrücke nach Süddeutschland, so dass es dort (wo sich Nebel und Hochnebel
noch auflösen) klar bleibt. Abgesehen vom Nordwesten, Teilen Westdeutschlands
sowie dem unmittelbaren Küstenstreifen ist leichter Frost zu erwarten. Im Süden
kann sich unter der Hochbrücke nach vorübergehendem Aufklaren, wo geringe
Luftdruckgegensätze erhalten bleiben, erneut Nebel bilden.
Im Norden und in der Nacht zum Donnerstag auch in den mittleren Landesteilen bis
in den östlichen Mittelgebirgsraum hinein erfolgt eine Gradientzunahme, was an
der Küste sowie in den Gipfellagen der nördlichen und östlichen Mittelgebirge
Sturmböen Bft 8/9 und ausgangs der Nacht in exponierten Küstenlagen sowie auf
dem Brockenplateau schwere Sturmböen aufkommen lässt. Mit Windböen Bft 7 muss
dann bis ins küstennahe Binnenland hinein gerechnet werden.
Frontale Niederschläge erfassen dann den gesamten Norden und unter Abschwächung
auch den Nordosten und mit geringer Wahrscheinlichkeit (nur von ICON-D2 und
ICON-EU simuliert) auch den Erzgebirgsraum. Da im östlichen Mittelgebirgsraum
und etwas nördlich davon auch tagsüber leichter Dauerfrost auftrat und auch mit
dem anziehenden Gradienten einige Tallagen von der Windzunahme und der Drehung
des Windes auf Südwest noch nicht erfasst werden, ist nicht ganz auszuschließen,
dass stellenweise gefrierender Niederschlag fällt. Dies lässt sich jedoch
lediglich per Nowcasting bewarnen.
Donnerstag … entwickelt sich, ausgehend von einem Vorstoß arktischer Polarluft
aus dem Raum Ostgrönland, ein breiter Trog, der sich in die Nordsee und nach
Südskandinavien verlagert und die Frontalzone wieder nach Süden drückt. Die
darin eingelagerte Kaltfront des o.g. Randtiefs, das bereits wieder in
Auffüllung begriffen ist, greift schleifend auf den küstennahen Bereich über.
Dies lässt im Norden Deutschlands zeitweise Niederschläge aufkommen, mehr als 10
mm innerhalb von 12 Stunden sind jedoch nicht zu erwarten.
Ganz im Süden hält sich noch der Einfluss der Hochbrücke (oder was davon
übriggeblieben ist). Wenn Nebel und Hochnebel sich auflösen (was dort aufgrund
des anziehenden Gradienten zu erwarten ist) stellen sich Auflockerungen und ganz
im Südosten sowie an den Alpen auch längere sonnige Abschnitte ein.
Mit Annäherung und dem Übergreifen der Kaltfront erfolgt eine weitere
Gradientzunahme. Im gesamten Norden und Nordosten Deutschlands kommen Wind- und
stürmische Böen auf. Im küstennahen Binnenland und in den Leegebieten der
nördlichen Mittelgebirge gibt es Böen von Sturmstärke (Bft 9), an der gesamten
Küste und in den Hochlagen der nördlichen und östlichen Mittelgebirge schwere
Sturmböen Bft 10. Auf exponierten Berggipfeln (Brocken, Fichtelberg) besteht
Gefahr orkanartiger Böen. Relativ windschwach ist es dagegen noch im Westen und
Süden Deutschlands. Dort sind warnrelevante Böen (Bft 7, höhere Berglagen mit
stürmischen Böen) auf die Hochlagen der westlichen Mittelgebirge beschränkt.
Mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 5 und 11 Grad wird es noch einmal recht
mild. Im Nordwesten werden bis 13 Grad erreicht, im östlichen Bergland und in
Teilen Süddeutschlands macht sich ein Luftmassenwechsel bei Temperaturmaxima
zwischen 0 und 4 Grad noch nicht so recht bemerkbar.
In der Nacht zum Freitag weitet sich der Trog nach Süden aus, wodurch die
Kaltfront schleifend über den Mittelgebirgsraum hinweg nach Süden gedrückt wird
und bis Freitagfrüh die Region zwischen Main und Donau erreicht. Im Frontbereich
sind weiterhin zeitweise Niederschläge zu erwarten. Mehr als 10 mm innerhalb von
12 Stunden kommen jedoch nur in Staulagen zusammen. Oberhalb von etwa 800 m
gehen die Niederschläge in die feste Phase über, allerdings lassen die
Niederschläge postfrontal alsbald nach, so dass sich in den Mittelgebirgen keine
nennenswerte Schneeauflage abzeichnet.
Mit Frontpassage wird der Gradient ein wenig auseinandergezogen, so dass der
Wind im Binnenland etwas schwächer wird. Gebietsweise treten aber noch Windböen
Bft 7 und in den Leegebieten der nördlichen und östlichen Mittelgebirge
stürmische Böen auf. In den Kamm- und Gipfellagen der nördlichen und östlichen
Mittelgebirge sowie an der Ostseeküste besteht weiterhin die Gefahr von
Sturmböen Bft 8/9, auf dem Brocken sind schwere Sturmböen möglich. An der
Nordsee ist die Sturmlage mit Böen bis Bft 10 nahezu unverändert.
Präfrontal legt dann im Süden der Gradient zu, was den Wind dort mit Böen Bft 7
und im Alpenvorland mit stürmischen Böen auffrischen lässt. Auf Schwarzwald- und
Alpengipfeln setzen dann Sturm- und schwere Sturmböen ein.
Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC
Freitag … gelangt Deutschland in den Bereich des sich von Skandinavien her
weiter südwestwärts ausweitenden Troges. Hierdurch erfasst hochreichend labil
geschichtete Luft nahezu das gesamte Vorhersagegebiet. Im 500 hPa-Niveau sind
Temperaturen um -35, in 850 hPa um -5 Grad zu erwarten. Mit diesem Trog setzt
eine rege Schauertätigkeit ein, die nur in den Leelagen der Mittelgebirge etwas
gedämpft wird. Vor allem im Nordwesten und in Ostseenähe sind kurze
Graupelgewitter zu erwarten. Da der Gradient, bedingt durch einen nach Süden
ablaufenden kurzwelligen Bodentrog, noch einmal anzieht, können in Verbindung
mit diesen Gewittern bis ins Binnenland hinein schwere Sturmböen auftreten. Im
Bergland oberhalb 400 m und auch an der See ist vermehrt die feste Phase zu
erwarten, in Lagen oberhalb 600 m dürfte der Schnee liegen bleiben. Im Stau der
nördlichen und östlichen Mittelgebirge sowie am Alpenrand sind 10 bis über 15,
am östlichen Alpenrand bis über 20 cm Schnee zu erwarten.
Die Gradientzunahme durch den ablaufenden Kurzwellentrog macht sich generell und
auch abseits von kräftigeren Schauern oder kurzen Gewittern durch ein
Auffrischen des Windes bemerkbar. Verbreitet sind erneut Windböen Bft 7, in den
Leegebieten der Mittelgebirge und an der Ostseeküste sowie in den Hochlagen der
westlichen Mittelgebirge stürmische Böen zu erwarten. Ansonsten muss in den
Hochlagen der Mittelgebirge und darüber hinaus, bedingt durch den
Leitplankeneffekt, auch im Alpenvorland mit Sturmböen Bft 8/9 gerechnet werden.
Auf exponierten Gipfeln (Brocken, Fichtelberg, Alpengipfel) sind schwere
Sturmböen nicht auszuschließen.
An und über der Nordsee verschärft sich die Sturmlage noch etwas, an der
gesamten Küste gibt es schwere Sturmböen und über der offenen See orkanartige
Böen. Hier macht sich bei der Böigkeit der latente Wärmestrom von der See
bemerkbar. Hinzu kommt der ungewöhnlich lange Fetsch, der vom Seegebiet südlich
von Spitzbergen bis zur deutschen Küste reicht.
Mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 4 und 9 Grad und am südlichen Oberrhein bis
maximal 10 Grad wird es wieder etwas kühler als am Vortag. Oberhalb von etwa 800
m stellt sich leichter Dauerfrost ein.
In der Nacht zum Samstag weitet sich der wetterbestimmende Trog zusehends in
Richtung Adria aus, so dass das Vorhersagegebiet an dessen Rückseite gelangt.
Dieser Trog wird durch einen nach Island reichenden Höhenkeil flankiert, so dass
sich über Mitteleuropa eine nordwestliche bis nördliche, aber weiterhin zyklonal
geprägte Strömung ergibt. Die Folge ist eine Stausituation, wodurch in den
Mittelgebirgen bei einer auf etwa 400 m absinkenden Schneefallgrenze weitere 10
bis 15 cm Neuschnee hinzukommen. Für den Alpenrand ergeben sich staubedingt 15
bis deutlich über 20 cm Neuschnee.
Bis Mitternacht ist die Sturmsituation im östlichen Bergland, auf Alpengipfeln
sowie an und über der Nordsee mit Sturm- und schweren Sturmböen nahezu
unverändert. Ansonsten treten im Binnenland gebietsweise noch Windböen Bft 7, an
der Ostsee und in den Hochlagen der meisten Mittelgebirge noch stürmische Böen
auf. Bis Samstagfrüh wird dann an der See der Wind merklich schwächer. An der
Ostsee kommen aber noch Windböen Bft 7 zustande, an und über der Nordsee muss
noch mit stürmischen Böen, zur Emsmündung mit Sturmböen Bft 9 gerechnet werden.
Auch auf exponierten Berggipfeln besteht noch die Gefahr von Sturmböen Bft 8/9.
Abgesehen vom Westen und von einigen tieferen Lagen Südwest- und Süddeutschlands
stellt sich wieder leichter, in den östlichen Mittelgebirgen und an den Alpen
mäßiger Frost ein. Dabei wird der Schnee im Bergland zusehends trockener,
wodurch oberhalb von etwa 800 m Verwehungsgefahr besteht. Verbreitet muss mit
Glätte durch überfrorene Nässe, im Bergland durch Schneematsch oder Neuschnee,
gerechnet werden.
Modellvergleich und -einschätzung
Die vorliegenden Modelle stützen die oben beschriebene Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten. Lediglich hinsichtlich des Übergreifens der Warmfront-Niederschläge in
der Nacht zum Donnerstag ergeben sich leichte Diskrepanzen, die bereits weiter
oben beschrieben wurden.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann