S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 16.10.2023 um 10.30 UTC

Markante Luftmassengrenze. Sturm im Norden.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 23.10.2023

Am ersten Tag der Mittelfrist, am Donnerstag, verläuft ein Höhenrücken über
Mitteleuropa nach Nordwesten und mündet in ein Höhenhoch über dem Nordmeer. Das
entsprechende Bodenhoch liegt über Mittelskandinavien. An seiner Ostseite
breitet sich kalte Luft arktischen Ursprungs mit einem Trog nach Süden bis
Südwesten aus, während Tiefdruckgebiete über Westeuropa warme Luft von
Südwesteuropa nach Nordosten schaufeln. Das stark frontogenetisch angelegte
Wind- und Temperaturfeld führt zum Aufbau einer Luftmassengrenze, wobei deren
Lage, ob eher südliche Ostsee oder schon der Nordosten Deutschlands, unsicher
ist. Druckanstieg über Skandinavien und gleichzeitiger leichter Druckfall über
Mitteleuropa verschärfen den Gradienten über Norddeutschland erheblich, sodass
vor allem an der See Sturmböen aus Ost aufkommen, je nach Exposition sind auch
schwere Sturmböen möglich.
Am Freitag kräftigt sich das blockierende Hoch über Skandinavien und weitet sich
nach Südosten aus, während sich an dessen Südostflanke der Ausbruch sehr kalter
Luft (-10°C in 850 hPa über dem Baltikum) nach Südwesten fortsetzt. Die
Luftmassengrenze verschiebt sich nach Norddeutschland, eventuell bis in die
Mitte hinein. Die Gegensätze über Mitteleuropa verschärfen sich insgesamt
drastisch, da gleichzeitig ein Trog von der Biskaya nach Nordosten schwenkt, auf
dessen Vorderseite sich die Zufuhr warmer Luft nach Nordosten verstärkt. Es
formiert sich eine Tiefdruckrinne vom Ärmelkanal bis nach Süddeutschland, die
die Luftmassengrenze aufnimmt und auf deren Südseite in der warmen Luft mehr als
15°C in 850 hPa möglich sind, während an der Ostsee -5°C in diesem Niveau
anstehen. 2m Temperaturen eventuell im niedrigen einstelligen Bereich über dem
Nordosten Deutschlands, stehen fast 20°C ganz im Süden (Alpenrand, leicht
föhnig) gegenüber. Während die Niederschläge vorübergehend nachlassen,
verschärft sich der Druckgradient vor allem über der Nordhälfte weiter. An der
See ist eine markante Sturmlage aus Ost möglich. Auch im Bergland treten
vermehrt Sturmböen, exponiert schwere Sturmböen auf.
Am Samstag bleibt die Gesamtkonstellation ähnlich. Dem Hochdruckgebiet mit
Schwerpunkt über Skandinavien steht tiefer Druck über West- und Mitteleuropa
gegenüber. Allerdings schwenkt nun in der Höhe ein Kurzwellentrog nordwärts und
der Trog über der Ostsee tropft nach West ab, was zu einer deutlichen
Verstärkung der Niederschlagsaktivität führen dürfte. Die Luftmassengrenze mit
ihrem sehr großem Wetter- und Temperaturkontrast ändert ihre Lage zunächst wenig
und liegt irgendwo über Norddeutschland, eventuell auch über der Landesmitte.
Nun kommen aber verbreitet Niederschläge auf, die teilweise kräftig sein können
und auf der kalten Seite bis in tiefe Lagen als Schnee möglich sind, während in
der warmen und leicht instabilen Luftmasse über Süddeutschland sogar kurze
Gewitter auftreten können. Sollten die Regionen mit Schneefall das Bergland
betreffen, sind winterliche Verhältnisse möglich, in tiefen Lagen sind diese
zunächst eher unwahrscheinlich. Die Temperaturen kommen bei Dauerniederschlag im
Norden teilweise nur wenig über die 0°C Marke hinaus, im Süden sind vereinzelt
gestützt durch Föhn wieder 17 bis 18°C möglich. Durch den nordwärts
ausgreifenden leichten Druckfall dürfte sich der Ostwind an den Küsten später
etwas abschwächen. Stürmisch, mit einzelnen schweren Sturmböen bleibt es aber.
Am Sonntag wird der Einfluss des Hochs nach Norden zurückgedrängt und die Zufuhr
der kalten Luft im Norden damit abgeschnitten. Es setzt sich über uns eine
südwestliche Höhenströmung durch. Der Schwerpunkt des tiefen Drucks am Boden
verlagert sich in die Nordsee, wobei die bodennahe Strömung auf Süd bis Südost
dreht und die Luftmassengrenze nach Norden abgedrängt wird. Die
Druckunterschiede über Norddeutschland lassen weiter nach und auch die großen
Temperaturkontraste sind Geschichte, weil auch die sehr milde Luft im Süden
durch gemäßigtere Luft ersetzt wird.
Am Montag dehnt sich das Hoch, nunmehr mit Schwerpunkt über Finnland, Richtung
östliches Mitteleuropa aus, weil sich vor dem Trog über dem Ostatlantik ein
Höhenrücken nach Norden ausdehnt. Dabei ist eine insgesamt recht milde Luftmasse
in ganz Deutschland wetterbestimmend.
In der erweiterten Mittelfrist deutet sich zwischen hohem Druck über Osteuropa
und tiefem Druck über dem Atlantik mildes und leicht wechselhaftes Wetter über
Mitteleuropa an.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die letzten Läufe des IFs weisen zunächst eine gute Konsistenz auf, die in der
zweiten Wochenhälfte schlechter wird. Die Unterschiede sind zwar nicht
übertrieben groß, allerdings wird gerade die Luftmassengrenze am Freitag und
Samstag über Deutschland unterschiedlich simuliert. Zum Ende gleichen sich die
Läufe wieder an. Die letzten beiden Läufe zeigen die LMG südlicher, fast über
der Landesmitte, als der gestrige 00z Lauf, der sie über dem Nordosten legte.
Was die Wind- bzw. Sturmentwicklung über dem Norden angeht, sind die letzten
Läufe halbwegs auf einer Linie.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Schaut man großzügig auf die Basisfelder der anderen Globalmodelle UKMO, ICON
und GFS, zeigt sich ein ähnliches Bild ohne echte Alternativen. Die Details
sehen freilich anders aus. Unter anderem die Luftmassengrenze ab Freitag und
deren Niederschläge mit Schwerpunkt und Phase sehen anders aus und lassen Fragen
offen, wie viel es wo regnet oder schneit. Im GFS und UKMO kommt die LMG
vorübergehend bis Süddeutschland voran und die Niederschläge könnten im gesamten
Mittelgebirgsraum bis in tiefe Lagen als Schnee fallen. Ob dabei auch bis ganz
runter Schnee liegen bleibt, ist eine andere Sache. Bei starken Intensitäten
wäre das vorübergehend aber möglich. Die Wind- und Sturmentwicklung im Norden
wird mit einigen Unschärfen aber ähnlich gesehen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Kurven in den Rauchfahnen diverser deutscher Städte beginnen recht rasch zu
streuen, vor allem nach Norden hin. Es gibt etliche Lösungen, die eine weniger
starke Abkühlung im Norden simulieren, sodass die Lage und Ausprägung der
Luftmassengrenze unsicher bleibt. Zum Ende der Mittelfrist gleichen sich die
Verhältnisse über Deutschland wieder an, darin sind sich die Ensembles halbwegs
einig. Es gibt immer wieder Niederschlagssignale, das wechselhafte Wetter
scheint somit recht sicher.
Die Clusterung bringt im ersten Zeitschritt 6 Cluster, die sich kaum
unterscheiden. Schon die Anzahl zeigt aber, dass zumindest kleinere Unterschiede
vorhanden sind. Bis +168h werden 3 Cluster gebildet, die alle ein Blocking über
Nordeuropa zeigen mit überwiegend zyklonalen Verhältnissen südlich davon bei
uns.
In der erweiterten Mittelfrist tauchen 4 Cluster auf, die überwiegend hohes
Geopotential über Nord- und Osteuropa favorisieren und von Westen her Tröge
zeigen, die dagegen anlaufen.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

An den Küsten und über Norddeutschland sowie im Bergland wird es ab Donnerstag
zunehmend stürmisch. An der See und mit Abstrichen im höheren Bergland gibt es
am Freitag und Samstag eine Sturmlage aus Ost. Hinweise sind in den
deterministischen Outputs und in der Probabilistik ausgiebig vorhanden. (z.B:
ECM EPS bis 11 Bft über der Nordsee und westliche Ostsee mit geringen
Wahrscheinlichkeiten).

Die Temperaturabweichung im EFI (Norden stark negativ) signalisiert dann doch
die Luftmassengrenze am Freitag und Samstag über der nördlichen Mitte
Deutschlands. Etwaige Schneefälle würden am ehesten im Bergland schon mal einen
Vorgeschmack auf den Winter liefern (Schneefall, Glätte) für die tiefen Lagen
sind winterliche Verhältnisse unwahrscheinlich, bei stärkeren Schneefällen aber
zumindest vorübergehend nicht ganz ausgeschlossen.

Basis für Mittelfristvorhersage
Mos Mix, IFS +EPS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Bernd Zeuschner