#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Dienstag den 17.10.2023 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 171800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 17.10.2023 um 18 UTC
SCHLAGZEILE:
Umstellung der Wetterlage von antizyklonal zu zyklonal – VERENA dankt ab, VIKTOR
und Konsorten übernehmen.
Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 06 UTC
Aktuell … fällt der Luftdruck im ganzen Land, was gestern Abend auch schon der
Fall war. Im Gegensatz dazu werden heute aber wirklich die Weichen für einen
bevorstehenden Wetterwechsel gestellt, der uns in der zweiten Wochenhälfte in
eine deutlich zyklonalere Konstellation hineinmanövriert. Noch mahlen die Mühlen
aber vergleichsweise langsam, auch wenn das bis dato wetterbestimmende Hoch
VERENA an chronischem Substanzverlust leidet. Ihre Position, die als schmale,
brückenartige Hochdruckzone vom Nordmeer über Deutschland und das östliche
Mitteleuropa bis hinüber zum Kaukasus reicht, gibt sie nur sehr widerwillig auf.
Entsprechend ist die kommende Nacht zum Mittwoch noch weitgehend antizyklonal
gefärbt, zumal das Bodenhoch Unterstützung von einem Höhenrücken bekommt,
welcher sich von Westeuropa her nähert. Trotzdem soll natürlich nicht unter den
Tisch fallen, dass am Westrand der Biskaya sowie den irischen Gewässern das
Doppeltief VIKTOR (int. Babet) Stellung bezogen hat, das eine nicht unerhebliche
Rolle für die bevorstehende Umstellung spielt.
Wettertechnisch ist die Gute-Nacht-Geschichte relativ rasch erzählt. Im Süden
verschwinden die letzten, an einen Trog gebundenen hohen und mittelhohen Wolken
(heute mit einer eindrucksvollen, wie mit dem Lineal gezogenen Wolkenkante über
die Mitte nach Süden gezogen), bevor schon bald von Frankreich, der Schweiz und
Benelux her neue, quasi „viktorianische“ Wolken auftauchen. Diese reichen aus,
um weiten Teilen West- und Südwestdeutschlands eine frostfreie Nacht zu
bescheren. Insbesondere vom Alpenvorland bis hinüber zur Oberpfalz kann sich
Nebel oder Hochnebel bilden.
Richtung Norden und Osten gilt es zunächst die gebietsweise stark auftretende
Tagesbewölkung zu tilgen, die sich unterhalb der zwischen 800 und 850 hPa
liegenden Absinkinversion ausgebreitet hat. Später bildet sich zwischen Nordsee
und deutsch-polnischer Grenze Nebel mit Sichtweiten teils unter 150 m. Außerdem
geht die Temperatur vielerorts in den leichten, am Boden hier und da sogar
mäßigen Frostbereich zurück.
Mittwoch … legt sich der Rücken mitten über Deutschland. Zur Mittagszeit
reicht seine Achse vom Tyrrhenischen Meer über die Alpen, die Nordsee und das
Nordmeer bis fast hoch zum Nordpolarmeer. Klingt imposant, ändert aber nichts an
der Tatsache, dass das Bodenhoch bzw. die Brücke im Nordosten unseres Landes
immer mickriger wird. Gleichzeitig zieht ein Kern des o.e. Doppeltiefs über den
Westeingang des Ärmelkanals und Südengland gen westliche Nordsee, während der
korrespondierende Randtrog in der Höhe bis nach England, Frankreich und Benelux
vorankommt. Weit verbreitete WLA läuft in den Rücken hinein (wodurch sie ihn
quasi auch am Leben hält), was eine weitere Verdichtung der mehrschichtigen
Bewölkung vornehmlich im Südwesten und Teilen Westdeutschlands zur Folge hat, wo
es im Tagesverlauf auch anfängt zu regnen.
Nach Norden und Osten hin profitiert man morgen noch von der absinkfreudigen
Vorderseite des Rückens respektive der zwar weiter schwächelnden, in Summe aber
sehr zähen VERENA. Heißt, nach teils nur schleppender Auflösung von Nebel oder
Hochnebel stellt sich eine Mischung aus Sonne, flachen Quellungen und hohen
Wolkenfeldern ein.
Noch ein paar Sätze zu Wind und Temperatur. Bedingt durch die nicht unerhebliche
WLA und der niedertroposphärischen Winddrehung auf Süd bis Südost legt T850
insbesondere im Westen und Süden ordentlich zu. Am Abend reicht die Spanne von
rund 4°C in Vorpommern und bis zu 14°C in Alpennähe sowie an der Grenze zur
Schweiz. Dass diese Erwärmung zu dieser Jahreszeit nicht mehr 1:1 an die
bodennahen Luftschichten übertragen wird, ist bekannt. Insbesondere bei stabiler
Schichtung hapert es mit der Connection, so dass wir morgen Tageshöchstwerte
erwarten dürfen, die meist zwischen 9 und 15°C liegen. Dort, wo durch
Überströmung Föhneffekte auftreten (süddeutsche Mittelgebirge, aber auch Eifel
und Rothaargebirge), sind aber durchaus 16 oder gar 17°C möglich. Der
Ost-Südostwind lebt im Tagesverlauf insbesondere auf und an der Nordsee sowie in
freien Kamm-, Kuppen- und Gipfellagen soweit auf, dass erste steife Böen 7 Bft,
auf Helgoland sowie in exponierten Hochlagen stürmische Böen 8 Bft aufs
Anemometer gezaubert werden. Im Tiefland geht zwar auch etwas Wind, aus den
genannten Gründen (Stabilität) aber noch mit gebremstem Schaum.
In der Nacht zum Donnerstag spaltet sich aus dem Rücken eine eigenständige
Höhenantizyklone über dem Europäischen Nordmeer ab, wo sie mit dem sich
intensivierenden und zum norwegischen Festland wandernden Bodenhoch WIEBKE
zusammenarbeitet (über 1025 hPa im Zentrum). Derweil werden die spärlichen Reste
der ehemaligen Brücke über Nordostdeutschland – das Haupthoch VERENA zieht sich
mehr und mehr in die Schwarzmeerregion bzw. nach Südrussland zurück – endgültig
eliminiert. Angetrieben durch den von Westen vorrückenden Höhentrog schwenkt
eine Warmfront nordostwärts über den Vorhersageraum hinweg, mit der auch die
stratiformen Regenfälle deutlich Boden nach Nordosten hin gutmachen. Dabei kommt
es zu einer Intensivierung der Niederschläge auf gebietsweise 10 bis 15 l/m², in
Staulagen lokal vielleicht 20 l/m² innert 12 h. Trocken oder zumindest
weitgehend trocken bleibt es bis zum Morgen von der Bodenseeregion über das
Alpenvorland bis hinüber zum Bajuwarischen Wald sowie im Nordosten etwa von
Angeln (SH) bis zur Lausitz, vielleicht sogar bis zum Zittauer Gebirge und dem
Osterzgebirge.
Vor allem über der Nordsee zieht der Druckgradient noch etwas an, was eine
weitere Windverschärfung zur Folge hat. Dort werden auf See vermehrt Böen 8-9
Bft, an der Küste 7-8 Bft angetroffen. Auch die Ostsee(küste) wartet nun mit
einigen 7er- oder 8er Böen auf. Dagegen fächert der Gradient in der Mitte und im
Süden etwas auf, was auf den meisten Bergen abnehmenden Wind zur Folge hat.
Spürbar ist die landesweite Zunahme der Tiefsttemperaturen, insbesondere im
Westen und Südwesten, wo nicht selten zweistellige Werte zwischen 13 und 10°C
auf der Anzeige erscheinen. Nur 6 bis 2°C sind es dagegen im Nordosten, das
Thema „Frost“ ist aber erstmal vom Tisch.
Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC
Donnerstag … Der 12-UTC-Lauf von ICON weicht kaum von seinen jüngsten
Vorgängern ab. Entsprechend behalten die Ausführungen der heutigen Frühübersicht
ihre Gültigkeit.
Modellvergleich und -einschätzung
Die Modelle simulieren die Umstellung der Großwetterlage sehr kongruent.
Kleinere Diskrepanzen oder Unschärfen sind in der Regel nicht warnrelevant.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann