#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Samstag den 04.11.2023 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 041800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 04.11.2023 um 18 UTC
SCHLAGZEILE:
Sehr windiger bis stürmischer Sonntag in der Südhälfte. Allgemein weiterhin
unbeständig, zeitweise windig, teils stürmisch, mild.
Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC
Aktuell … wird die europäische Wetterkarte eindeutig von einem Orkantief
geprägt (FRED), das mit einem Kerndruck von etwas unter 965 hPa seinen
Entwicklungshöhepunkt erreicht bzw. knapp überschritten hat (auch daran zu
erkennen, dass es sich zusehends von der immer weiter südlich verlaufenden
Frontalzone entfern). Das Tief, das immer mal wieder Ansätze zeigt, einen
zweiten Kern auszubilden, liegt befindet sich um 18 UTC mit seinem
Hauptdrehzentrum etwa zwischen Cornwall und Wales, von wo aus es in den nächsten
Stunden über den äußersten Süden Englands hinweg respektive dich an der
südenglischen Küste zur südwestlichen Nordsee, wo es am frühen Morgen mit etwas
unter 970 hPa anlandet. Ein nach Osten gerichteter Bodentrog überquert bereits
in den heutigen Abendstunden den äußersten Nordwesten des Vorhersageraums
nordwärts, was über der Deutschen Bucht vorübergehend für eine merkliche
Auffrischung des Südostwindes sorgt. Aufgrund der ablandigen Komponente dürften
am ehesten die Inseln von Böen 8 Bft betroffen sein, während der festländische
Küstensaum weitgehend mit 7er-Böen auskommt.
Ansonsten gibt es zum Wind zu sagen, dass der Druckgradient mit Annäherung von
FRED sowie nach Abzug des Bodentrogs im Norden und Westen immer weiter
auffächert, während er im Südwesten zulegt. Dort werden die Weichen gestellt für
einen sehr windigen bis stürmischen Sonntag im Süden und bedingt auch in der
Mitte. In den tiefen Lagen Südwestdeutschlands (vor allem BaWü bis RP/Saarland)
nimmt in den frühen Morgenstunden die Häufigkeit steifer Böen 7 Bft zu. Auf den
Bergen wird es schon zuvor stürmisch mit den ersten Orkanböen 12 Bft auf dem
Feldberg im Schwarzwald.
Neben dem Wind gibt es natürlich auch Wetter. So macht die Okklusion mit
Warmfrontcharakter, die Deutschland ja schon tagsüber erfasst hatte, weiteren
Boden nach Osten hin gut, was freilich auch für die zugehörigen Regenfälle gilt.
Die gehen übrigens nahtlos von skalig-frontal in konvektiv über, weil die
postfrontal einfließende erwärmte Meeresluft polaren Ursprungs (mP; man bedenke,
die Luft kommt nicht direkt zu uns, sondern muss einen weiten Bogen um das Tief
schlagen) leidlich labil geschichtet ist (T500 um -23°C, T850 mit Ausnahme des
wärmeren Südostens um +4°C). Begünstigend hinzu kommen die Annäherung des zum
Orkantief korrespondierenden Höhentrogs (inkl. nach Nordosten ablaufender
kleiner Sekundärtröge) sowie um das Tief herumgeholte Feuchtefelder, was in
Summe für weitere Regenfälle quasi deutschlandweit sorgt. Der Schwerpunkt liegt
dabei im Westen und der westlichen Mitte, wo gebietsweise 5 bis 10 l/m², in
einigen Staulagen auch etwas mehr runterkommen können. Vereinzelt ist auch ein
kurzes Gewitter mit am Start, auch wenn die Tageszeit die Bildung elektrischer
Überentwicklungen erheblich erschwert. Dass die Nacht angesichts von Wind
und/oder Wolken frostfrei bleibt, versteht sich von selbst.
Sonntag … erreicht das inzwischen ehemalige Orkantief FRED die zentrale
Nordsee, wo es zur Mittagszeit einen Kerndruck von etwas unter 975 hPa aufs
Barometer bringt, Tendenz weiter steigend. Der Norden des Landes gelangt
zunehmend in den gradientschwachen Innenbereich des Tiefs, weshalb dort der Wind
tagsüber nur eine untergeordnete Rolle spielt. Anders dagegen die Situation im
Süden, wo der Druckanstieg stärker ausfällt als im Norden, was eine leichte
Gradientverschärfung zur Folge hat. Hinzu kommt ein vor allem auf 850 hPa sehr
gut ausgeprägtes Starkwindband mit Spitzen bis zu 55 Kt sowie orografische
Effekte wie z.B. den der Leitplanke im Alpenvorland. Summa summarum eine
günstige Gemengelage, um ordentlich Wind und Sturm zu produzieren, bestehend aus
einem skaligen (also gradientbedingten) und einem konvektiven Anteil.
Und so verwundert es nicht, dass morgen etwa südlich von Main und Mosel, bedingt
auch noch etwas darüber hinaus in nördlicher Richtung von West nach Ost
ausweitend ein lebhafter Südwestwind in Gang kommt. Böen der Stärke 7-8 Bft sind
obligatorisch, Sturmböen 9 Bft in Verbindung mit Konvektion sowie in freien
Lagen und im Alpenvorland gut möglich und eine schwere Sturmböen 10 Bft ganz
lokal nicht ausgeschlossen. Dass die Kamm- und Kuppenlagen des Berglands noch
höher greifen (nicht nur morphologisch, sondern auch strömungstechnisch),
versteht sich angesichts der apostrophierten Höhenwinde von selbst. Ganz vorne
morgen der Feldberg im Schwarzwald, wo es mit Spitzenböen im Bereich von 140
km/h, vielleicht sogar 150 km/h im wahrsten Sinne des Wortes eins auf die Zwölf
(Bft) gibt. Höhepunkt der Sturmentwicklung dürfte von West nach Ost die
Mittagszeit bzw. der Nachmittag sein, bevor das Ganze allmählich an Dampf
verliert.
Mit Übergreifen des Höhentroges und andauerndem Nachschub labil geschichteter
Meereskaltluft (T500 -23/24°C, T850 +2 bis +5°C) entwickeln sich wiederholt
Schauer. Inwieweit auch Gewitter mit von der Partie sind, ist grenzwertig. Viel
CAPE steht nicht zur Verfügung, trotzdem dürfte es vereinzelt für einen
gewittrigen Schauer oder auch mal ein kurzes Gewitter reichen, die von Böen 8-9
Bft, im worst case 10 Bft begleitet sein können. Ein Minimum der konvektiven
Aktivität wird von den Modellen im südöstlichen Bayern sowie dem äußersten Osten
und der östlichen Mitte simuliert.
Mit Tageshöchstwerten zwischen 10 und 15°C wird es wieder etwas milder als
heute.
In der Nacht zum Montag mogelt sich der gute FRED bis an den Westeingang des
Skagerraks heran, wobei er weiter an Gewicht zulegt. Am frühen Montag weist sein
Kerndruck rund 985 hPa auf. Auf seiner Südflanke nehmen sowohl die Boden- als
auch die Höhenströmung eine zonale Kontur an. Damit und mit Unterstützung des
Tagesgangs nimmt das konvektive Geschehen mehr und mehr ab, ohne allerdings
gänzlich ins Land der Träume abzugleiten. So deutet sich von Frankreich her ein
flacher KW-Trog an, der grob gesprochen in der Südhälfte noch für ein paar
Schauer gut ist. Im Norden sind es eher die dem Wasser zugewandten Landstriche,
wo mit Hilfe diabatischer Effekte (Stichwort „relativ warmes Oberflächenwasser“)
Schauer und sogar kurze Gewitter generiert werden.
Der Wind, weiterhin aus Südwesten kommend, nimmt im Süden weiter ab, um dafür
deutlich schwächer im norddeutschen Binnenland vorübergehend aufzufrischen (7
Bft). Grund ist ein über Jütland hinwegschwenkender Bodentrog, der auf seiner
Südflanke eine Stauchung der Isobaren herbeiführt. An der See stehen sogar
stürmische Böen 8 Bft auf der Karte, auf offener See vereinzelt 9 Bft.
Grundsätzlich stürmisch bleibt es im höheren Bergland, exponiert sogar noch mit
Böen 11 Bft.
Auch diese Novembernacht bleibt frostfrei.
Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC
Montag … der 12-UTC-Lauf unterscheidet sich nur marginal von seinen jüngsten
Vorgängern. Das eingeschlagene Vorhersagekonzept ändert sich dadurch nicht. Es
gelten die Aussagen der Synoptischen Übersicht von heute früh.
Modellvergleich und -einschätzung
Die Modelle haben die Lage nach wie vor gut im Griff, die Basisfelder werden
übergreifend sehr homogen simuliert.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann