#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Dienstag, den 07.11.2023 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 07.11.2023 um 10.30 UTC
Trog Mitteleuropa, zu Beginn kommender Woche südliche Westlage: Unbeständig und
recht kühl mit Schnee bis in mittlere Höhenlagen, aber zunächst kaum markante
Wetterereignisse, erst ab Montag im Südwesten und Süden erhöhtes Potenzial für
Dauerregen.
Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 14.11.2023
Am Freitag und am Wochenende befindet sich das Vorhersagegebiet im
Einflussbereich eines umfangreichen Langwellentroges, der sich – ausgestattet
mit mehreren Drehzentren – allmählich von der Nordsee nach Mitteleuropa
verlagert und nach Süden, Richtung zentralen Mittelmeerraum amplifiziert.
Das zentralsteuernde Tiefdruckgeiet im Bodenfeld weist eine zunehmend
achsensenkrechte Position unterhalb des Höhentiefs auf und hat somit bereits am
Freitag den Höhepunkt seiner Entwicklung überschritten. Es verlagert sich am
Freitag vom Südosten Englands allmählich über die südliche Nordsee ostwärts und
erreicht Samstag um 12 UTC zumindest nach Lesart des IFS Norddeutschland. Das
zugehörige okkludierte Frontensystem hat bereits am Freitag das Vorhersagegebiet
südostwärts überquert. Ihm folgt erwärmte maritime Polarluft mit T850 hPa um 0
Grad am Freitag und etwa -2 bis -3 Grad am Samstag. Bis Samstagabend hat das
sich weiter auffüllende Bodentief, das im GFS und ICON übrigens lediglich als
Bodentrog simuliert wird, auch den Nordosten des Landes passiert.
Niederschläge sind anfangs im Bereich der abziehenden Okklusion im Nordosten und
Südosten zu erwarten, dann aber vor allem entlang der Zugbahn des Tiefs bzw. an
dessen Südflanke. Dort fallen die Niederschläge konvektiv durchsetzt, mit
Annäherung und Passage des Höhentroges sinkt die 500 hPa-Temperatur auf um, am
Samstag auf unter -30 Grad, so dass auch kurze Graupelgewitter möglich sind.
In den West- bzw. Nordweststaulagen vor allem der west- und südwestdeutschen
sowie zentralen Mittelgebirge und am Samstag auch an den Alpen dauern die
Niederschläge auch mal länger an, in exponierten Staulagen sind Mengen nahe der
Warnschwellen nicht ausgeschlossen (am ehesten im westlichen Oberallgäu),
allerdings sinkt die Schneefallgrenze auf teilweise unter 1000 m, an den Alpen
in der Nacht zum Sonntag eventuell auch bis in höher gelegene Täler.
An beiden Tagen weht lebhafter West- bis Nordwestwind mit starken Böen in
Schauernähe, für markante Böen (Bft 8 bis 9) reicht es aber wohl nur, wenn
überhaupt, in einigen Gipfellagen.
Am Sonntag kommt der Höhentrog tendenziell weiter nach Osten voran, vor allem
übernimmt ein vom Balkan Richtung Weißrussland ziehendes und sich deutlich
intensivierendes Tiefdruckgebiet zentralsteuernde Position.
Somit geraten wir auf due Rückseite des Höhentroges unter eine nordwestliche
Höhenströmung, während sich über dem nahen Ostatlantik durch kräftige WLA ein
Rücken aufwölbt und bereits in der Nacht um Sonntag die Britischen Inseln
überquert.
Absinken führt auch im Vorhersagegebiet zu Druckanstieg und von Südwesten her
schwenkt eine flache Hochdruckbrücke bis in die Nacht zum Sonntag ins
Vorhersaggebiet. Somit gibt es kaum mehr Schauer, am ehesten noch im
Nordseeumfeld, in den östlichen Mittelgebirgen und an den Alpen. Die
eingeflossene Polarluft (0 bis -3 Grad in 850 hPa) trocknet weiter ab, so dass
sich auch mal länger die Sonne durchsetzen kann. Dennoch liegen die Höchstwerte,
ähnlich wie am Samstag, meist nur zwischen 6 und 10 Grad.
Am Montag und Dienstag erfolgt dann auch nach IFS (GFS und ICON sind damit schon
früher dran) die Umstellung auf eine südliche Westlage. Die Höhenströmung
zonalisiert zusehends und die Frontalzone greift über Mitteleuropa hinweg nach
Ostsüdost aus. Nach Durchschwenken des flachen Höhenrückens am Montag folgt am
Dienstag ein ebenfalls recht flacher Trog, der bereits am Nachmittag das
Vorhersagegebiet überquert hat.
Das Frontensystem eines Zentraltiefs südwestlich von Island erreicht bereits in
der Nacht zum Montag den Südwesten Deutschlands und überquert bis Dienstag
allmählich das Vorhersagegebiet nordostwärts, wird aber durch ein sich
verstärkendes Nordmeerhoch und einen bis nach Südskandinavien reichenden Keil
blockiert, so dass sich über Norddeutschland eine Tiefdruckrinne etabliert.
Vor allem in den südwestdeutschen, eventuell auch westdeutschen Mittelgebirgen
und an den Alpen kann es dabei länger anhaltende Niederschläge geben, bei Zufuhr
deutlich milderer Meeresluft (im Süden vorübergehend über 5 Grad in 850 hPa)
steigt die Schneefallgrenze wieder um einiges an.
Der Wind frischt zwar aus Südwest bis West zeitweise lebhaft auf, erneut reicht
es für warnrelevante Böe aber wohl nur in einigen Gipfellagen.
In der erweiterten Mittelfrist beginnt die Höhenströmung nach Lesart des IFS
deutlich zu mäandrieren, am Donnerstag und Freitag greift ein Höhentrog auf
Mitteleuropa über, während sich über dem nahen Ostatlantik und dem Nordmeer ein
blockierender Höherücken aufwölbt. Entsprechend etabliert sich eine vom
Seegebiet westlich der Iberischen Halbinsel über GB bis nach Skandinavien
reichende Hochdruckbrücke. Diese Konstellation würde hierzulande in eine
unbeständige und kalte Nordostlage (HNFz) münden mit etwas Schnee eventuell auch
bis in tiefere Lagen.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Für den Freitag und Samstag kann den letzten drei IFS-Läufen eine gute
Konsistenz bescheinigt werden. Am Sonntag soll sich dann nach Lesart des
gestrigen Laufes von 00 UTC der Höhentrog über Mitteleuropa durch einen von
Norden einlaufenden Randtrog deutlich regenerieren, während sich vor allem im
aktuellen Lauf mit Annäherung eines Rückens eine Wetterberuhigung andeutet.
Diese erfolgt dann im gestrigen 00 UTC-Lauf etwa 18 bis 24 Stunden später,
nämlich am Montag. Nach Lesart der beiden letzten Läufe erfolgt dann aber
bereits die Umstellung auf eine südliche Westlage, beide Läufe haben diesen
Wechsel übrigens ziemlich ähnlich auf der Agenda.
Richtung erweiterte Mittelfrist, also ab Wochenmitte, simuliert der gestrige 00
UTC-Lauf das blockierende Hoch über Fennoskandien, tendiert also bzgl. der
Wetterentwicklung über Mitteleuropa Richtung Winkelwest, während der gestrige 12
UTC-Lauf dem aktuellen ähnelt mit dem Blockadehoch über dem Nordmeer.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Die Troglage am Freitag und Samstag haben alle vorliegenden Modelle im Programm,
bzgl. der Zugbahn des Bodentiefs ergeben sich aber durchaus noch Differenzen
(ICON weiter nördlich mit progressiveren Bodentrog, UK10 auch progressiver, GFS
schnellere Umwandlung in einen Bodentrog und ebenfalls progressiver). Der
grundsätzliche Wettercharakter (unbeständig und kühl) ändert sich dadurch kaum,
allerdings gibt es Differenzen bzgl. der räumlichen Verteilung und Intensität
der Niederschläge.
Die folgende Umstellung auf eine südliche Westlage zeigen dann ebenfalls mehr
oder weniger alle Modelle. Allerdings erfolgt diese überwiegend deutlich früher
als im IFS, nämlich bereits im Laufe des Sonntags (GFS und ICON mit Teiltiefs am
Montag, 00 UTC in etwa über den Niederlanden bzw. NRW, IFS dagegen noch
südwestlich von Irland). GFS und GEM lassen das Teiltief bis Montagfrüh über die
Mitte des Landes hinwegziehen, nach Lesart des ICON und UK10 arbeitet sich das
Frontensystem bis Montagabend nach Norddeutschland vor, nach IFS dagegen erst
bis Dienstagfrüh.
In der erweiterten Mittelfrist, ab Wochenmitte, simulieren sowohl GFS als auch
GEM das blockierende Nordmeerhoch schwächer und vor allem weiter nördlich, so
dass die Umstellung Richtung West zyklonal ins Haus steht. Auch ICON deutet zum
letzten Termin (Dienstag, 12 UTC) eher eine Umstellung Richtung milder Westlage
an.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Erstaunlicherweise sind im Zeitraum 72 bis 96 Stunden, also bereits im
Übergangsbereich von der Kurz- zur Mittelfrist, 6 Cluster im Angebot – allesamt
dem Großwetterlagenregime NAO negativ zugeordnet -, die sich allerdings bzgl.
Mitteleuropa kaum unterscheiden.
Im nächstfolgenden Zeitraum (T+120 bis 168 Stunden) verteilen sich die
ENS-Member, der Haupt- und der Kontrolllauf dann auf 3 Cluster:
CL1 (22 Member, zuzüglich Haupt- und Kontrolllauf) ähnelt erwartungsgemäß dem
Hauptlauf und hat, nach kurzer Wetterberuhigung, am Montag den Übergang zu einer
südlichen Westlage auf der Agenda.
CL2 (18 Member) schwenkt dagegen, ähnlich wie GFS und GEM, bereits zu
Wochenbeginn über südliche Westlage rasch zu West zyklonal.
CL3 (11 Member) ähnelt dagegen eher dem gestrigen 00 UTC-Lauf des IFS mit einem
nachhaltigeren Trog über Mitteleuropa am Sonntag und einem blockierenden Hoch
über Fennoskandien bzw. dem allmählichen Übergang zu Winkelwest am Dienstag.
6 Cluster mit einem ganzen Potpourri an Lösungen bietet dann die erweiterte
Mittelfrist (Zeitraum 192 bis 240 Stunden) an. Diese reichen von einem erneuten
Trogvorstoß nach Mitteleuropa (CL1, 13 Member) über eine vorübergehend recht
kalte südliche Westlage (CL2, 11 Member + Haupt- und Kontrolllauf) und mehr oder
weniger zyklonalen West- bis Südwestlagen (CL3 und 4 mit 9 bzw. 8 Membern, CL5
mit ebenfalls 8 Membern eher Südwest antizyklonal) bis hin zu einem Blockadehoch
über Ost- bzw. Nordosteuropa (CL6 mit nur 2 Membern), was bei uns in eine
relativ kalte Ostlage münden würde.
Die Kurvenschar der 850 hPa-Temperatur verschiedener Gitterpunkte im
Vorhersagegebiet verläuft bis Sonntagmittag in eine sehr engen Spread, wobei die
meisten Member auch Niederschläge simulieren, allerdings mit übersichtlichen
Mengen.
Danach wird der Spread dann deutlich größer mit Ausreißern vor allem nach oben,
denen anfangs insbesondere in den süddeutschen und mittleren Gitterpunkte auch
der Hauptlauf folgt. Ab Wochenmitte ist der Hauptlauf dann eher im unteren
Bereich der Rauchfahne angesiedelt, zum Freitag kommender Woche hin ist es
teilweise auch der kälteste Lauf überhaupt. Das Gros der Member bewegt sich dann
ehe im Bereich -2 bis +3 Grad, mit einigen deutlichen Ausreißern nach oben und
vielen Niederschlagssignalen. Das deutet eher auf zyklonale West- bis
Südwestlagen hin.
FAZIT:
Freitag und Samstag Troglage mit häufigen Schauern und einzelnen
Graupelgewittern, Schneeschauer teils bis unter 1000 m (Samstag). Sonntag
Übergangstag, aber vielleicht bereits am Nachmittag von Westen her wieder Regen
und Milderung.
Danach erst einmal unbeständig und relativ mild, später vielleicht wieder
kühler, der deterministische Lauf des IFS stellt aber mit dem Übergang zu einer
kalten „Hoch Nordmeer-Fennoskandien“-Lage eher eine Einzellösung dar.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Signifikante Wettererscheinungen sind im Mittelfristzeitraum rar gesät und
beschränken sich zunächst wohl auf stürmische Böen bzw. Sturmböen in den
Gipfellagen der Mittelgebirge und der Alpen, anfangs vielleicht noch über der
Nordsee.
An den Alpen schneit es am Samstag, vor allem aber in der Nacht zum Sonntag wohl
bis in höhere Tallagen, oberhalb von etwa 1200 m kann es eventuell markante
Neuschneemengen über 20 cm geben.
Zu Beginn kommender Woche deutet sich erneut eine Milderung an mit teils
anhaltenden Regenfällen in einigen Landestilen. Vor allem in den Staulagen des
Schwarzwaldes und an den Alpen haben die probabilistischen Verfahren erhöhte
Wahrscheinlichkeiten für ein Überschreiten der 24- bzw. 48-stündigen
Dauerregenkriterien auf der Agenda. In geringerem Maße ist das aber auch für die
westdeutschen Mittelgebirge der Fall.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, MOSMIX
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff