S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 30.08.2023 um 10.30 UTC

Teils sommerlich warm bei allenfalls einzelnen Gewittern. Bereits ab Montag
deutlich zunehmende Unsicherheiten.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 06.09.2023

Zum Beginn des mittelfristigen Vorhersagezeitraums am Samstag liegt Deutschland
an der Südwestflanke eines hochreichenden Tiefs über dem Finnischen Meerbusen.
Davon ausgehend erstreckt sich ein Randtrog südwest- bis westwärts über die
Nordsee bis nach England, der mit seiner Achse im Tagesverlauf auf den
Nordwesten Deutschlands übergreift. Damit ergibt sich eine westliche bis leicht
nordwestliche Höhenströmung für weite Teile des Landes mit der mäßig warme bis
warme Meeresluft in die Nordhälfte geführt wird (um 8 Grad in 850 hPa). Während
dort die Strömung zudem leicht zyklonal konturiert ist, liegt der Süden und
Südwesten zunächst noch im Einflussbereich eines Rückens, der sich vorderseitig
eines Höhentiefs über dem Nordwesten der Iberischen Halbinsel aufwölbt.
Niedertroposphärisch ist dort etwas wärmere Luft am Start mit rund 12 Grad in
850 hPa. Am Boden findet sich quer über der Mitte eine flache Tiefdruckrinne, in
die eine Luftmassengrenze eingebettet ist. Diese ist zwar nicht wirklich stark
ausgeprägt, sorgt aber immerhin für ein paar Wolken und etwas Regen. Einiges an
Sonnenschein und sommerliche Höchstwerte über 25 Grad stehen dagegen dank des
Rückens im Süden auf der Karte. Gleiches gilt bei etwas niedrigeren
Temperaturwerten auch für den äußersten Norden, wo man allmählich auf die
Trogrückseite gerät und sich am Boden ein Hoch über den Britischen Inseln
übergreift.

Am Sonntag zieht vom Europäischen Nordmeer ein weiteres Höhentief südostwärts
und wird vom bereits bestehenden Pendant über der Ostsee eingefangen.
Gleichzeitig zieht der Randtrog (eigentlich schon in der Nacht zum Sonntag) ohne
große Wetteraktivität südostwärts über Deutschland hinweg, wodurch das
Ostsee-Höhentief eine meridionale Ausrichtung bekommt und der Rücken über dem
Süden abgebaut wird. Von Westen steigt das Geopotenzial deutlich an, was auch am
Boden zunehmenden Hochdruckeinfluss bedeutet. Die Luftmassengrenze kommt dadurch
noch etwas nach Süden voran, löst sich aber mehr und mehr auf. Insgesamt stellt
sich eine nordwestliche, im Norden teils nördliche, und insgesamt leicht
zyklonale Höhenströmung ein. Das Temperaturniveau in 850 hPa bleibt oftmals
zwischen 10 und 15 Grad, im Nordosten werden weiterhin nur (hohe) einstellige
Werte erzielt.

Am Montag liegt Deutschland unter einem Rücken, dessen Achse sich vom westlichen
Mittelmeer über Deutschland bis nach Skandinavien erstreckt. Er wölbt sich
einerseits vorderseitig des Höhentiefs bei Portugal und andererseits im Vorfeld
eines Troges, der von Westen her das Europäische Nordmeer entert, auf. Am Boden
verlagert sich eine Hochdruckzone langsam ostwärts über Deutschland hinweg. Die
Strömung dreht dabei allmählich auf West, im Südwesten auch auf Südwest, wodurch
dort zum Abend in 850 hPa die 20-Grad-Isotherme reinkommt und somit in 2 Meter
Höhe auch die 30-Grad-Marke geknackt werden könnte.

Am Dienstag verlässt die Achse des Rückens Deutschland ostwärts, womit sich in
weiten Teilen des Landes eine südwestliche Strömung einstellt. Das mündet
niedertroposphärisch (850 hPa) in rund 14 Grad im äußersten Norden und stolzen
24 Grad am Alpenrand! Das Am Boden entsteht über Südwesteuropa ein Tief, das
über den Nordwesten Deutschlands hinweg zieht, was dort eine ausgewachsene
Gewitterlage bedeuten würde.

Am Mittwoch kommt der der Nordmeertrog weiter ostwärts voran und tropft über der
Nordsee ab. Wir verbleiben damit in der südwestlichen, zunehmend strammen
südwestlichen Höhenströmung. Das Bodentief zieht unter Verstärkung nordostwärts
nach Südschweden. Die dazugehörige Kaltfront überquert dabei weite Teile des
Landes ost- und südostwärts. In der vorgelagerten sehr feuchten und warmen bis
heißen Subtropikluft dürfte es zu teils schweren Gewittern kommen.

Hier sei aber bereits erwähnt, dass die Unsicherheiten hinsichtlich der
mittelfristigen Wetterentwicklung ab Montag stark zunehmen. Ein Ausblick auf die
erweiterte Mittelfrist macht damit an dieser Stelle recht wenig Sinn.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des aktuellen IFS-Laufs kann bis Sonntag als recht gut bezeichnet
werden, danach weicht der gestrige 12 Uhr Lauf aber deutlich von den ihn
umrahmenden 00 Uhr Läufen ab. Ab Dienstag gehen dann auch die beiden 00 Uhr
Läufe mehr und mehr auseinander – von Konsistenz keine Spur mehr. Als Beispiel
sei hier kurz Dienstag 12 UTC erwähnt, wo sich Deutschland im heutigen 00 Uhr
Lauf unter einer südwestlichen Höhenströmung befindet mit Temperaturen im Niveau
850 hPa zwischen 14 Grad im Norden und bis zu 24 Grad im Süden. Der gestrige 12
Uhr Lauf war bei einer nördlichen bis nordwestlichen Höhenströmung (großräumiges
Höhentief über Nordpolen) stolze 8 Kelvin niedriger. Der gestrige 00 Uhr Lauf
war mit einer Nordwest- bis Westströmung bei hohem Geopotenzial ebenfalls
deutlich kühler, wenngleich nicht ganz so sehr wie sein Nachfolger.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Unter den Globalmodellen herrscht zumindest bis Sonntag weitgehend Einigkeit,
was die Basisfelder angeht. Ab Montag entdecken die Modelle dann anscheinend
ihre „kreative“ Phase, will heißen: Jedes macht etwas anderes. Auch hier soll
wie bereits bei der Konsistenzbetrachtung Dienstag 12 UTC als Beispiel
herhalten. Zur Erinnerung: IFS mit Rückenachse knapp östlich von uns, Trog über
Nordmeer/Britische Inseln, südwestliche Höhenströmung, am Boden „Gewittertief“
über dem Nordwesten. ICON hängt weiterhin am meridional ausgerichteten Höhentief
über dem östlichen Mitteleuropa (das IFS ostwärts abziehen lässt), das im Westen
von einem Höhenhoch über den Britischen Inseln flankiert wird. Die Folge: eine
zyklonale, nördliche Höhenströmung bei hohem Druck am Boden. GFS zeigt einen
sehr breit angelegten Trog über Skandinavien bei gleichzeitig aber ebenfalls
hohem Geopotenzial über bzw. westlich der Britischen Inseln. Als Konsequenz
ergibt sich eine (leicht) zyklonale, westliche bis nordwestliche Höhenströmung
bei ebenfalls hohem Luftdruck am Boden.
Sehr deutlich werden diese Unterschiede beim Temperaturniveau in 850 hPa: IFS 14
bis 24 Grad, ICON 6 bis 12 Grad, GFS 9 bis 18 Grad.

Eventuell könnte die extratropische Umwandlung von Hurrikan FRANKLIN und dessen
Einbindung in die Westwindzone ein Grund für die zunehmenden Unsicherheiten
kommende Woche sein. Zumindest wird letztere aktuell von den betrachteten
Modellen zum Teil höchst unterschiedlich prognostiziert.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Der Blick auf die Rauchfahnen für verschiedene deutsche Städte bestätigt den
Eindruck, dass die Prognose ab kommender Woche zunehmend unsicher wird.
Tendenziell bleibt die Mehrheit der Member bezüglich der 850er-Temperatur aber
auf einem recht hohen, sprich zweistelligen Niveau. Erst ab Mitte der Woche ist
ein leichter Abwärtstrend erkennbar. Auffällig ist, dass der Hauptlauf mit einer
der wärmsten Läufe ist und am Mittwoch einen regelrechten Temperatursturz im
Programm hat (Kaltfrontdurchgang), wodurch er ab Mittwoch einer der kältesten
ist. Dieses Szenario erscheint demnach eine Außenseiterlösung zu sein. Die
Niederschlagssignale sind am Sonntag und Montag meist recht spärlich bzw. kaum
vorhanden. Ab Dienstag nimmt das „Gezappel“ bundesweit wieder zu.

Das Clustering liefert für den Zeitraum von Montag bis Mittwoch (+120 bis +168
h) fünf Gruppierungen (16, 13, 12, 6 und 4 Member), die allesamt dem
Blocking-Regime zugeordnet sind. Der Hauptlauf steckt in Cluster 1, der
Kontrolllauf in Cluster 2. Dabei zeigen die Cluster 1 bis 4 einen Rücken über
dem westlichen Mittelmeerraum, der in Cluster 3 und 4 sehr kräftig ist und sich
bis zu den Britischen Inseln erstreckt. Bei Cluster 1 und 2 ist der Rücken
deutlich schwächer ausgeprägt und dafür der Nordmeertrog etwas stärker betont.
Cluster 5 zeigt ein Höhentief über Mitteleuropa und stellt damit eine
Außenseiterlösung dar.

Im Zeitraum von Donnerstag bis Samstag (+192 bis +240 h) werden nur noch drei
Cluster gerechnet (18, 18 und 15 Member), ebenfalls alle im Blocking-Regime.
Tendenziell ist ein Höhenrücken über unserem Vorhersageraum zu erkennen, der mal
stärker, mal schwächer, mal etwas westlicher, mal etwas östlicher simuliert
wird. Kurzum: Die Vorhersage bleibt – wenig überraschend – auch in der
erweiterten Mittelfrist recht unsicher.

Fazit: Bis etwa Wochenmitte bleibt es sommerlich warm, vielleicht sogar heiß,
danach wird es wohl wieder etwas kühler und unbeständiger – wie auch immer das
aussehen mag.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Samstag kommt es in den Mittelgebirgen und am Alpenrand, am Sonntag vom
Alpenrand bis nach Südostbayern mit geringer Wahrscheinlichkeit zu einzelnen
markanten Gewittern mit Starkregen. Ob ab Dienstag das Gewitterrisiko wirklich
zunimmt oder sogar eine Unwetterlage ins Haus steht, wie sie IFS im Programm
hat, ist aus aktueller Sicht zwar nicht ausgeschlossen, erscheint aber doch sehr
unwahrscheinlich.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Tobias Reinartz