#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Freitag, den 13.10.2023 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 13.10.2023 um 10.30 UTC
Der Jahreszeit entsprechendes Temperaturniveau bei über weiten Teilen
Deutschlands zunehmendem Hochdruckeinfluss. Im Südwesten ab Wochenmitte wieder
unbeständiger.
Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 20.10.2023
Zum Beginn des mittelfristigen Zeitraums am Montag kommen wir aus einer vor
allem in der Südhälfte teils frostigen Nacht (kaum zu glauben, nachdem es am
heutigen Freitag im Süden noch Höchstwerte von bis zu 30 Grad geben wird).
Schuld daran ist die am vorangegangenen Wochenende eingeflossene maritime
Kaltluft polaren Ursprungs mit meist nur 0 bis -2 Grad in 850 hPa (im äußersten
Süden +2 Grad), die bei recht wolkenarmen Bedingungen entsprechend wirken
konnte.
Mit Blick auf die großräumigen Strömungsmuster lässt sich ein flacher Rücken
erkennen, der sich vom westlichen Mittelmeerraum mehr oder weniger bis ins
Nordmeer erstreckt. Dieser wird flankiert von einem Langwellentrog, der sich von
Nordeuropa bis nach Mitteleuropa erstreckt und mit seinem Südteil allmählich
ostwärts zum Schwarzen Meer schwenkt. Damit ergibt sich eine nordwestliche
Strömung, die im Norden leicht zyklonal konturiert ist, was vor allem an den
Küsten den ein oder anderen Schauer hervorbringen wird, während es ansonsten
meist trocken bleibt. Denn am Boden konnte sich eine Hochdruckbrücke ausbilden,
die von den Britischen Inseln über Deutschland hinweg bis zum Schwarzen Meer
reicht. Zwischen dieser Brücke und einem großräumigen Tief bei Lappland besteht
an den Küsten noch ein recht straffer Gradient, für stürmische Böen dürfte es
aber allenfalls an exponierten Abschnitten reichen. Im Südwesten Deutschlands,
also an der Südflanke des Hochs, stellt sich eine „leichte“ Biselage ein, die
sich aber ebenfalls höchstens mit Bft-7er-Böen bemerkbar machen sollte. Bleibt
noch zu erwähnen, dass über dem Ostatlantik ein Cut-Off-Tief südwestlich der
Britischen Inseln südwärts Richtung Biskaya zieht. An der Vorderseite des von
ihm ausgehenden Troges konnte sich ein Sturmtief entwickeln, das zunächst aber
noch keinen Einfluss auf unser Wetter hat.
Am Dienstag zieht das Cut-Off-Tief samt Bodentief in den Westen der Iberischen
Halbinsel. Das dazugehörige Trogresiduum zieht von der Nordsee kommend rasch
über Deutschland hinweg, ohne jedoch wirklich wetteraktiv zu sein, wenn man mal
von etwas Bewölkung und ein paar Schauern an den Küsten absieht. Dahinter steigt
das Potenzial deutlich an, über den Britischen Inseln bildet sich ein
abgeschlossenen Höhenhoch. Der davon ausgehende Rücken erstreckt sich über das
Nordmeer und stützt „unser“ Bodenhoch, das seinen Schwerpunkt Richtung Nordsee
und Deutschland verlagert. Zwischen dem Hoch und dem Iberientief gelangt in den
äußersten Südwesten niedertroposphärisch langsam wieder feuchtere und mildere
Luft (6 Grad in 850 hPa). Aber auch sonst kann sich die Luftmasse in Deutschland
zumindest etwas erwärmen mit nun 0 bis 4 Grad.
Am Mittwoch wird das Höhentief bei der Iberischen Halbinsel von einem von Westen
heranrückenden atlantischen Langwellentrog förmlich „aufgesaugt“. Vorderseitig
wölbt sich ein Rücken über Südwesteuropa und dem westlichen Mittelmeer auf, der
Tuchfühlung zum Nordmeerrücken aufnimmt, wodurch nun eine zunehmend meridional
ausgerichtete Hochdruckzone von Skandinavien bis nach Südosteuropa gestützt
wird. Der Südwesten Deutschlands gelangt dabei langsam unter eine südwestliche
Höhenströmung, wodurch die 850-hPa-Temperatur dort auf knapp zweistellige Werte
ansteigt, während sie im Nordosten noch bei Werten um 2 Grad liegt.
Am Donnerstag trogt der Atlantiktrog weiter aus und reicht von seinem
Drehzentrum bei Südgrönland nun sogar bis Marokko(!), zeigt aber
Abtropftendenzen. Dadurch steilt die Strömung über Westeuropa weiter auf, sodass
sich in Kombination mit dem Langwellentrog über dem östlichen Mitteleuropa und
dem dazwischen eingepferchten Rücken ein schönes Omega ergibt. Allerdings
scheint sich über dem Nordmeer ein eigenständiges Höhenhoch abspalten zu wollen,
wodurch sich der Schwerpunkt des Bodenhochs nach Skandinavien verlagert und die
bodennah vorherrschende Ostströmung etwas verstärken kann.
Am Freitag spaltet sich tatsächlich ein Höhenhoch über dem Nordmeer ab,
gleichzeitig tropft der atlantische Langwellentrog über der Biskaya ab und der
Nordosten gelangt zunehmend in den Einflussbereich der höhenkalten Luft des
Nordost-/Mitteleuropatroges. Mit der sich im Nordosten einstellenden nördlichen
Höhenströmung sinkt die Temperatur in 850 hPa dort auf rund -5 Grad, während im
Südwesten bei südlicher Höhenströmung bis zu 14 Grad auf der Karte stehen.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Während die Konsistenz des heutigen 00-UTC-Laufs zum gestrigen 12-UTC-Lauf von
den großskaligen Mustern noch als recht gut bezeichnet werden kann, lässt sich
im Vergleich zum gestrigen 00-UTC-Lauf bereits zu Beginn ein Unterschied
erkennen: Die Tiefdruckzone über Südwesteuropa wird nun ein gutes Stück weiter
südwestlich prognostiziert. Trotzdem sollen nach dem heutigen Lauf ab Mittwoch
teils kräftige Regenfälle auf die Südwesthälfte übergreifen, die vom gestrigen
12-UTC-Lauf erst ab Donnerstag und auch nur für den äußersten Südwesten
prognostiziert wurden. Ab Freitag nähern sich alle drei Modellläufe wieder an.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Mit Blick auf die globale Modellwelt, kann man sagen, dass die Entwicklungen
über dem Atlantik im Großen und Ganzen recht einheitlich simuliert werden.
Auffällig ist, dass ICON den Rücken und den Mitteleuropatrog ein Stück weiter
westlich positioniert. Dadurch liegt der Nordosten immer wieder im
Einflussbereich der an der Westflanke des Troges ablaufenden Kurzwellentröge. In
der Folge bleibt auch die Erwärmung der Luftmasse größtenteils aus. In der
Nordosthälfte bleibt die 850-hPa-Temperatur im negativen Bereich und sinkt am
Freitag vielfach sogar auf rund -6 Grad. Zudem lässt ICON den Trog über
Mitteleuropa abtropfen. GFS hat dagegen ab Donnerstag eine Luftmassengrenze quer
über Deutschland im Programm, an der es zu anhaltenden Regenfällen kommt, die –
wenn es blöd läuft – auf der kalten Seite (0 bis -2 Grad in 850 hPa) nachts
sogar mal eine nasse Schneeflocke im Gepäck haben könnten.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die Rauchfahnen für verschiedene deutsche Städte zeigen bis Mitte der Woche ein
recht einheitliches Bild: Es geht wieder bergauf mit der Temperatur bei (mit
Ausnahme des Südens) so gut wie keinen Niederschlagssignalen. Danach nehmen die
Unsicherheiten deutlich zu, bei zumindest wieder leichtem „Gezappel“ beim
Niederschlag. Mit Blick in den Nordosten fällt auf, dass eine Gruppe an Membern
ab Donnerstag Richtung Kaltluft gehen (rund -5 Grad in 850 hPa).
Beim Clustering ergeben sich für den Zeitraum von Mittwoch bis Freitag drei
Cluster (C1: 21 Member; C2: 21 Member inkl. Haupt- und Kontrolllauf; C3: 9
Member). Während am Mittwoch noch das Regime „Atlantischer Rücken“ vorherrscht,
stehen die Zeichen bei C1 und C3 danach auf Blocking, C2 zeigt am Freitag sogar
NAO negativ. Insgesamt sind die Felder aber recht ähnlich mit Blocking über dem
Nordmeer und potentiellem Übergreifen des Mitteleuropatroges.
Im Zeitraum von Samstag bis Montag werden vier Cluster angeboten. Während
Cluster 1 bis 3 recht gleichverteilt und dem Blocking-Regime zugeordnet sind,
beherbergt „Außenseiter-Cluster“ 4 den Haupt- und Kontrolllauf bei NAO negativ.
Auffällig ist, dass bei C1 bis 3 der Mitteleuropatrog langsam ostwärts
abgedrängt wird, während er bei C4 über uns bestehen bleibt und sich sogar
südwestwärts ausweitet.
Alles in allem bleibt die Entwicklung ab Donnerstag noch recht unsicher. Die
Frage, wie weit die Kaltluft innerhalb von Deutschland vorankommt bleibt genauso
wie es mit der Niederschlagentwicklung weitergeht (siehe GFS-Lösung).
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Am Montag in Nordfriesland mit geringer Wahrscheinlichkeit anfangs noch einzelne
stürmische Böen aus Nordwest. Auch am Donnerstag an den Küsten einzelne
stürmische Böen aus Ost nicht ausgeschlossen. Ansonsten voraussichtlich keine
warnwürdigen Wettererscheinungen.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS(-EPS), ICON, GFS, MOSMIX
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Tobias Reinartz