#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Donnerstag den 10.08.2023 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 101800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 10.08.2023 um 18 UTC
SCHLAGZEILE:
Deutlicher Temperaturanstieg, ab morgen sommerlich warm, im Süden teilweise
heiß. Dabei zunächst noch ruhiges Hochdruckwetter, ab der Nacht zum und vor
allem am Samstag von Westen her unbeständiger mit teils kräftigen Gewittern bzw.
Starkregen (auch mehrstündig, Unwetter nicht ausgeschlossen).
Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC
Aktuell … befindet sich Deutschland nach wie vor zwischen einem vom Nordmeer
über Skandinavien und das östliche Mitteleuropa bis zur Ägäis reichenden
Langwellentroges und einem Höhenrücken über Frankreich bzw. der Nordsee
unterhalb einer nordwestlichen Höhenströmung. Insgesamt erweist sich das Muster
als nur wenig progressiv, erst morgens erreicht die Achse des Rückens den Westen
Deutschlands. Dabei dominieren großräumig Absinken und im Bodenfeld
Druckanstieg, wodurch sich eine langgestreckte, von den Azoren über Frankreich
und Mittel- bis weit nach Nordosteuropa reichende Hochdruckbrücke („LOTTE“) vor
allem auch über dem Vorhersagegebiet verstärkt, ihren Schwerpunkt aber etwas
nach Osten verlagert. Die Divergenzachse der Brücke erstreckt sich aktuell in
etwa vom Westmünsterland bis nach Südostbayern und kommt im Laufe der Nacht nur
wenig nach Nordosten voran, steilt allerdings etwas auf. Nordöstlich davon
gelangt unterhalb einer markanten, auf etwa 800 hPa gelegenen Absinkinversion
noch relativ feuchte Nordseeluft nach Norddeutschland. Dabei ist ein kompaktes
Stratocumulus- bzw. Stratusfeld von den Niederlanden her inzwischen ins
westliche Niedersachsen bzw. ins Münsterland und nach Ostwestfalen gedriftet,
weitet sich allmählich ostwärts aus und erreicht im Laufe der zweiten
Nachthälfte dann auch den Nordosten, wo sich aktuell noch recht dichte, aber
flache Quellbewölkung hält. Im westlichen und südlichen Niedersachsen lockern
die Wolken dagegen mit Durchschwenken der Divergenzachse und dem Entrainment
trockenerer Luftmassen dann wieder auf.
Im Rest des Landes verläuft die Nacht dagegen, nachdem sich die Quellwolken in
den östlichen Mittelgebirgen bzw. Restbewölkung an den Alpen weitestgehend
aufgelöst hat, zunächst gering bewölkt bzw. wolkenlos. Lediglich im Südwesten
machen sich vorübergehend hohe Wolkenfelder bemerkbar, die einem sich
auflösenden Kurzwellentrog geschuldet sind, der sich über Frankreich von Westen
her quasi in den Rücken „gebohrt“ hat.
Niedertroposphärisch hat sich die Luftmasse inzwischen vor allem im Südwesten
durch das beständige Absinken bereits deutlich erwärmt, auch im Nordosten geht
es (mit Absinken der Inversion) langsam bergauf. Bis Freitagfrüh stiegt die 850
hPa-Temperatur auf Werte zwischen 4 Grad im Nordosten und 16 Grad im Südwesten.
Mit allmählicher Abtrocknung der Grundschicht und bei oft geringer Bewölkung
fällt die Nacht allgemein nochmals recht frisch aus mit Tiefstwerten zwischen 15
und 7 Grad, in einigen höher gelegenen Mittelgebirgs- und Alpentälern örtlich
unter 5 Grad. Lediglich im Südwesten sowie im Norden unter den dichteren Wolken
bleibt es gebietsweise milder.
Freitag … schwenkt die Rückenachse langsam über das Vorhersagegebiet hinweg
ostwärts. Damit dreht die Höhenströmung über dem Westen des Landes allmählich
auf Südwest zurück. Das Zentraltief über dem nahen Ostatlantik nähert sich
ebenfalls nur sehr zögerlich der schottischen Atlantikküste an, wobei sich das
Bodentief inzwischen bis in die mittlere Troposphäre „gebohrt“ hat und beginnt,
sich aufzufüllen (Kerndruck steigt zum Abend auf über 990 hPa). Aufgrund der
langsamen Progression des Geopotenzialfeldes bleibt die Höhenströmung auch
westlich der Rückenachse bei schwacher WLA noch lange antizyklonal konturiert.
Im Bodenfeld kommt die teilokkludierte Front des Zentraltiefs ebenfalls nur
zögernd nach Osten voran, überquert die Britischen Inseln und erreicht abends
die mittlere Nordsee bzw. den Ärmelkanal. Die Hochdruckbrücke zieht sich etwas
nach Osten zurück und von Westen her setzt schwacher Druckfall ein, dennoch
dominiert noch der Einfluss des Rückens, so dass ein wettertechnisch ruhiger Tag
ins Haus steht. Die anfangs gebietsweise noch dichte SC-/ST-Bewölkung im
Nordosten hält sich zunächst noch recht zäh, da sich die Inversion nach wie vor
markanter Ausprägung erfreut, bekommt dann aber mit Winddrehung auf Süd bis
Südwest und dem Einmischen trockenerer Luftmassen vor allem am Nachmittag und
Abend mehr und mehr Lücken, während im Westen und Nordwesten mit WLA und
Annäherung der Front hohe und mittelhohe Wolken aufziehen. Diese werden zum
Abend hin dichter, es sollte aber noch überwiegend trocken bleiben. Zwar sickert
vor allem in den Westen und Süden eine zunehmend potenziell instabile Luftmasse,
für höherreichende Konvektion dürfte es aber aufgrund eines recht markanten
Deckels noch nicht reichen, auch, wenn AROME (derzeit als einziges Modell) in
einigen Läufen bereits eine Schauer- bzw. Gewitterlinie auf der Agenda hat, die
abends von Benelux her auf den äußersten Westen des Landes übergreifen soll.
In der gesamten Südhälfte scheint dagegen die Sonne von einem teilweise
wolkenlosen Himmel. In 850 hPa steigen die Temperaturen bis zum Abend auf Werte
zwischen 18 Grad im Südwesten und 10 Grad in Ostvorpommern, das lässt
Höchstwerte zwischen 22 Grad im Nordosten (sollten sich die Wolken dort lange
halten, werden wohl kaum 20 Grad erreicht) und knapp 33 Grad in den
wärmebegünstigten Regionen Südwestdeutschlands erwarten. Direkt an der Küste
bleibt es noch etwas frischer.
In der Nacht zum Samstag schwenkt der Rücken Richtung östliches Mitteleuropa,
das Zentraltief erreicht mit seinem Drehzentrum und dem sich kaum mehr
auffüllenden Bodentief das Seegebiet unmittelbar westlich der Hebriden und der
zugehörige breite Höhentrog greift auf Irland bzw. die Biskaya über. Somit nimmt
die südwestliche Höhenströmung eine zunehmend diffluente Kontur an.
Im Bodenfeld kommt die teilokkludierte Kaltfront weiterhin nur zögernd nach
Osten voran, morgens erreicht sie wohl grade so die Deutsche Bucht, vielleicht
auch schon die Deutsche Nordseeküste. Allerdings simulieren die Modelle recht
unisono vorderseitig eines kurzwelligen Troganteiles entlang der Front eine
flache Welle über Benelux. Präfrontal verstärkt sich nun die Advektion einer
sehr feuchten und potenziell instabilen Luftmasse von Südwesten her in den
Westen und Nordwesten, teilweise auch bereits in die Mitte des Landes. Die PPWs
steigen dort auf nahe 40 mm, allerdings wird seitens ICON-D2 bzw. SuperHD
mangels Labilität kaum MU-Cape simuliert. Mit Annäherung der Kurzwelle ist
gebietsweise ein recht markanter dynamischer Hebungsimpuls gegeben, so dass
bereits weit präfrontal schauerartige Regenfälle von Frankreich und Belgien her
auf den Westen Deutschlands übergreifen und sich bis Samstagfrüh eventuell auch
schon auf die mittleren Landesteile bzw. den Nordwesten ausweiten (etwa
Nordbaden, Hessen, südliches und mittleres Niedersachsen). Gewitter sind dabei
mangels Cape wohl nur ganz vereinzelt zu erwarten, dennoch kann das ein oder
andere lokal eng begrenzte (eventuell auch mehrstündige) Starkregenereignis
nicht ausgeschlossen werden.
Im Osten und Südosten dominiert noch der Einfluss des abziehenden Rückens. Dort
bleibt es trocken und vor allem im Südosten auch gering bewölkt. Auch ganz im
Nordwesten (Nordseeumfeld, eventuell Emsland) kommt kaum mehr was von den
Niederschlägen an.
Die Nacht fällt allgemein deutlich milder aus als die Vornächte. Unter den
dichten Wolken kühlt es im Westen und Nordwesten nur noch wenig unter 20 Grad
ab, während im Südosten Tiefstwerte zwischen 15 und 11 Grad zu erwarten sind.
Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC
Samstag … hat sich an der von den Modellen apostrophierten Wetterentwicklung
gegenüber der Frühübersicht eigentlich so gut wie gar nichts geändert. Der
markante Sekundärtrog, der im Tagesverlauf auf den Westen und Nordwesten
Deutschlands übergreift, steht nach wie vor auf der Agenda, vorderseitig kommt
die schleifende Kaltfront weiterhin nur sehr zögerlich südostwärts voran, zudem
kann sie mit dem Sekundärtrog interagieren und verwellt über dem Westen und
Nordwesten Deutschlands. Präfrontal greifen die schauerartigen Regenfälle noch
etwas nach Osten aus, bis zum Abend trocken bleibt es wohl lediglich in der
Lausitz sowie in Ostbayern. Unklar ist allerdings nach wie vor, wie weit die
Niederschläge nach Süden reichen. GFS hat in weiten Teilen BaWüŽs und Bayerns
kaum etwas auf der Agenda, ICON-EU und IFS simuliere dagegen auch nach Südwesten
zu verbreitet schauerartige Regenfälle, teilweise mit Gewittern durchsetzt. Die
ergiebigsten Niederschläge sind wohl im Bereich der flachen Welle zu erwarten,
die vom frühen Vormittag bis zum Nachmittag über den Westen und Nordwesten
Deutschlands hinweg nordostwärts zieht. Bei PPWs nahe 40 mm und mit der
simulierten markanten Hebung dürfte es dort für kräftige konvektive
Einlagerungen reichen. Dabei simuliert zumindest SuperHD im aktuellen Lauf auch
örtlich um 500 J/kg ML-Cape, ICON-D2 dagegen (zum 12 UTC-Termin, weiter reicht
das Modell ja aktuell noch nicht) dagegen maximal 200 J/kg. Wie auch immer das
im Detail vonstattengeht – ob eher Dauerregen mit konvektiven Einlagerungen oder
eher diskretere Schauer bzw. Gewitter -, angesichts der Rahmenbedingungen ist
zumindest von regionalen Starkregenereignissen (auch mehrstündig) auszugehen,
unwetterartige Mengen sind dabei kleinräumig nicht ausgeschlossen.
Während sich die Sonne in der Nordwesthälfte eher rar macht, scheint sie im
Südosten noch relativ häufig. Vor allem im Süden kann deshalb auch einiges an
Cape generiert werden. Wohl nur mit Hilfe der Orographie ist dort Auslöse
denkbar, am ehesten im Bereich Schwarzwald/Schwäbische Alb, mit geringerer
Wahrscheinlichkeit auch am Alpenrand. Sollte es für Gewitter reichen, genügen
die Begleiterscheinungen meistens wohl markanten Warnkriterien, bzgl. Starkregen
und Hagel kann aber vereinzelt Unwetter nicht ausgeschlossen werden.
Innerhalb der feuchtwarmen Luftmasse (T850 hPa zwischen 10 Grad knapp
postfrontal im Westen und Nordwesten und 16 Grad im Südosten) wird es mit
Höchstwerten zwischen 25 und 31 Grad vor allem im Süden und Osten des Landes
sommerlich warm und gebietsweise auch schwül, während im Westen und Nordwesten
je nach Bewölkung meist nur 22 bis 26 Grad erreicht werden.
Wie bereits in der Frühübersicht beschrieben, deutet sich für die Nacht zum
Sonntag nach Abzug des Sekundärtroges eine rasche Wetterberuhigung an, wobei die
nach wie vor schleifende Kaltfront nur wenig an Boden nach Südosten gut macht
und irgendwo über der Mitte des Landes wohl hängenbleibt.
Modellvergleich und -einschätzung
Nach wie vor simulieren die Modelle die Passage des Sekundärtroges am Samstag
ziemlich einheitlich, wie bereits im Text beschrieben, ergeben sich aber
durchaus Differenzen, was den Wetterablauf im Detail betrifft. Daran hat sich
gegenüber heute Vormittag auch nur wenig geändert.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff