SXEU31 DWAV 221800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 22.08.2023 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Im Norden warm, im Süden schwülheiß. Zunächst nur vereinzelte Gewitter. Ab
Donnerstag Umstellung der Wetterlage, beginnend mit Gewittern mit
Unwetterpotential.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 06 UTC

Aktuell … erstreckt sich sehr hohes Geopotential vom Nordwesten Afrikas über
Südwesteuropa bis in den Süden Mitteleuropas. Über dem Norden Europas ist das
Potential dagegen niedrig, so dass Deutschland im Bereich einer mäßig starken
und recht glatten westlichen Höhenströmung liegt. In diese ist ein schwaches
zonal orientiertes IPV-Maximum eingelagert, das sich in einem streifen starker
Bewölkung über dem Norden Deutschlands zeigt. In diesem Bereich sind auch
schwache Signale im Radar erkennbar, allerdings gibt es keinen nennenswerten
Niederschlag. Die Konstellation in der Höhe erinnert stark an eine antizyklonale
Westlage, allerdings zeigt sich im Bodendruckfeld das Hoch (namens Nives) recht
weit im Norden, mit der Divergenzachse über Deutschland, so dass es eher eine
„Brücke Mitteleuropa“ ist. Dabei ist die Druckverteilung generell schwach, so
dass nur sehr schwacher Wind weht, vorwiegend aus West, im Süden mitunter auch
aus Nord. Im Norden weht der Westwind etwas stärker. Den
Geopotentialunterschieden über unserem Land entsprechend liegen wir in einem
Bereich großer Temperaturunterschiede. So wurden in 850 hPa über dem Norden des
Landes heute Mittag „nur“ 10°C gemessen, über dem Süden waren es dagegen 20°C.
Dementsprechend liegt auch das bodennahe Temperaturniveau zwischen sommerlich
warm im Norden und schwülheiß im Süden, wobei abseits des eben schon erwähnten
Wolkenstreifens überall länger die Sonne schien. Auch bezüglich der Luftfeuchte
gibt es Unterschiede zwischen Norden und Süden. Während wir im Norden Taupunkte
zwischen 10 und 16°C haben, liegen diese im Süden bei 16 bis 21°C.

Die Schichtung ist dabei im Norden und der Mitte recht stabil, nur ganz im Süden
ist die Schichtung labiler und zu den Alpen hin haben sich durchaus 1000 bis
2000 J/kg CAPE aufgebaut. Aber auch hier war es heute mit der Auslösung von
Gewittern schwierig, denn synoptische Antriebe gibt es nicht und auch dort
herrscht eine gewisse Deckelung vor, so dass am Ende auch nur wenige vereinzelte
Einzelzellen entstanden sind, die recht kurzlebig waren und bezüglich der
Begleiterscheinungen nur mit kurzen Starkregenschauern geglänzt haben.

In der Nacht zum Mittwoch ändert sich nichts Wesentliches bei der
Großwetterlage. Die letzten Schauer und Gewitter sollten tagesgangsbedingt rasch
zusammenfallen. Dann sollte es in der Südhälfte weitgehend klar werden,
allerdings können sich insbesondere zur Mitte hin, wo der Schwerpunkt des Hochs
liegt, auch mal ein paar Nebelfelder bilden. Im Norden ziehen dagegen die
Wolkenfelder erst einmal ab, allerdings befinden wir uns immer noch im Bereich
der Frontalzone, in der immer wieder mal Wolkenfelder durchziehen. Auch bodennah
kann Bewölkung von der Nordsee oder dem Ärmelkanal her aufziehen. Ein paar
Modelle simulieren auch ein paar Regenspritzer über der Nordsee.

Die Temperaturen gehen in der Nordhälfte meist auf 15 bis 11°C zurück, im
Bergland teils bis auf 9°C. An der See bleibt es teils deutlich milder. Ebenso
im Süden, wo Tiefstwerte zwischen 20 und 16°C erwartet werden, mit den mildesten
Werten am Hochrhein.

Am Mittwoch … ändert sich weiterhin nicht viel bei der Großwetterlage. Die
Höhenströmung verläuft bei uns dann zunehmend leicht antizyklonal, denn ein
Rücken beginnt sich aufzuwölben. Gleichzeitig nehmen Geopotential und Bodendruck
minimal ab. In den Norden, im Bereich der Frontalzone, werden weiterhin viele
Wolken geführt, die von Frontresten abstammen. Dabei kann es ganz im Norden auch
mal geringfügig regnen. Dazwischen kommt aber auch die Sonne heraus. In der
Mitte und im Süden gibt es dagegen wieder viel Sonne.

Dabei kann ganz im Süden, wo auch die Schichtung etwas labiler ist, wieder
reichlich CAPE generiert werden. In Alpennähe können es wieder 1000 bis 2000
J/kg sein. Die ppws werden dort bei etwa 30 l/qm erwartet, ein bisschen
hochreichende Scherung ist auch da und etwa entstehende Gewitterzellen können
mit Geschwindigkeiten von 20 bis 30 km/h ziehen. Hauptgefahr sollte dann wieder
Starkregen sein, bei wenig Organisation und der entsprechenden
Zuggeschwindigkeit wohl kaum mit Unwettergefahr. Kleinkörniger Hagel und
stürmische Böen können natürlich auch mit von der Partie sein. Als Auslöser
kommen die Höhenlagen des Schwarzwaldes, die Alpen und eventuell noch die
Schwäbische Alb in Frage. Im Bayerischen Wald wird es wohl kaum mehr reichen.
Nachdem es heute für kleine Gewitterchen gereicht hat, sollte es morgen ähnlich
aussehen. ICON-D2 und SuperHD sind bezüglich Gewitter noch sehr defensiv
aufgestellt (interessanterweise zeigen sie sogar in der Nacht mehr), Arome hat
dagegen recht viel im Angebot. Nach Norden hin nehmen Labilität und Feuchte
rasch ab, so dass dort bei stabiler Schichtung das Wetter ruhig verläuft.

Da der Schwerpunkt der Hochdruckzone Nives etwas westlich unseres Landes liegt,
kommt der Wind überwiegend aus Westen und Norden, dabei meist schwach,
allenfalls tagsüber mäßig auffrischend.

Bei sich kaum ändernder Luftmasse liegen die Höchstwerte in der Mitte und im
Süden wieder bei 26 bis 34°C, mit den höchsten Werten am Hochrhein. Ganz im
Norden ist es dagegen bei 22 bis 26°C deutlich kühler.

In der Nacht zum Donnerstag muss wieder geringfügiger Geopotentialverlust
hingenommen werden, ansonsten ändert sich nicht viel. Das Bodenhoch Nives
verlagert seinen Schwerpunkt langsam über Deutschland hinweg nach Osten, so dass
der Wind in der Nacht vielfach vollkommen einschläft, später aber tendenziell
auf südliche Richtungen dreht.

Da die Gewitter tagesgangsgesteuert sind, sollten diese in der Nacht rasch
nachlassen. Dann ist der Himmel in der Mitte und im Süden wieder weitgehend
klar. Über den Norden ziehen weiterhin einzelne Wolkenfelder. Bei dem schwachen
Wind kann sich wieder hier und da Nebel bilden.

Gegen Morgen können im Westen zunehmend wieder Wolken aufziehen, die auf der
Vorderseite eines Troges westlich der Britischen Inseln weit voraus in der
Höhenströmung schwimmen. Nach den aktuellen Läufen der DWD-Modellkette soll aber
noch kein Niederschlag fallen, ebenso wenig nach GFS. Dagegen lassen IFS und
UK10 im Westen schon Regenfälle aufziehen.

Die Tiefstwerte liegen wieder zwischen 20°C am Hochrhein und 10°C stellenweise
in der Norddeutschen Tiefebene.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC

Am Donnerstag … wölbt sich bei uns immer mehr ein Höhenrücken auf, dessen
Achse bis zum Abend den Osten des Landes erreicht. Im Gegenzug weitet sich ein
Trog bei den Britischen Inseln immer weiter nach Süden aus. Auf der Vorderseite
des zugehörigen Tiefs bei Schottland kommt immer mehr Warmluftadvektion auf, die
ggf. sogar in Form einer Warmfront markiert werden kann. Zudem wird von
Südwesten wieder zunehmend feuchte Luft ins ganze Land gelenkt und die instabile
Schichtung weitet sich wieder bis weiter nach Norden aus. Mit der Warmfront
zieht auch hohe und später mittelhohe Bewölkung auf.

Das Hoch zieht dagegen weiter nach Osten ab und der mäßige Wind dreht auf Süd.
Mit diesem weitet sich auch die heiße Luft weiter nach Norden aus. In 850 hPa
sollen am Mittag dann im Süden schon bis zu 23°C erreichen werden, im Norden
sind es wieder bis 12°C.

Gebietsweise bauen sich im Süden wieder zwischen 1000 und 2000 J/kg CAPE auf.
Allerdings ist dort zumindest anfangs die Luft noch so trocken, dass die KKNs
weit über 2000 m liegen. Später sinken diese aber von Westen her deutlich ab.
Dort im Westen kommt in der feuchten Luft am Nachmittag auch Hebung auf, in der
es – je nach vorhandener Labilität – starke Gewitter oder auch nur
schauerartigen Regen geben kann. Wo es zu Gewittern kommt herrscht durchaus
Unwetterpotential bezüglich sämtlicher Parameter, zumal von Westen her auch die
bodennahe und hochreichende Scherung deutlich zunimmt. Details zu der Lage
müssen dann aber in den Folgetagen genauer geklärt werden, zumal auch noch
vollkommen unklar ist, wie die Gewitterparameter überlappen werden.

Richtung Osten und Südosten bleibt es bis zum Abend noch gewitterfrei, dort gibt
es auch am meisten Sonne. Allerdings ziehen auch dort im Tagesverlauf
Schleierwolken über den Himmel. Die Temperaturen gehen noch einmal ein bisschen
nach oben mit Werten bis zu 35°C ganz im Süden und 23°C ganz im Norden.

In der Nacht zum Freitag nähert sich der Trog weiter an und wir gelangen auf
eine zyklonal geprägte Trogvorderseite. Ein erster Tiefdruckkern zieht über die
Deutsche Bucht nach Jütland. Mit ihm zieht schon eine Windkonvergenz nach
Deutschland herein, hinter der der Wind auf Südwest dreht. Ggf. lässt sich diese
auch schon als erste Kaltfront interpretieren. Die etwas markantere Kaltfront
wartet aber noch draußen auf der Nordsee.

Auf jeden Fall gelangt aber sehr feuchte Luft vor allem in den Nordwesten des
Landes und mit der Konvergenz werden schauerartige Regenfälle und starke
Gewitter in der Nordwesthälfte erwartet. Dabei ist noch nicht ganz klar, wieviel
Labilität bzw. CAPE zur Verfügung stehen wird, allerdings ist hohe Scherung mit
oft über 20 m/s bis 6 km und über 10 m/s auf dem untersten Kilometer gegeben. Es
besteht also durchaus Potential für eine Unwetterlage.

Richtung Südosten ziehen zwar hohe und eventuell auch mittelhohe Wolkenfelder
über den Himmel, ansonsten bleibt es aber ruhig. Die Nacht verläuft nach MOS
recht warm mit Tiefstwerten zwischen 21 und 16°C, ggf. muss aber bei hohen
Ausgangstemperaturen, Bewölkung und nicht ganz einschlafendem Wind noch mit
höheren Tiefstwerten gerechnet werden.

Modellvergleich und -einschätzung

Bis zum Mittwochabend sind sich die vorliegenden Modelle weitgehend einig.
Leichte Unterschiede gibt es bei der (nicht-) Simulation der Gewitter. Hier
scheint eine Herangehensweise nach der Zutatenmethode und gesundem synoptischen
Menschenverstand vielversprechender zu sein als den konvektionserlaubenden
Modellen zu glauben.
Etwas unsicherer wird es ab Donnerstagfrüh: Dabei steht noch nicht ganz fest,
wie schnell sich die Feuchte auf der Vorderseite des Tiefs ausweitet. Zudem ist
auch noch nicht ganz klar, wie viel Labilität zur Verfügung stehen wird. ICON-D2
rückt am Donnerstagnachmittag mit kräftigen Gewittern von Westen her an.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann