S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 04.11.2023 um 10.30 UTC

Zyklonale West- später Troglage.

Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 11.11.2023

Am Dienstag liegen wir unter einer westlichen Strömung zwischen tiefem
Geopotential und Bodendruck über Nordeuropa und einem breiten Höhenrücken über
Südosteuropa. Vor einem Trog, der unter Verkürzung seiner Wellenlänge über
Deutschlands ostwärts schwenkt, dreht die Strömung vorübergehend nach Südwest
und es gelangt erwärmte Meereskaltluft nach Mitteleuropa. Die Temperatur geht in
850 hPa auf ca. 0°C zurück, in 500 hPa bis an die -30°C. Bei instabiler
Schichtung entwickeln sich Schauer und besonders über der Nordsee kurze
Gewitter.
Am Mittwoch zieht der Trog unter weiterem Konturverlust nach Osten ab, gefolgt
von den Ausläufern eines neuen Zentraltiefs südlich von Island. Bevor diese
übergreifen, sorgt ein schwaches Zwischenhoch für eine kurze, wahrscheinlich
aber auch nicht durchgreifende Wetterberuhigung, da kurzwellige Troganteile ein
gewisses Maß an Feuchte und Labilität aufrechterhalten. Im Tagesverlauf setzt
von Westen präfrontal Warmluftadvektion ein, zum Abend folgt über Frankreich und
Benelux Regen.
Der zunächst, wie auch am Vortag, lebhafte westliche Wind flaut vorübergehend ab
und dreht nach Süd bis Südwest.
Am Donnerstag zieht das hochreichende Tief nur langsam Richtung Irland, während
dessen okkludiertes Frontensystem Deutschland nach Osten überquert und nur über
dem Südosten schleifend zurückhängt. Auf der Vorderseite des über Westeuropa
liegenden Haupttroges laufen kurzwellige Anteile ost- bis nordostwärts heraus,
die auch bei uns den wechselhaften Wettercharakter stützen. In der unteren
Troposphäre steigt das Temperaturniveau leicht, ob davon in 2m Höhe nennenswert
was ankommt, ist fraglich. Der Wind frischt zeitweise auf, an der See und im
höheren Bergland mit der Option auf Sturmböen.
Am Freitag weitet sich der breite Langwellentrog nach Mitteleuropa aus, das
Zentraltief liegt dann über der Nordsee, sodass wir in den Zustrom leicht
erwärmter, instabiler Meereskaltluft (T850 wenig über 0°C, T500 ca. -28°C)
gelangen. Die Frontalzone verläuft abseits Deutschlands über Südeuropa, in der
feuchten Meereskaltluft entwickeln sich Schauer und vereinzelt kurze
Graupelgewitter. Je nach Ausprägung etwaiger Bodentröge frischt der Südwest- bis
Westwind stärker auf. Sturmböen bleiben den Küstenregionen und dem Bergland
vorbehalten.
Am Samstag gräbt sich der Trog über Mitteleuropa ein und weitet sich noch etwas
nach Süden aus. Der Schwerpunkt des tiefen Drucks am Boden verlagert sich unter
leichter Abschwächung nach Südskandinavien und Norddeutschland. Die Zufuhr der
kalten Meeresluft polaren Ursprungs verstärkt sich und die Temperaturen gehen in
850 hPa auf etwas unter 0°C zurück, in 500 hPa unter -30°C. Gebietsweise treten
schauerartige Niederschläge auf, die dem höheren Bergland einen Hauch von Winter
bescheren können.
In der erweiterten Mittelfrist geht es wahrscheinlich unbeständig weiter, die
Temperaturentwicklung ist unsicher.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des europäischen Modells ist zunächst gut, schwächelt im Verlauf
der Mittelfrist aber mehr und mehr. Die zyklonale Westlage setzt sich zunächst
fort. Während die Vorläufe dies bis zum Ende weiter verfolgten, tendiert die
neue IFS Lösung dann zu einer Troglage, die in der erweiterten Mittelfrist
anhält oder in wieder eine südliche Westlage einschwenkt. Zyklonal bleibt es
aber sowieso.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Für den Modellvergleich mit ICON, GFS und UKMO gilt ähnliches: Die Unterschiede
sind bis Mitte der nächsten Woche nicht groß. Dann behält GFS die zyklonale
Westlage bei, während UKMO und ICON auch Richtung Troglage gehen, freilich mit
etlichen Abweichungen im Detail. So garniert ICON die Trogvorderseite zum
Donnerstag und Freitag mit einer kräftigen Sturmzyklogenese (schwerer Sturm
Norddeutschland), die in den anderen Modellen nicht auftaucht. Auch hier gilt:
Eine Wetterberuhigung ist nicht zu erkennen, außer im ICON liegen auch keine
Hinweise auf eine markante Sturmlage vor.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Ensembles stützen anhand der Rauchfahnen diverser deutscher Städte die
Aussagen des Hauptlaufs. Die Kurven für T850 und Geopotential 500 hPa verlaufen
bis zum Ende eng gebündelt, verbunden mit stetigen Niederschlagssignalen. Der
skizzierte Ablauf dürfte somit einigermaßen passen. In der erweiterten
Mittelfrist gerät der Hauptlauf an den unteren Rand der Kurvenschar, für jeweils
T850 und Geopot500.
Die 3 Cluster bis +96h unterscheiden sich nicht viel. Bis +168h sind es auch
drei Cluster, mit dem Hauptlauf in Cluster 1, (27 Member). Dabei tendieren
Cluster 1 und 3, zusammen 38 Member, zur Troglage, während Cluster 2, wie die
Vorläufe und GFS eher in Richtung W z simuliert.

Für die erweiterte Mittelfrist bietet die Clusterung ein schönes Sammelsurium an
Möglichkeiten. Auch Blockinglagen tauchen wieder auf, auch wenn die zyklonalen
Lösung klar die Oberhand behalten. Über den Ablauf dann, kann freilich nur
spekuliert werden.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Mittelfristig steht die Windentwicklung im Focus der Warntätigkeit. Vor allem an
den Küsten und im Bergland sind stürmische Böen und Sturmböen mit dabei. Für die
tieferen Lagen zeichnet sich aktuell keine signifikante Sturmlage ab. Die ICON
Lösung mit dem Sturm am Freitag über Norddeutschland ist ein Ausreißer. Sie wird
weder von den Ensembles gestützt noch ist sie konsistent.

Die wiederholten Regenfälle verfehlen die Warnschwellen in der Regel mehr oder
weniger deutlich.
Höchstens akkumuliert an der Nordsee (gestützt durch Feuchte- und Energieeintrag
über fast 15°C warmem Meerwasser) und vereinzelt im Bergland sind größere
Niederschlagsmengen möglich. Ob die allerdings warntechnisch erfasst werden,
bleibt abzuwarten. Es drängt sich jedenfalls nicht auf.

Basis für Mittelfristvorhersage
Mos, IFS + EPS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Bernd Zeuschner