#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Donnerstag den 21.09.2023 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 211800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 21.09.2023 um 18 UTC
SCHLAGZEILE:
Von Westen Kaltfrontpassage mit teils eingelagerten Gewittern und Sturmböen.
Nachfolgend an der Nordsee und südlich der Donau wechselhaft und häufiger nass,
sonst schwacher Hochdruckeinfluss. Spürbar kühler.
Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC
Aktuell … greift von Westen die Vorderseite eines kräftigen und weit nach
Süden reichenden Troges, der sich vom Nordmeer bis zur Iberischen Halbinsel
erstreckt auf Deutschland über. In diesen ist im Bereich von Cornwall ein
eigenständiges Drehzentrum samt IPV Maximum eingelagert, das bis
Freitagvormittag die Themsemündung erreicht. In die Vorderseite eingebettet ist
eine markante Kaltfront, die spätsommerlich warme Mittelmeerluft im Osten (T850
15°C, entsprechend Tmax südlich von Berlin nahe 30°C heute nochmal,
Langenlipsdorf 30.2°C, Baruth 29.5°C) von deutlich kühlerer Atlantikluft (T850
um 5°C, Paris heute Nachmittag um 15°C) trennt. Dieser Luftmassenwechsel
geschieht relativ zögernd und die Front dringt leicht schleifend nur langsam
ostwärts vor. Ursächlich dafür ist eine flache Welle, die entlang der Front
nordwärts abläuft und aktuell 18z die innere Deutsche Bucht erreicht. Sobald
diese über Jütland Richtung Oslo abgezogen ist, wird der Luftmassenwechsel an
der Südflanke bei auffrischendem Wind schneller vollzogen. So erreicht die Front
bis in die frühen Morgenstunden dann die Oder und Neiße sowie Südostbayern.
Vor allem in der ersten Nachthälfte sind in das schauerartige Regenband auch
noch zahlreiche Gewitter eingelagert, insbesondere an der warmen Vorderkante.
Aufgrund der hochreichend guten Scherung (DLS 20-30 m/s, LLS um 15 m/s) sind
diese größtenteils linienhaft angeordnet mit Fokus auf Böen als
Begleiterscheinung. Diese liegen vermehrt im Sturmbereich zwischen 70 und 80
km/h (Bft 8 bis 9). Da vielerorts bereits eine hinreichende Anfeuchtung mit
absinkender Wolkenbasis stattgefunden hat, muss man weiterhin auch vereinzelte
Tornados mit ins Kalkül ziehen und aufmerksam im Nowcasting monitoren.
Starkregen mit 15 bis 20 l/qm binnen einer Stunde bzw. mit 20 bis 30 l/qm binnen
weniger Stunde ist ebenfalls möglich. Präventiv bietet sich da aber keine
Warnung an, da die Schwerpunkte sehr stark an kleinräumig eingelagerte Gewitter
gekoppelt sind und eher mit Gewitterwarnungen „erschlagen“ werden. Da gilt
genauso für das Oberallgäu, wo sich ebenfalls ein Niederschlagsmaximum mit 20-30
l/qm binnen 6-8 Stunden andeutet, da die Front durch eine Randtiefentwicklung
über Oberitalien über dem Alpenraum etwas zurückgehalten wird. Der Hauptstau
findet aber auf Schweizer bzw. Österreichischer Seite statt. Sonst fallen
abseits der Gewitter flächendeckend 5 bis 10 l/qm, östlich der Elbe noch 1 bis 5
l/qm.
Postfrontal lockert die Wolkendecke wieder auf und es gibt unter kräftiger
Kaltluftadvektion nur noch vereinzelte Schauer. Etwas anders verhält es sich
lediglich über der Nordsee, wo nach Abzug des Randtiefs und verbleibendem
Resttroges sowie langsamer Annäherung höhenkälterer Luft aus Westen auch in
Kombination des noch vergleichsweise warmen Nordseewassers (Tw 17-18°C zu T500
-20°C) die Schaueraktivität in dessen Umfeld erhöht. Auch vereinzelte Gewitter
sind noch möglich.
Die Tiefstwerte liegen zwischen 16°C in Berlin und 9°C in der Eifel.
Freitag … greift der Trog von den Britischen Inseln kommend immer mehr auf die
Nordsee, Benelux und Frankreich aus. Das o.e. eingelagerte Drehzentrum erreicht
zum Abend die Deutsche Bucht und entwickelte auf seiner Vorderseite einen
markanten Kurzwellentrog, der zum Abend auf Ostfriesland übergreift. Auch im
Bodendruckfeld hat sich nahezu achsensenkrecht ein gut ausgeprägtes Trogtief mit
einem scharfen Gradienten an der Südflanke etabliert. In der genauen Ausprägung
gibt es allerdings noch leichte Modellunterschiede. UK10 favorisierte bis
zuletzt eher noch den breit gefächerten Trog. Auf diesen Zug ist nun auch der
ICON 12z Lauf aufgesprungen.
Tagsüber verbleiben wir aber zunächst erst einmal noch auf der Vorderseite des
Trogtiefs. So frischt der Wind im Tagesverlauf im Westen und Nordwesten zwar
wieder spürbar auf. Mit eher ablandiger Komponente aus Süd bis Südwest
beschränken sich warnwürdige Böen der Stärke 7 Bft aber auf die Nordseeinseln,
im Westen auf exponierte Lee und Gipfellagen.
Ansonsten wird es in dem in der Höhe zyklonalen Umfeld mit höhenkalter Luft bis
-22°C in 500 hPa im Westen zwar labiler, dafür aber auch trockener mit PPW’s die
von 40 mm auf 15 mm zurückgehen im Vergleich zum Vortag. Zudem ist in rund 800
hPa eine kleine Sperrschicht vorhanden, die wohl erst am späten Nachmittag und
Abend ganz im Westen mit Annäherung des Kurzwellentroges durchbrochen wird und
es zu einzelnen Schauern oder kurzen Gewittern kommt. Diese gehen allenfalls mit
Graupel und starken bis stürmischen Böen einher. Gleiches gilt für das
Nordseeumfeld, wo ab den Abendstunden vor allem der diabatischen Komponente
wieder eine entscheidende Rolle zukommt. Starkregen sollte aufgrund der raschen
Verlagerung der Konvektionszellen und des Flüssigwassergehalts kein Thema mehr
sein.
Unterdessen sind am Vormittag von Vorpommern über die Lausitz und das Erzgebirge
bis zu den Alpen noch die weitgehend skaligen Regenfälle der abziehenden
Kaltfront wetterwirksam. Durch das angesprochene Randtief über Norditalien,
etwas Warmluftadvektion an dessen Nordflanke und einzelner flacher Randtröge in
der Höhe regnet es südlich der Donau gebietsweise bis in die Abendstunden hinein
mit wechselnder Intensität munter weiter. Warnschwellen werden aber allenfalls
in exponierten Gipfellagen der Alpen erreicht. Oberhalb etwa 2200 bis 2300
Metern fällt Schnee.
Eine ausgeprägte Durchmischung bringt vielfach Auflockerungen mit sich.
Dennoch reicht es in der postfrontal eingeflossenen kühleren Atlantikluft mit
T850 zwischen 5 und 9°C „nur“ für Tageshöchstwerte zwischen 17 und 22 Grad,
wobei es in Oder- und Neißenähe sowie am Oberrhein noch am wärmsten wird.
In der Nacht zum Samstag schwenkt die Trogachse über Norddeutschland ostwärts
und erreicht in etwa bis zum Morgen den Hamburger Raum, während er weiter
südwärts aufgrund des sich bereits andeutenden Abtropfprozesses über den
Französischen Alpen zurückhängt. Das kleinräumige Tief über der Deutschen Bucht
wird unter Abschwächung Richtung Jütland gesteuert.
Steife bis stürmische, exponiert auch Böen bis Sturmstärke, erfassen an dessen
Südflanke mit Winddrehung auf West zunächst die Ostfriesischen Inseln,
nachfolgend auch die Elbmündung und die Nordfriesische Küste. Dabei ist
allerdings noch unsicher, wie scharf der Gradient bis dahin tatsächlich noch
ist, laut neuester Tendenz wohl nicht mehr allzu stark. ICON-D2 EPS zeigt gerade
mal 50% für Bft 7, Richtung Sylt rasch auf 20% abfallend und bis 30% für Bft 8
zwischen Helgoland und Norderney. Aktuell spricht demnach vieles für eine
überschaubare Windlage mit „gelb plus eventuell Häkchen-Lösung“ aus
warntechnischer Sicht. Unbestritten ist dagegen die weiterhin rege
Schauertätigkeit bis hin zu kurzen Gewittern.
Ansonsten erfolgt bei abnehmendem Gradienten eine weitgehende Wetterberuhigung
und von Spanien und Südfrankreich her schiebt sich ein flacher Bodenhochkeil
nach Süddeutschland. Dennoch sorgt schwache Hebung auf der Vorderseite der
Trogspitze südlich der Donau noch immer für (meist nur noch schwache)
Regenfälle. Vor allem über der Mitte klart es gebietsweise auf und in
windgeschützten Regionen können sich Nebelfelder bilden.
Dazu wird es ordentlich frisch mit Tiefstwerten von 10 bis 6 Grad, milder bleibt
es an der See bei 14 bis 11 Grad.
Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC
Samstag … wenig Wetteränderung und weiterhin Gültigkeit der Schilderungen aus
der Frühübersicht. Im äußersten Süden meist bewölkt mit zeitweiligen leichten
Regenfällen. Vom Nordwesten bis nach Schleswig-Holstein im Trogbereich Schauer
und vereinzelt kurze „Kaltluftgewitter“. An exponierten Küstenabschnitten
einzelne steife Böen aus West. Sonst schwacher Hochdruckeinfluss mit Wechsel aus
Sonne und Wolken und weitgehend trocken.
Anschließendes Abtropfen und durch Einbezug von Ex-NIGEL Aufbau eines Rückens
bis nach Skandinavien. Unter Hochdruckeinfluss allmähliche Alterung der kühlen
Luftmasse mit satten Tagesgängen bei einstelligen Minima und Höchstwerten um
20°C.
Modellvergleich und -einschätzung
Bis auf kleinere Unschärfen in der Simulation des Trogtiefs, was aber
entscheidende Auswirkungen auf die Windentwicklung ab Freitagabend an der
Nordsee hat, gibt es kaum nennenswerte Modellunterschiede.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen