S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 20.09.2023 um 10.30 UTC

Meist ruhiges und warmes Herbstwetter. Wahrscheinlich erst ab Donnerstag vor
allem im Nordwesten und Norden leicht unbeständig, aber weiterhin warm.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 27.09.2023

Am Samstag liegt Deutschland unter einem nach Osten abziehenden und
austropfenden Troges. Dieser bringt im Nordwesten einzelne Schauer und an der
Nordsee mit geringer Wahrscheinlichkeit auch kurze Gewitter zustande. Die
Kaltfront, die diesem Trog vorgelagert war, hat längst die Alpen passiert und
sorgt am Alpennordrand staubedingt noch für etwas Regen. Im weitaus größten Teil
Deutschlands setzt sich der Einfluss eines Bodenhochs, das sich von der Biskaya
und von Frankreich nach Südwestdeutschland ausweitet, durch.
Bis Sonntag tropft der über Deutschland liegende Trog aus, woraus sich ein
Höhentief über Mittelitalien ergibt. Über Mitteleuropa wölbt sich zusehends ein
Rücken auf, durch welchen das Bodenhoch, dessen Schwerpunkt sich nach Westpolen
verlagert, gestützt wird. Geringe Luftdruckgegensätze lassen die Nebelneigung
zunehmen, so dass hierdurch neben der fortgeschrittenen Jahreszeit eine
Erwärmung nur zögernd in Gang kommt.
Am Montag verlagert sich der Rücken unter weiterer Aufwölbung nach Osteuropa,
gefolgt von einem breiten Trog, der sich in den nahen Ostatlantik vorarbeitet.
Dieser Trog geht von einem kräftigen Bodentief, dem ehemaligen Hurrican „NIGEL“
aus, das sich in das Seegebiet westlich von Schottland verlagert. Folglich
verabschiedet sich das Bodenhoch bereits nach Osten und gelangt zu den
Baltischen Staaten. Hierdurch stellt sich bei etwas zunehmenden Gradienten eine
östliche bis südöstliche bodennahe Strömung und mit dieser eine weitere
Erwärmung ein. Währenddessen erfolgt über dem Atlantik eine weitgehende
Zonalisierung. Ein Wellentief wird mit der westlichen Strömung von Neufundland
rasch ostwärts gesteuert, interagiert mit einem sich von Grönland nach Süden
ausweitenden Trog und intensiviert sich am Dienstag zu einem Orkantief mit einem
Kerndruck bis unter 965 hPa. Dabei verlagert sich dieses Tief bis in das
Seegebiet unmittelbar westlich von Irland. Kompensierendes Absinken lässt von
dem vorherigen Trog nicht mehr viel übrig. Dessen Reste werden ohne nennenswerte
Wetterwirksamkeit über die Nordsee nordostwärts geführt. Über Mitteleuropa
bleibt dann eine Hochbrücke, die sich vom Azorenraum bis zu dem bisherigen
Bodenhoch über Westrussland erstreckt, bestehen.
Am Mittwoch überquert das Sturmtief Schottland. Dessen bis dahin okkludiertes
Frontensystem nähert sich dem Westen Deutschlands, was dort einen Wolkenaufzug
bewirkt, wahrscheinlich ohne dass bereits nennenswerte Niederschläge fallen.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagzeitraum setzt sich auch über
Mitteleuropa zusehends eine west- bis südwestliche und zyklonaler werdende
Strömung durch. Während es am Donnerstag wahrscheinlich noch weitgehend
niederschlagsfrei bleibt, überqueren danach in rascher Folge Frontensysteme das
Vorhersagegebiet. Deren Wetterwirksamkeit wird nach Süden hin rasch geringer. Im
Norden frischt dann der Wind bis hin zu Sturmböen an einigen Küstenabschnitten
auf, insgesamt wird es dann nicht mehr so warm wie bisher.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis einschließlich Montag ist die Konsistenz im Vergleich zu den gestrigen
Vorhersagen relativ hoch. Danach beginnen die Prognosen zu divergieren. Die
Entwicklung des Orkantiefs über dem Atlantik (nicht der „Ex-NIGEL“) und die
Zonalisierung hatten die gestrigen Modellläufe noch nicht im Programm.
Demzufolge greift am Mittwoch bereits ein breiter Trog auf Westeuropa über,
wogegen die beiden gestrigen Modellläufe noch einen kräftigen Rücken bestehen
ließen. Die Umstellung zu einem eher wechselhaften Wettercharakter ist nach dem
aktuellsten Modelllauf etwas früher zu erwarten als nach den gestrigen
Simulationen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bis einschließlich Dienstag wird die oben beschriebene Entwicklung von den
verfügbaren Modellen unterstützt. Am Mittwoch lässt GFS einen Trog bereits auf
den Westen Deutschlands übergreifen, der nach den anderen Modellen noch über
Westeuropa zu finden ist. Das oben beschriebene Orkantief wird nur von EZMW
simuliert. Eine vergleichbare Entwicklung zeigt noch das kanadische Modell,
belässt aber dieses Tief ca. 1000 km weiter westlich über dem mittleren
Nordatlantik und lässt die Strömung auch weiterhin mäandrieren.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum setzt auch GFS auf eine
Zonalisierung. Das kanadische Modell hat über Mitteleuropa eine ausgewachsene
Blockierung mit einem Bodenhoch über dem Ostseeraum und Nordpolen im Programm,
wonach das ruhige Herbstwetter andauern würde.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Das EPS des GFS zeigt keine Anzeichen einer durchgreifenden Zonalisierung.
Vielmehr dauert (gemäß der Anomaliefelder des EPS-Mittels des Geopotentials 500
hPa) die Blockierung an, wenngleich sich deren Schwerpunkt im erweiterten
mittelfristigen Vorhersagezeitraum nach Westrussland verschiebt. Über
Deutschland sollte demnach das ruhige und meist warme Herbstwetter noch
andauern. Nach dem aktuellsten Modelllauf erfolgt dies jedoch rascher als nach
den gestrigen Simulationen. Schwache Niederschlagssignale lassen sich dennoch
erst ab Freitag finden. Bis einschließlich Montag ist der Spread relativ gering,
wird dann aber kontinuierlich größer, wobei sich aber in beide Richtungen der
Verteilung keine Extremlösungen zeigen.
Auch beim EPS des EZMW lässt sich die oben beschriebene Zonalisierung anhand des
EPS-Mittels nicht finden. Vielmehr ergibt sich ein breiter Trog über dem
mittleren Nordatlantik, der sich nur zögernd ostwärts vorarbeitet. Dies erfolgt
gegenüber dem EPS des GFS jedoch etwas rascher. Die deterministische Variante
wird auch nur von wenig mehr als der Hälfte der EPS-Member gestützt, 23
Einzelläufe favorisieren nach wie vor, d.h. bis zum Monatswechsel,
antizyklonalen Einfluss. Am wahrscheinlichen wäre dann eine Fontalzone, die sich
vom Azorenraum über Schottland hinweg nach Mittelskandinavien erstreckt, wobei
sich tendenziell zum Monatswechsel hin in deren östlichen Teil eine leicht
südliche Verlagerung abzeichnet. Dies würde dann zumindest im Nordwesten und
Westen für einen leicht unbeständigen Wettercharakter sprechen.
Das Clustering gemäß Großwetterlagen zeigt eine Dominanz antizyklonaler
Zirkulationsformen (vor allem Brückenlagen), wobei diese zum Monatswechsel hin
zusehends einen südlichen Einschlag bekommen. Gegenüber dem gestrigen 12
UTC-Lauf setzen im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum eine
zunehmende Anzahl der Member auf Westlagen, wobei deren Anteil etwa ein Viertel
der gesamten EPS-Läufe umfasst. Dabei bleibt es bis über den Monatswechsel
hinaus für die Jahreszeit deutlich zu warm.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Samstag kann es mit geringer Wahrscheinlichkeit mit der Passage des
Resttroges an der Nordseeküste für einzelne kurze Gewitter reichen. Ansonsten
zeichnen sich bis zur Wochenmitte keine markant zu bewarnenden Wetterereignisse
ab.

Basis für Mittelfristvorhersage
EPS (EZMW) + MOS; aufgrund teils zögernder Nebelauflösung ist eine zusehends
größere Spanne der Tageshöchsttemperaturen in Betracht zu ziehen.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann